Die Causa Pechstein als never ending story?

Claudia Pechstein, der Name ist wohl jedem am Sportrecht Interessierten ein Begriff. Mit fünf Olympiasiegen ging die deutsche Eisschnellläuferin in die Geschichtsbücher ein. Daneben steht jedoch ein negativer Eintrag: Im Jahr 2009 wurde Pechstein wegen Dopings für zwei Jahre gesperrt. Dagegen wehrt sie sich nun seit über zehn Jahren juristisch. In der Causa liegt indessen auch eine Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vor.

Kurz zur Vorgeschichte: Pechstein wurden im Rahmen der Eisschnelllauf-Mehrkampfweltmeisterschaft 2009 im norwegischen Hamar erhöhte Blutwerte nachgewiesen, woraufhin die International Skating Union (ISU) eine zweijährige Sperre wegen Dopings verhängte. Dagegen zog die Deutsche vor den Internationalen Sportgerichtshof (CAS). Ohne Erfolg. Auch vor dem Schweizerischen Bundesgericht war für die Eisschnellläuferin nichts zu holen. Es folgten ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) und ein Zivilprozess in Deutschland. Als wäre diese Liste nicht bereits lange genug, hat sich nun auch noch des BVerfG zu Wort gemeldet.

Pechstein vor BVerfG erfolgreich

Pechstein wandte sich mit einer Verfassungsbeschwerde gegen die Entscheidung des deutschen Bundesgerichtshofs (BGH), wonach ihre Klage wegen einer zugunsten des CAS vereinbarten Schiedsklausel unzulässig sei (KZR 6/15).

Mit Beschluss vom 3. Juni 2022 (1 BvR 2103/16) hat das BVerfG der Verfassungsbeschwerde von Pechstein stattgegeben. Das BVerfG ortete in der Entscheidung des BGH eine Verletzung des Justizgewährungsanspruches (Art 2 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 Grundgesetz). Der BGH habe die Bedeutung des Anspruchs auf Öffentlichkeit des Verfahrens verkannt. Die vorgenommene Abwägung zwischen dem Justizgewährungsanspruch und der Vertragsfreiheit sowie der Verbandsautonomie entspreche nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen.

Das Urteil des BGH wird damit aufgehoben und die Sache zur Fortsetzung des Verfahrens an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

Kernaussagen des BVerfG

Zunächst hielt das BVerfG fest, dass ein „Schiedszwang“ im Sport grundsätzlich zulässig sei. Denn Schiedsvereinbarungen seien zur Gewährleistung einer international einheitlichen Sportgerichtsbarkeit und zur Bekämpfung des Dopings im internationalen Sportwettbewerb, auch in Ansehung der sich aus Art 13.2.1 des World-Anti-Doping-Codes (WADC) ergebenden völkerrechtlichen Bindungen erforderlich und als solches verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (Rz 40).

Ein Verzicht auf den Zugang zu den staatlichen Gerichten durch Abschluss einer Schiedsvereinbarung im Bereich des Sports sei aber nicht uneingeschränkt möglich: Das Verfassungsrecht setze dem vielmehr Grenzen. Damit der Staat schiedsrichterliche Entscheidungen anerkennen und in Ausübung seiner Hoheitsgewalt vollstrecken kann, müsse er dafür Sorge tragen, dass das schiedsgerichtliche Verfahren effektiven Rechtsschutz gewährleistet und rechtsstaatlichen Mindeststandards entspricht (Rz 40).

Hierzu gehört auch der Grundsatz der Öffentlichkeit mündlicher Verhandlungen. Die auf den Streitfall anwendbare Fassung der Statuten des CAS, auf welche die Schiedsgerichtsvereinbarung Bezug genommen hat, sahen aber keinen Anspruch der Parteien auf eine öffentliche mündliche Verhandlung vor. Da ein solcher selbst für solche Fälle, in denen eine öffentliche Verhandlung nach Maßgabe des Art 6 Abs 1 EMRK zwingend geboten ist, nicht besteht, genüge die Ausgestaltung des schiedsgerichtlichen Verfahrens insgesamt weder den Garantien des Art 6 Abs 1 EMRK noch den insoweit korrespondierenden Anforderungen des Justizgewährungsanspruches (Rz 49).

BVerfG folgt EGMR

Das BVerfG schloss sich damit der Entscheidung des EGMR in der Causa Pechstein (Nr. 40575/10 und 67474/10) an. Die Richter in Strasbourg entschieden aufgrund einer Beschwerde von Pechstein gegen den Schiedsspruch des CAS und die Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts bereits im Jahr 2018, dass das Verfahren vor dem CAS mangels öffentlicher Verhandlung die Sportlerin in Art 6 Abs 1 EMRK verletze. Eine „Zwangsschiedsgerichtsbarkeit“ müsse alle Garantien des Art 6 Abs 1 EMRK gewähren (Rz 115).

Dass der CAS seine Verfahrensordnung indessen geändert hat, sei der Vollständigkeit halber angemerkt. Nunmehr haben Sportler grundsätzlich einen Anspruch auf eine öffentliche mündliche Verhandlung.

Conclusio

Die Causa Pechstein ist damit um eine weitere Episode reicher. Das BVerfG hat darin unter anderem zwei Pflöcke eingeschlagen: Demnach sind Sportlern „aufgezwungene“ Schiedsvereinbarungen grundsätzlich zulässig. Das schiedsgerichtliche Verfahren hat jedoch den verfassungsrechtlichen Vorgaben zu genügen. Das ist nicht nur richtig, es sollte mit Adolphsen vielmehr selbstverständlich sein. Die Autonomie des Sports endet dort, wo das Verfassungsrecht Grenzen normiert.

Nun ist erneut das Oberlandesgericht München am Zug. Ob die Geschichte damit ein Ende findet, bleibt mit Spannung abzuwarten.

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Olympia: Haben Athleten einen Anspruch auf Teilnahme?

Nominierung einer Athletin oder eines Athleten für die olympischen Spiele

Der gesamte (Breiten-)Sport organisiert sich sowohl national als auch international in der Rechtsform eines Vereins und folgt dem Aufbau einer Pyramide. Während sich auf regionaler Ebene die Athleten einer Sportart meist in einzelnen Vereinen zusammenschließen, agieren auf überregionaler Ebene die Landesfachsportverbände, die wiederum in nationale Spitzenfachsportverbände münden. An der Spitze der Pyramide befindet sich für jede Sportart der jeweilige internationale Spitzenverband, wie zum Beispiel die FIFA, UCI oder die FIBA. Daneben steht das International Olympic Committee (IOC) als das höchste und allein entscheidende Gremium für die Olympischen Spiele. Die nichtstaatliche Organisation vereint alle nationalen Verbände und ist für die Ausrichtung und Betreuung der Olympischen Spiele zuständig. Anerkannt werden lediglich die Nationalen Olympischen Komitees (NOK), die sich auf Landesebene befinden. In Österreich wurde bereits 1908 das Österreichisches Olympische Komitee (ÖOC) als Vereinigung der größten österreichischen Sportorganisationen gegründet.
Das alleinige Recht eine Athletin bzw. einen Athleten für die Olympischen Spiele zu nominieren, steht demnach dem ÖOC bzw. dessen Vorstand zu. Die internationalen Spitzenverbände der jeweiligen Sportart geben dabei die maßgeblichen Richtlinien für eine Qualifikation zur Teilnahme an den Olympischen Spielen vor (Regel 40 der „Olympic Charter vom 2. August 2015“). Diese enthalten unter anderem die Voraussetzungen für eine Nominierung sowie Limits für eine Teilnahme.
Als Beispiel dient die vom Deutschen Schwimm-Verband (DSV) vorgegebenen Normzeiten für eine Qualifizierung im Schwimmen für Olympia 2020. Diese betragen im 100 m Brustschwimmen 0:59,80 für Männer und für Frauen 1:07,00.
Diese Richtlinien bedürfen allerdings der Genehmigung durch das IOC. Die nationalen Fachverbände haben die Möglichkeit diese Qualifikationskriterien zu konkretisieren und nehmen diese meist auch in Anspruch. Der ÖOC erteilt eine Nominierung somit auf Vorschlag der einzelnen Sportfachverbände, dessen Entscheidung wiederum auf den einschlägigen Qualifikationskriterien basiert.

Teilnahmeanspruch rechtlich durchsetzbar?
Es stellt sich nun die Frage, ob bei Erreichen der Nominierungsvorrausetzungen ein rechtlich durchsetzbarer Anspruch auf Teilnahme besteht, wenn der ÖOC einer Athletin bzw. einem Athleten die Teilnahme versagt. Für Rechtsstreitigkeiten jeglicher Art rund um internationale Wettkämpfe, wurde der Internationale Sportgerichtshof (CAS) vom IOC eingerichtet, der als unabhängiges internationales Schiedsgericht dient und seinen Sitz im schweizerischen Lausanne hat. Der CAS ist unter anderem für die Klärung von Dopingfragen, Disziplinarfragen (bei Unklarheiten über Regelverstöße) oder sportbezogene Vertragsfragen (Fernsehrechte, Sponsoring, etc.) zuständig. Für die Dauer der Ausrichtung der Olympischen Spiele werden vom CAS seit 1996 nichtpermanente Tribunale eingerichtet. Diese dienen einer raschen und vorläufigen Schlichtung von Streitfragen, sollten diese während eines Wettkampfes auftreten. Meistens handelt es sich um die Zulässigkeit von Individualbeschwerden oder Beschwerden nationaler Verbände, bei Verstößen gegen geltende Wettkampfregeln durch Athletinnen bzw. Athleten anderer Nationen.

In einem sehr aktuellen Fall trat Markus Rehm an den CAS heran, da ihm das IOC die Teilnahme an den Olympischen Spielen verweigerte. Rehm, der seit einem Unfall eine Prothese am rechten Unterschenkel trägt, hat bereits dreimal die Paralympics im Weitsprung gewonnen. Heuer hat er sich laut den vorgeschriebenen Qualifikationsnormen mit einem Sprung von 8,62 m für die Olympischen Spiele qualifiziert. Rehm wurde daher vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) dem IOC für eine Teilnahme an den Sommerspielen in Tokio vorgeschlagen. Ohne Erfolg. Die Begründung für die Versagung der Teilnahme wurde auf die Regel 6.3.4. gestützt, wonach eine Prothese ein mechanisches Hilfsmittel sei und Rehm beweisen müsse, dass ihm diese gegenüber den anderen Teilnehmern keinen Vorteil verschaffe. Der CAS hob diese Regelung jedoch wegen „Rechtswidrigkeit und Ungültigkeit“ bereits im Herbst des Vorjahres auf. Nicht dem Athleten, sondern dem Verband müsse die Beweisführung auferlegt werden, dass es sich bei der Verwendung einer Prothese um einen Wettbewerbsvorteil handelt. Basierend auf die aktuelle CAS-Entscheidung fordert Rehm nun vom DOSB und vom Deutschen Leichtathletik-Verbund seine Nominierung zu bestätigen, da er die, für alle Athletinnen und Athleten geltenden Qualifikationsnormen erreicht hat. Er beruft sich außerdem auf eine Studie, an der er selbst teilnahm, wonach die Carbon-Prothese gegenüber Athleten ohne Behinderung sogar nachteilig sei, weil es dadurch zu einer verlangsamten Startbewegung kommt.
In seiner Klage forderte Rehm nun vor einigen Tagen das uneingeschränkte Teilnahmerecht für den Weitsprung-Wettbewerb und damit die Bestätigung der Nominierung vom DOSB und DLV.

Schadenersatz bei Nichtnominierung
Hat ein Athlet nunmehr alle Voraussetzungen für eine Nominierung zur Teilnahme an einem internationalen Wettkampf erfüllt und erhält vom nationalen Verband trotzdem keine Berechtigung, stellt sich unter anderem die Frage, ob ein Anspruch auf Schadenersatz besteht.
Diese Frage beschäftigte bereits den deutschen Bundesgerichtshof (BGH), nachdem sich das deutsche Nationale Olympische Komitee (NOK) weigerte, den Dreispringer Charles Friedek – trotz formeller Erfüllung aller Kriterien – eine Nominierung für eine Teilnahme an den Olympischen Spielen von 2008 auszusprechen. Zunächst gilt es festzuhalten, dass bereits die Nominierung ein Vertragsverhältnis zwischen Sportler und Verband begründet und sich folglich beide Parteien bereits während der Nominierungsphase in einem vorvertraglichen Schuldverhältnis befinden. Daraus lassen sich per se noch keine gegenseitigen Ansprüche auf Erfüllung ableiten, allerdings bestehen Schutz- und Sorgfaltspflichten. Hinzu kommt die Verpflichtung zur Gleichbehandlung auch bloß potenzieller Vertragspartner. Demnach wäre der DOSB – dem in seiner Funktion auch eine Monopolstellung zukommt – verpflichtet gewesen, den Athleten, bei Erfüllung der vom Verband selbst aufgestellten Kriterien, tatsächlich zu nominieren. Laut Verband hätte Friedek die Normanforderungen jedoch nicht erfüllt und die Debatte führte letztendlich zum Ergebnis, dass eine fehlerhafte Auslegung der Nominierungsrichtlinien vorlag. Aufgrund ihrer mangelnden Transparenz, Verständnis und Sicherheit hätten die Athleten keine Möglichkeit gehabt, ihre Trainings- und Wettkampfplanungen entsprechend organisieren zu können. Friedek forderte in seiner Klage gegen den DOSB einen Ersatz des Schadens in Höhe von mindestens 133.500 Euro ein. Die endgültige Höhe wurde vom Landgericht Frankfurt entschieden. Erst in dritter und letzter Instanz vor dem BGH gewann Friedek den Prozess, allerdings sieben Jahre nach den Olympischen Spielen.
Ein vergleichbarer Anspruch wäre auch in Österreich denkbar. Aufgrund der Monopolstellung des ÖOC hat eine Sportlerin bzw. ein Sportler keine andere Möglichkeit für die Olympischen Spielen nominiert zu werden und ist somit auf das Komitee angewiesen. Der ÖOC unterliegt damit dem Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung gemäß § 5 Kartellgesetz (KartG). Ein Schadenersatzanspruch wäre daher für jene finanziellen Einbußen denkbar, welche der Sportler durch die Einschränkung seiner Berufsausübung erleidet. Darunter fallen insbesondere Werbeverträge, Sponsorengelder und entgangenes Preisgeld.

Fazit
Vor allem der vor dem deutschen BGH geführte Rechtsstreit Friedek kann man getrost als Grundsatzurteil im Sportbereich beurteilen. Demnach liegt bei erfolgter Nominierung bereits ein vorvertragliches Schuldverhältnis vor und wäre auch aufgrund der Monopolstellung des NOK im Fall Friedek ein rechtlich durchsetzbarer Anspruch auf eine Nominierung vorgelegen. Darüber hinaus führten die intransparenten Regelungen in den Nominierungsrichtlinien dazu, dass sich die Athletin oder der Athlet nicht entsprechend auf die Qualifikationsrunde vorbereiten konnten. Da der Rechtsstreit vor den gerichtlichen Instanzen mehrere Jahre dauerte, war Friedek letzten Endes auf Ersatz des erlittenen Schadens verwiesen.
Grundsätzlich handelt es sich jedoch um eine einzelfallbezogene Beurteilung, ob tatsächlich ein durchsetzbarer Anspruch auf Teilnahme bei Olympia besteht. Wie auch im Fall Rehm, der derzeit beim Internationalen Sportgerichtshof (CAS) anhängig ist und eine Entscheidung bald erwartet wird.

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Hatem Ben Arfa zu OGC Nice – Viele Fragen keine Antworten

Die FIFA wertet U- 21 Spiele als „offizielle Spiele“. FIFA- Regelungen könnten gegen Art. 45 AEUV verstoßen.

Die Karriere von Hatem Ben Arfa kann man getrost als unglücklich bezeichnen. Er galt als eines der größten Talente Frankreichs, wurde jedoch durch Undiszipliniertheiten, Verletzungen und nun kürzlich durch Gerichtsentscheidungen immer wieder zurückgeworfen. Ben Arfa spielte in der Saison 2014/15 ein Spiel für die U-21 Mannschaft von Newcastle United FC, bevor er zu Hull City ausgeliehen wurde. Nach einvernehmlicher Vertragsauflösung wechselte Ben Arfa im Winter 2015 zu OGC Nice.

Hier kommen die rechtlichen Fragestellungen ins Spiel. Bevor Ben Arfas Transfer bestätigt wurde, richtete der französische Verband eine Anfrage an die FIFA. Diese sollte klären, ob Ben Arfas Spiel für die U-21 von Newcastle United, in der „U-21 Professional Development League“ als offizielles Spiel gewertet werden muss. Grund für diese Anfrage war Art. 5 Abs. 3 der „FIFA REGULATIONS on the Status and Transfer of Players”. Diese Regelung sieht vor, dass ein Spieler in einer Saison nur für drei Vereine registriert sein kann und dabei nur für zwei Vereine pro Saison in einem offiziellen Spiel eingesetzt werden kann. Ausnahmen bestehen nur in engen Grenzen bezüglich Verbänden mit sich überschneidendem Spielplan, wenn die Saison in einem der Verbände deutlich früher oder später beginnt. Als Grund hierfür kann man aus Abs. 4 die sportliche Integrität des Wettbewerbs herauslesen.

Im Jänner 2015 entschied daraufhin der Einzelrichter des „FIFA Player’s Status Committee“, dass „das Spiel als offiziell im Sinne der Regulations angesehen werden muss“. Diese Aussage führte dazu, dass Ben Arfas Transfer zu OGC Nice zwar bestätigt wurde, er jedoch bis zum Ende der Saison 2014/15 nicht für den Verein spielen durfte. Die Entscheidung war jedoch umstritten, so gab etwa die englische FA an, das Spiel nicht als offiziell anzusehen. Was ein offizielles Spiel ist, umschreibt Definition 5 der Regulations. Laut dieser ist ein offizielles Spiel „(…) ein Spiel im Rahmen des organisierten Fußballs, etwa Meisterschafts-, oder Cupspiele (…)“. Die Entscheidung des Richters ist daher insofern vertretbar, da die Professional Development League als ein von der FA organisierter Meisterschaftsbetrieb angesehen werden kann. Dies hat natürlich zur Folge, dass es schwer abschätzbar ist, wie weit in den Jugendbereich der Begriff „offizielles Spiel“ nun reicht. Es bleibt unklar ob schon U-17, U-18 oder erst U- 21 Spiele als offiziell bewertet werden.

Ben Arfa brachte auch eine Beschwerde gegen diese Entscheidung des Einzelrichters beim CAS ein. Dieser entschied jedoch, dass der Spieler in dem Verfahren keine Parteistellung hatte und nur die Entscheidung des französischen Verbands in Ben Arfas Rechte eingriff. Daher wurde die Beschwerde abgewiesen.

Auch Unionsrecht wieder ein Thema

Es gibt jedoch noch weitere rechtliche Fragen in Bezug auf den Fall, insbesondere in Bezug auf die Vereinbarkeit des Art. 5 Abs. 3 der Regulations mit Art. 45 AEUV. Diese Prüfung erfolgt hier ganz allgemein, losgelöst von dem konkreten Fall.

Dass Sport als Teil des Wirtschaftslebens unter das Unionsrecht fällt, ist seit dem Bosman-Urteil geklärt. Weiters sind entgeltliche sportliche Leistungen eines Fußballspielers als Arbeits-, oder Dienstleistungen zu qualifizieren, sodass die Art. 45 ff. für sie gelten. Die Regelung ist auch als Beschränkung des Art. 45 AEUV aufzufassen, welcher „insgesamt den Angehörigen der Mitgliedstaaten die Ausübung von beruflichen Tätigkeiten aller Art im Gebiet der Union erleichtern soll und Maßnahmen entgegensteht, die diese Staatsangehörigen benachteiligen könnten, wenn sie eine wirtschaftliche Tätigkeit im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats ausüben wollen“. Ein Beispiel verdeutlicht die Einschränkung: Ein Spieler spielt ein Spiel für ein Team aus seinem Heimatverband. Nun wechselt er zu einem anderen Team. Welchem Verband dieses Team angehört ist unbedeutend. Hat der Spieler nun für beide Teams auch gespielt, ist er (bis auf die engen oben genannten Ausnahmen) nicht spielberechtigt, wenn er zu einem neuen Team aus einem anderen EU- Mitgliedsstaat wechselt. Dies macht die Verpflichtung dieses Spielers wesentlich unattraktiver. Damit liegt eine Beschränkung von Art. 45 AEUV vor.

Es ist jedoch nicht jede Beschränkung unzulässig. So kann eine Beschränkung gerechtfertigt sein, sofern mit ihr ein im Allgemeininteresse gelegenes Ziel verfolgt wird, die Regelung zur Umsetzung des Ziels geeignet ist und sie zur Erreichung des Ziels erforderlich ist. Die in Art 5 Abs. 4 der Regulations genannte sportliche Integrität ist jedenfalls ein im Allgemeininteresse gelegenes Ziel, vor allem aufgrund der schon im Bosman-Urteil herausgehobenen sozialen Bedeutung des Sports und der Erwähnung desselben in Art. 165 AEUV. Fraglich ist die Geeignetheit. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist eine Regelung geeignet, wenn „sie tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen“. Ein Argument für die Geeignetheit sind insbesondere Leihen. So kann ein Spieler, der von seinem Club ausgeliehen wurde, und sodann mit seinem neuen Verein gegen den ausleihenden Verein spielt, das Spielergebnis mit seiner Leistung zugunsten der gegnerischen Mannschaft beeinträchtigen. So gefährdet er die Integrität des Sports. Ansonsten gibt es jedoch nicht allzu viele Argumente für diese Regelung, so kann man die Geeignetheit möglicherweise noch bejahen, die Erforderlichkeit jedoch nicht mehr. Oben beschriebene Konstellationen sind nicht Hintergrund der Mehrheit der Transfers und treten am häufigsten innerhalb einer Liga auf. Für diese Transfers gilt jedoch ohnehin die strengere Regelung des Art. 5 Abs. 4. Diese verbietet ausnahmslos jeden Einsatz eines Spielers bei mehr als zwei Clubs aus derselben Liga. Diese Regelung sichert die Integrität des Sports bereits ausreichend, vor allem da Spieler zB in der Championsleague ohnehin nur für einen Verein pro Saison spielen dürfen. Weitergehende Beschränkungen erscheinen unangebracht.

Es ist damit nicht erforderlich Spieler generell in der Weise einzuschränken, dass sie in einer Saison für maximal zwei Vereine spielberechtigt und für drei Vereine gemeldet sein können. Art. 5 Abs. 3 der Regulations bildet daher unter Umständen eine unzulässige Beschränkung des Art. 45 AEUV.

 

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Wenn sich ein Spieler beim Länderspiel verletzt

Beim Nationalteam: Viele Pflichten, wenig Rechte und möglicherweise schlechte Sitten

Trainer-Zampano Louis van Gaal, gegenwärtig bei Manchester United engagiert, dürfte wieder schwitzen. Am Wochenende finden Qualifikationsspiele zur UEFA-Europameisterschaft statt. In seiner Zeit beim FC Bayern München polterte er gern, dass er um die Gesundheit seiner Spieler fürchtet.

„Was passiert, wenn sich ein Spieler […] beim Länderspiel verletzt? Wer bezahlt das?“, fragte Louis van Gaal 2010 öffentlich. Und tatsächlich ist das eine gute Frage. Gerade diese Transferperiode zeigte deutlich auf, um wie viel Geld die Vereine Spieler verpflichten, um an die finanziellen Futtertröge von Sponsoren und Ausrichtern zu kommen. Van Gaals Klub Manchester United erhielt beispielsweise 2014/15 über 132 Millionen Euro an Fernsehgeldern, würde die Champions League gewonnen werden, kämen über 50 Millionen Euro dazu. Da mutet es nicht verwunderlich an, wenn sich Trainer und Vereine darüber Gedanken machen, wenn ihre Spieler ein paar Mal im Jahr zum Teil hoch brisante Partien absolvieren. Vor allem, weil sich die Kontinentalverbände und der Weltverband wenig um dieses Problem kümmern.

Der Weltverband FIFA geht nämlich nicht gerade zimperlich mit den Spielern um – das muss mit aller Deutlichkeit festgestellt werden. Bei der WM 2014 in Brasilien machte die FIFA einen Umsatz von 3,3 Milliarden Euro und einen satten Gewinn von 1,6 Milliarden Euro. Dahingegen heißt es: „Ein Verein, der einen seiner Spieler gemäss (sic!) den Bestimmungen dieses Anhangs abstellt, hat kein Anrecht auf eine finanzielle Entschädigung.“ So regelt es Anhang 1 des Reglements bezüglich Status und Transfers von Spielern unter Artikel 2 1. Weitere wichtige Regelungen verpflichten die Vereine, Spieler für neun Tage, beginnend mit Montagmorgen bis Dienstagabend der Folgewoche (Art 1 1. & 4.) abzustellen, sofern es sich um eine WM-Endrunde oder den Kontinentalpokal handelt. Immerhin gibt es gemäß Art 1 11. Geldstrafen (a)) und Sperren (c)) erst, wenn die Fristen „wiederholt“ missachtet werden.

Die bereits angeschnittenen finanziellen Bestimmungen und Versicherungen sind eher beschränkt. Der Verband muss die Transportkosten übernehmen (Art 2 2.) und den Spieler versichern muss aber der Verein (Art 2 3.). Darüber hinaus gehende Regelungen gibt es eben nicht. Art 4 besagt, dass die Verbände bei Nicht-Abstellung aus medizinischen Gründen den Arzt selber aussuchen dürfen, der die Verletzung bestätigt. Die Disziplinarmaßnahmen bei Nicht-Abstellung sind rigoros: „Wenn ein Verein die Abstellung eines Spielers verweigert oder es versäumt, ihn trotz der Bestimmungen dieses Anhangs freizugeben, wird der Verband, dem der Verein angehört, von der FIFA-Kommission für den Status von Spielern darüber hinaus aufgefordert, alle Begegnungen des Vereins, an denen der betreffende Spieler teilgenommen hat, mit einer Forfait-Niederlage zu werten. Sämtliche dabei gewonnenen Punkte werden dem Verein aberkannt. Bei im K.o.-System ausgetragenen Spielen wird der gegnerische Verein ungeachtet des Resultats zum Sieger erklärt.“ (Art 6 2.)

Klar ist: Es gibt viele Pflichten, aber wenig Rechte. Dennoch zeigen sich die Verbände gnädig. Trotz Nicht-Verpflichtung etwa schüttete die UEFA nach der Euro 2012 100 Millionen Euro an die abstellenden Klubs aus. Nach der WM 2014 waren es vonseiten der FIFA 260 Millionen Euro für die 32 WM-Starter, 50 Millionen für alle anderen sowie 75 Millionen Euro für die Versicherungen. Eine Pflicht besteht aber eben nicht. Hinzu kommen freilich noch alle möglichen Erlöse aus Werbe- und Sponsoringeinnahmen. Dass es 2016 überhaupt Geld geben wird, liegt an einer Vereinbarung, die FIFA, UEFA und die European Club Association ECA 2008 getroffen haben. Für die Euro 2016 werden 150 Millionen Euro an „Distribution Amount“ zur Verfügung gestellt, 50 mehr als 2012. Die ECA selbst ist die Nachfolgeorganisation der G14, wie der alte Name schon besagt, eine mächtige Interessensvertretung. Die Gründungsmitglieder waren etwa Bayern München, Real Madrid, FC Barcelona, AC Mailand, Juventus Turin, Manchester United und der FC Chelsea. Die FIFA und die UEFA hätten sich also mächtige Gegner gemacht, hätte man sich nicht geeinigt.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für diese Willenserklärung gestalten sich gemäß Punkt H des Agreements so, dass es sich um eine rechtlich bindende, gegenseitige Verpflichtung handelt, die unter Schweizer Recht zu behandeln ist und Streitigkeiten können nur vor dem Sportgerichtshof CAS ausgetragen werden.

Einige rechtliche Fragen bleiben aber im Statut und Agreement übrig. Beispielsweise: Wer ist der Boss? Marcel Koller oder doch Peter Zeidler und Co? Denn der Spieler wird von den Vereinen bezahlt und versichert, allfällige privatrechtliche Prämienregelungen greifen ins Arbeitsrecht nicht ein, da sie freiwillig und nicht einmal durch das FIFA-Statut gedeckt sind. Das Nationalteam ist gewissermaßen Nebenpflicht des Spielers, abgeleitet aus den Bestimmungen des Weltverbandes, aber zwischen Spieler und Verein. Kompensationen hin oder her: Es gibt ein Missverhältnis zwischen der Leistung und der Gegenleistung, weil der eine Verein im Sinne des Vereinsrechts (und nichts anderes sind ein Fußballverein und -verband) dem anderen einen Spieler ohne Gegenleistung überlässt. Parallel zu Expertenmeinungen aus Deutschland und der Sittenwidrigkeit des § 138 BGB9 könnte § 879 (1) iVm (2) Z 4 ABGB10 in Betracht bezogen werden: „(1) Ein Vertrag, der gegen […] gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. (2) Insbesondere sind folgende Verträge nichtig: wenn jemand […] die Zwangslage […] eines anderen dadurch ausbeutet, daß er sich oder einem Dritten für eine Leistung eine Gegenleistung versprechen oder gewähren läßt, deren Vermögenswert zu dem Werte der Leistung in auffallendem Mißverhältnisse steht.“ (sic!)

Zusammengefasst: Die Vereine müssen die Spieler für die Zeit der Abstellung bezahlen und versichern, haben gemäß Verbandsstatut keinen Anspruch auf Entschädigungen, müssen allfällige Streitigkeiten über vereinbarte Kompensationen unter Schweizer Recht ausfechten und wenn ein Verein den Spieler nicht abstellt, werden dem Klub alle Punkte aus den Spielen abgezogen, in denen der Spieler eingesetzt war.

Ein Ausjudizieren wäre allenfalls sehr spannend.

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Sabitzer und Salah – Wenn Spieler ihren Vertrag nicht erfüllen wollen

Immer wieder gibt es Spieler, die trotz laufenden Vertrags nicht für „ihren“ Verein spielen wollen.

Viel wurde geschrieben, als Marcel Sabitzer Ende der letzten Saison angab nach Ende seines Leihvertrages nicht für RB Leipzig, jenen Verein bei dem er eigentlich unterschrieben hatte, spielen zu wollen. Im Endeffekt spielt Sabitzer nun doch für Leipzig. Ähnlich ist die Lage bei Mohamed Salah, der nicht mehr für den AC Florenz spielen will, obwohl dieser die vertragliche Option hat, ihn ein weiteres Jahr auszuleihen.

Sabitzer hatte im Sommer 2014 einen bis 2018 laufenden Vertrag bei RB Leipzig unterschrieben und wurde gleich darauf zu RB Salzburg ausgeliehen. Nach einer erfolgreichen Saison bei Salzburg gab Sabitzer an, dass eine Rückkehr zu Leipzig nicht in seine Pläne passt.

Salah wurde im Jänner 2015 vom FC Chelsea an den AC Florenz für den Rest der Saison 2014/15 ausgeliehen. Er spielte eine tolle Saisonhälfte für den Verein und der Club wollte ihn halten. Nun wird es jedoch problematisch. Der AC Fiorentina gibt an, dass sich die beiden Vereine und der Spieler im Winter 2015 darauf einigten, dass der AC Florenz, gegen Zahlung eines Geldbetrages, den Leihvertrag um ein Jahr verlängern kann. Salah habe dem zugestimmt. Der Spieler hingegen gibt an, er habe sich ein Veto gegen die Verlängerung des Leihvertrages gesichert. Laut dem Verein habe Salah jedoch zu spät von diesem Gebrauch gemacht. Die Situation ist von außen kaum zu beurteilen.

Nimmt man an, dass Salah tatsächlich gültiger weise ein Veto einlegen kann, so ist er in keiner Weise vertraglich dazu verpflichtet weiterhin für Florenz zu spielen. Salah kann von Chelsea problemlos an ein anderes Team verkauft bzw. ausgeliehen werden, kommt kein Transfer zustande so muss Salah zum FC Chelsea zurückkehren.

Hat er jedoch die Möglichkeit ein Veto einzulegen nicht oder nicht mehr, so ist die Lage in Salahs Fall dieselbe wie in Sabitzers Fall. Beide Fälle werden von den „FIFA REGULATIONS on the Status and Transfer of Players“ geregelt, auf welchen auch § 16 Absatz 1 des „REGULATIV FÜR DIE DEM ÖFB ANGEHÖRIGEN VEREINE UND SPIELER“ verweist. Zunächst gilt Artikel 13 der Regulations, welcher besagt, dass ein Vertrag nur durch beidseitiges Einvernehmen beendet werden kann oder endet wenn der Vertrag ausläuft. Ausnahmen bieten die Artikel 14 und 15. Artikel 14 sieht vor, dass ein Vertrag durch geltend machen eines gewichtigen, für die Auflösung sprechenden, Grundes einseitig für nichtig erklärt werden kann. Ein solcher Grund auf Seiten des Spielers wäre in etwa die unsichere Lage in der Region in welcher der Verein aktiv ist. Der Verein kann beispielsweise schwerwiegende, beleidigende Äußerungen gegen den Verein geltend machen. Ein solcher Fall liegt bei keinem der beiden Spieler vor. Auch die Ausnahme des § 15 ist hier nicht gegeben. Dieser erlaubt es Spielern unter gewissen Umständen den Vertag aufzulösen, sofern sie in weniger als 10% der Saisonspiele ihres Teams zum Einsatz kamen.

In keinem der beiden Fälle wäre also eine gerechtfertigte einseitige Auflösung des Vertrags möglich. Sofern ein Spieler den Vertrag nun ohne gerechtfertigten Grund auflöst, so liegt ein Vertragsbruch vor und Artikel 17 der Regulations kommt zur Anwendung. Dieser sieht nach Absatz 1 in jedem solchen Fall Kompensationszahlungen vor, welche durchaus sehr hoch sein können. Die Summe wird zwischen dem Spieler und seinem neuen Verein aufgeteilt. Zudem ist eine Sperre von vier bis sechs Monaten für solche Verfehlungen vorgesehen. Diese Sanktionen in Kombination treffen wohl jeden Profisportler sehr hart.

In keinem der beiden Fälle wäre es also möglich „unbeschadet“ aus einem gültigen Vertrag hinaus zu kommen.

 

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Serbien vs. Albanien: Wo Fußball auf Hass trifft

Der CAS erklärt Albanien am grünen Tisch zum Sieger. Beide Verbände erhalten zudem Strafen.

Es waren schockierende Bilder, die nach dem EM- Qualifikationsspiel zwischen Serbien und Albanien am 14.10.2014 um die Welt gingen. Viele hatten vermutet, dass es aufgrund der Vorgeschichte der Nationen Ausschreitungen geben wird, weswegen auch keine albanischen Fans im Stadion Partizana in Belgrad zugelassen waren. Nach 41 Minuten warfen schließlich serbische Fans verschiedene Gegenstände auf das Spielfeld. Schiedsrichter Atkinson unterbricht das Spiel, bald darauf fliegt eine Drohne mit der großalbanischen Flagge durch das Stadion und serbische Fans kommen auf das Feld, um die albanischen Spieler zu attackieren. Diese suchen Zuflucht in den Kabinen. Nach einiger Zeit entscheidet Atkinson, dass das Spiel nicht mehr fortgesetzt werden kann.

Am 24.10.2014 urteilt der UEFA Control, Ethics and Disciplinary Body (CEDB), dass die albanische Mannschaft für den Abbruch verantwortlich war. Diese weigerte sich laut dem CEDB das Spiel fortzusetzen. Es wurde somit auf ein 3:0 für Serbien entschieden. Zudem wurde dem albanischen und dem serbischen Verband eine Geldstrafe von jeweils 100.000 € auferlegt. Serbien wurde weiters zu zwei Geisterspielen und dem Abzug von drei Punkten verurteilt. Diese Entscheidung wurde am 02.12.14 vom UEFA Appeals Body in dieser Form bestätigt. Sodann erhoben beide Verbände Beschwerden beim CAS, welcher seine Entscheidung am 10.07.2015 traf.

Der CAS bestätigte zunächst die Entscheidung der UEFA in Bezug auf die Geldstrafe gegen den albanischen Verband (FAA). Dieser ist laut dem CAS verantwortlich dafür, dass die Drohne in das Stadium geflogen wurde. Die großalbanische Flagge ist ganz klar ein politisches Zeichen und fällt somit unter Artikel 14 Absatz 7 der UEFA Disciplinary Regulations. Der Artikel verbietet “jede Form ideologischer, politischer und religiöser Propaganda” und verweist auf Artikel 6 der Regulations. In diesem ist in Absatz 1c eine Geldstrafe gegen einen Verband vorgesehen, der einen Artikel der Regulations verletzt.

Auch die gegen den serbischen Verband (FAS), aufgrund der randalierenden Zuseher und sogar Ordner, ausgesprochenen Strafen wurden bestätigt. Als gastgebender Verband war die FAS nach Artikel 16 der UEFA Disciplinary Regulations verantwortlich für die Sicherheit im und um das Stadion. Man kann sagen, dass diese Aufgabe nicht optimal erfüllt wurde, nachdem ein albanischer Spieler sogar mit einem Sessel geschlagen wurde, Feuerwerkskörper in großer Anzahl auf das Feld geworfen wurden und mehrere Fans den Rasen stürmten. Daher kamen hier die Artikel 6 Absatz 1 c, f und h zur Anwendung.

Der bedeutende Unterschied zu den Entscheidungen der vorhergehenden Instanzen ist jedoch, dass die FAS für den Spielabbruch verantwortlich gemacht wird. Der CAS begründet dies damit, dass es nicht eindeutig ist, dass Schiedsrichter Atkinson der albanischen Mannschaft die Anweisung gab das Spiel fortzusetzen. Es ist nicht klar, dass der Schiedsrichter die Lage im Stadion für sicher befand. Vielmehr ist es wahrscheinlich, dass Atkinson sich nach einiger Zeit dazu entschied das Spiel aufgrund der nicht gewährleisteten Sicherheit abzubrechen. Da also keine Weigerung der Albaner vorlag, ist der serbische Verband verantwortlich für den Spielabbruch. Dieser ist wie bereits erwähnt für die Sicherheit im Stadion zuständig und konnte diese nicht ausreichend wiederherstellen. Die UEFA Disciplinary Regulations sehen in Artikel 6 Absatz 1 g auch vor, dass ein Spiel als Sanktion strafverifiziert werden kann. Der CAS entschied nun, dass der serbische Verband Artikel 27.01 der Regulations of the UEFA European Football Championship 2014-16 verletzt hatte, da das Spiel nicht zu Ende gespielt wurde.

Albanien gewann das Spiel somit am grünen Tisch 0:3 und wurde nicht dafür bestraft, dass die Spieler berechtigterweise Angst vor den gewaltbereiten serbischen Zusehern hatten.

 

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Vannes Mae – Stargeigerin als Dirigentin organisierter Manipulation?

Der CAS hob die 4- jährige Sperre gegen Vanessa Mae auf. Ihre Teilnahme an den olympischen Spielen in Sotschi wurde jedoch nicht für gültig erklärt.

Viel Freude und auch Vergnügen bereiten „Exoten“ aus Ländern in denen der Skisport alles andere als verbreitet ist den Zusehern von olympischen Winterspielen. Weniger Freude bereitet es jedoch wenn diese Athleten, wie im Fall von Vanessa Mae, wohl nur durch Manipulation die notwendigen Voraussetzungen für ihre Teilnahme erbringen können.

 

Im Jänner 2014 wurden auf Anfrage von Maes Management vier Riesentorläufe im slowenischen Skiort Krvavec durchgeführt. Diese wurden vom thailändischen olympischen Komitee organisiert und waren Maes letzte Chance sich für die olympischen Winterspiele in Sotschi zu qualifizieren.  Mae erreichte auch die notwendige Punktezahl und durfte an der Olympiade teilnehmen. Dort wurde Mae, die mit dem Nachnamen ihres Vaters (Vanakorn) antrat,  mit 50 Sekunden Rückstand auf die Siegerin 67., mit elf Sekunden Rückstand auf Platz 66. Möglicherweise aus diesem Grund wurden die Rennen in Krvavec vom slowenischen Skiverband überprüft, welcher seine Ergebnisse an die FIS übermittelte.

 

In dem Bericht wurden Fälle von organisierter Manipulation festgestellt, so wurden unter anderem Zeiten von einer Athletin angegeben, die gar nicht an dem Rennen teilnahm, oder Zeiten absichtlich falsch gemessen.

 

Daraufhin wurde einerseits das Rennen vom FIS Hearing Panel für ungültig erklärt. Es lagen verschiedene Verstöße gegen die FIS BETTING AND OTHER ANTI-CORRUPTION VIOLATIONS RULES vor. Insbesondere  Verstöße gegen Artikel 3.2 (Manipulation von Ergebnissen), genauer gegen die Artikel 3.2.1. und 3.2.4. Durch mehrere Verletzungen von mehreren Sportlerinnen und Offiziellen war die FIS nach Artikel 8.4 des angesprochenen Regelwerks ermächtigt, die Rennen in Krvavec und sämtliche dort erworbenen Punkte etc.  für ungültig zu erklären. Da Mae ohne die dort erworbenen Punkte nicht die nötigen Voraussetzungen für einen Olympiastartplatz hatte, wurde auch ihre Teilnahme für ungültig erklärt. Dieser Teil der Entscheidung wurde vom CAS, der als Berufungsgericht fungierte,  auch aufgrund der Schwere der Verstöße, für richtig befunden.

 

Andererseits wurde gegen Mae selbst eine 4- jährige Sperre bezüglich sämtlicher FIS Rennen weltweit verhängt. Es wurden wiederum Verstöße gegen Artikel 3.2  der FIS BETTING AND OTHER ANTI-CORRUPTION VIOLATIONS RULES geltend gemacht. Mae wurde vorgeworfen, selbst die Manipulation der Ergebnisse angeordnet zu haben, um ihren Olympiastartplatz zu erschleichen. Die Grundlage für die Sperre findet sich in Artikel 8.1 des Regelwerkes. Dieser sieht vor, dass der Panel Sperren zwischen drei Monaten und einer lebenslangen Sperre aussprechen darf. Die genaue Höhe ist nach den folgenden Artikeln unter anderem von der Schwere der Tat und der Wirkung auf den Sport abhängig. In Maes Fall dürfte es auch eine Rolle gespielt haben, dass sie berühmt und vermögend ist. Man wollte wohl verhindern, dass weitere bekannte Persönlichkeiten ihren Reichtum nutzen, um an Olympia teilnehmen zu können und sprach daher eine relativ lange Sperre aus.

 

Dieser Teil der Entscheidung wurde jedoch vom CAS aufgehoben. Dies begründet das Gericht damit, dass „es keine zufriedenstellenden Beweise für eine Manipulation von Vanessa Vanakorn selbst finden konnte, die einen Schuldspruch und eine 4- jährige Sperre rechtfertigen können.

 

Mae dürfte also in der nächsten Saison wieder an FIS rennen teilnehmen. Es ist jedoch mehr als fraglich, ob sie nach den negativen Erlebnissen und den mäßigen Leistungen noch einmal bei einem offiziellen Rennen antritt (Alex Pammer, 8.7.2015).

 

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Pechstein und die Zukunft der Schiedsgerichtsbarkeit im Sport

Erstmals befindet ein Gericht den Spruch des CAS als unwirksam und nicht bindend. Dies könnte weitreichende Folgen für die Sportwelt haben.

Über mehrere Jahre und einige Instanzen zieht sich der Rechtsstreit rund um die deutsche Eisschnellläuferin Claudia Pechstein nun bereits. Nun ist nach der Entscheidung des OLG München vom 15.01.2015 endlich Licht am Ende des Tunnels. Diese Entscheidung könnte jedoch weit über den konkreten Fall hinaus Auswirkungen haben und die Stellung der bislang obligatorischen Schiedsgerichtsbarkeit im Sport wesentlich verändern.

Während der Weltmeisterschaft im norwegischen Hamar 2009 wurden Pechstein Blutproben entnommen, die erhöhte Retikulozytenwerte aufwiesen. Dies wurde von der Internationalen Eislaufunion (ISU) als Dopingnachweis gewertet, woraufhin Pechstein am 1.7.2009 mit Rückwirkung ab dem 7.2.2009 zum einen für zwei Jahre gesperrt wurde, zum anderen wurden ihr sämtliche Leistungen nach diesem Datum aberkannt. Es folgten erfolglose Berufungen beim Internationalen Sportgerichtshof (CAS), dem schweizerischen Bundesgericht und dem LG München, welches bereits eine richtungsweisende Entscheidung traf, jedoch im Endeffekt zu Pechsteins Ungunsten entschied.  Schließlich legte sie ein Rechtsmittel beim OLG München ein, welches in einem Zwischenurteil erstmals zugunsten Pechsteins entschied.

Bemerkenswert war bereits, die Entscheidung des LG München vom 26.2.2014. In dieser wurden die im Sport im Prinzip universell verwendeten Schiedsgerichtsklauseln, wonach der CAS zur Entscheidung  über jegliche Berufung gegen erstinstanzliche Urteile zuständig ist, für unwirksam erklärt. Bereits seit längerer Zeit waren diese Klauseln von verschiedenen Seiten Kritik ausgesetzt, da die Sportler an sich gar keine andere Wahl haben als diese zu unterschreiben, sofern sie an Großveranstaltungen  teilnehmen wollen. Diese Praxis hielt das Gericht für unzulässig, insbesondere seien die Klauseln mit Art. 6 EMRK nicht vereinbar. Das LG München hielt seine Zuständigkeit somit für gegeben, wies die Beschwerde jedoch in weiterer Folge ab, da die  „nach Auffassung des Gerichts gegebene Nichtigkeit der Schiedsvereinbarung einer Anerkennung des Schiedsspruchs nicht entgegenstand“! Das Gericht begründete dies damit, dass Pechstein sich nicht schon vor dem CAS gegen die Schiedsklausel aussprach, weshalb ein neuerliches Aufrollen des Falles nicht möglich sei.

Das OLG München, welches über Pechsteins Berufung entschied, sah einiges jedoch anders. So betrachtete es zwar die Schiedsklausel ebenfalls als nichtig, jedoch aufgrund eines Verstoßes gegen das Kartellrecht.  Es gibt in Deutschland nach dem Ein- Platz- Prinzip nur einen Eislaufverband, somit konnte Pechstein gar nicht anders, als dessen Mitglied zu werden. Dies ist laut dem Gericht auch der einzige Grund warum Athleten die CAS-Klausel unterzeichnen – es bleibt ihnen nichts anderes über.  Das Gericht stellt weiters fest, dass es ohne diesen Zwang wohl nicht zur Unterzeichnung der Klausel gekommen wäre, da die Zusammensetzung des CAS die Verbände klar gegenüber den Athleten bevorzugt. Der CAS besteht aus 20 Richtern, vier Mitglieder werden von den Internationalen Sportverbänden, vier weitere von den Nationalen Olympischen Komitees und vier vom Internationalen Olympischen Komitee ernannt. Diese zwölf Mitglieder ernennen vier Mitglieder mit Blick auf die Wahrung der Interessen der Athleten. Diese sechzehn Mitglieder schließlich ernennen vier Mitglieder, die unabhängig von den Organisationen sind, welche die anderen Mitglieder ernennen. Die Verbände haben also ein riesiges Übergewicht was die Zusammensetzung anbelangt. Dies macht die CAS-Klausel rechtswidrig: „Einem marktbeherrschenden Unternehmen ist es gem. § 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 2 GWB a. F. verboten, Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen zu fordern, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden. Danach durfte die Beklagte zu 2. von der Klägerin die Zustimmung zu der Schiedsvereinbarung vom 2. Januar 2009 nicht verlangen.“

Aus diesem Grund verstößt der  CAS-Spruch gegen den ordre public und kann nicht anerkannt werden. Das Gericht stellt im Gegensatz zum LG auch keine Gründe fest warum der Spruch dennoch bindend sein sollte.  Das Gericht kann also auch inhaltlich selbst in der Sache entscheiden. Die endgültige Entscheidung über die Klage trifft das Gericht jedoch erst in einem weiteren Urteil.

Fakt ist jedoch bereits, dass dieses Urteil große Sprengkraft birgt und das Potenzial hat die Schiedsgerichtsbarkeit grundlegend zu verändern, sollte es von dem in letzter Instanz zuständigen BGH bestätigt werden. Sofern weitere Gerichte der Argumentation des OLG München folgen,  würde der CAS zunehmend an Bedeutung verlieren. Dies ist jedoch nicht unbedingt wünschenswert: Ein allzuständiges Sportgericht entscheidet einheitlich, agiert schneller, verursacht geringere Kosten und ist näher am Geschehen dran als andere Gerichte. Somit wäre es für alle Parteien erstrebenswert würde der CAS reformiert werden, und zwar im Hinblick auf die vorgebrachten Mängel. Der CAS muss insbesondere von den Sportverbänden effektiv unabhängig sein bzw. allen Parteien des Prozesses die gleichen Chancen einräumen, um wieder legitimer Entscheidungsträger zu werden. Führt der CAS diese Reformen durch, so steht einer Beibehaltung der Schiedsgerichtsbarkeit im Sport nichts im Weg. Führt er sie jedoch nicht durch ist es wahrscheinlich, dass zunächst weitere deutsche Gerichte der Argumentation des OLG folgen und CAS Entscheidungen für ungültig und nicht bindend befindet. Dies würde in weiterer Folge wohl im gesamten EU- Raum passieren.

Eine Reform ist somit für den CAS  schlicht und ergreifend überlebenswichtig.

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