Wird Neymar tatsächlich gesperrt?
Im Zusammenhang mit Neymars Transfer zum FC Barcelona erscheint vieles Zwielichtig. Die Klage des FC Santos scheint nicht aus der Luft gegriffen zu sein.
Ein lautes Rauschen ging durch den Blätterwald, als letzte Woche bekannt wurde, dass der FC Santos eine Sperre von FC Barcelona und Brasilien Superstar Neymar, sowie Schadenersatzzahlungen fordert. Genauer gesagt fordert Santos eine Sperre von sechs Monaten für den Spieler und Zahlungen von rund 55 Millionen Euro.
Santos stützt sich dabei auf Verfehlungen des Spielers und des FC Barcelona in Zusammenhang mit Neymars Transfer im Jahr 2013. Einerseits geht es um eine vermeintliche Zahlung des FC Barcelona aus dem Jahr 2011, an eine Firma die Neymars Vater (und Berater) gehört in Höhe von rund 10 Millionen €, um sicherzustellen, dass der Spieler in weiterer Folge zum FC Barcelona wechselt. Weiters darum, dass der gesamte Deal vorgeblich nicht um, wie vom FC Barcelona zunächst behauptet 57,1 Mio. €, sondern um 95 Mio. € über die Bühne ging. Der FC Santos sieht darin Verstöße gegen § 17 der „FIFA-Regulations on the Status and Transfer of Players“, sowie gegen § 62 des „FIFA Disziplinarreglements“.
§ 17 der Regulations normiert die Folgen der einseitigen Vertragsauflösung ohne triftigen Grund. Tatsächlich finden sich in den Absätzen 1 und 3 die vom FC Santos geforderten Sanktionen, namentlich Sperren und Entschädigungszahlungen. Allerdings bleibt unklar inwiefern Neymar seinen Vertrag tatsächlich einseitig aufgelöst hat. Santos erklärt dies auch mit keinem Wort, vielmehr wird unter anderem ausgeführt man sei von den Kontakten zwischen Neymar bzw. dessen Beratern und den Verantwortlichen des FC Barcelona nicht informiert worden. Ist dies der Fall, so stellt dies tatsächlich einen Verstoß gegen die Regulations dar, allerdings gegen Art. 18 Absatz 3. Nach diesem hätte der FC Barcelona den FC Santos schriftlich über die Kontaktaufnahme in Kenntnis setzen müssen. Ein Verstoß gegen diese Regelung wird laut dem Gesetzestext mit „angemessenen Sanktionen“ bestraft. Dies eröffnet einen weiten Ermessensspielraum und beinhaltet wohl auch die unter Art. 17 angedrohten Sanktionen.
Zusätzlich geht es um die Ablösesumme bzw. die Gesamtkosten des Transfers. Laut der offiziellen Seite des FC Barcelona wurden 57,1 Mio. € als Ablösesumme bezahlt. 17,1 Mio. € erhielt demnach der FC Santos, 40 Mio. € gingen an N&N (Neymar da Silva Sr. und Nadine da Silva) also Neymars Juniors Eltern. Nach Erkenntnissen der spanischen Justiz, die wegen Steuerhinterziehung in Zusammenhang mit dem Transfer ermittelt, sollen jedoch weitere Millionen an verschiedene Abnehmer bezahlt worden sein, unter anderem Firmen im Eigentum von Neymars Umfeld, um das Riesentalent von anderen potentiellen Käufern, wie etwa Real Madrid fernzuhalten. Insgesamt sollen demnach 95 Mio. € geflossen sein.
Der FC Santos fühlt sich nun betrogen, da er der Meinung ist, dass ihm an der Gesamtsumme von 95 Mio. € mehr als die bezahlten 17,1 Mio. € zustehen würden. Grundsätzlich ist festzustellen, dass diese 17,1 Mio. € für einen begehrten Spieler wie Neymar heutzutage als sehr niedrig zu bewerten sind und unklar ist warum der FC Santos dieses Angebot annahm. Es scheint als hätte Neymar den Wechsel zum FC Barcelona forciert, um für sich und sein Umfeld das Maximum herauszuholen. Dies ist jedoch von außen natürlich schwer zu sagen. Klar ist jedoch, dass der vom FC Santos geltend gemachte Verstoß gegen Art 62 des Reglements nach dem Gesagten durchaus Substanz haben dürfte.
Nach dem derzeitigen Stand der Dinge scheint es, als hätten die Verantwortlichen des FC Barcelona gegen Art. 62 Absatz 1 des Reglements verstoßen, indem sie Neymar bzw. dessen Umfeld dafür bezahlten frühzeitig (2011) einem Wechsel zu Barca im Jahr 2013 zu zustimmen. Da Neymars Vertrag beim FC Santos jedoch erst 2014 zu Ende gewesen wäre, hatte er de facto zwei Verträge über den gleichen Zeitraum abgeschlossen, was gegen Art. 18 Absatz 3 der Regulations verstößt. Zudem verschleierten sie die wahre Ablösesumme. Somit haben sie dem Spieler durch Zahlungen an ihn bzw. sein Umfeld zu einem Verstoß gegen FIFA- Regularien bewegt und Art 62 Absatz 1 erfüllt. Da Neymar bzw. dessen Umfeld das Geld dankend annahm wäre, sofern der Sachverhalt sich so zugetragen hat, Artikel 62 Absatz 2 erfüllt.
Als mögliche Sanktionen für Verstöße gegen Art 62 stehen der FIFA „a) Geldstrafen von mindestens CHF 10 000; b) Verbot jeglicher in Zusammenhang mit dem Fußball stehenden Tätigkeit; c) Stadionverbot“ zur Verfügung. Somit wären auch auf dieser Basis Geldstrafen bzw. Sperren möglich.
Ob es tatsächlich so weit kommt hängt sowohl von Feststellungen der FIFA, als auch der spanischen, sowie letztlich ebenso der brasilianischen Justiz, die gegen Neymar wegen Steuerhinterziehung ermittelt, ab. Bis die jeweiligen Entscheidungen getroffen wurden gilt die Unschuldsvermutung.
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Der Autor ist Student der Rechtswissenschaften an der KF-Universität Graz. Neben dem Studium ist der Sport seine größte Leidenschaft. Für LawMeetsSports schreibt er regelmäßig als Freier Redakteur.