Die FIFPro will rote Karte für Ablösesummen

Wie die Frankfurter Allgemeine und der Guardian vergangene Woche berichten, möchte die Spielergewerkschaft FIFPro das gesamte Transfersystem des Fußballs umdrehen. Geplant ist quasi ein Bosman II.

Ausgangspunkt der Annahme ist laut FIFPro-Generalsekretär Theo van Seggelen, dass es keine Stabilität im System gibt. Denn die gegenwärtige Transferregelung nütze niemandem wirklich, da die angedachte Solidarität kleineren Vereinen gegenüber nicht gegeben sei. Grundsätzlich ist eine Beschwerde bei der EU-Kommission in ihrer Funktion als Hüterin der Verträgezulässig, wenn die Mitgliedsstaaten EU-Recht nicht richtig umsetzen, sich Bürger*innen verletzt sehen. Dann übermittelt die Kommission die Beschwerde an den Europäischen Gerichtshof und dieser leitet ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die betroffenen Mitgliedsstaaten ein.

Rechtliche Grundlage und Dauer eines möglichen Verfahrens

Die derzeit geltenden Regeln sind im Zuge des Bosman-Urteils entstanden. Beteiligt an den 2001 abgeschlossenen Verhandlungen waren die Kommission, der Weltverband FIFA und der europäische Fußballverband UEFA. Diese enthalten die allgemeinen Bestimmungen, wie etwa die Übertrittzeiten im Winter und Sommer. Die FIFPro argumentiert nun, dass diese Regelungen keine Stabilität erzeugen, da sie finanzielle Ungleichheiten befeuern und auf lange Sicht die wirtschaftlich schwächeren Ligen nachhaltig schädigen sollen.

Konkret bezieht sich die FIFPro auf Art 101 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der EU). Dieser besagt unter Absatz 1, dass aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezweckenverboten sind. Es handle sich hierbei aus Sicht der FIFPro um ein Kartell – schließlich gibt es neben der UEFA keinen Fußballverband. Das gibt dem Europaverband natürlich eine Monopolstellung, die auch ausgenutzt wird. Die Kommission muss nun in einem Zeitraum von bis zu zwei Jahren feststellen, ob der EuGH entscheidet. Das dauert dann in der Regel noch einmal bis zu zwei Jahre. Vor 2019 ist also kaum mit einer Entscheidung zu rechnen.

Wer profitiert von den Transfers?

Die Spielergewerkschaft geht damit in offene Konfrontation mit der Europäischen Klubvereinigung ECA, die die meisten Spitzenklubs vertritt und am gegenwärtigen System festhalten will. Die UEFA hingegen ist um den eigenen Wettbewerb besorgt. Doch es geht der FIFPro gar nicht um die großen Klubs auch wenn laut Zahlen des Internationalen Zentrums für Sportstudien der Großteil 70 Prozent der zwischen 2009 und 2015 gezahlten Ablösesummen zwischen den Topligen Englands, Deutschlands, Italiens, Spaniens und Frankreichs verschoben wurde. Lediglich 1,84 Prozent der Ablösesummen würden solidarischnach untenverteilt werden.

Die Frage nach dem Cui Bono des gegenwärtigen Systems ist schnell beantwortet. Laut (nicht exakter) Zahlen von Transfermarkt.at gaben die fünf Erstplatzieren der Fünfjahreswertung, die erwähnten fünf großen Ligen, im Sommer rund drei Milliarden Euro für Transfers aus. Die 15 folgenden Nationen, von Portugal über Österreich bis Schweden auf Rang 20, nahmen nur knapp ein Drittel dieser Summe ein. Man verteilt das Geld also größtenteils unter sich.

Arbeitsrecht versus Verbandsrecht

Das Ziel der FIFPro ist also eine Neuaushandlung des Transferrechts, unter anderem unter Abschaffung der Leihen. Konkret geht es vor allem um die Arbeitsbedingungen sogenannter Wanderarbeiter, also weniger um Lionel Messi und Kevin de Bruyne, sondern um die Vielzahl der Profis, die oftmals Vereine wechseln oder wechseln müssen. Laut FIFPro würden 25.000 der 65.000 von der Gewerkschaft vertretenen Profis drei Monate lang nicht gezahlt werden, erst dann dürften sie Verträge einseitig kündigen. Laut Arbeiterkammer sind zehn bis 14 Tage in Österreich ein angemessener Zeitraum, plus Nachfrist ist das noch immer kürzer als drei Monate. Das gilt für Kicker nicht. Umgekehrt verringerte sich die Summe nicht gezahlter Gehälter seit Einführung des Financial Fairplays 2011 von 57 auf gegenwärtig fünf Millionen Euro.

Im Großen und Ganzen dürfte es im Match der Gewerkschaft gegen die Vereine und den Verband um weitere Arbeitnehmerrechte, bzw. deren Angleichung an normaleArbeitsverhältnisse gehen. Dass zum Ausgangspunkt gleich die totale Revolution des Fußballs ausgerufen wird, scheint für die FIFPro ein richtiger Ausgangspunkt zu sein. 2019 werden wir mehr wissen. Eine Welt ohne Ablösesummen wäre auf jeden Fall der normalen Arbeitswelt näher. Verträge könnten unter Einhaltung „normaler“ gesetzlicher Fristen, die wie für alle Arbeitnehmer*innen gleich gelten, die Rechte der Kicker stärken. Zudem stellt sich die Frage, wer von den Ablösesummen profitiert. Die Fußballer wohl nicht.

 

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Hatem Ben Arfa zu OGC Nice – Viele Fragen keine Antworten

Die FIFA wertet U- 21 Spiele als „offizielle Spiele“. FIFA- Regelungen könnten gegen Art. 45 AEUV verstoßen.

Die Karriere von Hatem Ben Arfa kann man getrost als unglücklich bezeichnen. Er galt als eines der größten Talente Frankreichs, wurde jedoch durch Undiszipliniertheiten, Verletzungen und nun kürzlich durch Gerichtsentscheidungen immer wieder zurückgeworfen. Ben Arfa spielte in der Saison 2014/15 ein Spiel für die U-21 Mannschaft von Newcastle United FC, bevor er zu Hull City ausgeliehen wurde. Nach einvernehmlicher Vertragsauflösung wechselte Ben Arfa im Winter 2015 zu OGC Nice.

Hier kommen die rechtlichen Fragestellungen ins Spiel. Bevor Ben Arfas Transfer bestätigt wurde, richtete der französische Verband eine Anfrage an die FIFA. Diese sollte klären, ob Ben Arfas Spiel für die U-21 von Newcastle United, in der „U-21 Professional Development League“ als offizielles Spiel gewertet werden muss. Grund für diese Anfrage war Art. 5 Abs. 3 der „FIFA REGULATIONS on the Status and Transfer of Players”. Diese Regelung sieht vor, dass ein Spieler in einer Saison nur für drei Vereine registriert sein kann und dabei nur für zwei Vereine pro Saison in einem offiziellen Spiel eingesetzt werden kann. Ausnahmen bestehen nur in engen Grenzen bezüglich Verbänden mit sich überschneidendem Spielplan, wenn die Saison in einem der Verbände deutlich früher oder später beginnt. Als Grund hierfür kann man aus Abs. 4 die sportliche Integrität des Wettbewerbs herauslesen.

Im Jänner 2015 entschied daraufhin der Einzelrichter des „FIFA Player’s Status Committee“, dass „das Spiel als offiziell im Sinne der Regulations angesehen werden muss“. Diese Aussage führte dazu, dass Ben Arfas Transfer zu OGC Nice zwar bestätigt wurde, er jedoch bis zum Ende der Saison 2014/15 nicht für den Verein spielen durfte. Die Entscheidung war jedoch umstritten, so gab etwa die englische FA an, das Spiel nicht als offiziell anzusehen. Was ein offizielles Spiel ist, umschreibt Definition 5 der Regulations. Laut dieser ist ein offizielles Spiel „(…) ein Spiel im Rahmen des organisierten Fußballs, etwa Meisterschafts-, oder Cupspiele (…)“. Die Entscheidung des Richters ist daher insofern vertretbar, da die Professional Development League als ein von der FA organisierter Meisterschaftsbetrieb angesehen werden kann. Dies hat natürlich zur Folge, dass es schwer abschätzbar ist, wie weit in den Jugendbereich der Begriff „offizielles Spiel“ nun reicht. Es bleibt unklar ob schon U-17, U-18 oder erst U- 21 Spiele als offiziell bewertet werden.

Ben Arfa brachte auch eine Beschwerde gegen diese Entscheidung des Einzelrichters beim CAS ein. Dieser entschied jedoch, dass der Spieler in dem Verfahren keine Parteistellung hatte und nur die Entscheidung des französischen Verbands in Ben Arfas Rechte eingriff. Daher wurde die Beschwerde abgewiesen.

Auch Unionsrecht wieder ein Thema

Es gibt jedoch noch weitere rechtliche Fragen in Bezug auf den Fall, insbesondere in Bezug auf die Vereinbarkeit des Art. 5 Abs. 3 der Regulations mit Art. 45 AEUV. Diese Prüfung erfolgt hier ganz allgemein, losgelöst von dem konkreten Fall.

Dass Sport als Teil des Wirtschaftslebens unter das Unionsrecht fällt, ist seit dem Bosman-Urteil geklärt. Weiters sind entgeltliche sportliche Leistungen eines Fußballspielers als Arbeits-, oder Dienstleistungen zu qualifizieren, sodass die Art. 45 ff. für sie gelten. Die Regelung ist auch als Beschränkung des Art. 45 AEUV aufzufassen, welcher „insgesamt den Angehörigen der Mitgliedstaaten die Ausübung von beruflichen Tätigkeiten aller Art im Gebiet der Union erleichtern soll und Maßnahmen entgegensteht, die diese Staatsangehörigen benachteiligen könnten, wenn sie eine wirtschaftliche Tätigkeit im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats ausüben wollen“. Ein Beispiel verdeutlicht die Einschränkung: Ein Spieler spielt ein Spiel für ein Team aus seinem Heimatverband. Nun wechselt er zu einem anderen Team. Welchem Verband dieses Team angehört ist unbedeutend. Hat der Spieler nun für beide Teams auch gespielt, ist er (bis auf die engen oben genannten Ausnahmen) nicht spielberechtigt, wenn er zu einem neuen Team aus einem anderen EU- Mitgliedsstaat wechselt. Dies macht die Verpflichtung dieses Spielers wesentlich unattraktiver. Damit liegt eine Beschränkung von Art. 45 AEUV vor.

Es ist jedoch nicht jede Beschränkung unzulässig. So kann eine Beschränkung gerechtfertigt sein, sofern mit ihr ein im Allgemeininteresse gelegenes Ziel verfolgt wird, die Regelung zur Umsetzung des Ziels geeignet ist und sie zur Erreichung des Ziels erforderlich ist. Die in Art 5 Abs. 4 der Regulations genannte sportliche Integrität ist jedenfalls ein im Allgemeininteresse gelegenes Ziel, vor allem aufgrund der schon im Bosman-Urteil herausgehobenen sozialen Bedeutung des Sports und der Erwähnung desselben in Art. 165 AEUV. Fraglich ist die Geeignetheit. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist eine Regelung geeignet, wenn „sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen“. Ein Argument für die Geeignetheit sind insbesondere Leihen. So kann ein Spieler, der von seinem Club ausgeliehen wurde, und sodann mit seinem neuen Verein gegen den ausleihenden Verein spielt, das Spielergebnis mit seiner Leistung zugunsten der gegnerischen Mannschaft beeinträchtigen. So gefährdet er die Integrität des Sports. Ansonsten gibt es jedoch nicht allzu viele Argumente für diese Regelung, so kann man die Geeignetheit möglicherweise noch bejahen, die Erforderlichkeit jedoch nicht mehr. Oben beschriebene Konstellationen sind nicht Hintergrund der Mehrheit der Transfers und treten am häufigsten innerhalb einer Liga auf. Für diese Transfers gilt jedoch ohnehin die strengere Regelung des Art. 5 Abs. 4. Diese verbietet ausnahmslos jeden Einsatz eines Spielers bei mehr als zwei Clubs aus derselben Liga. Diese Regelung sichert die Integrität des Sports bereits ausreichend, vor allem da Spieler zB in der Championsleague ohnehin nur für einen Verein pro Saison spielen dürfen. Weitergehende Beschränkungen erscheinen unangebracht.

Es ist damit nicht erforderlich Spieler generell in der Weise einzuschränken, dass sie in einer Saison für maximal zwei Vereine spielberechtigt und für drei Vereine gemeldet sein können. Art. 5 Abs. 3 der Regulations bildet daher unter Umständen eine unzulässige Beschränkung des Art. 45 AEUV.

 

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Wenn sich ein Spieler beim Länderspiel verletzt

Beim Nationalteam: Viele Pflichten, wenig Rechte und möglicherweise schlechte Sitten

Trainer-Zampano Louis van Gaal, gegenwärtig bei Manchester United engagiert, dürfte wieder schwitzen. Am Wochenende finden Qualifikationsspiele zur UEFA-Europameisterschaft statt. In seiner Zeit beim FC Bayern München polterte er gern, dass er um die Gesundheit seiner Spieler fürchtet.

„Was passiert, wenn sich ein Spieler […] beim Länderspiel verletzt? Wer bezahlt das?“, fragte Louis van Gaal 2010 öffentlich. Und tatsächlich ist das eine gute Frage. Gerade diese Transferperiode zeigte deutlich auf, um wie viel Geld die Vereine Spieler verpflichten, um an die finanziellen Futtertröge von Sponsoren und Ausrichtern zu kommen. Van Gaals Klub Manchester United erhielt beispielsweise 2014/15 über 132 Millionen Euro an Fernsehgeldern, würde die Champions League gewonnen werden, kämen über 50 Millionen Euro dazu. Da mutet es nicht verwunderlich an, wenn sich Trainer und Vereine darüber Gedanken machen, wenn ihre Spieler ein paar Mal im Jahr zum Teil hoch brisante Partien absolvieren. Vor allem, weil sich die Kontinentalverbände und der Weltverband wenig um dieses Problem kümmern.

Der Weltverband FIFA geht nämlich nicht gerade zimperlich mit den Spielern um – das muss mit aller Deutlichkeit festgestellt werden. Bei der WM 2014 in Brasilien machte die FIFA einen Umsatz von 3,3 Milliarden Euro und einen satten Gewinn von 1,6 Milliarden Euro. Dahingegen heißt es: „Ein Verein, der einen seiner Spieler gemäss (sic!) den Bestimmungen dieses Anhangs abstellt, hat kein Anrecht auf eine finanzielle Entschädigung.“ So regelt es Anhang 1 des Reglements bezüglich Status und Transfers von Spielern unter Artikel 2 1. Weitere wichtige Regelungen verpflichten die Vereine, Spieler für neun Tage, beginnend mit Montagmorgen bis Dienstagabend der Folgewoche (Art 1 1. & 4.) abzustellen, sofern es sich um eine WM-Endrunde oder den Kontinentalpokal handelt. Immerhin gibt es gemäß Art 1 11. Geldstrafen (a)) und Sperren (c)) erst, wenn die Fristen „wiederholt“ missachtet werden.

Die bereits angeschnittenen finanziellen Bestimmungen und Versicherungen sind eher beschränkt. Der Verband muss die Transportkosten übernehmen (Art 2 2.) und den Spieler versichern muss aber der Verein (Art 2 3.). Darüber hinaus gehende Regelungen gibt es eben nicht. Art 4 besagt, dass die Verbände bei Nicht-Abstellung aus medizinischen Gründen den Arzt selber aussuchen dürfen, der die Verletzung bestätigt. Die Disziplinarmaßnahmen bei Nicht-Abstellung sind rigoros: „Wenn ein Verein die Abstellung eines Spielers verweigert oder es versäumt, ihn trotz der Bestimmungen dieses Anhangs freizugeben, wird der Verband, dem der Verein angehört, von der FIFA-Kommission für den Status von Spielern darüber hinaus aufgefordert, alle Begegnungen des Vereins, an denen der betreffende Spieler teilgenommen hat, mit einer Forfait-Niederlage zu werten. Sämtliche dabei gewonnenen Punkte werden dem Verein aberkannt. Bei im K.o.-System ausgetragenen Spielen wird der gegnerische Verein ungeachtet des Resultats zum Sieger erklärt.“ (Art 6 2.)

Klar ist: Es gibt viele Pflichten, aber wenig Rechte. Dennoch zeigen sich die Verbände gnädig. Trotz Nicht-Verpflichtung etwa schüttete die UEFA nach der Euro 2012 100 Millionen Euro an die abstellenden Klubs aus. Nach der WM 2014 waren es vonseiten der FIFA 260 Millionen Euro für die 32 WM-Starter, 50 Millionen für alle anderen sowie 75 Millionen Euro für die Versicherungen. Eine Pflicht besteht aber eben nicht. Hinzu kommen freilich noch alle möglichen Erlöse aus Werbe- und Sponsoringeinnahmen. Dass es 2016 überhaupt Geld geben wird, liegt an einer Vereinbarung, die FIFA, UEFA und die European Club Association ECA 2008 getroffen haben. Für die Euro 2016 werden 150 Millionen Euro an „Distribution Amount“ zur Verfügung gestellt, 50 mehr als 2012. Die ECA selbst ist die Nachfolgeorganisation der G14, wie der alte Name schon besagt, eine mächtige Interessensvertretung. Die Gründungsmitglieder waren etwa Bayern München, Real Madrid, FC Barcelona, AC Mailand, Juventus Turin, Manchester United und der FC Chelsea. Die FIFA und die UEFA hätten sich also mächtige Gegner gemacht, hätte man sich nicht geeinigt.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für diese Willenserklärung gestalten sich gemäß Punkt H des Agreements so, dass es sich um eine rechtlich bindende, gegenseitige Verpflichtung handelt, die unter Schweizer Recht zu behandeln ist und Streitigkeiten können nur vor dem Sportgerichtshof CAS ausgetragen werden.

Einige rechtliche Fragen bleiben aber im Statut und Agreement übrig. Beispielsweise: Wer ist der Boss? Marcel Koller oder doch Peter Zeidler und Co? Denn der Spieler wird von den Vereinen bezahlt und versichert, allfällige privatrechtliche Prämienregelungen greifen ins Arbeitsrecht nicht ein, da sie freiwillig und nicht einmal durch das FIFA-Statut gedeckt sind. Das Nationalteam ist gewissermaßen Nebenpflicht des Spielers, abgeleitet aus den Bestimmungen des Weltverbandes, aber zwischen Spieler und Verein. Kompensationen hin oder her: Es gibt ein Missverhältnis zwischen der Leistung und der Gegenleistung, weil der eine Verein im Sinne des Vereinsrechts (und nichts anderes sind ein Fußballverein und -verband) dem anderen einen Spieler ohne Gegenleistung überlässt. Parallel zu Expertenmeinungen aus Deutschland und der Sittenwidrigkeit des § 138 BGB9 könnte § 879 (1) iVm (2) Z 4 ABGB10 in Betracht bezogen werden: „(1) Ein Vertrag, der gegen […] gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. (2) Insbesondere sind folgende Verträge nichtig: wenn jemand […] die Zwangslage […] eines anderen dadurch ausbeutet, daß er sich oder einem Dritten für eine Leistung eine Gegenleistung versprechen oder gewähren läßt, deren Vermögenswert zu dem Werte der Leistung in auffallendem Mißverhältnisse steht.“ (sic!)

Zusammengefasst: Die Vereine müssen die Spieler für die Zeit der Abstellung bezahlen und versichern, haben gemäß Verbandsstatut keinen Anspruch auf Entschädigungen, müssen allfällige Streitigkeiten über vereinbarte Kompensationen unter Schweizer Recht ausfechten und wenn ein Verein den Spieler nicht abstellt, werden dem Klub alle Punkte aus den Spielen abgezogen, in denen der Spieler eingesetzt war.

Ein Ausjudizieren wäre allenfalls sehr spannend.

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Der schwierige Kampf gegen das Doping

Es ist schon wieder etwas passiert. Bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Peking wurden die kenianischen Läuferinnen Koki Manunga (400 m Hürden) und Joyce Zakary (400 m) suspendiert. Die ARD und die Sunday Times sprachen nach Prüfung von 12.000 Proben von 5.000 Athletinnen und Athleten von möglichen 800 Dopingfällen. In Österreich würde das mit bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe bestraft.

1993 hatten die mit Anabolika gedopte Sprintstaffel rund um Andreas Berger mit Franz Ratzenberger, Thomas Renner und Gernot Kellermayr relativ gesehen Glück. Sprinter Elmar Lichtenegger, Läuferin Susanne Pumper, Triathlethin Lisa Hüttahler und die Radfahrer Bernhard Kohl und Christian Pfannberger ebenfalls. Sie alle hatten Glück, „nur“ von der Natinalen Anti-Doping Agentur (NADA) gesperrt zu werden. Denn seit 1. Jänner 2010 ist Doping im § 147 StGB als schwerer Betrug definiert, gemäß Absatz 3 drohen, wenn die „Tat einen 50 000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführt“ eine „Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren“. Das geht deutlich und doppelt so weit über die Maximalstrafe von fünf Jahren hinaus, die das Anti-Doping Bundesgesetz 2007 (ADBG 2007) für den Besitz, Handel und Weitergabe vorsieht. Die Straftatbestände sind im § 22a ADBG 2007 idgF geregelt und die Maximalstrafe ergibt sich aus § 22a (5) iVm (4): Fünf Jahre drohen, wenn die Straftat innerhalb der letzten zwölf Monate mindestens drei Straftaten im Sinne des § 22a begangen hat und die Wahrscheinlichkeit auf wiederkehrende Begehung der Straftat besteht der wenn es sich um Minderjährige handelt. Zudem muss eine gewisse Menge vorliegen.

Die strafrechtliche Verfolgung von Doping ist aber umstritten. Denn zunächst ist es so, dass im globalisierten Sport nationale Gesetze ohnehin wenig wirkungsvoll sein können. Wenn Land A hart sanktioniert und Land B nicht, dann ergibt sich eine Schieflage. Hinzu kommt, dass sich Staaten auch im „Krieg gegen Drogen“ nicht unbedingt geschickt anstellen. Besitz und Weitergabe illegaler Substanzen ist schwierig zu sanktionieren und sehr teuer. In den USA sind beispielsweise drakonische mandatory minimum sentences auch für erstmalig mit geringen Mengen von Drogen erwischten Straftäter*innen keine Abschreckung. Sie überfüllen hauptsächlich Gefängnisse und kosten den Staat nur Unmengen an Geld. Wie anders wäre es zu erklären, dass Cannabis in den letzten Jahren nach und nach den Weg in die Legalität findet?

Zudem ist, wie die FAZ bereits vor zwei Jahren anmerkte, Doping bzw. Leistungsoptimierung oder Normierung kein genuin sportliches Problem: „Hochleistungssport fügt sich der Maxime der Leistungssteigerung. Man greift allenthalben zu Arznei- und Suchtmitteln, um Leistungen zu verbessern, physische oder psychische Schwächen zu beseitigen. Unter ADHS leidende Schüler erhalten Ritalin. Viele Schüler und Studierende bereiten sich mit „Brain Boosters“ auf Prüfungen vor.“ Dabei ist auch durchaus die Unterscheidung zwischen Weitergabe und Eigendoping zu unterscheiden. Die FAZ schlussfolgerte, dass der Ball eher den Sportverbänden zugespielt werden sollte.

Die verpflichten sich der Weltantidopingorganisation WADA und den nationalen Antidopingagenturen. Aber auch hierbei gibt es Kritik und rechtliche Probleme. Nachdem Spitzensportler*innen quasi Tag und Nacht für allfällige Dopingkontrollen zur Verfügung stehen müssen, ergeben sich Interferenzen mit Grundrechten, etwa dem Artikel 8 der EMRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens). Sportler*innen verschiedenster Disziplinen, von der Fußballergewerkschaft FIFPro bis zu Ruderern und Tennispielern, fühlen sich durch die ständige Verfügbarkeit in ihren Rechten eingeschränkt – auch wenn das Internet kurzfristige Änderungen im Tagesablauf mittlerweile zulässt.

Dabei hat man sich noch nicht einmal zu einem Kernproblem des Dopings vorgearbeitet. Denn Sport an sich wird von Nationen sehr gerne als Selbstdarstellungsform gewählt. Legendär in dem Zusammenhang die Vorgänge in der DDR, aber je mehr Zeit vergeht, desto mehr gibt es Offenlegungen und Berichte über systematisches staatliches Doping in vielen auch weltpolitisch relevanten Nationen.

Es ist letztlich weniger eine juristische, denn eine moralische Frage, ob Sportler*innen dopen oder nicht. Hohe Strafen haben schließlich noch kaum jemanden davon abgehalten, eine Straftat zu begehen. Sportler*innen, Funktionäre und Medien tragen sicherlich dazu bei, dass im Streben nach höher, schneller und weiter gedopt wird. Letztlich sind aber auch die Konsument*innen in die Pflicht zu nehmen. Diese lechzen nach immer mehr Wettkämpfen und ergötzen sich an immer außergewöhnlichen Leistungen und üben Druck aus. Immer wieder berichten zudem Sportler*innen, dass heutzutage, etwa im Skifahren oder im Tennis, nur noch die absolute Weltelite reich werden kann. Ab Rang 20 wird es schwierig. Auch im Fußball reichen 15 Profijahre nur noch in den vielleicht zehn Topligen aus, um viel Geld zu verdienen. Ob in dem Zusammenhang die neuen Dopingregeln, die international seit Anfang 2015 gelten, mehr Durchschlagskraft haben, muss dahin gestellt werden.

Ob zwei statt vier Jahre Sperre bei einem Dopingvergehen, drohende wirtschaftliche Bestrafung durch Entzug von Förder- und Sponsorengeldern sowie strafrechtliche Verfolgung in manchen Staaten Doping wirklich bekämpfen werden können, bleibt offen. Das zeigen die jüngsten Ereignisse.

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Balotelli und die lange Liste der Verbote

Skandal-Stürmer Mario Balotelli muss beim AC Mailand einen strengen Verhaltenskodex akzeptieren – wenn nicht, droht die Vertragsauflösung. Zu den Auflagen gehören ua ein Twitter-Verbot und ein „angemessener“ Haarschnitt.

Gastbeitrag von Dr. Stephanie Bonner, Rechtsanwältin

Sind die als Verhaltensregeln ausgestalteten Weisungen des AC Mailand, die insbesondere Balotellis Freizeitaktivitäten, den Umgang in Social Media, ja sogar sein äußeres Erscheinungsbild betreffen, überhaupt zulässig und somit rechtswirksam?

Wie so oft, lässt sich die Zulässigkeit solcher Vertragsklauseln nur nach Interessenabwägung für den jeweiligen Einzelfall beurteilen. In arbeitsrechtlicher Hinsicht ergibt sich im Falle Balotelli folgendes:

Außerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers zählt grundsätzlich zur Privatsphäre und ist schützenswert. Der Arbeitgeber hat – auch aufgrund seiner Fürsorgepflicht – auf das Privatleben und die Privatsphäre des Arbeitnehmers gebührend zu achten. Aus diesem Persönlichkeitsrecht können sich Grenzen für den Arbeitsvertragsinhalt ergeben, die das Weisungsrecht des Arbeitgebers entsprechend einschränken. Allerdings kann sich in besonderen Fällen aus der Treuepflicht des Arbeitnehmers eine zulässige Beschränkung seiner Freiheiten ergeben.

In Österreich hat der Arbeitnehmer – neben seiner Arbeitspflicht – eine Treuepflicht, die ihn dazu verhält, die betrieblichen Interessen des Arbeitgebers zu respektieren und insbesondere alles zu unterlassen, was den unternehmerischen Tätigkeitsbereich, dessen Organisationswert und dessen Chancen beeinträchtigt. Auch der Berufssportler hat Treuepflichten, die sogar in besonderer Art und Weise ausgestaltet sind. Der Berufssportler hat neben seiner Sportleistungspflicht eine arbeitsvertragliche und eine vereinsrechtliche Treuepflicht, und somit alle schutzwürdigen Interessen seines Vereins zu wahren.

Demgemäß haben Fußballspieler im österreichischen Profifußball die Pflicht, alles zu unterlassen, was ihre sportliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. Der Musterspielervertrag des ÖFB sieht vor, dass sich der Spieler in der Öffentlichkeit und privat so zu verhalten hat, dass das Ansehen des Klubs, der Verbände und des Fußballsportes allgemein nicht beeinträchtigt wird. Äußerungen in der Öffentlichkeit bedürfen – sofern möglich – der vorherigen Zustimmung des Klubs. Äußerungen gegenüber außenstehenden Personen über Privatangelegenheiten Dritter und interne Klubangelegenheiten sind sowohl vom Spieler wie auch vom Klub zu unterlassen.

Die Erklärung für die besonderen Treuepflichten des Berufssportlers ist einleuchtend: Der Sportler, der sein gesamtes Leistungsvermögen zur Verfügung stellt, ist, um die ständige körperliche Höchstleistung zu erreichen, in besonderem Maße verpflichtet, einen soliden Lebenswandel zu führen und sich sämtlichen Maßnahmen zu unterziehen, die seine sportliche Höchstleistung erhalten oder steigern.

Auch wenn daher aus dem allgemeinen Schutzgedanken gegenüber der Privatsphäre Balotellis einiges gegen die auferlegten Verhaltensanordnungen, etwa generelles Rauchverbot, Alkoholverbot, Verbot von Nachtclubbesuchen, Vorschriften betreffend soziale Netzwerke ua spricht, so ist die Zulässigkeit solcher Verhaltensanordnungen nach Interessenabwägung für einen Profifußballspieler (der insbesondere in der Vergangenheit mehrfach für Skandale und Eskapaden gesorgt hat) nicht von der Hand zu weisen.

Solange Balotellis Frisur keine Auswirkung auf seine spielerische Leistung hat oder das Ansehen des Vereins gefährdet, besteht für die optische Maßregelung meines Erachtens kein ausreichend schutzwürdiges Interesse des AC Mailand und geht daher zu weit.

Obgleich Verletzungen der Treuepflicht zu Unterlassungs- und Schadenersatzansprüchen des Vereins führen können, zur Entlassung berechtigen oder zumindest eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen, ist keineswegs jede Treuepflichtverletzung Balotelli‘s als tatsächlicher Entlassungsgrund geeignet.

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Sabitzer und Salah – Wenn Spieler ihren Vertrag nicht erfüllen wollen

Immer wieder gibt es Spieler, die trotz laufenden Vertrags nicht für „ihren“ Verein spielen wollen.

Viel wurde geschrieben, als Marcel Sabitzer Ende der letzten Saison angab nach Ende seines Leihvertrages nicht für RB Leipzig, jenen Verein bei dem er eigentlich unterschrieben hatte, spielen zu wollen. Im Endeffekt spielt Sabitzer nun doch für Leipzig. Ähnlich ist die Lage bei Mohamed Salah, der nicht mehr für den AC Florenz spielen will, obwohl dieser die vertragliche Option hat, ihn ein weiteres Jahr auszuleihen.

Sabitzer hatte im Sommer 2014 einen bis 2018 laufenden Vertrag bei RB Leipzig unterschrieben und wurde gleich darauf zu RB Salzburg ausgeliehen. Nach einer erfolgreichen Saison bei Salzburg gab Sabitzer an, dass eine Rückkehr zu Leipzig nicht in seine Pläne passt.

Salah wurde im Jänner 2015 vom FC Chelsea an den AC Florenz für den Rest der Saison 2014/15 ausgeliehen. Er spielte eine tolle Saisonhälfte für den Verein und der Club wollte ihn halten. Nun wird es jedoch problematisch. Der AC Fiorentina gibt an, dass sich die beiden Vereine und der Spieler im Winter 2015 darauf einigten, dass der AC Florenz, gegen Zahlung eines Geldbetrages, den Leihvertrag um ein Jahr verlängern kann. Salah habe dem zugestimmt. Der Spieler hingegen gibt an, er habe sich ein Veto gegen die Verlängerung des Leihvertrages gesichert. Laut dem Verein habe Salah jedoch zu spät von diesem Gebrauch gemacht. Die Situation ist von außen kaum zu beurteilen.

Nimmt man an, dass Salah tatsächlich gültiger weise ein Veto einlegen kann, so ist er in keiner Weise vertraglich dazu verpflichtet weiterhin für Florenz zu spielen. Salah kann von Chelsea problemlos an ein anderes Team verkauft bzw. ausgeliehen werden, kommt kein Transfer zustande so muss Salah zum FC Chelsea zurückkehren.

Hat er jedoch die Möglichkeit ein Veto einzulegen nicht oder nicht mehr, so ist die Lage in Salahs Fall dieselbe wie in Sabitzers Fall. Beide Fälle werden von den „FIFA REGULATIONS on the Status and Transfer of Players“ geregelt, auf welchen auch § 16 Absatz 1 des „REGULATIV FÜR DIE DEM ÖFB ANGEHÖRIGEN VEREINE UND SPIELER“ verweist. Zunächst gilt Artikel 13 der Regulations, welcher besagt, dass ein Vertrag nur durch beidseitiges Einvernehmen beendet werden kann oder endet wenn der Vertrag ausläuft. Ausnahmen bieten die Artikel 14 und 15. Artikel 14 sieht vor, dass ein Vertrag durch geltend machen eines gewichtigen, für die Auflösung sprechenden, Grundes einseitig für nichtig erklärt werden kann. Ein solcher Grund auf Seiten des Spielers wäre in etwa die unsichere Lage in der Region in welcher der Verein aktiv ist. Der Verein kann beispielsweise schwerwiegende, beleidigende Äußerungen gegen den Verein geltend machen. Ein solcher Fall liegt bei keinem der beiden Spieler vor. Auch die Ausnahme des § 15 ist hier nicht gegeben. Dieser erlaubt es Spielern unter gewissen Umständen den Vertag aufzulösen, sofern sie in weniger als 10% der Saisonspiele ihres Teams zum Einsatz kamen.

In keinem der beiden Fälle wäre also eine gerechtfertigte einseitige Auflösung des Vertrags möglich. Sofern ein Spieler den Vertrag nun ohne gerechtfertigten Grund auflöst, so liegt ein Vertragsbruch vor und Artikel 17 der Regulations kommt zur Anwendung. Dieser sieht nach Absatz 1 in jedem solchen Fall Kompensationszahlungen vor, welche durchaus sehr hoch sein können. Die Summe wird zwischen dem Spieler und seinem neuen Verein aufgeteilt. Zudem ist eine Sperre von vier bis sechs Monaten für solche Verfehlungen vorgesehen. Diese Sanktionen in Kombination treffen wohl jeden Profisportler sehr hart.

In keinem der beiden Fälle wäre es also möglich „unbeschadet“ aus einem gültigen Vertrag hinaus zu kommen.

 

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Der kroatische Fußballverband und seine Fans – eine unglückliche Beziehung

Aufgrund von rechtsradikalen und rassistischen Vorfällen wurde der kroatische Verband abermals bestraft. Bei Wiederholung droht Ausschluss aus der laufenden EM-Quali.

Alles begann am 16. November 2014. Das Auswärtsspiel der Qualifikation zur EM 2016 gegen Italien musste mehrmals unterbrochen werden, da Feuerwerkskörper aus dem kroatischen Fanblock auf den Platz geflogen waren und zudem Gäste-Fans nach Spielende außerhalb des Stadions randalierten. Damals kam der kroatische Verband mit einem blauen Auge davon. EUR 80.000 Geldstrafe, sowie Sperre einer Zuschauertribüne für das nächste Heimspiel gegen Norwegen lautete das milde Urteil der UEFA Disziplinarkommission. „Leider ist das eingetreten, was wir befürchtet haben. Unzählige Male schon musste der kroatische Fußball den Preis für Hooliganismus bezahlen“, meinte Generalsekretär Vrbanovic schon damals geknickt, ehe er fast schon prophetisch meinte, dass die UEFA von einer letzten Warnung gesprochen habe, bevor es „wirklich drastische Sanktionen“ geben werde.

Offenbar zeigte die Strafe keinerlei Wirkung. Am 28. März 2015 folgte der nächste Eklat durch rassistische Fangesange der kroatischen Fans im Heimspiel gegen Norwegen. Neuerliches Urteil durch die UEFA Disziplinarkommission: Ausschluss der Öffentlichkeit im Heimspiel gegen Italien am 12. Juni 2015, sowie EUR 50.000 Strafe für den kroatischen Fußballverband.

Vom Ausschluss der Öffentlichkeit aber nicht eingeschüchtert, passierte beim Geisterspiel gegen Italien genau das, was sich niemand wünschte und markierte den traurigen Höhepunkt dieser Serie an Vorfällen. Unbekannte brannten im Vorfeld des Spiels mit Chemikalien ein Hakenkreuz in die Rasenfläche des Stadions ins Split. Am 15. Juni 2015 hatte die UEFA neuerlich das Disziplinarverfahren gegen den kroatischen Verband eröffnet. Welche Sanktionen drohten dem kroatischen Verband nach diesem neuerlichen Eklat, wenn selbst der kroatische Ministerpräsident Zoran Milanovic UEFA-Präsident Platini in einem Brief um Milde bat?

Die Kontroll-, Ethik- und Disziplinarkammer der UEFA behandelt Disziplinarfälle auf und abseits des Spielfeldes, die sich aus den UEFA-Statuten, -Regularien und den Entscheidungen der UEFA ergeben. Maßgebendes Regulativ für solche Fälle ist dabei die UEFA Rechtspflegeordnung (RPO).

Wirft man einen Blick in Art 14 Z 1. RPO so normiert dieser, dass der verantwortliche Mitgliedsverband bzw. Verein mindestens mit einer Teilschließung des Stadions belegt wird, wenn sich ein oder mehrere Anhänger eines Mitgliedsverbands oder Vereins eines Fehlverhaltens gegen eine Person oder eine Gruppe von Personen in jeglicher Form u.a. wegen ihrer Hautfarbe, Rasse, Religion oder Ethnie in einer gegen die Menschenwürde verstoßenden Weise herabsetzt oder diskriminiert, schuldig macht.

Erfordern es die Umstände des Falls, so kann gem. Art 14 Z 4. RPO die zuständige Disziplinarinstanz gegen den verantwortlichen Mitgliedsverband oder Verein zusätzliche Disziplinarmaßnahmen verhängen, wie zum Beispiel ein oder mehrere Spiele unter Ausschluss der Öffentlichkeit, Platzsperre, Teilschließung des Stadions, Forfait-Erklärung, Punktabzug oder Ausschluss aus dem Wettbewerb.

Auf Basis dieser Bestimmungen hat die UEFA Kontroll-, Ethik-, und Disziplinarkommission am 23. Juli 2015 entschieden, dass dem kroatischen Team in der laufenden EM-Qualifikation ein Punkt abgezogen wird, die nächsten beiden Heimspiele vor leeren Rängen stattfinden müssen und keines der verbleibenden Qualifikationsspiele mehr in Split stattfinden darf. Darüber hinaus wurde der Verband mit einer Geldstrafe in Höhe von EUR 100.000 belegt. Die politische Intervention zeigte also offenbar Wirkung. In Anbetracht des Strafrahmens und der Häufigkeit derartiger Vergehen hat die Disziplinarkammer der UEFA also ein Urteil gefällt, dass das bisher sportlich tadellose kroatische Nationalteam kaum für die Verfehlungen der Fans büßen lässt.

Für den kroatischen Verband bietet sich noch die Möglichkeit, Berufung beim Berufungssenat (Einspruchskammer) einzulegen, der im Instanzenzug der UEFA bereits die letzte Instanz darstellt. Die Entscheidung des Berufungssenates kann letztlich nur noch beim ständigen internationalen Sportgerichtshof (CAS) in Lausanne angefochten werden. Dass dies durchaus erfolgsversprechend ist, zeigt die Entscheidung des CAS vom 10. Juli 2015, wonach dieser das Urteil der UEFA im Skandalspiel Serbien – Albanien völlig auf den Kopf stellte.

„Der Unsinn von ein paar Idioten kostet uns die EURO“, machte die Zeitung „24Sata“ vor dem Urteil die Angst im Fußballverrückten Land deutlich, die EM 2016 trotzt Tabellenführung in der laufenden Qualifikation zu verpassen. Dies konnte gerade noch abgewendet werden. Sollte der kroatische Verband sein Fan-Problem aber nicht in den Griff bekommen, könnte dies bei einem weiteren Vergehen traurige Realität werden.

 

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Serbien vs. Albanien: Wo Fußball auf Hass trifft

Der CAS erklärt Albanien am grünen Tisch zum Sieger. Beide Verbände erhalten zudem Strafen.

Es waren schockierende Bilder, die nach dem EM- Qualifikationsspiel zwischen Serbien und Albanien am 14.10.2014 um die Welt gingen. Viele hatten vermutet, dass es aufgrund der Vorgeschichte der Nationen Ausschreitungen geben wird, weswegen auch keine albanischen Fans im Stadion Partizana in Belgrad zugelassen waren. Nach 41 Minuten warfen schließlich serbische Fans verschiedene Gegenstände auf das Spielfeld. Schiedsrichter Atkinson unterbricht das Spiel, bald darauf fliegt eine Drohne mit der großalbanischen Flagge durch das Stadion und serbische Fans kommen auf das Feld, um die albanischen Spieler zu attackieren. Diese suchen Zuflucht in den Kabinen. Nach einiger Zeit entscheidet Atkinson, dass das Spiel nicht mehr fortgesetzt werden kann.

Am 24.10.2014 urteilt der UEFA Control, Ethics and Disciplinary Body (CEDB), dass die albanische Mannschaft für den Abbruch verantwortlich war. Diese weigerte sich laut dem CEDB das Spiel fortzusetzen. Es wurde somit auf ein 3:0 für Serbien entschieden. Zudem wurde dem albanischen und dem serbischen Verband eine Geldstrafe von jeweils 100.000 € auferlegt. Serbien wurde weiters zu zwei Geisterspielen und dem Abzug von drei Punkten verurteilt. Diese Entscheidung wurde am 02.12.14 vom UEFA Appeals Body in dieser Form bestätigt. Sodann erhoben beide Verbände Beschwerden beim CAS, welcher seine Entscheidung am 10.07.2015 traf.

Der CAS bestätigte zunächst die Entscheidung der UEFA in Bezug auf die Geldstrafe gegen den albanischen Verband (FAA). Dieser ist laut dem CAS verantwortlich dafür, dass die Drohne in das Stadium geflogen wurde. Die großalbanische Flagge ist ganz klar ein politisches Zeichen und fällt somit unter Artikel 14 Absatz 7 der UEFA Disciplinary Regulations. Der Artikel verbietet “jede Form ideologischer, politischer und religiöser Propaganda” und verweist auf Artikel 6 der Regulations. In diesem ist in Absatz 1c eine Geldstrafe gegen einen Verband vorgesehen, der einen Artikel der Regulations verletzt.

Auch die gegen den serbischen Verband (FAS), aufgrund der randalierenden Zuseher und sogar Ordner, ausgesprochenen Strafen wurden bestätigt. Als gastgebender Verband war die FAS nach Artikel 16 der UEFA Disciplinary Regulations verantwortlich für die Sicherheit im und um das Stadion. Man kann sagen, dass diese Aufgabe nicht optimal erfüllt wurde, nachdem ein albanischer Spieler sogar mit einem Sessel geschlagen wurde, Feuerwerkskörper in großer Anzahl auf das Feld geworfen wurden und mehrere Fans den Rasen stürmten. Daher kamen hier die Artikel 6 Absatz 1 c, f und h zur Anwendung.

Der bedeutende Unterschied zu den Entscheidungen der vorhergehenden Instanzen ist jedoch, dass die FAS für den Spielabbruch verantwortlich gemacht wird. Der CAS begründet dies damit, dass es nicht eindeutig ist, dass Schiedsrichter Atkinson der albanischen Mannschaft die Anweisung gab das Spiel fortzusetzen. Es ist nicht klar, dass der Schiedsrichter die Lage im Stadion für sicher befand. Vielmehr ist es wahrscheinlich, dass Atkinson sich nach einiger Zeit dazu entschied das Spiel aufgrund der nicht gewährleisteten Sicherheit abzubrechen. Da also keine Weigerung der Albaner vorlag, ist der serbische Verband verantwortlich für den Spielabbruch. Dieser ist wie bereits erwähnt für die Sicherheit im Stadion zuständig und konnte diese nicht ausreichend wiederherstellen. Die UEFA Disciplinary Regulations sehen in Artikel 6 Absatz 1 g auch vor, dass ein Spiel als Sanktion strafverifiziert werden kann. Der CAS entschied nun, dass der serbische Verband Artikel 27.01 der Regulations of the UEFA European Football Championship 2014-16 verletzt hatte, da das Spiel nicht zu Ende gespielt wurde.

Albanien gewann das Spiel somit am grünen Tisch 0:3 und wurde nicht dafür bestraft, dass die Spieler berechtigterweise Angst vor den gewaltbereiten serbischen Zusehern hatten.

 

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Nutzt der FC Barcelona Schlupflöcher für Spielertransfer?

Trotz Transfersperre verpflichtete der FC Barcelona jüngst zwei Spieler. Das geht vor allem deshalb, weil das Reglement der FIFA nicht ausreichend genau definiert.

Der FC Barcelona wurde bekanntlich durch die FIFA-Disziplinarkommission wegen Verstößen gegen den Artikel 19 des FIFA-Reglement bezüglich Status und Transfer von Spielern zu einer Geldstrafe und einer Transfersperre für die Wechselperidoden 2015 verurteilt. Artikel 19 besagt deutlich unter 1. „Ein Spieler darf nur international transferiert werden, wenn er mindestens 18 Jahre alt ist.“ Zwischen 2009 und 2013 soll der FC Barcelona zehn Jugendliche unerlaubt transferiert haben. Doch die Katalanen erwiesen sich dabei sehr findig. Im April 2014 sprach der Fußballweltverband FIFA die Sperre aus. Barca meldete Berufung an und Ende August desselben Jahres bestätigte die zuständige Berufungsinstanz das Urteil. Da es noch nicht rechtskräftig war, konnten die Spanier auf Einkaufstour gehen. Um kolportierte 150 Millionen Euro wurden Uruguays Stürmerstar Luis Suarez, die Torhüter Marc-Andre ter Stegen und Claudio Bravo, Mittelfeldspieler Ivan Rakitic und Verteidiger Jeremy Mathieu geholt. Da das Urteil noch nicht rechtskräftig war, ging das.

So weit, so verständlich. Wer nicht rechtskräftig verurteilt ist, kann deswegen nicht belangt werden. Nun verpflichtete Barcelona aber Atletico Madrids Arda Turan und Aleix Vidal vom FC Sevilla, obwohl eine Transfersperre besteht. Es kann einem Verein schlichtweg nicht untersagt werden, Verträge abzuschließen. Im Wortlaut sagte die FIFA: „Die Disziplinarkommission erachtete die Vergehen als schwerwiegend und verhängte gegen den Verein ein nationales und internationales Transferverbot für zwei volle aufeinanderfolgende Transferperioden und eine Geldstrafe von 450.000 Schweizer Franken.“ Diesem Urteil folgten alle Instanzen. Wie aber konnte Barca das umgehen? Artikel 19bis 5. des FIFA-Reglement bezüglich Status und Transfer von Spielern besagt, dass Zuwiderhandeln gemäß FIFA-Disziplinarreglement sanktioniert wird.

Das FIFA-Disziplinarreglement sagt juristisch eindeutig unter Artikel 23: „Eine Transfersperre führt dazu, dass ein Klub in der verfügten Zeit keine Spieler registrieren lassen darf.“ Genau diese Formulierung nützt Barcelona aus. Denn Spieler dürfen schlichtweg nicht registriert, vulgo eingesetzt werden. Im Sinne der Privatautonomie und der Vertragsfreiheit können Turan/Vidal und der FC Barcelona einen Vertrag gestalten, wie sie wollen. Stimmen die Spieler zu, fortan bei Barca unter Vertrag zu stehen, aber erst im Jänner 2016 registriert zu werden, ist das ihr gutes Recht.

Von einem Schlupfloch zu reden mag aus journalistischer Sicht stimmen; orf.at verwendete diesen Begriff. Juristisch ist Artikel 23 deutlich formuliert. Um eine Transfersperre aber effektiv umzusetzen, es denn Klubs zu verunmöglichen, einen Spieler während der Sperre zu verpflichten, müsste einerseits strenger formuliert werden, andererseits wiederum eine Formulierung gefunden werden, die die Privatautonomie nicht verletzt (Georg Sander, 14.7.2015).

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Vannes Mae – Stargeigerin als Dirigentin organisierter Manipulation?

Der CAS hob die 4- jährige Sperre gegen Vanessa Mae auf. Ihre Teilnahme an den olympischen Spielen in Sotschi wurde jedoch nicht für gültig erklärt.

Viel Freude und auch Vergnügen bereiten „Exoten“ aus Ländern in denen der Skisport alles andere als verbreitet ist den Zusehern von olympischen Winterspielen. Weniger Freude bereitet es jedoch wenn diese Athleten, wie im Fall von Vanessa Mae, wohl nur durch Manipulation die notwendigen Voraussetzungen für ihre Teilnahme erbringen können.

 

Im Jänner 2014 wurden auf Anfrage von Maes Management vier Riesentorläufe im slowenischen Skiort Krvavec durchgeführt. Diese wurden vom thailändischen olympischen Komitee organisiert und waren Maes letzte Chance sich für die olympischen Winterspiele in Sotschi zu qualifizieren.  Mae erreichte auch die notwendige Punktezahl und durfte an der Olympiade teilnehmen. Dort wurde Mae, die mit dem Nachnamen ihres Vaters (Vanakorn) antrat,  mit 50 Sekunden Rückstand auf die Siegerin 67., mit elf Sekunden Rückstand auf Platz 66. Möglicherweise aus diesem Grund wurden die Rennen in Krvavec vom slowenischen Skiverband überprüft, welcher seine Ergebnisse an die FIS übermittelte.

 

In dem Bericht wurden Fälle von organisierter Manipulation festgestellt, so wurden unter anderem Zeiten von einer Athletin angegeben, die gar nicht an dem Rennen teilnahm, oder Zeiten absichtlich falsch gemessen.

 

Daraufhin wurde einerseits das Rennen vom FIS Hearing Panel für ungültig erklärt. Es lagen verschiedene Verstöße gegen die FIS BETTING AND OTHER ANTI-CORRUPTION VIOLATIONS RULES vor. Insbesondere  Verstöße gegen Artikel 3.2 (Manipulation von Ergebnissen), genauer gegen die Artikel 3.2.1. und 3.2.4. Durch mehrere Verletzungen von mehreren Sportlerinnen und Offiziellen war die FIS nach Artikel 8.4 des angesprochenen Regelwerks ermächtigt, die Rennen in Krvavec und sämtliche dort erworbenen Punkte etc.  für ungültig zu erklären. Da Mae ohne die dort erworbenen Punkte nicht die nötigen Voraussetzungen für einen Olympiastartplatz hatte, wurde auch ihre Teilnahme für ungültig erklärt. Dieser Teil der Entscheidung wurde vom CAS, der als Berufungsgericht fungierte,  auch aufgrund der Schwere der Verstöße, für richtig befunden.

 

Andererseits wurde gegen Mae selbst eine 4- jährige Sperre bezüglich sämtlicher FIS Rennen weltweit verhängt. Es wurden wiederum Verstöße gegen Artikel 3.2  der FIS BETTING AND OTHER ANTI-CORRUPTION VIOLATIONS RULES geltend gemacht. Mae wurde vorgeworfen, selbst die Manipulation der Ergebnisse angeordnet zu haben, um ihren Olympiastartplatz zu erschleichen. Die Grundlage für die Sperre findet sich in Artikel 8.1 des Regelwerkes. Dieser sieht vor, dass der Panel Sperren zwischen drei Monaten und einer lebenslangen Sperre aussprechen darf. Die genaue Höhe ist nach den folgenden Artikeln unter anderem von der Schwere der Tat und der Wirkung auf den Sport abhängig. In Maes Fall dürfte es auch eine Rolle gespielt haben, dass sie berühmt und vermögend ist. Man wollte wohl verhindern, dass weitere bekannte Persönlichkeiten ihren Reichtum nutzen, um an Olympia teilnehmen zu können und sprach daher eine relativ lange Sperre aus.

 

Dieser Teil der Entscheidung wurde jedoch vom CAS aufgehoben. Dies begründet das Gericht damit, dass „es keine zufriedenstellenden Beweise für eine Manipulation von Vanessa Vanakorn selbst finden konnte, die einen Schuldspruch und eine 4- jährige Sperre rechtfertigen können.

 

Mae dürfte also in der nächsten Saison wieder an FIS rennen teilnehmen. Es ist jedoch mehr als fraglich, ob sie nach den negativen Erlebnissen und den mäßigen Leistungen noch einmal bei einem offiziellen Rennen antritt (Alex Pammer, 8.7.2015).

 

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UEFA lockert Financial Fair Play-Regeln

„Von der Austerität zu nachhaltigem Wachstum“, so umschrieb UEFA-Generalsekretär Gianni Infantino die Lockerung der Financial Fairplay-Regeln. Für Dynamo Moskau kommt das zu spät, der russische Klub ist von den UEFA-Wettbewerben ausgeschlossen.

Über die großen Namen wie Manchester City oder Paris St. Germain hat sich die UEFA-Finanzkontrollkammer für Klubs ohnehin nicht drüber getraut. Die Klubs bekamen Strafen auferlegt, während Vereine wie eben Dynamo Moskau, Skonto Riga oder Petrolul Ploesti die volle Härte der Bestimmungen der Lizenzierungsbestimmungen für Champions- oder Europa League zu spüren bekamen. Sei es wie es ist, die UEFA hat sich nun entschlossen, die geltenden Regelungen großzügiger auszulegen. Nun ist seit dem 29. Juni 2015, als das neue UEFA-Reglement zur Klublizenzierung und zum finanziellen Fairplay vom UEFA-Exekutivkomitee gemäß Artikel 74 desselben genehmigt wurde, mehr Spielraum möglich. Anhang XII des Dokuments sieht vor: „1. Ein Klub kann bei der Untersuchungskammer der UEFA-Finanzkontrollkammer für Klubs den Abschluss einer freiwilligen Vereinbarung mit dem Ziel der Einhaltung der Break-even-Vorschrift beantragen.“

In der Praxis bedeutet dies, dass Vereine, die finanzielle Probleme aufweisen – Verbindlichkeiten gegenüber anderen Klubs, Arbeitnehmern, den Finanzämtern oder den Sozialversicherungsträgern (Art. 49ff UEFA-Reglement) – eine Selbstanzeige erstatten können und somit eine Strafe per Reglement aus dem Weg gehen können. Die Gründe dafür sind vielfältig. Einerseits drohten große Klubs mit Klagen, andererseits möchte die UEFA „Wachstum ermöglichen“, wie es Gianni Infantino ausdrückte. Bislang durften Mäzene 45 Millionen Euro zuschießen, nun 30, um das Saisondefizit zu kompensieren. Mit der neuen Regelung fällt das mehr oder weniger weg, so lange diese nachhaltig wären, also die Klubs beweisen können, dass die Investitionen zu Gewinn führen können.

Man wolle des Weiteren auf die Besonderheiten der Märkte eingehen. UEFA-Präsident Michel Platini ließ sich folgendermaßen zitieren: „Wir bewegen uns gegenwärtig von einer Zeit der Austerität hin zu einer, in der wir mehr Möglichkeiten für nachhaltiges Wachstum und Entwicklung bereit stellen können.“ Kritiker wie die renommierte Neue Zürcher Zeitung sehen in den Neuerungen ohnehin lediglich die Festschreibung dessen, was bislang Realität war: Individuelle Arrangements. Durch diese Aufweichung passiere Folgendes: „Jetzt wird sie noch weniger Strafinstanz.“

Doch noch zwei weitere Punkte sind neu. Zunächst, dass die lokalen Herausforderungen bedacht werden. Kasachen und Moldawier sind also anderen Regeln unterworfen als etwa Deutsche oder Spanier. Das verhindert freilich ein Emporkommen der Kleinen Klubs, was wiederum genau das Gegenteil ist, weswegen das Financial Fairplay überhaupt eingeführt wurde.

Und des Weiteren sollen auch Klubübernahmen erleichtert werden. Dieses gesamte Konvolut an Neuerungen – individuelle Arrangements, Berücksichtigung lokaler Begebenheiten, Übernahmeerleichterungen – sind laut Infantino eine „Anpassung“ an die heutigen Herausforderungen, aber in Wahrheit wohl eher die Aufweichung des Financial Fairplay, das ohnehin nie die wirklich großen Player getroffen hat oder treffen konnte. Mehr als eine Stellungnahme, dass das Financial Fairplay mit den „politischen Konzepten der EU-Kommission im Bereich der staatlichen Unterstützung übereinstimmen“ existiert nicht. Man erinnere sich nun an 1995 und das Bosman-Urteil (Georg Sander, 29.6.2015).

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Pechstein und die Zukunft der Schiedsgerichtsbarkeit im Sport

Erstmals befindet ein Gericht den Spruch des CAS als unwirksam und nicht bindend. Dies könnte weitreichende Folgen für die Sportwelt haben.

Über mehrere Jahre und einige Instanzen zieht sich der Rechtsstreit rund um die deutsche Eisschnellläuferin Claudia Pechstein nun bereits. Nun ist nach der Entscheidung des OLG München vom 15.01.2015 endlich Licht am Ende des Tunnels. Diese Entscheidung könnte jedoch weit über den konkreten Fall hinaus Auswirkungen haben und die Stellung der bislang obligatorischen Schiedsgerichtsbarkeit im Sport wesentlich verändern.

Während der Weltmeisterschaft im norwegischen Hamar 2009 wurden Pechstein Blutproben entnommen, die erhöhte Retikulozytenwerte aufwiesen. Dies wurde von der Internationalen Eislaufunion (ISU) als Dopingnachweis gewertet, woraufhin Pechstein am 1.7.2009 mit Rückwirkung ab dem 7.2.2009 zum einen für zwei Jahre gesperrt wurde, zum anderen wurden ihr sämtliche Leistungen nach diesem Datum aberkannt. Es folgten erfolglose Berufungen beim Internationalen Sportgerichtshof (CAS), dem schweizerischen Bundesgericht und dem LG München, welches bereits eine richtungsweisende Entscheidung traf, jedoch im Endeffekt zu Pechsteins Ungunsten entschied.  Schließlich legte sie ein Rechtsmittel beim OLG München ein, welches in einem Zwischenurteil erstmals zugunsten Pechsteins entschied.

Bemerkenswert war bereits, die Entscheidung des LG München vom 26.2.2014. In dieser wurden die im Sport im Prinzip universell verwendeten Schiedsgerichtsklauseln, wonach der CAS zur Entscheidung  über jegliche Berufung gegen erstinstanzliche Urteile zuständig ist, für unwirksam erklärt. Bereits seit längerer Zeit waren diese Klauseln von verschiedenen Seiten Kritik ausgesetzt, da die Sportler an sich gar keine andere Wahl haben als diese zu unterschreiben, sofern sie an Großveranstaltungen  teilnehmen wollen. Diese Praxis hielt das Gericht für unzulässig, insbesondere seien die Klauseln mit Art. 6 EMRK nicht vereinbar. Das LG München hielt seine Zuständigkeit somit für gegeben, wies die Beschwerde jedoch in weiterer Folge ab, da die  „nach Auffassung des Gerichts gegebene Nichtigkeit der Schiedsvereinbarung einer Anerkennung des Schiedsspruchs nicht entgegenstand“! Das Gericht begründete dies damit, dass Pechstein sich nicht schon vor dem CAS gegen die Schiedsklausel aussprach, weshalb ein neuerliches Aufrollen des Falles nicht möglich sei.

Das OLG München, welches über Pechsteins Berufung entschied, sah einiges jedoch anders. So betrachtete es zwar die Schiedsklausel ebenfalls als nichtig, jedoch aufgrund eines Verstoßes gegen das Kartellrecht.  Es gibt in Deutschland nach dem Ein- Platz- Prinzip nur einen Eislaufverband, somit konnte Pechstein gar nicht anders, als dessen Mitglied zu werden. Dies ist laut dem Gericht auch der einzige Grund warum Athleten die CAS-Klausel unterzeichnen – es bleibt ihnen nichts anderes über.  Das Gericht stellt weiters fest, dass es ohne diesen Zwang wohl nicht zur Unterzeichnung der Klausel gekommen wäre, da die Zusammensetzung des CAS die Verbände klar gegenüber den Athleten bevorzugt. Der CAS besteht aus 20 Richtern, vier Mitglieder werden von den Internationalen Sportverbänden, vier weitere von den Nationalen Olympischen Komitees und vier vom Internationalen Olympischen Komitee ernannt. Diese zwölf Mitglieder ernennen vier Mitglieder mit Blick auf die Wahrung der Interessen der Athleten. Diese sechzehn Mitglieder schließlich ernennen vier Mitglieder, die unabhängig von den Organisationen sind, welche die anderen Mitglieder ernennen. Die Verbände haben also ein riesiges Übergewicht was die Zusammensetzung anbelangt. Dies macht die CAS-Klausel rechtswidrig: „Einem marktbeherrschenden Unternehmen ist es gem. § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 2 GWB a. F. verboten, Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen zu fordern, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden. Danach durfte die Beklagte zu 2. von der Klägerin die Zustimmung zu der Schiedsvereinbarung vom 2. Januar 2009 nicht verlangen.“

Aus diesem Grund verstößt der  CAS-Spruch gegen den ordre public und kann nicht anerkannt werden. Das Gericht stellt im Gegensatz zum LG auch keine Gründe fest warum der Spruch dennoch bindend sein sollte.  Das Gericht kann also auch inhaltlich selbst in der Sache entscheiden. Die endgültige Entscheidung über die Klage trifft das Gericht jedoch erst in einem weiteren Urteil.

Fakt ist jedoch bereits, dass dieses Urteil große Sprengkraft birgt und das Potenzial hat die Schiedsgerichtsbarkeit grundlegend zu verändern, sollte es von dem in letzter Instanz zuständigen BGH bestätigt werden. Sofern weitere Gerichte der Argumentation des OLG München folgen,  würde der CAS zunehmend an Bedeutung verlieren. Dies ist jedoch nicht unbedingt wünschenswert: Ein allzuständiges Sportgericht entscheidet einheitlich, agiert schneller, verursacht geringere Kosten und ist näher am Geschehen dran als andere Gerichte. Somit wäre es für alle Parteien erstrebenswert würde der CAS reformiert werden, und zwar im Hinblick auf die vorgebrachten Mängel. Der CAS muss insbesondere von den Sportverbänden effektiv unabhängig sein bzw. allen Parteien des Prozesses die gleichen Chancen einräumen, um wieder legitimer Entscheidungsträger zu werden. Führt der CAS diese Reformen durch, so steht einer Beibehaltung der Schiedsgerichtsbarkeit im Sport nichts im Weg. Führt er sie jedoch nicht durch ist es wahrscheinlich, dass zunächst weitere deutsche Gerichte der Argumentation des OLG folgen und CAS Entscheidungen für ungültig und nicht bindend befindet. Dies würde in weiterer Folge wohl im gesamten EU- Raum passieren.

Eine Reform ist somit für den CAS  schlicht und ergreifend überlebenswichtig.

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