Die Causa Fredi Bobic: Ein verhängnisvolles Interview

Wie so oft in den vergangenen Jahren war die Hertha wieder das bestimmende Thema in den Sportgazetten. Der Grund: Geschäftsführer Fredi Bobic war nach seinen wutgeladenen Äußerungen gegenüber einem Reporter des Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) nach der 0:2 Derby-Niederlage gegen Union mutmaßlich fristlos entlassen worden. Bobic wehrt sich nun wohl vor Gericht gegen seine Entlassung. Mit Recht?

Die Alte Dame und die Negativschlagzeilen: In der jüngeren Vergangenheit eine im Boulevard gern gesehene Liaison. Von „HaHoHe, euer Jürgen“ bis zu Salomon Kalou, der die Missachtung der Corona-Auflagen per Instagram-Livestream abfilmte. Fredi Bobic, der nach seiner erfolgreichen Zeit als Frankfurt-Manager eigentlich als Hoffnungsträger für die Kehrtwende geholt wurde, reiht sich nun in diese Chronik ein.

Unmittelbar nach der Derby-Niederlage gegen den Stadtrivalen Union Berlin war Bobic (wohl nicht zum ersten Mal) auf die Tragbarkeit von Trainer Sandro Schwarz angesprochen worden. Seine Antwort: „Wenn du nochmal fragst, kriegst du eine gescheuert.“ Noch am selben Abend gab der Klub auf seiner Homepage bekannt, Bobic „mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben zu entbinden.“ Bobic entschuldigte sich indessen kurz nach dem Vorfall: „Es tut mir sehr leid, da habe ich zu emotional reagiert.“

Die deutsche BILD-Zeitungvermeldet nun, dass der Klub gut zwei Wochen später eine fristlose Kündigung zugeschickt hatte. Als Begründung stützt man sich wohl auf „vereinsschädigendes Verhalten“. Im gleichen Artikel berichtet das Medium, dass sich Bobic hiergegen beim Arbeitsgericht Berlin mit einer Kündigungsschutzklage zur Wehr setzt. Bühne frei für den rechtlichen Schlagabtausch!

Die Kündigung: Befristungsfeindlich

Bobic ist als Geschäftsführer wohl als leitender Angestellter von Hertha BSC zu qualifizieren. Dort besitzt er laut übereinstimmenden Medienberichten einen bis zum 30. Juni 2024 befristeten Arbeitsvertrag. Im Mikrokosmos-Profifußball ist es weitgängige Praxis und für Spieler sogar verbandsgesetztes Recht (implizit zB Art 13 FIFA Regulations on the Status and Transfer of Players), zwingend eine zeitliche Befristung des Arbeitsverhältnisses zu vereinbaren.

In Österreich fließt aus den Grundwertungen des Arbeitsrechts, dass eine ordentliche Kündigung innerhalb der Befristung nur unter äußerst strengen Voraussetzungen möglich ist (sogenannte Höchstbefristungen). In Deutschland schließt § 15 Abs 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) eine ordentliche Kündigung ohne einzel- oder tarifvertragliche Bestimmung gänzlich aus. Der Grund hierfür ist, dass einem befristeten Arbeitsverhältnis innerhalb der Befristung eine höhere Bestandskraft zukommen soll als einem auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Arbeitsvertrag.

Bobics Arbeitsverhältnis endet somit mit Ablauf der vereinbarten Zeit zum 30. Juni 2024. Oder eben durch außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund. Über diese entzündet sich nun ein spannender Rechtsstreit.

Anforderungen an die außerordentliche Kündigung

Auch bei befristeten Arbeitsverhältnissen ist eine Kündigung durch den Arbeitgeber zulässig, sofern der Arbeitnehmer einen wichtigen Grund setzt, der die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber schlicht unzumutbar macht. Zudem gilt (im österreichischen Recht) grundsätzlich der Unverzüglichkeitsgrundsatz: Die vorzeitige Auflösung muss ohne schuldhafte Verzögerung vorgenommen werden. Andernfalls signalisiert der Arbeitgeber durch das zu langfristige Untätigbleiben, dass die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung wohl nicht im erforderlichen Ausmaß besteht. Dies judiziert der österreichische Oberste Gerichtshof (OGH) in ständiger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0029249).

Die BILD vermeldet, dass Hertha BSC die „fristlose Kündigung“ rund zwei Wochen später zugestellt hat. Im österreichischen Recht wäre der Grundsatz der Unverzüglichkeit hiermit möglicherweise verletzt und die Auflösung des Vertragsverhältnisses ungültig. Das deutsche Recht schreibt jedoch in § 626 Abs 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) eine zweiwöchige Erklärungsfrist vor.

Somit stellt sich die Frage, ob die wutentbrannten Äußerungen von Fredi Bobic gegenüber dem Reporter des rbb einen wichtigen Grund für die vorzeitige Entlassung darstellen. Pascal Croset, Fachanwalt für Arbeitsrecht, stuft die Erfolgschancen aus Sicht des Klubs im BILD-Interview als gering ein: „Der Spruch ist nicht ausreichend, um große Irritationen auszulösen. Direkt nach dem Spiel sind immer Emotionen im Spiel, da kann eine Aussage schon mal etwas schnodderig ausfallen. (…) Fußball ist ein Sport, bei dem es auch mal rauer zugeht.“

Sicher kratzen diese Aussagen am Kern der Tatsachen und ein rauerer Ton in Interviews (vor allem On-Field direkt nach dem Spiel) „passiert“ im Adrenalinrausch schneller als anderswo. Allerdings ist nicht zu verkennen, dass sich Fredi Bobic in seiner Funktion als Geschäftsführer des Klubs wohl an anderen Maßstäben messen lassen muss als Spieler oder auch Mitglieder des Trainerstabs. Zwar kommt allen genannten Funktionen eine hohe Repräsentationskraft im Hinblick auf die Reputation des Klubs zu, allerdings ist Bobic in seiner Funktion als Geschäftsführer-Sport eine größere Contenance im Umgang mit Medienvertretern zuzumuten.

Für den österreichischen Entlassungstatbestand, dass sich der Arbeitnehmer „einer Handlung schuldig macht, die ihn des Vertrauens des Dienstgebers unwürdig erscheinen lässt“ (§ 27 Z 1 Angestelltengesetz [AngG]) judiziert der OGH einen strengeren Maßstab für Angestellte mit einer gehobenen Vertrauensstellung im Vergleich zu „herkömmlichen“ Angestellten (RIS-Justiz RS 0029341). Es scheint sachgerecht, diese Wertung auf die Entlassungstatbestände im Allgemeinen umzumünzen, da leitenden Angestellten üblicherweise ein größerer Einfluss auf die Reputation des Arbeitgebers zukommt.

Gemessen an diesem Maßstab könnte Hertha BSC durch die Aussagen Bobics gegenüber dem Reporter also durchaus ein massiver Imageschaden entstanden sein, der einen wichtigen Grund zur vorzeitigen Entlassung rechtfertigt. Es bleibt abzuwarten, ob die Causa Bobic durch das Arbeitsgericht Berlin entschieden wird oder doch, wie im Sport oft üblich, eine Einigung am grünen Tisch erfolgt.

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Die Folgen des Austritts der Fußballer aus dem ÖGB

Der Kollektivertrag der Fußballer* ist eine Errungenschaft, um die uns international viele Kolleginnen und Kollegen beneiden. Viele arbeitsrechtliche Unklarheiten, die dem Sport aufgrund seiner Besonderheiten immanent sind (Arbeit findet vorwiegend abends und an Wochenenden statt, befristete Arbeitsverhältnisse, verbandsrechtliche Vorgaben hinsichtlich Transfers etc.), werden im Kollektivvertrag fair und umfassend geregelt.

* Der Kollektivvertrag heißt im Original: Kollektivvertrag für Fußballspieler/innen der Österreichischen Fußball-Bundesliga. Nachdem es in der Österreichischen Fußball-Bundesliga aber keine Frauen gibt (die Bundesliga der Damen wird vom ÖFB und nicht von der Fußball-Bundesliga organisiert), wird nicht aus Gründen der Lesbarkeit, sondern aufgrund der Tatsache, dass die Thematik aktuell ausschließlich den Männerfußball betrifft, im Text auch ausschließlich die männliche Form verwendet.

Zum Verständnis: ein Kollektivvertrag wird zwischen kollektivvertragsfähigen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern abgeschlossen und regelt die arbeitsrechtlichen Mindeststandards, die für eine Branche zusätzlich zu oder abweichend von den allgemeinen arbeitsrechtlichen Bestimmungen gelten. Von diesen Mindeststandards darf im Arbeitsvertrag nicht zum Nachteil von Arbeitnehmern abgewichen werden.

Mindestlöhne sind nur ein Teil der Regelungen. Gerade im Fußball trifft der Kollektivvertrag so viele wesentliche Regelungen mehr, weil mit den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen zu Arbeitszeit, Urlaubszeit, Optionen etc. kein sinnvoller Sportbetrieb möglich wäre. Andere Sportarten, die keinen Kollektivvertrag haben – also alle anderen Sportarten – „wursteln“ sich meist mehr schlecht als recht durch den Dschungel des Arbeitsrechts durch. Folge: Rechtsunsicherheit sowohl für die Vereine als auch die SpielerInnen.

Das gehört im Fußball seit vielen Jahren der Vergangenheit an. 2008 wurde erstmals der Kollektivvertrag für Fußballer abgeschlossen.

Vertragspartner des Kollektivvertrags für Fußballer sind übrigens die Fußball-Bundesliga als Arbeitgeber- und die Younion – die Daseinsgewerkschaft für die Fachgruppe Vereinigung der Fußballer (VdF) als Arbeitnehmervertreter. Nun sind aber bekanntlich sämtliche Berufsfußballer aus der Younion ausgetreten und haben sich einer neu gegründeten Spielervereinigung angeschlossen. Es ist davon auszugehen, dass auch zahlreiche der übrigen 900 Mitglieder diesem Schritt folgen.

Es stellt sich somit die Frage, wer – und ob überhaupt jemand – zukünftig das Recht hat, auf Arbeitnehmerseite Kollektivverträge für den Profifußball abzuschließen.

Langer Weg der Fußball-Bundesliga zur Kollektivvertragsfähigkeit

Gesetzlich geregelt ist, dass die Arbeiterkammer, die Wirtschaftskammer und die Kammern der freien Berufe (z.B. Ärzte, Anwälte) Kollektivverträge abschließen dürfen. Darüber hinaus kann das Österreichische Bundeseinigungsamt aber auch freiwilligen Berufsvereinigungen der Arbeitgeber oder Arbeitnehmer die Kollektivvertragsfähigkeit verleihen.

In der Praxis ist der ÖGB mit seinen sieben Teilgewerkschaften die mit Abstand größte freiwillige Berufsvereinigung, die anstelle der Arbeiterkammer Kollektivverträge auf Seiten der Arbeitnehmer verhandelt. Durch die Einbindung der VdF in den ÖGB 1988 waren die Fußballer schon früh gewerkschaftlich organisiert und vertreten. Auch die Kollektivvertragsfähigkeit war durch diese Kooperation unbestritten.

Schwieriger war es, einen kollektivvertragsfähigen Partner auf der Arbeitgeberseite zu finden. Die Fußball-Bundesliga ist ebenso wenig wie der ÖFB eine Kammer, die von Gesetzes wegen Kollektivverträge abschließen dürfte. Also blieb nur ein Antrag auf Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit beim Bundeseinigungsamt. Dieser Antrag wurde vor knapp 30 Jahren gestellt. Damals wie heute sind dafür einige gesetzliche Voraussetzungen zu erfüllen. Die Freiwilligkeit der Mitgliedschaft ist eine davon. Dieser Punkt wurde für die Fußball-Bundesliga nahezu zum Stolperstein, denn das Bundeseinigungsamt war der Meinung, dass es sich bei der Mitgliedschaft der Vereine in der Bundesliga um eine Zwangsmitgliedschaft handelt.

Der VwGH hat dazu aber entschieden, dass ein Fußballverein seine Tätigkeit (sprich: Teilnahme an Fußballbewerben) auch ausüben kann, ohne gezwungen zu sein, dies als Mitglied der Fußball-Bundesliga zu tun. Er kann zwar nicht an der 1. oder 2. Liga teilnehmen, sehr wohl aber in den Ligen darunter. Deshalb und weil auch alle anderen gesetzlichen Voraussetzungen vorlagen, hat die Fußball-Bundesliga schlussendlich doch die Kollektivvertragsfähigkeit erlangt. Einzigartig im österreichischen Sport und ein Meilenstein für den Berufsfußball.

Was bedeutet nun aber der Rückzug der VdF aus der Younion? Fällt der Vertragspartner der Fußball-Bundesliga weg?

Gute Chancen für neue Spielervereinigung auf Erteilung der KV-Fähigkeit

Neben der Freiwilligkeit der Mitgliedschaft hat eine Berufsvereinigung nach dem Arbeitsverfassungsgesetz noch folgende Voraussetzungen zu erfüllen, wenn sie die KV-Fähigkeit erlangen möchte:

  • Sie muss es sich zur Aufgabe machen, die Arbeitsbedingungen innerhalb ihres Wirkungsbereiches zu regeln;
  • Sich mit ihrer Tätigkeit auf einen größeren fachlichen und räumlichen Wirkungsbereich beziehen;
  • Aufgrund ihrer Mitgliederzahl und des Umfangs der Tätigkeit eine maßgebende wirtschaftliche Bedeutung haben; und
  • in der Vertretung der Arbeitgeber- oder der Arbeitnehmerinteressen gegenüber der anderen Seite unabhängig sein.

Wie medial bereits berichtet, sind sämtliche Bundesliga-Spieler, die bisher Mitglied des ÖGB waren, bei diesem aus- und der neuen Spielervereinigung beigetreten. Insofern vertritt die Spielervereinigung aktuell alle in einer freiwilligen Berufsvereinigung organisierten Berufsfußballer Österreichs. Damit dürfte sie sowohl fachlich, räumlich als auch wirtschaftlich die relevante Anzahl an Mitgliedern vertreten. Alles andere wäre schwer zu argumentieren, wenn doch auf der Gegenseite die Fußball-Bundesliga als Arbeitgebervertreter offenbar ebendiese Voraussetzungen erfüllt.

Dass das Ziel der Spielervereinigung die Regelung der Arbeitsbedingungen der Fußballer ist, und dass dieser Umstand auch in den Statuten verankert ist, davon ist auszugehen. Auch an der Unabhängigkeit der Vereinigung wird es nicht scheitern.

Plädoyer für eine Lösung im Sinne des Sports

Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen vor, so besteht Anspruch auf Erteilung der KV-Fähigkeit. Auf den ersten Blick spricht also nichts dagegen, dass der Spielervereinigung als neue Berufsvertretung der Fußballer die Kollektivvertragsfähigkeit zuerkannt wird.

Unklar ist, wie sich die Younion als bisheriger Kollektivvertragspartner der Fußball-Bundesliga in dieser Angelegenheit positioniert. Denn Medienberichten zufolge dürfte die Loslösung der VdF von der Younion ja nicht im besten Einvernehmen erfolgt sein.

Das Arbeitsverfassungsgesetz regelt zwar den Fall, dass eine gesetzliche Berufsvereinigung automatisch die Kollektivvertragsfähigkeit für eine Branche verliert, wenn es eine kollektivvertragsfähige freiwillige Berufsvereinigung gibt. Nicht ausdrücklich geregelt ist hingegen der Fall, dass es zwei freiwillige Berufsvereinigungen gibt, die den Anspruch auf Kollektivvertragsfähigkeit für eine Branche erheben.

Im Sinne des Sports wäre es dringend angeraten, so rasch wie möglich eine tragfähige Lösung zu finden, die sowohl die Akzeptanz der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber findet. Nachdem die Berufsfußballer vollzählig von der Younion zur Spielervereinigung „gewandert“ sind, wird die neue Vereinigung wohl als die legitime Interessensvertretung der Fußballer anzuerkennen sein.

Bleibt jedenfalls zu hoffen, dass das Erfolgsmodell „Kollektivvertrag der Fußballer“ nicht einem gewerkschaftlichen Machtkampf zum Opfer fällt.

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Antoine Griezmann – Fester Einwechslungsspieler nach der 60. Minute?

Minute, 62. Minute, 64. Minute, 63. Minute, 61. Minute, 63. Minute und gegen Leverkusen 63. Minute: Das sind die Zeitpunkte, zu denen Antonie Griezmann in der noch jungen Saison 2022/2023 bei Atlético Madrid eingewechselt wurde (Stand: 15.9.2022).[1] Der FC Barcelona möchte deshalb gegen Atlético Madrid vor Gericht ziehen.[2]

Ein Beitrag von Prof. Philipp S. Fischinger und Benjamin Kolomiyets, beide Universität Mannheim

I. Sachverhalt

Der 31-jährige Stürmer, dessen Vertrag beim FC Barcelona noch bis zum Ende der Saison 2023/2024 läuft, ist gegenwärtig bis Ende der Saison 2022/2023 vom FC Barcelona an Atlético Madrid „ausgeliehen“.[3] Laut Medienberichten beinhaltet der „Leihvertrag“[4] eine „Kauf“-Verpflichtung[5] in Höhe von 40 Millionen Euro, die von der Bedingung abhängig ist, dass Griezmann in 50 % der Pflichtspiele über mindestens 45 Minuten zum Einsatz kommt.[6] In seiner ersten Saison bei Atlético Madrid hatte Griezmann diese Bedingung noch unzweifelhaft erfüllt, kam er doch bei nahezu jeder Gelegenheit zum Einsatz.[7] Der FC Barcelona vertritt den Standpunkt, dass die Bedingung bereits deshalb eingetreten ist. Atlético Madrid ist hingegen der Meinung, dass sich die 50 % auf beide Spielzeiten beziehen und daher die Voraussetzungen für die Kaufpflicht noch nicht erfüllt sind.[8] Dies erklärt zumindest das derzeitige Vorgehen des Trainers von Atlético Madrid, Diego Simeone, bezüglich der oben dargelegten Einsatzzeiten des formstarken Griezmann. Unterstellt man für die Zwecke des folgenden Beitrags, dass die Kaufverpflichtung tatsächlich nur eintritt, wenn Griezmann über beide Spielzeiten hinweg in mindestens 50 % der Spiele im obigen Sinne zum Einsatz kommt, scheint Atlético Madrid mit seiner gegenwärtigen „Taktik“ des Einsatzes frühestens ab der 60. Minute auf den ersten Blick das Eingreifen der offenbar nicht gewollten Kaufverpflichtung vermeiden zu können.

Auch wenn der „Fall Griezmann“ aufgrund der Bekanntheit des Spielers und der beiden beteiligten Vereine besonders im Rampenlicht steht, handelt es sich mitnichten um einen einmaligen Vorgang. Es ist nämlich gar kein so unübliches Vorgehen, dass ein Entleiher eine an die Erreichung einer bestimmten Mindesteinsatzzahl gekoppelte Kaufverpflichtung dadurch zu vermeiden sucht, dass er den Spieler ab einem bestimmten Zeitpunkt unabhängig von sportlichen Erwägungen nicht mehr einsetzt.[9] Juristisch wirft das die Frage auf, ob der Entleiher damit gegen seine vertraglichen Pflichten aus dem Leihgeschäft verstößt und, wenn ja, welche Rechtsfolgen dies hat. Dem wird im Folgenden exemplarisch auf Grundlage des deutschen Rechts nachgegangen (womit nicht verkannt werden soll, dass auf den hier als Aufhänger gewählten „Fall Griezmann“ höchstwahrscheinlich spanisches Recht anwendbar ist).

II. Juristische Würdigung

1. Ausgangspunkt

Im Ausgangspunkt ist es allein Sache des Entleihers, ob, wann, wie oft, wie lange und auf welcher Position er den ausgeliehenen Spieler während der Dauer des Leihgeschäfts einsetzt. Im Verhältnis Entleiher – Spieler folgt dies bereits aus § 106 S. 1 GewO, nach welchem der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nach billigem Ermessen näher bestimmen kann, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.[10] Entsprechend hat ein Profimannschaftssportler nach allgemeiner Meinung keinen Anspruch auf tatsächlichen Einsatz in einem Pflichtspiel.[11] Auch gegenüber den Verleiher trifft den Entleiher grundsätzlich keine Pflicht, den Leihspieler derart oft zum Einsatz zu bringen, dass die Kaufverpflichtung eingreift.

Etwas anderes würde nur gelten, wenn sich der Entleiher gegenüber dem Leihspieler und/oder dem Verleiher verpflichtet hat, den Spieler in einer bestimmten Zahl von Pflichtspielen einzusetzen. Das dürfte im Fall von Griezmann – wie auch sonst – nicht der Fall sein, will sich der Entleiher doch typischerweise nicht im Vorfeld und unabhängig von der (sportlichen) Entwicklung des Leihspielers und seiner Mannschaft derart weitreichend binden.

Auf den ersten Blick verletzt Atlético Madrid somit mit seinem derzeitigen Vorgehen keine Pflichten gegenüber dem FC Barcelona, sondern übt allein ein ihm zustehendes Recht aus.

2. Aber: Treuwidrige Verhinderung des Bedingungseintritts?

Jedenfalls dann, wenn der Fall nach deutschem Recht zu behandeln wäre, wäre damit aber noch nicht zwingend das letzte Wort gesprochen. Dogmatisch handelt es sich bei der Konstruktion einer einsatzabhängigen Kaufverpflichtung um ein aufschiebend bedingtes Transfergeschäft. Daher ist § 162 I BGB zu beachten, nach welchem eine Bedingung als eingetreten gilt, wenn der Eintritt der Bedingung von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, ihn wider Treu und Glauben verhindert hat.

Im vorliegenden Fall erklärte Diego Simeone auf einer Pressekonferenz auf die Nachfrage eines Reporters, weshalb Griezmann trotz seiner guten Leistung immer erst nach der 60. Minute eingewechselt werde: „Ich bin ein Mann des Vereins und werde es immer sein.“[12]. Und weiter: „Was soll ich machen? Ich bin ein Angestellter des Klubs. Und wo es Kapitäne gibt, entscheiden nicht die Matrosen.“[13] Zeigen diese Aussagen nicht recht deutlich, dass Atlético Madrid den Eintritt der Kaufbedingung absichtlich verhindert, indem Griezmann nun nie mehr als ca. 30 Minuten pro Spiel zum Einsatz kommt? Ist das treuwidrig? Würde man dies bejahen, so würden nach § 162 I BGB die für die Kaufverpflichtung erforderlichen Spieleinsätze Griezmanns fingiert werden, was im Endeffekt zur Folge hätte, dass der FC Barcelona einen wirksamen und fälligen Anspruch auf die vereinbarte Ablösesumme hätte.

Die Antwort darauf hängt maßgeblich davon ab, welches Verhalten der FC Barcelona als Verleiher insbesondere nach dem Inhalt des Leihgeschäfts von Atlético Madrid erwarten konnte. Im Ausgangspunkt wird man dabei sagen können, dass dann, wenn der Leihvertrag die Kaufverpflichtung ausschließlich unter die aufschiebende Bedingung einer bestimmten Einsatzzeit des ausgeliehenen Fußballers stellt, beim Verleiher regelmäßig die schutzwürdige Erwartung erzeugt wird, dass das wirksame Zustandekommen des Rechtsgeschäfts allein von sportlichen Kriterien abhängig ist. Dann gilt: Wird der Spieler den sportlichen Erwartungen des Entleihers nicht gerecht und entscheidet sich dieser deswegen bewusst gegen weitere Einsätze, um den Eintritt der vereinbarten Bedingung zu verhindern, ist sein Verhalten nicht treuwidrig i.S.d. § 162 I BGB.[14] Anders verhält es sich hingegen, wenn der Entleiher in dieser Situation alleine oder ganz überwiegend aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen von weiteren Einsätzen des Spielers absieht. In diesem Fall ist sein Verhalten treuwidrig, weil es dem „Geist“ des Leihgeschäfts mit einsatzabhängiger Kaufverpflichtung widerspricht. Sowohl der Verleiher als auch der Leihspieler können nämlich grundsätzlich davon ausgehen, dass alleine sportliche Erwägungen für die Aufstellungsentscheidung maßgeblich sein sollen. Daraus folgt: Will sich der Entleiher die Möglichkeit offenhalten, das Eingreifen der Kaufverpflichtung (auch) aus wirtschaftlichen Gründen zu verhindern, muss er dies im Leihvertrag hinreichend zum Ausdruck bringen. Das kann z.B. durch eine Klausel geschehen, nach der die Kaufverpflichtung unabhängig von der vom Leihspieler erreichten Einsatzzahl nicht eingreifen solle, wenn der Entleiher die Champions League Qualifikation, den Klassenerhalt, den Aufstieg oder ein anderes sportliches Ziel nicht erreicht. Alternativ kann sich der Entleiher im Leihvertrag auch ganz allgemein das Recht vorbehalten, das Eingreifen der Kaufverpflichtung aus wirtschaftlichen Gründen zu verhindern. Lässt sich der Verleiher auf eine solche Klausel ein, ist er nicht schutzwürdig und kann später nicht geltend machen, das allein ökonomisch motivierte Vorgehen des Entleihers sei treuwidrig.

Im Ausgangsfall unseres „Teilzeitarbeiters“ Griezmann spricht viel dafür, dass die sportlichen Erwartungen nicht der Grund dafür sind, dass dieser nur noch ab der 60. Minute zum Einsatz kommt. Denn er erzielte in der bisherigen Saison bemerkenswerterweise genauso viele Tore in der halben (!) Spielzeit wie der diesjährige Stammspieler auf seiner Position, Àlvaro Morata.[15] Hinzu kommt, dass Griezmann in der letzten Saison in fast jedem Pflichtspiel in der Startaufstellung stand, wenn er einsatzbereit war. Wenig überraschend ist daher der mediale Aufschrei rund um den bevorstehenden juristischen Disput zwischen den Vereinen ähnlich groß wie jener in der fußballerischen Gefolgschaft über die Vorgehensweise Atlético Madrids hinsichtlich der Einsatzzeit Griezmanns.

Ob das Verhalten von Atlético Madrid treuwidrig ist, hängt somit davon ab, ob der Leihvertrag mit dem FC Barcelona Raum für eine ökonomisch motivierte Vereitelung des Bedingungseintritts für die Kaufverpflichtung lässt. Dies kann hier mangels Kenntnis des genauen Vertragsinhalts nicht abschließend bewertet werden. Die Empörung des eine Klage androhenden FC Barcelona spricht aber jedenfalls dagegen.

3. Beweislast

Aus Sicht des Verleihers in solchen Konstellationen problematisch ist aber die Darlegungs- und Beweislast. Denn: Wer sich auf eine unredliche Beeinflussung durch den anderen Teil beruft, muss das treuwidrige Verhalten sowie den Ursachenzusammenhang zwischen Einwirkung und Ausfall des Bedingungseintritts beweisen.[16] Im vorliegenden Fall müsste der FC Barcelona also beweisen, dass Atlético Madrid treuwidrig den Eintritt der Bedingung vereitelt. Einen gewissen Anhaltspunkt mag man hierfür in den oben zitierten Aussagen von Diego Simeone, er sei „ein Mann des Vereins und werde es immer sein“[17] und entscheiden würden die Kapitäne, nicht die Matrosen[18] – zu denen er sich offenbar zählt – erblicken können. Denn diese könnte so verstanden werden, dass er von seinen Vorgesetzten die Weisung erhalten hat, Griezmann fürderhin nur noch so einzusetzen, dass die einsatzabhängige Kaufverpflichtung nicht eingreift. Außerdem könnte der FC Barcelona auf die derzeitigen sportlichen Leistungen Griezmanns verweisen, die es aus Sicht eines objektiven, unbefangenen Beobachters nicht nachvollziehbar machen, warum dieser nun immer nur noch erst ab ca. der 60. Minute zum Einsatz kommt. Ob diese Argumentation jedoch auch vor einem (spanischen) Gericht ausreichen wird, ist fraglich, immerhin ist nicht auszuschließen, dass Atlético Madrid dafür gute Gründe – oder zumindest gut klingende Scheinbegründungen – vorbringen kann.

III. Ausblick

Im Falle von Griezmann spricht vieles dafür, dass sich die erforderlichen Spielzeiten für den Bedingungseintritt über beide Spielzeiten verteilen. Dann wäre maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung, ob die Bedingung eingetreten ist, der Ablauf der Saison 2022/2023. Zum jetzigen Zeitpunkt ist die Bedingung nicht eingetreten. Sollte Atlético Madrid seine Einsatzpraxis für Griezmann unverändert fortführen, würde die Bedingung auch nicht eintreten und der Spieler müsste nach Ablauf der Saison zum FC Barcelona zurückkehren. Gedient ist damit niemandem, eine Einigung wäre für alle Parteien von Vorteil: Atlético Madrid möchte den formstarken Spieler länger als knapp 30 Minuten pro Spiel auflaufen lassen, der FC Barcelona möchte einen formellen Abschluss der „Causa Griezmann“ und ihn von der Gehaltsliste streichen und der Spieler möchte sich durch möglichst viel Einsatzzeiten für die kommende Weltmeisterschaft in Katar empfehlen. Mit einer festen Einwechslungszeit erst ab ca. der 60. Spielminute wird dies eher schwierig …

Zu den Autoren

Prof. Dr. Philipp S. Fischinger, LL.M. (Harvard) ist Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht, Sportrecht sowie Handelsrecht an der Universität Mannheim. Benjamin Kolomiyets ist dort Wissenschaftliche Hilfskraft. Einer der Hauptforschungsschwerpunkte des Lehrstuhls ist das Sportrecht, insbesondere das Sportarbeitsrecht. Kontakt: lehrstuhl.arbeitsrecht@uni-mannheim.de

 

[1] Vgl. Statistik über detaillierte Leistungsdaten von Antoine Griezmann in der Saison 2022/2023 https://www.transfermarkt.de/antoine-griezmann/leistungsdatendetails/spieler/125781/wettbewerb/ES1/saison/2022.

[2] https://www.mundodeportivo.com/futbol/fc-barcelona/20220908/1001865063/barca-prepara-demanda-atletico-pague-griezmann.html.

[3] Siehe jeweils https://www.transfermarkt.de/antoine-griezmann/profil/spieler/125781.

[4] Juristisch handelt es sich zwar nicht um eine Leihe i.S.v. § 598 BGB, weil sich die Bezeichnung eingebürgert hat, wird sie aber auch im Folgenden verwendet. Zur rechtlichen Einordnung der Spielerleihe vgl. Reiter, in: Fischinger/Reiter, Das Arbeitsrecht des Profisports, 2021, § 11, Rn. 33 ff.

[5] Auch insoweit ist die hier verwendete Wortwahl den Gepflogenheiten der Branche geschuldet. Zur Rechtsnatur von Transfergeschäften vgl. Reiter, in: Fischinger/Reiter, Das Arbeitsrecht des Profisports, 2021, § 11, Rn. 24 ff.

[6] https://www.sport1.de/news/internationaler-fussball/la-liga/2022/09/la-liga-nachste-stufe-im-griezmann-zoff-barcelona-will-atletico-verklagen.

[7] In der Saison 2020/2021 hatte Griezmann zwölf Spiele aufgrund von Verletzungen und Sperren verpasst, bei den restlichen 38 Pflichtspielen war er bei 30 Partien über mehr als 45 Minuten auf dem Platz. Das entspricht etwas weniger als 80 Prozent aller ihm möglichen Partien in der letzten Saison (s. näher https://www.sueddeutsche.de/sport/la-liga-griezmann-atletico-barcelona-kaufoption-1.5643960).

[8] https://www.transfermarkt.de/bericht-barca-will-festen-griezmann-transfer-zu-atletico-erzwingen-ndash-kaufpflicht-schon-erfullt-/view/news/411067.

[9] So z.B. auch im Fall von Kevin Wimmer, der von Hannover 96 zu Beginn der Spielzeit 2019/2020 vom englischen Zweitligisten FC Stoke City ausgeliehen wurde. Auch in diesem Leihvertrag war wohl eine Kaufverpflichtung geregelt, die eingreifen sollte, wenn Wimmer in mehr als 24 Spielen über 45 Minuten zum Einsatz kam (vgl. http://www.spox.com/at/sport/fussball/bundesliga/1904/Artikel/kevin-wimmer-bei-hannover-96-kuriose-klausel-im-stoke-leihvertrag.html).

[10] Intern ist im Grundsatz der Cheftrainer alleinentscheidungsbefugt (vgl. § 2 II 2, 3 Mustervertrag des Bundes Deutscher Fußball-Lehrer). Etwas anderes gilt allerdings, wenn – wie im vorliegenden Zusammenhang – mit der Festlegung der Aufstellung des Leihspielers zugleich über das Eingreifen der „Kaufverpflichtung“ entschieden wird; in einem solchen Fall kann die Vereinsführung mittels Weisungen an den Trainer vorgeben, ob der Leihspieler zum Einsatz kommt oder nicht (s. näher Fischinger/Unger, SpuRt 2019, 202, 203 f.).

[11] BAG 22.8.1984 – 5 AZR 539/81, NJW 1986, 2904, 2905; 16.1.2018 – 7 AZR 312/16, NJW 2018, 1992, 1995; Wüterich/Breucker, Arbeitsrecht, Rn. 298; Reiter, in: Fischinger/Reiter, Das Arbeitsrecht des Profisports, § 7, Rn. 123; s. aber auch Fischinger, SpoPrax 2022 (demnächst, Heft 12).

[12] https://www.spox.com/de/sport/fussball/international/spanien/2209/Artikel/atletico-antoine-griezmann-fc-barcelona-klausel-vertrag.html.

[13] Zitiert nach Kicker v. 29.9.2022, S. 45.

[14] Fischinger/Unger, SpuRt 2019, 202, 210; vgl. im Zusammenhang mit einsatzabhängigen Verlängerungsoptionen bei Spielern auch BAG 16.1.2018 – 7 AZR 312/16, NJW 2018, 1992, 1995.

[15] Vgl. Statistik über detaillierte Leistungsdaten von Antoine Griezmann  und Àlvaro Morata in der Saison 22/23 über alle Wettbewerbe hinweg: https://www.transfermarkt.de/antoine-griezmann/leistungsdatendetails/spieler/125781/wettbewerb/ES1/saison/2022 und https://www.transfermarkt.de/alvaro-morata/leistungsdatendetails/spieler/128223/wettbewerb/ES1/saison/2022 (abgerufen am 17.9.2022).

[16] MüKo-BGB/Westermann, § 162, Rn. 2 f.; BeckOGK-BGB/Reymann, 1.3.2021, § 162, Rn. 44;
Erman/Armbrüster, BGB, § 162, Rn. 2.

[17] https://www.spox.com/de/sport/fussball/international/spanien/2209/Artikel/atletico-antoine-griezmann-fc-barcelona-klausel-vertrag.html.

[18] Zitiert nach Kicker vom 29.9.2022, S. 45.

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Der Fall Marcel Lotka – blau-weiß oder schwarz-gelb?

Gastbeitrag von Patrick Pirker

Bis vor kurzem war der Name Marcel Lotka wohl den wenigsten Fußballfans in Deutschland ein Begriff – aktuell ist sein Name in aller Munde. Nicht nur, weil er seit Februar von der etatmäßigen Nummer drei im Tor von Hertha BSC Berlin zum Stammkeeper avancierte und dabei einen sicheren Rückhalt während der Rückrunde darstellte, sondern vielmehr, da Borussia Dortmund und Hertha BSC Berlin nun womöglich wegen seinen Diensten vor Gericht ziehen.

Was ist passiert?

Hertha BSC Berlin und Borussia Dortmund vermeldeten am 1. März 2022, dass die Berliner Nummer drei im Tor, Marcel Lotka, nach Saisonende ablösefrei zu Borussia Dortmund II wechseln wird. Kurz vor Verkündigung des Sommertransfers gab der Tormann im Spiel gegen den SC Freiburg aufgrund der Verletzungen des Einser- und Zweier-Tormanns sein Debüt zwischen den Pfosten der Hertha. Dem Debüt folgten weitere Spiele in der Deutschen Fußball-Bundesliga. Da er seinen Job hervorragend erledigte, gab die Hertha bekannt, kurz vor dem 30. April 2022 eine Option auf Vertragsverlängerung bis 2023 gezogen zu haben, obwohl bereits eine Einigung mit Borussia Dortmund erzielt wurde. Möglich gemacht werden soll dies durch eine „spezielle Klausel“ in Lotkas Vertrag mit der Hertha.

Rechtliche Einschätzung der „speziellen Klausel“

Bei dieser „speziellen Klausel“ handelt es sich um eine einseitige Option auf Vertragsverlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses. Diese einseitigen Vertragsverlängerungsoptionen sind im Profifußball keine Seltenheit (siehe dazu den LAW MEETS SPORTS-Beitrag). Mit diesen Klauseln wird das Ziel verfolgt, je nach Entwicklung des Spielers, das Arbeitsverhältnis zu verlängern, um eine höhere Ablösesumme zu lukrieren, oder dieses aufgrund unbefriedigender Leistungen zu beenden.

Im Transfer Hick-Hack rund um Marcel Lotka könnten nun verschiedene Szenarien einzutreten:

Nichtigkeit der einseitigen Vertragsverlängerungsoption

Wie der deutsche Arbeitsrechtler Prof. Philipp S. Fischinger in einem Interview mit der Fußballzeitschrift „Kicker“ ausführt, sind einseitige Vertragsverlängerungsoptionen nach überwiegender Auffassung deutscher Juristen unwirksam, da sie Profifußballer benachteiligen würden. Eine höchstgerichtliche Entscheidung des deutschen Bundesarbeitsgerichts zu diesen Vertragsoptionen fehlt bisher jedoch.

Verlängerungsoption ist rechtskonform ­­– was nun?

Im Wechselchaos rund um Lotka würde es nach Ansicht Fischingers dann kompliziert werden, wenn das Bundesarbeitsgericht diese einseitige Vertragsklausel als rechtskonform qualifizieren würde, da der Spieler dann ab 1. Juli 2022 bei Borussia Dortmund und Hertha BSC Berlin unter Vertrag stehen würde. Dies wäre in weiterer Folge einerseits aufgrund der Tatsache, dass Hertha BSC Berlin und Borussia Dortmund in der Deutschen Fußball Bundesliga direkte Konkurrenten sind (insofern der Hertha der Klassenerhalt gelingt – ein Aufeinandertreffen im DFB Pokal ist jedenfalls realistisch) und andererseits aufgrund eines Verstoßes gegen das deutsche Arbeitszeitgesetz problematisch (siehe dazu Fischinger im Kicker-Interview). Sollte der Spieler Arbeitspflichten für beide Vereine nachkommen müssen, würde er die gesetzliche Arbeitszeit überschreiten. Das deutsche Bundesarbeitsgericht sieht in einem solchen Fall das zweite Arbeitsverhältnis als nichtig an. Hier könnten laut Fischinger ebenfalls Probleme auftreten, denn die Hertha könnte den Standpunkt vertreten, dass der Vertrag mit Lotka schon länger besteht und fortgesetzt wird, wohingegen Dortmund argumentieren könnte, dass sie einen ab dem 1. Juli 2022 gültigen Vertrag abgeschlossen haben.

Was sagt das Verbandsrecht der Deutschen Fußball Liga (DFL)?

Nach der Bestimmung des § 4 Nr 5 DFL Lizenzordnung Spieler kann ein Spieler bei der DFL für einen neuen Verein nur dann registriert werden, wenn er mit keinem anderen Verein in einem Vertragsverhältnis steht. Sollte nun der Fall eintreten, dass sich weder Lotka noch die beiden Vereine auf eine Lösung einigen, so würde § 9 Nr 2 DFL Lizenzordnung Spieler vorsehen, dass bei einer Streitigkeit zwischen Club und Spieler über die Wirksamkeit eines Arbeitsvertrages die Spielerlaubnis so lange besteht, bis eine Einigung zwischen Club und Spieler erzielt wird oder eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung vorliegt. Somit wäre Lotka aufgrund der weiterhin bestehenden Registrierung bei der Hertha auch kommende Saison Spieler von Hertha BSC Berlin, da eine Registrierung bei Borussia Dortmund nicht möglich wäre (siehe dazu auch Fischinger im Kicker-Interview).

Um eine genaue rechtliche Beurteilung vornehmen zu können, wäre ein Einblick in das Arbeitspapier mit Hertha BSC Berlin und eine genauere Kenntnis über die mündliche Vereinbarung mit Borussia Dortmund interessant. Nachdem Verträge auch mündlich abgeschlossen werden können und die gleichen Wirkungen wie eine schriftliche Vereinbarung entfalten, sehe ich persönlich Borussia Dortmund in der besseren Position. Auch, weil der Transfer bereits von beiden Vereinen offiziell verkündet wurde.

Entscheidung des OGH zu einseitigen Vertragsverlängerungsoptionen in Österreich

Ein solches rechtliches Problem, wie es der Fall Lotka veranschaulicht, kann in Österreich nicht (mehr) eintreten. Denn: Der Oberste Gerichtshof (OGH) war mit dieser Thematik bereits im Jahr 2016 befasst (siehe dazu den LAW MEETS SPORTS-Beitrag). In der Causa „Onisiwo“ ging es darum, dass der Fußballer Karim Onisiwo einen Profivertrag mit dem Fußballclub SV Mattersburg abgeschlossen hat, der dem damaligen Bundesligisten eine Option einräumte, den Spielervertrag nach Ablauf eines Jahres, um weitere zwei Jahre zu verlängern. Nach Vertragsabschluss erhielt der Profi einen „Sideletter“ zum Spielervertrag nach Hause geschickt, wonach dieser bei Ziehung der Verlängerungsoption durch den Fußballclub eine Erhöhung seines Entgelts um 15 % erhalten wird. Das Dienstverhältnis hätte somit nach einem Jahr durch den Verein beendet werden können, wohingegen der Spieler bei Ziehung der Option zwei weitere Jahre an den Verein gebunden gewesen wäre. Ausdrücklich vereinbart wurde im Spielervertrag die Bestimmung des damaligen § 6 Abs 4 KV-ÖFB idF vom 1. Juli 2014, wonach einseitige Verlängerungsoptionen nur zulässig sind, wenn beiden Vertragsteilen die gleichen Ansprüche eingeräumt werden und die Ausübung des Optionsrechts für beide an gleiche Bedingungen geknüpft ist (siehe dazu den LAW MEETS SPORTS-Beitrag). Dies wäre beispielsweise dann der Fall, wenn eine Gehaltserhöhung explizit im Arbeitsvertrag festgehalten, oder eine Ausstiegsklausel verankert wird. Die Bestimmung des § 6 Abs 4 KV-ÖFB wurde mit dem KV-ÖFB idF vom 1. Juli 2018 konkretisiert. Nunmehr darf der Optionszeitraum z.B. nicht länger als jener des Grundvertrages sein. Des Weiteren beträgt dieser nunmehr maximal eine Saison (dazu bereits der LAW MEETS SPORTS-Beitrag).

Nachdem Karim Onisiwo bei einer Nichtziehung der Verlängerungsoption durch den Fußballverein nach einem Jahr vertragslos gewesen wäre bzw. bei Ziehung der Klausel weitere zwei Jahre in Diensten der Mattersburger gestanden wäre und die Gehaltserhöhung nicht explizit im Vertrag geregelt wurde, waren vereinfacht gesagt die Voraussetzungen des KV-ÖFB („gleichwertige Ansprüche“ und „für beide Teile an gleichwertige Bedingungen geknüpft“) nicht erfüllt. Der OGH hielt in seiner rechtlichen Beurteilung explizit fest, dass es nicht zweifelhaft sei, dass eine einseitige Vertragsverlängerungsoption um weitere zwei Jahre bei einem Grundvertragszeitraum von einem Jahr ohne jegliche Verbesserung des Spielervertrags, den Anforderungen des damaligen KV-ÖFB nicht entspreche.

Fazit

Während in Österreich die Bedingungen für einseitige Vertragsverlängerungsoptionen durch die Entscheidung des OGH bzw. der Neufassung des KV-ÖFB klar festgelegt wurden, ist in Deutschland noch vieles offen. Es kann durchaus davon ausgegangen werden, dass sich das deutsche Bundesarbeitsgericht bald mit dieser Thematik beschäftigen wird. Nachdem sich die österreichische Rechtsprechung hin und wieder an der deutschen orientiert, kann davon ausgegangen werden, dass die Entscheidung des OGH in Deutschland Berücksichtigung findet und, dass das deutsche Bundesarbeitsgericht zu einer ähnlichen Beurteilung kommt.

Übrigens: Nach Ende seiner Zeit in Mattersburg wechselte Onisiwo in die deutsche Bundesliga zum FSV Mainz 05 und wurde dort zu einem der Leistungsträger des Bundesligisten. Vielleicht etabliert sich Marcel Lotka auch als Bundesliga-Spieler; ob in Berlin oder Dortmund wird die Zukunft zeigen – zu wünschen wäre es ihm jedenfalls.

Zum Autor

Patrick Pirker absolviert derzeit seine Gerichtspraxis im Sprengel des OLG Graz. Nebenbei ist er in der Rechtsanwaltskanzlei Stipanitz-Schreiner und Partner als juristischer Mitarbeiter tätig. Während seines Auslandssemsters an der ESADE Law School in Barcelona hat ihn das Interesse am Sportrecht gepackt. Als Begeisterter Tennis- und Fußballfan möchte er Hobby und Beruf miteinander verbinden. Kontakt: patrick.pirker97@gmail.com

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Aktuelles zur 50+1 Regel in Österreich

In Deutschland wird unter anderem darüber nachgedacht, die 50+1 Regel anzupassen oder gar abzuschaffen. Ein Mitgrund soll – neben der kartellrechtlichen Problematik – die Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit deutscher Vereine sein.

Einen anderen Weg plant man offensichtlich in Österreich. Hier wird über eine Verschärfung der 50+1 Regel nachgedacht. Diese ist Teil der Lizenzbestimmungen, die jeder Verein als Lizenzbewerber erfüllen muss. Der Profibereich eines Vereins ist zur Wahrung der Gemeinnützigkeit in einer eigenen Spielbetriebsgesellschaft (in der Folge „Gesellschaft“) ausgegliedert. Es ist somit zwischen dem Verein als Lizenzinhaber und der ausgegliederten Gesellschaft zu unterscheiden. Aktuell muss der Verein an der Gesellschaft neben der Mehrheit der Stimmrechte („50+1“) auch über einen „beherrschenden Einfluss“ verfügen.

Die neuen Lizenzbestimmungen sehen eine Vielzahl an Neuerungen vor. Darunter auch einige rechtliche Adaptionen. Neben der Beteiligung an der Gesellschaft soll auch die Unabhängigkeit des Vereins gesichert werden. Das könnte mitunter großes Unbehagen bei den rechtsfreundlichen Vertretungen der Vereine hervorrufen. Denn: Mit Veränderungen in den Lizenzkriterien geht oftmals erhöhte Rechtsunsicherheit einher. Insbesondere wenn es um das Dauerthema 50+1 geht sowie die Möglichkeiten sich an den Gesellschaften der Vereine zu beteiligen. Wie abhängig darf ich mich als Fußballklub von externen Investoren machen und wie viel Entscheidungsmacht – in welcher Form auch immer – darf ihnen übertragen werden?

Wer beherrscht meinen Verein?

Aktuell sieht die 50+1 Regel eine „Stimmrechtsmehrheit“ und den „beherrschenden Einfluss“ vor. Der Verein muss neben der Mehrheit der Stimmrechte in der ausgegliederten Gesellschaft auch über einen beherrschenden Einfluss verfügen. Bei der Definition des „beherrschenden Einflusses“ bedient man sich der Kriterien des Unternehmensgesetzbuches. Dieses sieht einen solchen Einfluss beispielsweise durch Anteilsbesitz oder durch die Möglichkeit die Mehrheit der Organmitgliedern zu bestellen als gegeben an.

Nunmehr wird überlegt zusätzlich den Begriff der „einheitlichen Leitung“, der durch „faktische Einflussnahme“ oder „maßgebliche Finanzierung“ begründet werden kann, in den Lizenzkriterien zu integrieren. Durch die neugeschaffenen Kriterien sollen vor allem faktische Abhängigkeiten und bislang gern gewählte Umgehungsstrukturen verhindert werden.

Dem wird teilweise entgegengehalten, dass jede weitere unbestimmte Begrifflichkeit zu mehr Rechtsunsicherheit führe und potenzielle Investoren somit abgeschreckt würden. Hier ist der Spagat zwischen einer allseits gewünschten Klarstellung zur rechtssicheren Auslegung der Kriterien und zusätzlicher Verunsicherung durch die Aufnahme weiterer unbestimmter Termini ein schwieriger.

„Wer zahlt schafft an“

In Zukunft soll somit nicht mehr nur auf die stimmrechtliche Mehrheit des Vereins in der Gesellschaft, sondern auch auf die Kapitalmehrheit von mindestens 50,1 Prozent geachtet werden. Dies wird unter anderem damit argumentiert, dass Personen die mehrheitlich am Ergebnis – und somit auch am Verlust – einer Gesellschaft beteiligt sind, faktisch auch die geschäftspolitischen Entscheidungen treffen, selbst wenn dies vertraglich nicht festgehalten ist.

Vielfach diskutiert wird auch die Frage, was unter faktischer Einflussnahme oder maßgeblicher Finanzierung zu verstehen ist. Beide Kriterien würden eine einheitliche Leitung des Vereins bzw. dessen Gesellschaft begründen. Dabei wird auf faktische Umstände abgestellt, die keiner rechtlichen Verankerung wie etwa vertraglich festgelegte Mehrheiten von Stimmrechten benötigen. Es zählt sozusagen das Ergebnis und nicht die Mittel.

Kurzum kann man es wie folgt zusammenfassen: Derjenige, der ein wirtschaftliches Interesse an einem Verein bzw. dessen Gesellschaft hat, soll keine Möglichkeit haben, die einheitliche Leitung und Beherrschung im Verein auszuüben.

Die Frage der einheitlichen Leitung

Was passiert also, wenn sich ein finanzkräftiger Investor bereit erklärt, eine höhere Summe beispielsweise als Darlehen bereitzustellen. Wenn es bei der erheblichen Finanzierung bleibt und keine anderen Umstände hinzutreten (etwa durch die eingeräumte Möglichkeit der Bestellung von Organmitgliedern): nicht viel. Denn ein reines Sponsoring begründet noch kein wirtschaftliches Interesse, eine Beteiligung an der Gesellschaft des Vereins hingegen schon. Die Beteiligung kann dabei unmittelbar, mittelbar, aber auch still ausgestaltet sein.

Und ist ein wirtschaftliches Interesse gegeben, ist im nächsten Schritt die Frage der „einheitlichen Leitung“ zu klären. Darunter ist die wesentliche Einflussnahme auf zentrale Entscheidungen zu verstehen. Werden diese nach den Vorstellungen einer Person getroffen, liegt eine „einheitliche Leitung“ vor. Für eine einheitliche Leitung können neben der „faktischen Einflussnahme“ eben auch „maßgebliche Finanzierungen“ sprechen. Beide Begriffe sollen in die Neufassung der 50+1 Regelung mitaufgenommen werden.

Muss beim aktuell in den Lizenzkriterien vorzufindenden „beherrschenden Einfluss“ eine rechtlich gesicherte Möglichkeit zur Beherrschung vorliegen (Stichwort: Mehrheit der Stimmrechte), soll durch die nunmehr angedachte „einheitliche Leitung“ faktischen Gegebenheiten, die sich aufgrund finanzieller Übermacht ergeben können, entgegentreten werden.

Übertragung von Anteilen an der Gesellschaft

In der Zukunft soll zudem die Übertragung von Anteilen an der Gesellschaft erschwert werden. So soll ein jeder Verein über ein vertraglich gesichertes Vorkaufs- und Aufgriffsrecht verfügen. Werden Anteile an der Gesellschaft übertragen, müssen diese zuerst dem Verein angeboten werden. Der Preis soll dabei mit dem Verkehrswert gedeckelt werden.

Die Beteiligung Dritter an Tochtergesellschaften des Vereins

Es ist durchaus üblich, dass ein Verein bzw. dessen Gesellschaft bestimmte Vermögenswerte, wie insbesondere Transferrechte oder mediale Verwertungsrechte, an andere Unternehmensträger überträgt. In Zukunft soll auch für diese Unternehmen die 50+1 Regel gelten. Mit dem Zusatz, dass – neben dem Verein – auch die ausgegliederte Gesellschaft den beherrschenden Einfluss sowie die Stimmen- und Kapitalmehrheit ausüben bzw. halten kann.

Es bleibt spannend

In den neuen Lizenzkriterien wird angedacht, neben der „Stimmrechtsmehrheit“ auch eine „Mindestkapitalbeteiligung“ der Vereine von 50,1 Prozent zu integrieren. Der Grund soll die Verhinderung faktischer Abhängigkeiten von Investoren sein, die die Kapitalmehrheit an der ausgegliederten Spielbetriebsgesellschaft halten und diese gleichzeitig mit Darlehen versorgen.

Mag die Grundidee der angedachten Änderung aufgrund der praktischen Erfahrungen vergangener Jahre eine richtige sein, sind die geäußerten Bedenken ob der Unbestimmtheit der zusätzlichen Begrifflichkeiten dennoch nicht ganz von der Hand zu weisen. Denn eine jede unbestimmte Begrifflichkeit lässt Raum für unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten, die in weiterer Folge die eigentlich beabsichtigte Förderung der Rechtssicherheit unterlaufen würden.

In kartellrechtliche Hinsicht könnten die angedachten Änderungen sogar zu einer Stärkung der 50+1 Regel führen, da sie Umgehungsmöglichkeiten verhindern und die angezweifelte „Eignung“ der jetzigen Regelung entscheidend verstärken würden.

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Marktwertminderung eines Profisportlers als Schaden

Vor kurzem endete ein jahrelanger Rechtsstreit zwischen einem ehemaligen Profi-Eishockeyspieler und dem Dornbirner Eishockeyclub. Der Spieler machte einen Vermögensschaden geltend, der sich aus der Minderung seines „Marktwertes“ als Eishockeyspieler ergeben soll. Er stützte sich dabei unter anderem auf das Recht eines Profisportlers auf Beschäftigung. Der Spieler behauptete aufgrund des in der bet-at-home ICE Hockey League (höchste Spielklasse im österreichischen Eishockeysport) praktizierten Punktesystems keinen neuen Arbeitsvertrag bekommen zu haben. Die Klage scheiterte schließlich insbesondere am Problem der „Bezifferung des Schadens“.

Das Punktesystem und die Altersdiskriminierung

In Österreichs höchster Eishockeyliga wurde bis zum Frühjahr 2022 ein eigenes mittlerweile abgeändertes Punktesystem verwendet. Dieses sah vor, dass jeder Spieler je nach Qualifizierung einen bestimmten Punktwert bekommt. Die Summe aller gemeldeten Spieler eines Klubs dürfen dabei eine bestimmte Punktegrenze nicht übersteigen. Dadurch soll ein gewisses Kräftegleichgewicht sichergestellt werden. Dabei spielte neben der Staatsbürgerschaft insbesondere das Alter eines Spielers eine Rolle. Für Jugendliche (hier: Spieler bis 24 Jahre) sah das System eine gewisse Begünstigung vor, nämlich in Form von null Punkten. Das System sollte somit eine Art „Salary Cap“ darstellen, indem das Gehalt durch Punkte ersetzt wird.

Der Spieler behauptete, dass die Regelung eine Altersdiskriminierung darstelle. Das Gericht verneinte dies und hielt fest, dass eine spezielle Regelung zur Förderung junger inländischer Spieler nicht rechtswidrig sei. Auch im unionsrechtlichen Antidiskriminierungsrecht wird nach Art 6 RL 2000/78/EG die Möglichkeit einer Jugendförderung anerkannt, sofern sie verhältnismäßig ist.

Marktwertminderung als Schaden?

In einem zweiten Schritt stellte sich die Frage, ob eine Marktwertminderung als Schaden geltend gemacht werden kann. Ein Schadenersatzanspruch hat den Zweck, dem Geschädigten einen Ausgleich für die erlittene Einbuße zukommen zu lassen. Der Schädiger hat den Geschädigten dazu grundsätzlich so zu stellen, wie er ohne schuldhaftes Verhalten gestellt wäre. Der Schaden ist durch eine Differenzrechnung zu ermitteln, wobei zunächst der hypothetische heutige Vermögensstand ohne das schädigende Ereignis zu ermitteln und von diesem Betrag der heutige tatsächliche Vermögenswert abzuziehen ist.

Im konkreten Fall behauptete der Spieler, dass allein wegen des angewendeten Punktesystems eine Verlängerung bzw Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses mit einem Klub aus der höchsten österreichischen Eishockeyliga scheiterte. Denn aufgrund seines Alters kam er bestimmungsgemäß nicht mehr in den Genuss der im angewendeten Punktesystem vorgesehenen Begünstigung für Jugendspieler. Die Folge waren Jahre in Österreichs zweithöchster Eishockeyliga und damit einhergehend der Ausfall eines qualifizierten Trainings. Dies führte zu Verlusten der körperlichen und der mentalen Fitness – beides entscheidende Kriterien für die Berechnung seines „Marktwertes“.

An eben diesem „Marktwert“ scheiterte letztlich auch das Rechtsmittel der Berufung. Ein Marktwertverlust muss nämlich anhand konkret vorzubringender Berechnungsprämissen rechnerisch nachvollzogen werden können müssen. Der Kläger machte einen Vermögensschaden geltend, der sich aus der Minderung seines abstrakten „Marktwertes“ als Eishockeyspieler ergeben soll. Dabei übersieht er laut Gericht jedoch, dass sich der „Marktwert“ einer Person nicht als konkreter Vermögenswert darstelle, sondern als die Summe von Fähigkeiten, wie etwa Talent, Erfahrung, Fitness und Eigenschaften wie etwa Bekanntheit, Beliebtheit und Vermarktungswert, die es im Rahmen des bestehenden Angebots und Nachfrage, dem betreffenden Sportler bzw seinem Verein ermöglicht, vermögenswerte Vorteile zu lukrieren.

Marktwert ist nicht gleich Vermögenswert

Dementsprechend stellt nicht der Verlust des „Marktwertes“ als solches, mag dieser gelegentlich auch in Geld ausgedrückt werden, den schadenersatzrechtlich relevanten Vermögensnachteil einer Person dar, sondern der Verlust oder die Verminderung der daraus resultierenden Möglichkeit, einen Verdienst im weitesten Sinn zu erwerben. Da der Spieler aber nur eine Summe für die Verminderung des „Marktwertes“ genannt hat, ohne zu konkretisieren, inwiefern sich diese exakt in seinem Vermögen ausgewirkt hat, wurde der Klage in diesem Teil nicht stattgegeben. Der OGH bewertet den Marktwert eines Spielers somit nicht als eigenständiges Rechtsgut. Vielmehr ist auf den, damit indirekt zusammenhängenden künftigen Verdienstentgang abzustellen.

Das Problem mit der Rechtswidrigkeit

Weitere Voraussetzung des Schadenersatzes ist die Rechtswidrigkeit des Handelns des Schädigers. Hier gilt der Grundsatz, dass jemand, der sich im Rahmen des Erlaubten verhält, grundsätzlich (bis auf wenige Ausnahmen) keinen Schadenersatz leisten muss. Doch welches unerlaubtes Verhalten setzte der Arbeitgeber im konkreten Fall?

Hier machte der Spieler eine Verletzung der (nachvertraglichen) Fürsorgepflicht gemäß § 1157 ABGB geltend, da der Verein ihm nicht vor Ende der Befristung mitgeteilt habe, dass sein Vertrag nicht verlängert werde. Dem entgegnete das Gericht, dass bei im Eishockey üblichen „Try-Out-Verträgen“ vom Spieler nicht erwartetet werden dürfe, dass der Vertrag verlängert werde. Darüber hinaus wurde die Nichtverlängerung bzw Nichtabschluss eines weiteren Arbeitsvertrages nicht als Altersdiskriminierung qualifiziert. Somit gelang es im gegenständlichen Verfahren nicht, ein den Schadenersatzanspruch begründendes rechtswidriges Verhalten nachzuweisen.

Fazit

Das höchstgerichtliche Urteil bestätigt zunächst die Möglichkeit der Einführung von Punktesystemen im professionellen Sport, die auch eine Jugendförderung beinhaltet. Diesbezüglich sollte auf transparente und nachvollziehbare Leistungsparameter geachtet werden. Die Frage der Ersatzfähigkeit von Schäden aufgrund von Marktwertverlusten wurde nicht abschließend geklärt. Hier ist vor allem an die im Fußballbereich teilweise praktizierte Verweigerung der Trainingsteilnahme von Spielern bei der Profimannschaft zu denken. Der damit einhergehende Verlust von Fertigkeiten stellt eine Verminderung des Marktwerts dar. Das viel zitierte Recht eines Profifußballers auf Beschäftigung wird unter anderem mit einer drohenden Beeinträchtigung seines „Marktwertes“ begründet (siehe auch Fall Markus Schopp, OGH 9 ObA121/06v, oder die Fälle SKN St. Pölten und Tomasz Wisio bzw Daniel Beichler). In diesem Zusammenhang ist jedoch auch auf den im Sportbereich einzigartigen Kollektivvertrag der Fußball-Bundesliga hinzuweisen, der ein Recht auf Teilnahme am Training der Kampfmannschaft vorsieht.

Im konkreten Fall hätte der Spieler also nachweisen müssen, dass er aufgrund der Nichtverlängerung bzw Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses mit einem Klub aus der höchsten österreichischen Eishockeyliga einen Verdienstentgang erlitt. Ein „Marktwert“ eines Spielers kann zu vermögenswerten Vorteilen führen, die im Falle eines behaupteten Schadenersatzanspruches jedoch konkret zu belegen sind. Hier ist vordergründig an einen Verdienstentgang zu denken.

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Auswirkungen des Brexits auf den Profifußball

Die Folgen des Austritts des Vereinigten Königreiches aus der Europäischen Union wurden vielfach diskutiert. Im Dezember 2021 trafen sie auch den Interimstrainer von Manchester United, Ralf Rangnick, hart. Aufgrund einer nicht rechtzeitig erteilten Arbeitserlaubnis, die seit dem Brexit notwendig ist, war es diesem nicht möglich bei seinem geplanten Debüt beim Heimspiel seines neuen Clubs am 2. Dezember 2021 gegen den FC Arsenal an der Seitenlinie zu stehen.

Manchester United musste auf Dienstantritt von Ralf Rangnick warten

Ralf Rangnick wurde mit Ende November 2021 offiziell als Interimstrainer von Manchester United eingesetzt. Er soll bis Saisonende als Chef-Trainer agieren und dem Club danach für zwei weitere Jahre als sportlicher Berater zur Seite stehen. Bei seinem geplanten Debüt-Spiel als Trainer durfte er allerdings noch nicht an der Seitenlinie stehen. Grund dafür war, dass die seit dem Brexit notwendige „Arbeitserlaubnis“ noch nicht erteilt wurde. Dies hat einen komplexen Hintergrund:

Innerhalb der Europäischen Union gilt die Personenfreizügigkeit als eine der vier Grundfreiheiten. Zur Personenfreizügigkeit gehört die Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art 45 ff AEUV) und die Niederlassungsfreiheit (Art 49 ff AEUV). Die Arbeitnehmerfreizügigkeit bezieht sich auf die Mobilität von unselbständig Erwerbstätigen, also den klassischen Arbeitnehmer. Sie umfasst dabei insbesondere die Abschaffung jeglicher auf Staatsangehörigkeit beruhender unterschiedlicher Behandlung von Arbeitnehmern in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung oder sonstiger Arbeitsbedingungen.

Der Austritt des Vereinigten Königreiches aus der Europäischen Union erfolgte am 31. Jänner 2020. Durch das Austrittsabkommen wurde bis zum 31. Dezember 2020 eine Übergangsphase geschaffen, in welcher die Arbeitnehmerfreizügigkeit für EU-Bürger im Vereinigten Königreich (und umgekehrt) gewährleistet wurde. Seit dem 1. Jänner 2021 gilt das Vereinigte Königreich gegenüber den restlichen EU-Mitgliedstaaten als Drittstaat, was auch den Verlust der Arbeitnehmerfreizügigkeit nach sich zieht. Dies führt dazu, dass vor allem Spieler, Trainer, Manager sowie überhaupt Bürger aus einem EU-Mitgliedstaat nicht mehr die Freiheit haben, im Vereinigten Königreich eine Beschäftigung aufzunehmen und dass umgekehrt solche Personen aus dem Vereinigten Königreich nicht mehr ohne Weiteres in der EU arbeiten dürfen.

Im britischen Recht befinden sich die Rechtsvorschriften für die Einwanderung vor allem in den Immigration Rules. Für Spieler und Trainer ist insbesondere das Visum für internationale Sportler („International Sportsperson Visa“) einschlägig. Dieses Visum ist für jene Spitzensportler und qualifizierte Sporttrainer vorgesehen, die international etabliert sind und einen bedeutenden Beitrag zur Entwicklung ihres Sports auf höchstem Niveau im Vereinigten Königreich leisten können.

Für das Visum ist Voraussetzung, dass der Sportverband bestätigt, dass der Trainer international auf höchster Ebene tätig ist und dass seine Beschäftigung einen erheblichen Beitrag zur Qualitätssteigerung der betreffenden Sportart auf höchster Ebene bilden wird („Governing Body Endorsement“). Zuständig für die Ausstellung des Governing Body Endorsements für Sportler ist der jeweilige Sportfachverband, für den Fußball in England also die Football Association. Die Anforderungen an die Erteilung eines Governing Body Endorsements werden im Premier League Handbook in der jeweils gültigen Fassung von der Football Association veröffentlicht.

Im Fall von Rangnick ist man davon ausgegangen, dass er die Kriterien der Football Association für eine automatische Erteilung des Governing Body Endorsements nicht erfüllt. Es wurde argumentiert, dass er in den letzten fünf Jahren vor seinem Antritt als Chef-Trainer bei Manchester United insgesamt nicht genug Erfahrung als Trainer in einem europäischen Spitzenklub gesammelt hat (entweder zwei Jahre hintereinander oder drei Jahre zusammengerechnet in den letzten fünf Jahren). Rangnick war in den Spielzeiten 2015/16 und 2018/19 zweimal als Cheftrainer bei RB Leipzig und gleichzeitig als Sportdirektor des FC Red Bull Salzburg tätig. Zuletzt stand er als Geschäftsführer bei Lokomotive Moskau unter Vertrag.

Da er die Anforderungen für die Erteilung des Governing Body Endorsements nicht erfüllt hatte, musste letztendlich – auf Antrag des Clubs – ein von der Football Association bestimmtes dreiköpfiges Exceptions Panel über die Eignung und den sportlichen Wert des Trainers und damit darüber, ob dennoch ein Governing Body Endorsements erteilt werden sollte, entscheiden.

Exkurs Rechtslage in Österreich

Für britische Staatsbürger, die sich zum Zeitpunkt des EU Austritts rechtmäßig in Österreich aufgehalten haben, bestand bis zum 31. Dezember 2021 die Möglichkeit einen Aufenthaltstitel („Art 50 EUV“) zu beantragen. Diese Möglichkeit ist nun ausgelaufen. Britische Staatsbürger – die fortan wie andere Drittstaatsangehörige gelten – müssen nun aus den vorhandenen Aufenthaltstiteln, den für sie zutreffendsten auswählen. Für Sportler und Trainer ist hier insbesondere an die „Rot-Weiß-Rot Karte“ für sonstige Schlüsselkräfte zu denken.

Fazit

Vor dem Brexit war es für den Einzelnen angesichts der Arbeitnehmerfreizügigkeit sehr einfach einer Beschäftigung im Vereinigten Königreich nachzugehen. Jedenfalls mussten keine aufwändigen Verfahren zur Erlangung eines Aufenthaltstitels, einer Beschäftigungsbewilligung etc durchlaufen werden.

Welche Auswirkungen der Brexit auf die Sportwelt hat, zeigt der Fall Rangnick klar auf. Nunmehr ist die Rechtslage noch wesentlich komplexer geworden. Seit 1. Jänner 2021 ist bei einem Wechsel der sportlichen Erwerbstätigkeit in das Vereinigte Königreich die britische Rechtslage zu berücksichtigen. Eine Besonderheit ergibt sich hierbei vor allem im Profifußball: Die Football Association legt dabei (unter anderem gemeinsam mit dem britischen Innenministerium) nähere Regelungen fest, die determinieren, wann die geforderte Erklärung über die sportliche Qualifikation eines Spielers bzw Trainers abgeben werden darf („Governing Body Endorsement“) und sichert sich somit eine weitgehende Mitbestimmung in Immigrationsfragen.

Dass die berufliche Ausübung von Sport und die entsprechende Erteilung von Visa bzw Arbeitserlaubnissen in der Praxis immer wieder zu Schwierigkeiten führt, zeigt nicht zuletzt der brandaktuelle Fall von Novak Djokovic. Hier kommen zusätzlich auch noch Erschwerungen aufgrund der Corona-Krisensituation zu tragen, die grundsätzlich die Einreise- bzw Aufenthaltsbedingungen in Drittstaaten verkomplizieren.

Disclaimer: Wir haben die Recherchen nach unserem besten Wissen und Gewissen durchgeführt, möchten aber klarstellen, dass es sich hierbei um keine Rechtsberatung handelt und wir deshalb auch keine Haftung übernehmen können.

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Schlusspfiff für Manuel Gräfe?

Mit Ablauf der Saison 2020/21 musste der Schiedsrichter Manuel Gräfe der deutschen Bundesliga den Rücken kehren. Wie er gegenüber dem Zeit Magazin bekannt gab, hätte er „gerne weitergemacht“ und könne sicherlich noch „bis 50 oder länger pfeifen“. Grund für das frühe Karriereaus ist eine Richtlinie des Deutschen Fußballbundes (DFB): Mit 47 Jahren ist für Schiedsrichter in der Bundesliga Schluss.

Ein Blick über die Grenzen…

In der österreichischen Fußball-Bundesliga bestand bis vor wenigen Jahren ebenfalls eine derartige Altersgrenze für Unparteiische. Diese lag zuletzt bei 45 Jahren. In anderen Sportarten gibt es solche Altersgrenzen in Österreich jedoch nach wie vor. Diese sind aber weitaus höher angesetzt. So darf etwa im Faustball mit bis zu 60 Jahren (in Ausnahmefällen sogar bis 63) gepfiffen werden.

Die Union of European Football Associations (UEFA) zieht für internationale Einsätze die Höchstgrenze bei 45 Jahren. Aber wie sagt man so schön? Ausnahmen bestätigen die Regel: Der Niederländer Björn Kuipers sollte eigentlich bereits bei der EM im Jahr 2020 letztmalig zum Einsatz kommen. Aufgrund der Pandemie kam es jedoch bekanntlich zur Verschiebung der EM 2020 auf 2021. So kam der nun bereits 48-jährige beim Finalspiel zwischen England und Italien zum Einsatz und erhielt einen gebührenden Abschied von der internationalen Bühne. In den Niederlanden gibt es übrigens nunmehr seit rund 20 Jahren für Fußball-Schiedsrichter keine Höchstaltersgrenze mehr. Und auch in der englischen Premier League sind über 50-jährige Schiedsrichter längst keine Seltenheit mehr.

Altersdiskriminierung?

In Deutschland ging die Saison 2020/21 pandemiebedingt weitgehend ohne Zuschauer über die Bühne. Gräfe äußerte daher den Wunsch, eine Abschiedssaison (2021/22) vor vollen Rängen anhängen zu dürfen. Doch auch dies verwehrte der DFB dem Unparteiischen und hielt selbst in einer derartigen Ausnahmesituation eisern an der Altersgrenze fest. Nur ein kleiner Trost für scheidende Schiedsrichter, wie Gräfe, dürfte ein möglicher Einsatz abseits des Rasens als Video-Assistent sein.

Doch nach Ansicht von Gräfe ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Mangels Einigung mit dem DFB hatte sich Gräfe öffentlich dazu bekannt, rechtliche Schritte einleiten zu wollen. Dies obwohl er bereits erklärte, selbst nicht mehr als Schiedsrichter tätig sein zu wollen. Nicht zuletzt aus diesem Grund steht Gräfe, seit Bekanntwerden seiner Klage vor wenigen Tagen, unter Beschuss. Er wirft dem DFB eine (unmittelbare) Diskriminierung aufgrund des Alters vor, die  gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstoße.

Das AGG macht es sich zum Ziel, Benachteiligungen unter anderem aufgrund des Alters zu verhindern oder gar zu beseitigen. Es setzt, wie sein österreichisches Pendant, das Gleichbehandlungsgesetz (GlBG), die Unionsrichtlinie 2000/78/EG zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf um. Nach dem Urteil des Hessischen Landesarbeitsgericht (LAG Hessen) vom 15. März 2018 (Az: 9 Sa 1399/16) handle es sich bei Bundesliga-Schiedsrichtern um keine Arbeitnehmer des DFB. Der Anwendungsbereich des AGG umfasst aber auch selbstständig tätige Personen, soweit die Bedingungen für den Zugang zur Erwerbstätigkeit betroffen sind (§ 6 Abs 3 AGG). § 2 Nr 1 AGG sieht vor, dass Benachteiligungen betreffend die Bedingungen über den Zugang zu einer selbstständigen Erwerbstätigkeit (sogenannte Zugangshürde), unter anderem aufgrund des Alters, grundsätzlich unzulässig sind.

Rechtfertigungsgründe?

Das AGG lässt aber eine unterschiedliche Behandlung aufgrund des Alters wegen beruflicher Anforderungen ausnahmsweise zu (§ 8 Abs 1 AGG). Diese ist jedoch lediglich zulässig, sofern es sich um eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung handelt, der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.

Das vermeintlich stärkste Argument seitens des DFB für eine Altersgrenze sind die körperlichen Anforderungen an die Unparteiischen in den obersten Spielklassen. Statistiken zufolge hat sich nämlich die Laufintensität in der deutschen Bundesliga in den letzten 50 Jahren fast verdreifacht. Und so legen die Feldspieler in der obersten deutschen Liga eine Distanz von bis zu über 10 Kilometer pro Spiel zurück. Damit sind nunmehr auch die Anforderungen an die körperliche Fitness der Schiedsrichter höher.

Dem hält Gräfe entgegen, dass letztlich allein die Qualität der Entscheidungen von Bedeutung sein sollte. Im Auswahlprozess würde sich ohnehin nur derjenige durchsetzen, der die – in der DFB-Schiedsrichterordnung statuierten – hohen Anforderungen erfüllen kann. Gegen eine Altersgrenze spreche laut Gräfe auch die stille Autorität routinierter Schiedsrichter gegenüber Spielern und ihre Erfahrung im Umgang mit schwierigen, oftmals spielentscheidenden Situationen.

Vor diesem Hintergrund ist fraglich, ob es dem DFB gelingt, zu belegen, dass die Altersgrenze von 47 Jahren tatsächlich erforderlich ist, um das Erfüllen der Anforderungen an einen Schiedsrichter in der deutschen Bundesliga zu gewährleisten. Insbesondere mit Blick über die deutschen Grenzen hinaus scheint dies aber ungewiss. Denn wie zahlreiche Beispiele belegen, können auch Schiedsrichter nach Überschreiten der 47-Jahres-Marke den physischen und kognitiven Anforderungen des Spitzensports gerecht werden.

Unabhängig von etwaigen beruflichen Anforderungen lässt das AGG eine unterschiedliche Behandlung aufgrund des Alters zu, sofern sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist (§ 10 S 1 AGG). Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen wiederum angemessen und erforderlich sein (§ 10 S 2 AGG). Ein solches Ziel könnte etwa die Nachwuchsförderung sein.

Der DFB gibt zu bedenken, dass junge Schiedsrichter die Möglichkeit erhalten sollen, nachrücken zu können. Auch dies erachtet Gräfe als unbegründet. Er zeigt auf, dass junge Schiedsrichter großen Druck verspüren, bereits in jungen Jahren aus der Regionalliga wegzukommen, um es noch nach oben schaffen zu können. Viele werfen aus diesem Grund bereits früh das Handtuch. Es stellt sich daher natürlich die Frage, ob es sich nicht bis zu einem gewissen Grad um ein hausgemachtes Problem des DFB handelt. Ginge man von der derzeit bestehenden, starren Altersgrenze ab, so würde man jungen Schiedsrichtern diesen Zeitdruck sicherlich nehmen.

Der deutsche Jurist und ehemalige Schiedsrichter Benjamin Keck rechnet in seinem Beitrag damit, dass die  Höchstaltersgrenze in ihrer derzeitigen Form einer richterlichen Überprüfung nicht standhalten wird. Dies legen auch Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in ähnlich gelagerten Fälle nahe.

(Rechts-)Folgen

Doch welche Konsequenzen würde es nach sich ziehen, würde das zuständige Gericht die starre Altersgrenze des DFB tatsächlich kippen? Gräfe hätte einen Anspruch auf Ersatz des ihm durch die Benachteiligung entstandenen Vermögensschadens und auf eine angemessene Entschädigung. Sollte die Bestimmung im Regulativ des DFB tatsächlich gegen das AGG verstoßen, wären entweder eine Anpassung hin zu einer flexibleren Regel, ähnlich jener der UEFA, oder gar ein völliger Verzicht auf eine Altershöchstgrenze, wie dies nunmehr in Österreich der Fall ist, denkbar.

Mit Spannung erwartet werden darf, wie die Gerichte den Fall Gräfe beurteilen und ob der DFB sich letztlich doch geschlagen geben muss und seine starre Altersgrenze aufweicht, hinaufsetzt oder gar fallen lässt. LAW MEETS SPORTS bleibt dran…

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Sozialrechtliche Einordnung von Einzelberufssportlern: Dienstnehmer oder Selbstständige?

Vanessa Sahinovic, Lukas Müller und Johannes Kinigadner: Drei junge Sportler, die ein tragisches Schicksal teilen. Sie erlitten allesamt im Zusammenhang mit ihrer großen Leidenschaft und Berufung, dem Sport, schwere Unfälle und infolgedessen irreversible Lähmungen. Man vermag sich kaum auszumalen, was dieses Schicksal für einen Profisportler bedeutet und was es heißt, in dieser Situation einen langjährigen Rechtsweg mit derart ungewissem Ausgang bestreiten zu müssen. Die gerichtlichen Entscheidungen in diesen drei Causae sind von weitreichender Bedeutung für die gesamte Sportwelt. Denn der Großteil der Berufssportler ist, aufgrund seines verhältnismäßig geringen Einkommens, im Ernstfall auf Versicherungsleistungen angewiesen.

Ob Einzelberufssportler in Ausübung ihrer Tätigkeit als Sportler unselbstständig oder selbstständig sind, ist nach wie vor höchst umstritten. Wolfgang Brodil, Leiter der Forschungsstelle Sportrecht der Uni Wien bringt es mit einem Statement auf den Punkt: „Die Entscheidungen sind nicht vorhersehbar, das Prozessrisiko ist enorm“.

Dieses geht ganz klar zulasten der Sportler. Sie sind in den, meist über Jahre hinweg andauernden, Prozessen einer enormen Ungewissheit ausgesetzt. Wird ein Sportler im Einzelfall als (freier) Dienstnehmer iSd § 4 Abs 2 bzw. Abs 4 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) qualifiziert, so ist er bei Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze nach ASVG in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung vollversichert. Der Dienstgeber wäre sodann verpflichtet, die Sozialversicherungsbeiträge abzuführen. Sofern die Dienstnehmereigenschaft jedoch nicht erfüllt ist, könnte der Sportler als sogenannter neuer Selbstständiger iSd Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (GSVG) eingestuft werden. Dies hätte zur Folge, dass der Sportler selbst für die Abfuhr der Sozialversicherungsbeiträge verantwortlich wäre. Sofern auch die Voraussetzungen für eine Versicherung als „neuer Selbstständiger“ nach dem GSVG nicht vorliegen, kommt eine freiwillige Versicherung in Betracht. Doch steht es letztlich in den Sternen, ob ein Berufssportler im konkreten Einzelfall als Dienstnehmer oder neuer Selbstständiger eingestuft wird (und sodann zur Abfuhr der Beiträge verpflichtet ist) oder gar überhaupt nur eine freiwillige Versicherung in Frage kommt und so wird er womöglich gut beraten sein, selbst für den Ernstfall Vorsorge zu treffen.

In den vergangenen Jahren sind drei (höchst-)gerichtliche Entscheidungen zur Versicherung nach ASVG in den verschiedensten Bereichen des Berufssports ergangen:

  • 2017: Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zur Synchronschwimmerin Vanessa Sahinovic,
  • 2019: Verwaltungsgerichtshof (VwGH) zum Skispringer Lukas Müller und
  • 2020: VwGH zum Motocross-Fahrer Johannes Kinigadner.

Um eines vorwegzunehmen: Allen drei Entscheidungen ist gemein, dass die Bezugnahme auf die Charakteristika des Sports nicht in ausreichendem Ausmaß erfolgt ist.

Wer unterliegt dem Versicherungsschutz nach ASVG?

Für Sportler kommt eine Versicherung nach ASVG vor allem als Dienstnehmer iSd § 4 Abs 2 ASVG bzw. dienstnehmerähnlicher freier Dienstnehmer iSd § 4 Abs 4 ASVG in Betracht. Nach der gesetzlichen Definition in § 4 Abs 2 ASVG ist Dienstnehmer „wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird“. Es sind daher für die Prüfung der Dienstnehmereigenschaft die drei Elemente persönliche Abhängigkeit, wirtschaftliche Abhängigkeit und Entgeltlichkeit von Bedeutung:

  1. Die persönliche Abhängigkeit dient als zentrales Abgrenzungsmerkmal von der selbstständigen Tätigkeit. Ob jemand in persönlicher Abhängigkeit beschäftigt wird, hängt von verschiedenen Kriterien ab, die im jeweiligen Einzelfall nicht vollständig und auch nicht in vollem Ausmaß vorliegen müssen. Die Kriterien der persönlichen Abhängigkeit müssen lediglich überwiegen. Man spricht bei der persönlichen Abhängigkeit daher von einem sogenannten Typusbegriff. Diese Kriterien, aus welchen sich die persönliche Abhängigkeit zusammensetzt, sind im Wesentlichen die Bindung an Arbeitszeit (die Trainings- oder Wettkampfzeit), Arbeitsort (die Trainings- oder Spielstätte) und arbeitsbezogenes Verhalten (etwa das Tragen bestimmter Kleidung oder die Einschränkung der Meinungsäußerung). Aber auch die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse durch den Dienstgeber und die Pflicht zur persönlichen Erbringung der Arbeitsleistung durch den Dienstnehmer gehören dazu. Dieser sehr offene Typusbegriff passt sich zwar einerseits gut an die sich stetig wandelnden Bedürfnisse der Arbeitsmarktsituation an und ist auf eine Vielzahl von Beschäftigungsformen anwendbar. Andererseits eröffnet er einen großen Interpretationsspielraum, den die Gerichte – wie nachstehend aufgezeigt wird – auch tatsächlich ausnutzen.
  2. Die Judikatur leitet aus der persönlichen Abhängigkeit zwangsläufig das Vorliegen der wirtschaftlichen Abhängigkeit Wirtschaftliche Abhängigkeit ist nicht mit Lohnabhängigkeit im Sinne eines Angewiesenseins auf das Entgelt zur Bestreitung des Lebensunterhalts zu verwechseln. Vielmehr resultiert sie aus der mangelnden Macht des Dienstnehmers, im eigenen Namen über die wesentlichen Betriebsmittel (etwa die Schwimmbekleidung, eine Skifluganlage samt Schanzeninfrastruktur oder ein Motocross-Bike) zu verfügen.
  3. Für das dritte (und eigenständige) Tatbestandsmerkmal, die Entgeltlichkeit, ist es grundsätzlich nicht von Bedeutung, ob es sich um Sach- oder Geldleistungen im engeren Sinn handelt, sofern das Entgelt vom Dienstgeber oder einem Dritten als Gegenleistung (im Sinne eines Austauschverhältnisses) für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft hingegeben wird. Dass auch Sachleistungen beitragspflichtiges Entgelt sein können, zeigt sich am Fall von Vanessa Sahinovic (dazu gleich).

Vanessa Sahinovic (Rechtsverhältnis: Sportlerin – Verband)

Die Entscheidung des BVwG über den tragischen Unfall der damals noch minderjährigen Synchronschwimmerin Vanessa Sahinovic warf eine Reihe rechtlicher Fragen im Hinblick auf den Dienstnehmerbegriff im Bereich des Berufssports auf. Die Sportlerin war zum Zeitpunkt des Unfalles Mitglied der Schwimmunion Mödling. Die damalige Schülerin wurde vom Österreichischen Olympischen Comité (ÖOC) für die Europaspiele 2015 in Baku (Aserbaidschan) nominiert. Während der Europaspiele wurde sie auf dem Weg zum Training im Athletendorf von einem Shuttle-Bus erfasst. Die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall im Wesentlichen mangels Entgeltlichkeit ab. Nach Ansicht der Behörde unterscheide sich die Synchronschwimmerin zudem nicht von tausenden anderen Jugendlichen, die sich sportlich in einem Verein – nicht aus finanziellem Interesse, sondern als Hobby – betätigen und hierbei an Vorgaben betreffend Trainingszeiten, Spielorte etc gebunden seien. Als plakative Beispiele nannte die WGKK (wenig treffend) Teilnehmer an Jugendlagern der Pfadfinder, Kinderfreunde oder Jungschar. Diese seien nach Ansicht der WGKK zwar auch – wie Vanessa Sahinovic – an gewisse Vorgaben gebunden, seien aber offenkundig nicht als Dienstnehmer anzusehen.

Das BVwG (BVwG W145 2128879-1) hob den Bescheid der WGKK auf. Anders als die WGKK stellte es fest, dass die Sportlerin aufgrund einer Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beim ÖOC nach ASVG vollversichert war. Zwar hat die Sportlerin für ihre Tätigkeit keine Geldbezüge erhalten, dies schließt jedoch das Vorliegen von Entgelt iSd § 49 Abs 1 ASVG keineswegs aus. Denn die Sachleistungen, welche sie vom OÖC und von Dritter Seite erhielt wurden vom BVwG als Entgelt qualifiziert. Sowohl Ausstattung (verschiedenste Kleidungsstücke, Accessoires, Hygieneartikel und Sportnahrung) als auch die Kosten für den kollektiven Versicherungsschutz sowie die Hälfte der Tagessätze für das sogenannte Medical Team vor Ort wurden vom ÖOC getragen, sodass in Summe ein Entgeltanspruch in Form von Naturalleistungen bestand, welcher die (monatliche) Geringfügigkeitsgrenze weit überschritt.

Die Entscheidung des BVwG wurde kritisiert, weil sie die Charakteristika des Sports nicht ausreichend berücksichtigt habe. Ins Treffen geführt wurde, ob man sich im gegenständlichen Fall nicht mit dem Rechtsverhältnis zwischen der Sportlerin und ihrem Verein (Schwimmunion Mödling) auseinandersetzen hätte müssen.

Lukas Müller (Rechtsverhältnis: Sportler – Veranstalterin)

Im Rahmen der Skiflug-Weltmeisterschaft 2016 in Bad Mitterndorf kam der damalige Skispringer Lukas Müller als Vorspringer zum Einsatz. Am zweiten Einflugtag der Veranstaltung stürzte der Sportler während eines Sprungs und erlitt eine Lähmung des Rumpfes und der Beine.

Nach der Gebietskrankenkasse Kärnten (KGKK) bestand zwischen dem Sportler und der, die Skiflug-Weltmeisterschaft 2016 veranstaltenden (zu 100 % im Eigentum des ÖSV stehenden), A-GmbH für den Zeitraum von 12. bis 17. Jänner 2016 ein Dienstverhältnis, das eine Pflichtversicherung nach ASVG begründete. Das BVwG (BVwG G308 2176696-1) wiederum gab der Beschwerde des Veranstalters statt und erkannte, dass der Skiflieger – im Wesentlichen gestützt auf die fehlende persönliche Arbeitspflicht – nicht der Versicherungspflicht nach ASVG unterlegen war. Nach Ansicht des BVwG konnte der Vorspringer jederzeit sanktionslos seine Arbeitsleistung verweigern und daher liege keine persönliche Arbeitspflicht vor.

Dieser Rechtsansicht folgte hingegen der VwGH (VwGH Ro 2019/08/0003) nicht. Er sprach aus, dass dem Sportler in diesem Fall kein sanktionsloses Ablehnungsrecht zugekommen sei, welches seine persönliche Arbeitspflicht ausschließe. Vielmehr durfte der Vorspringer lediglich einzelne Sprünge aus bestimmten Gründen verweigern, weshalb ein sozialversicherungspflichtiges Dienstverhältnis angenommen werden konnte.

Johannes Kinigadner (Rechtsverhältnis: Sportler – Sponsor)

Im Zusammenhang mit dem Motocross-Fahrer Johannes Kinigadner hatte der VwGH (VwGH Ra 2018/08/0028) zu beurteilen, ob ein „Sponsoringvertrag“ oder „Werbevertrag“, als Schuldvertrag zwischen einem Sponsor (die Motorradherstellerin KTM AG) und dem Sportler als Gesponsertem, eine Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs 2 (als Dienstvertrag) bzw. Abs 4 (als freier Dienstvertrag) ASVG auslösen kann. Der Motocross-Fahrer stürzte während eines Motocross-Rennens im Rahmen einer „Benefizveranstaltung“ und leidet seither, aufgrund einer Verletzung des Rückenmarks, an einer Lähmung vom fünften Halswirbel abwärts.

Nachdem die Tiroler Gebietskrankenkasse (TGKK) dem Sportler den Vollversicherungsschutz – mangels Vorliegens der erforderlichen Eigenschaften für einen (freien) Dienstvertrag – versagte, sprach das BVwG (BVwG I401 2012328-1/12E) dem Motocross-Fahrer den Vollversicherungsschutz zu. Der VwGH wiederum stellte fest, dass im gegenständlichen Fall kein Arbeitsunfall vorlag, da es dem Sportler an persönlicher Abhängigkeit zum Sponsor mangelte.

Doch bestehen tatsächlich Unterschiede?

Stellt man dieser Entscheidung jene des BVwG über das Vorliegen eines Dienstverhältnisses zwischen Vanessa Sahinovic und dem ÖOC gegenüber, dann scheint die Entscheidung des VwGH über den Unfall von Johannes Kinigadner durchaus fragwürdig. Denn hier hat der VwGH der Bindung des Motocross-Fahrers an die, durch den Rennkalender vorgegebenen, Zeiten und Orte der Rennen keine Unterscheidungskraft für die Beurteilung der persönlichen Abhängigkeit beigemessen. Dies begründete er damit, dass sie sich „aus der Natur der Sache“ ergeben. Aber auch im Fall von Vanessa Sahinovic waren die Zeiten und Orte der Trainings und Wettkämpfe nicht durch das ÖOC, sondern vielmehr durch den Veranstalter der Europaspiele, die Europäischen Olympischen Comités (EOC), vorgegeben.

Noch viel bemerkenswerter in diesem Zusammenhang ist aber die Tatsache, dass sowohl das BVwG als auch der VwGH im „Fall von Kinigadner“ sich gegen eine Unterscheidungskraft der Zeiten und Orte der Rennen bei der Beurteilung der persönlichen Abhängigkeit ausgesprochen haben, das BVwG aber dennoch zum Ergebnis kam, dass Johannes Kinigadner Dienstnehmer der KTM AG war, der VwGH dies hingegen verneinte.

Zwar mag es richtig sein, dass alle Motocross-Fahrer, welche am verfahrensgegenständlichen Rennen teilnahmen, an Rennort und Rennzeit gebunden waren. Naturgemäß setzt der sportliche Wettbewerb voraus, dass alle Teilnehmer zur gleichen Zeit am gleichen Ort tätig werden. Daraus ergibt sich aber für sich noch nicht zwangsläufig eine Weisungsgebundenheit. Dies heißt jedoch nicht – wie etwa die Universitätsprofessorin Barbara Födermayr in einem Zeitschriftenartikel betont –, dass es zu einer „Neutralisierung“ von Merkmalen im Sinne eines „Unberücksichtigtlassens“ bei der Beurteilung der persönlichen Abhängigkeit kommen darf. Wie schon der Gesetzgeber in § 4 Abs 2 ASVG andeutet, kommt es nämlich unumstritten auf eine Gesamtbeurteilung aller Merkmale an. Ein Vergleich dieser beiden Entscheidungen zeigt ganz deutlich, wie stark das Ergebnis (persönliche Abhängigkeit oder Unabhängigkeit) von der Gewichtung der einzelnen Merkmale abhängt.

Sofern der Bindung an Ort und Zeit der ausgeübten Tätigkeit (nach Ansicht der Judikatur) keine Unterscheidungskraft zukommt, betonen die Gerichte andere Merkmale, wie etwa die Kontrollbefugnis des Dienstgebers oder den Gestaltungsspielraum des Beschäftigten bei der ausgeübten Tätigkeit.

Legt man das Augenmerk sodann – wie das BVwG dies getan hat – insbesondere auf jene Aspekte, die zu einer weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Sportlers führen, so entsteht das Bild einer fremdbestimmten Arbeitsleistung. Solche Aspekte sind etwa die Kontrollunterworfenheit des Motocross-Fahrers oder die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung. Würde man hingegen die Gewichtung hin zu jenen Aspekten verlagern, die lediglich zu einer geringen Einschränkung der Bestimmungsfreiheit führen (wie dies der VwGH getan hat), so entstünde das Bild eines Dienstnehmers, welcher seine Leistung im Wesentlichen erbringt, ohne persönlich abhängig zu sein. Es zeigt sich, dass ein und derselbe Sachverhalt ohne weiteres, je nach Lage der Gewichtung der einzelnen Merkmale völlig plausibel in beide Richtungen (also persönliche Abhängigkeit als auch Unabhängigkeit) argumentiert werden kann, das Ergebnis aber weitrechende (Rechts-)Folgen mit sich bringt.

Der VwGH führte letztendlich jedoch aus, dass (wenn auch nicht im konkreten Fall) Sponsoringverträge in bestimmten (teilweise eher weniger praxisrelevanten) Fallkonstellationen sehr wohl eine Vollversicherung nach ASVG auslösen können. Dies könnte nach Ansicht des VwGH insbesondere dann der Fall sein, wenn dem gesponserten Sportler, neben der Erbringung von Werbeleistungen, die Erbringung von Aufgaben für den Sponsor im Zuge dessen betrieblicher Tätigkeit übertragen werden (etwa im Zuge des Vertriebes der Produkte bzw. des Sponsors). In diesem Zusammenhang stellt sich jedoch die Frage, inwieweit ein Profisportler in der Praxis ernsthaft am Vertrieb der Produkte des Sponsors beteiligt sein kann/wird.

Eine gewisse Ergebnisorientierung kann der Judikatur im Allgemeinen bei der rechtlichen Beurteilung der drei dargestellten Fälle durchaus angelastet werden. Insbesondere unter Bedachtnahme auf die (möglicherweise weitreichenden) Konsequenzen in der Praxis, hätte der VwGH im Fall des Motocross-Fahrers Johannes Kinigadnerein (freies) Dienstverhältnis zwischen Sportler und Sponsorin bejaht. Die Einordnung eines „Sponsoringvertrags“ als (freier) Dienstvertrag hätte wohl große Wellen im Bereich des Sports geschlagen. Die Frage, inwieweit das Gericht unter Bewusstsein dieser Tatsache seine Entscheidung getroffen hat, sei hier nur in dem Raum gestellt.

Auf den Punkt gebracht…

Auch für Juristen scheint das Treffen einer Vorhersage über das Ergebnis der gerichtlichen Entscheidung in derartig gelagerten sozialrechtlichen Sachverhalten kaum möglich (siehe dazu das Statement von Wolfgang Brodil). Umso mehr muss dies wohl für die betroffenen Sportler gelten. Wie bereits eingangs betont, ist das Einkommen der breiten Masse im Berufssport (auch mangels kollektivvertraglicher Mindestlöhne) gerade hoch genug, um den Lebensunterhalt hiervon bestreiten zu können. Die überwiegende Mehrheit ist daher im Ernstfall auf Leistungen aus der Sozialversicherung angewiesen.

Konsequenterweise stellt sich die Frage, ob man mit den gesetzlichen Regelungen in § 4 Abs 2 und Abs 4 ASVG und dem dort durch den Gesetzgeber geschaffenen Konzept des (freien) Dienstvertrags das Auslangen findet. Oder ob es nunmehr (endlich) an der Zeit ist, an die Bedürfnisse des Berufssports angepasste, Rechtsvorschriften zu schaffen.

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Gehaltsobergrenzen à la NFL im Profifußball? Ein rechtliches Gedankenspiel

Der Fußball, so sagen einige, hat seine Romantik verloren. Heute, da ist das Qatar Airways Logo auf den linken Trikotärmel gestickt, oder Feinkost Popp, oder Cargo Bank. Heute, da wechselt das Tafelsilber der österreichischen Fußball-Bundesliga millionenschwer zu einem Mittelschwergewicht auf die britische Insel. Von der Romantik, so könnte man meinen, sind nur YouTube Videos geblieben. Von Basler, Schuster oder Dede. Oder eben ein Rapid-Graffiti am Donaukanal. Memoiren auf abgeblättertem Beton.

Der Fußball, so fordern fast alle abseits der Ölmillionen und kometenhaft angestiegenen Fernsehgelder, braucht strengere Regeln, was seinen Wirtschaftsmarkt angeht. Von Umverteilung ist da die Rede, oder eben von Gehaltsobergrenzen. Salary Caps, wie im US-Amerikanischen Profisport. Eine romantische Vorstellung eigentlich, doch wäre das rechtlich überhaupt umsetzbar?

Die Pandemie hat dem Profifußball seine wirtschaftliche Maßlosigkeit aufgezeigt. Etliche Vereine, wie auch den FC Schalke 04, hat sie an die Grenzen der Existenz gebracht. Klar ist also, dass die Forderungen nach Reformen im wirtschaftlichen System immer lauter werden. DFL-Geschäftsführer Christian Seifert hält das Gedankenspiel einer Deckelung von Spielergehältern für durchaus plausibel, Ulli Hoeneß hingegen sprach sich im Gespräch mit der FAZ klar dagegen aus. „Das wird nicht funktionieren“, sagte er. Ein Meinungsstreit, der sich auch durch den rechtlichen Diskurs zu diesem Thema zieht.

Was sind Gehaltsobergrenzen eigentlich?

Hier gilt es zu erwähnen, dass es verschiedenste Möglichkeiten zur Ausgestaltung einer solchen Gehaltsobergrenze gibt. Das Modell „Salary Caps“ bewegt sich nicht in einem Schwarz-Weiß Rahmen, sondern könnte in der Praxis verschiedenste Schattierungen annehmen. Absolute Gehaltsobergrenzen (sog. Hard Caps) geben eine ligaweit einheitliche Höchstgrenze an Spielergehältern vor, die von den Vereinen nicht überschritten werden darf. Relative Gehaltsobergrenzen (sog. Soft Caps) hingegen orientieren sich prozentual am Jahresumsatz des jeweiligen Ligamitglieds. Der konkrete Höchstwert an Spielergehältern, die ausbezahlt werden dürften, würde also von Verein zu Verein differieren.

Einige Juristen sehen im just 2015 eingeführten und seither vielzitierten Financial Fair Play System bereits mittelbar eine Gehaltsobergrenze. Das System fußt dabei grundsätzlich auf dem Prinzip der sogenannten „Break-Even-Regel“. Dies bedeutet vereinfacht gesagt, dass die Vereine im Durchrechnungszeitraum von drei Spielzeiten nicht mehr ausgeben dürfen, als sie einnehmen. Nun könnte man natürlich argumentieren, dass diese Break-Even-Regel, auch wenn sie in ihrer konkreten Ausgestaltung nicht der oben genannten Definition einer Gehaltsobergrenze entspricht, faktisch wie eine solche wirken könnte. Zweifelsohne werden dadurch auch ausufernde Spielergehälter gewissermaßen beschränkt. Die Zielsetzung der UEFA in ihrem Katalog in Art. 2 der FFP-Objectives lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass dadurch die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Vereine und eine sportliche Ausgeglichenheit im Wettkampf bewirkt werden soll. Ein Ziel, das Gehaltsobergrenzen doch gerade verfolgen sollten.

Unionsrechtliche Beurteilung:

Eine Gehaltsobergrenze im europäischen Profifußball wäre insbesondere am Maßstab des Unionsrechts zu messen. Dabei ist vor allem das europäische Wettbewerbsverbot zu berücksichtigen. Selbiges fußt auf dem Grundprinzip des Leistungswettbewerbs: Innerhalb des Binnenmarktes der EU sollten Unternehmen lediglich auf Basis der Qualität ihrer Leistungen, nicht aufgrund von leistungsfremden und externen Faktoren, in Konkurrenz treten.

Jeder leistungsfremde Eingriff ist nur dann zulässig, wenn er gerechtfertigt werden kann. Zu erwähnen ist hier insbesondere das Kartellverbot in Art. 101 AEUV. Der Absatz 2 dieser Regelung statuiert nämlich, dass jeder Rechtsakt, der dem Kartellverbot entgegensteht, grundsätzlich nichtig und somit nicht anwendbar ist.

Erfasst vom kartellrechtlichen Tatbestand sind alle Formen der Koordinierung eines Marktverhaltens von Unternehmen, die einen Zwischenstaatsbezug aufweisen und zu einer Wettbewerbsbeschränkung führen oder führen könnten.

Verhaltenskoordinationen im Sinne des Kartellrechts manifestieren sich wohl entweder in Form einer konkreten Vereinbarung oder einer sonstigen faktischen Verhaltensabstimmung auf dem Markt. Eine Regel, mit der von Verbandsebene aus nach dem Top-Down Prinzip eine Gehaltsobergrenze für die Mitgliedsvereine oder –verbände der UEFA erlassen würde, würde wohl die Form einer konkreten Vereinbarung in Form eines Beschlusses oder eines Vertrages annehmen.

Eine Salary Cap Regelung würde in der Praxis wohl am ehesten von der UEFA als kontinentaleuropäischem Fußballverband erlassen werden. Schlussfolgernd müsste die UEFA also ein Unternehmen im Sinne des Unionsrechts sein. Das Unionsrecht erfasst als Unternehmen grundsätzlich jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform. Geht man von der regen wirtschaftlichen Tätigkeit der UEFA bezüglich des Sponsorings ihrer Wettbewerbe (Champions- und Europa League) aus, nur um ein Beispiel zu nennen, ist die UEFA also zweifelsohne ein Unternehmen im Sinne des Unionsrechts – weitere wirtschaftliche Tätigkeiten des Verbandes mit eingeschlossen.

Auch ist es auf diese Bewerbe zurückzuführen, dass hier spürbar eine Zwischenstaatlichkeitsschwelle überschritten werden könnte. Die bestplatzierten zwei bis sieben Vereine jeder nationalen Meisterschaft treten jährlich in einem von der UEFA organisierten und europaweit ausgetragenen Kräftemessen in Champions- und Europa League an.

Eine Wettbewerbsbeschränkung könnte nun als Beschränkung der individuellen wirtschaftlichen Handlungsfreiheit eines Unternehmens am Markt definiert werden. Gerade eine Gehaltsobergrenze (in ihrer oben genannten Definition) würde dabei die wirtschaftliche Autonomie der Vereine im europäischen Profifußball faktisch bewirken.

Rechtfertigung:

Auch wenn Gehaltsobergrenzen nun theoretisch vom Kartellverbot des Unionsrechts erfasst sein könnten, könnten sie dennoch zulässig sein. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinem Urteil Meca-Medina aus 2006 klargestellt, dass ein solcher „Verstoß“ gegen den Art. 101 AEUV gerechtfertigt werden kann, wenn er 1) ein legitimes Ziel verfolgt, er dabei 2) erforderlich und 3) auch verhältnismäßig ist. Darüber hinaus hat er in derselben Rechtssache entschieden, die Wettbewerbsregeln der Union grundsätzlich auch auf die Beschlüsse und Satzungen von Sportverbänden anzuwenden.

Ein legitimes Ziel ließe sich hier unproblematisch bejahen. Gehaltsobergrenzen möchten gerade wirtschaftliche Ungleichheiten beseitigen, dabei die finanzielle Schere zwischen den europäischen Klubs und Ligen etwas verkürzen und im Ergebnis zu einem ausgeglicheneren Wettbewerb im Profifußball führen.

In puncto Erforderlichkeit ist wohl unbestritten, dass ein Missstand im „Wirtschaftssystem-Profifußball“ vorliegt. Vereine abseits der Ölmilliarden und der Fernsehgelder in utopischen Höhen sind am heutigen Transfermarkt kaum noch wettbewerbsfähig. Die Brisanz dieser Thematik hat die UEFA bereits mit der Einführung des Financial Fair Play aufgegriffen und bestätigt.

Auf der Stufe der Verhältnismäßigkeit wäre nun noch zu prüfen, ob die von einer Gehaltsobergrenze angestrebten Ziele auch mit milderen und für die einzelnen Clubs weniger intensiven Beschränkungen ebenso effektiv erreicht werden könnten. Hier würden sich durchaus einige Alternativen bieten.

Für das oben genannte Ziel ist das Financial Fair Play in seiner jetzigen Ausgestaltung wohl nicht effektiv genug. Auch von einer anderen und faireren Einnahmenverteilung aus den europäischen Clubbewerben ist die Rede. Eine Umverteilung könnte jedoch nicht gleich effektiv sein wie eine Gehaltsobergrenze. Würden Prämien und Gelder aus Champions- und Europa League anders verteilt, könnten mächtigere und presigeträchtigere Vereine noch immer auf anderweitige Einnahmen zurückgreifen. Fernsehgelder aus den nationalen Ligen, Ticketeinnahmen oder Finanzspritzen eines Investors blieben von einer Umverteilung der Prämien im Internationalen Bewerb unberührt.

In zahlreichen Publikationen zu diesem Thema werden noch weitere Ansätze genannt. Von Luxussteuern ist da die Rede, oder vom Verbot von entgeltlichen Spielertransfers. Im Ergebnis könnte man eine Gehaltsobergrenze im europäischen Profifußball jedoch durchaus rechtfertigen. Dies käme ganz auf die konkrete Gestaltung eines solchen Salary Caps an.

Die möglichen Regelungsebenen:

Ein Salary Cap, sofern er denn gerechtfertigt ist, könnte nun auf verschiedensten Ebenen eingeführt werden.

Eine gesetzliche Regelung auf nationaler Ebene würde jedoch keinesfalls dem Kartellverbot standhalten. Würde theoretisch nur in der deutschen Bundesliga eine Gehaltsobergrenze eingeführt, so würden eben die deutschen Vereine in den Internationalen Bewerben benachteiligt werden. Gleiches gilt für die Konkurrenzfähigkeit dieser Vereine am Transfermarkt. Ein solches Vorgehen wäre also zweifelsohne wettbewerbswidrig.

Auf Unionsebene könnte durchaus ein Rechtsakt erlassen werden. Gemäß Art. 6 lit. e. AEUV und Art. 165 AEUV besäße die EU die Kompetenz, Themen des Sports durch Richtlinien oder Verordnungen zu regeln. Problematisch wäre hierbei jedoch gerade der Umstand, dass die Vereine der englischen Premier League nicht von einem solchen Rechtsakt erfasst wären. Gerade die Clubs auf der Insel tragen und haben seit jeher zum Problem des ungesunden Wirtschaftens im Profifußball beigetragen.

Somit käme als sinnvollste Lösung eine Regelung auf Verbandsebene durch die UEFA selbst in Betracht. Hierbei ist jedoch auf das Problem der Rechtsdurchsetzung hinzuweisen, das sich bereits im Verfahren gegen Manchester City vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS) in Lausanne gezeigt hatte. Der Krösus aus dem Industriegürtel im Nordosten Englands war dabei wegen Verstößen gegen die Break-Even-Regel des Financial Fair Play belangt worden – eine Sanktion scheiterte jedoch. Zwei von drei Schiedsrichtern vor dem CAS wurden von City selbst ausgewählt, wobei auch von einer Befangenheit die Rede hätte sein können.

Fazit:

Im Ergebnis wäre eine Einführung von Gehaltsobergrenzen im europäischen Profifußball nach diesem Gedankenspiel unionsrechtlich also durchaus möglich. Problematisch erscheint jedoch, dass eine Regelung auf Verbandsebene von den Vereinen durch gewiefte rechtliche Schlupflöcher und anderweitige (Bonus-)Vereinbarungen umgangen werden könnte oder es schlichtweg an einer effektiven Sanktionsmöglichkeit gegen den jeweiligen Club scheitern könnte. Außerdem sei natürlich auch darauf hinzuweisen, dass das Fußball-Ligensystem in Europa fast ausschließlich ein offenes mit Auf- und Abstiegen ist. Diese Grundstruktur (als Gegensatz zu den US-Profiligen), könnte ein Salary Cap System ebenso erschweren.

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Spielervermittlungsverträge: Exklusivitätsvereinbarungen

Vor kurzem beschäftigte sich das LG für Zivilrechtssachen Graz mit der Gültigkeit sog. Exklusivitätsklauseln in Spielervermittlungsverträgen. Der Beklagte, ein österreichischer Berufsfußballspieler, war zunächst beim SV Horn und in weiterer Folge beim FC Wacker Innsbruck tätig. Beide Transfers wickelte eine Spieleragentur ab, mit welcher der Spieler 2016 einen Vertrag abgeschlossen hatte. Der nachfolgende Transfer im Jänner 2019 zu Serienmeister FC Red Bull Salzburg sorgte für ein juristisches Nachspiel. Im Zuge dieses Transfers bediente sich der Spieler nämlich einer weiteren Agentur. Die langjährige Beraterfirma des Spielers klagte daraufhin sowohl den Spieler selbst, als auch die am Transfer beteiligte Spieleragentur und berief sich dabei auf die im Vermittlungsvertrag verankerte Exklusivitätsklausel.

Zurückweisung der Klage gegen den Spieler

Der in Österreich wettkampfmäßig betriebene Fußball spielt sich fast ausschließlich im Rahmen des vom Österreichischen Fußball-Bund (ÖFB) organsierten Ligabetriebs ab. Jeder teilnehmende Verein ist dabei Mitglied eines Landesverbands (bzw. Bundesliga), der wiederum dem ÖFB angehört. Mittelbar unterliegen daher alle Vereine und somit auch deren Spieler den im Rahmen der Satzungsautonomie erlassenen Bestimmungen des ÖFB. Der ÖFB als Dachverband ist Mitglied der FIFA und UEFA.

Bis 2014 sah das FIFA-Reglement für Spielervermittler verpflichtend einen Lizenzierungsvorgang durch den nationalen Verband (ÖFB) vor. Dafür war neben der Erfüllung weiterer Voraussetzungen auch die Absolvierung einer Prüfung notwendig. Das dafür vorgesehene Lizenzierungssystem regelte für Streitigkeiten aus Spielervermittlungsverträgen die Zuständigkeit der Schiedskammer des ÖFB bzw. ein bei der FIFA eingerichtetes Schiedsgericht. Aufgrund dieser im Reglement vorgesehenen Schiedsgerichtsvereinbarung ist es untersagt, Rechtsstreitigkeiten vor ordentlichen Gerichten anhängig zu machen.

Diese Lizenzierungsbestimmungen wurden jedoch mit 1. April 2015 abgeschafft, dennoch sieht das ordentliche Gericht weiterhin den ÖFB zuständig und hat die Klage daher zurückgewiesen. Aufgrund des im konkreten Fall nicht erhobenen Rechtsmittels, bleibt diese Rechtsfrage weiterhin offen und wird in Zukunft einer weiteren Abklärung erfahren müssen.

Die mögliche Nichtigkeit einer Exklusivitätsklausel

Mittlerweile sollten keine Zweifel mehr daran bestehen, dass ein Berufsfußballspieler als Dienstnehmer grundsätzlich den Normen der auf dem Gebiet des jeweiligen Nationalverbands geltenden Gesetze zu unterstellen ist. Ergo kommt es auch zur Anwendung der im Arbeitsmarktförderungsgesetz – kurz: AMFG – vorgesehenen Normen. Das Gesetz legt unter § 5 Abs. 4 fest:

Alleinvermittlungsaufträge sind nur zulässig, soweit eine sachliche Rechtfertigung hierfür besteht.“

§ 5 Abs. 4 Arbeitsmarktförderungsgesetz

Demnach besteht in Österreich sehr wohl die Möglichkeit der Vereinbarung einer Exklusivität, sofern tatsächlich eine sachliche Rechtfertigung besteht. Eine solche Rechtfertigung spiegelt sich in konkreten Pflichten des Spielervermittlers, welche im Spielervermittlungsvertrag explizit vereinbart werden müssen, und zwar als sog. Hauptleistungspflichten. Dabei wird eine schlichte Beratung in den allermeisten Fällen nicht ausreichend sein, um allein eine sachliche Rechtfertigung zu begründen. Mögliche Ansätze für eine sachliche Rechtfertigung sind nur schwer auszumachen.

Mögliche Rechtfertigungsgründe

Diese könnten neben Vertragsmanagementleistungen vor allem in der Übernahme von Integrationsaufgaben junger Spieler liegen. Dies insbesondere im Falle von ausländischen Talenten, die früh mit den enormen Schwierigkeiten eines Auslandstransfers konfrontiert sind. Dabei ist an die Kosten für Sprachkurse und die interkulturelle Eingliederung zu denken. Der Schwerpunkt für Vermittler sollte sich demnach auf die persönliche Entwicklung ihrer Klienten verlagern. Der Bedarf ist aufgrund der mittlerweile enormen Belastung eines jungen Profisportlers jedenfalls gegeben. Eine Beratung per se begründet jedenfalls noch keine sachliche Rechtfertigung, sondern ist vielmehr der Leistung eines Beraters geschuldet.

Ruft man sich die Definition eines Spielervermittlers in Erinnerung, fällt auf, dass der begriffsbestimmenden Tätigkeit des Aushandelns eines erstmaligen sowie des Neuverhandelns eines bereits bestehenden Arbeitsvertrags ein Beratungselement immanent ist. Es geht ganz offensichtlich nicht nur um eine reine Vermittlung, sondern zugleich auch um die beratende Unterstützung in einer konkreten Verhandlungs- und Entscheidungssituation. Darüber hinaus gehören zur Vermittlung auch alle Leistungen, die zu ihrer Vorbereitung und Durchführung erforderlich sind, insbesondere die Feststellung der Kenntnisse des Arbeitsuchenden.

Aus diesen Gründen müssen zusätzlich zu den umfangreichen Bemühungen zur Vermittlung von Spielern, weitere darüber hinausgehende Leistungen für den betroffenen Spieler erbracht werden. Diese sind auch bereits im Vertrag schriftlich als Hauptleistungspflichten festzuhalten.

Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Spieler aktuell arbeitslos oder nur „wechselwillig“ sei, da als arbeitssuchend auch solche Personen eingestuft werden, die bereits eine Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit ausüben, allerdings eine Beschäftigung als Arbeitnehmer suchen.

Folgen der Nichtigkeit

In der Konsequenz ist jedoch nicht der gesamte Vertrag unwirksam, sondern nur die Exklusivitätsklausel. Der schriftlich geschlossene Vermittlungsvertrag bleibt aufrecht, nur die Exklusivität fällt weg.

Im konkreten Fall besteht keine Schadenersatzverpflichtung des dritten Spielervermittlers, da das Vorliegen eines Alleinvermittlungsvertrags vom Gericht verneint wurde. Hinsichtlich des Fußballspielers, der sich einer anderen Beratungsfirma zuwendete, wurde die Klage ohnehin zurückgewiesen.

Exkurs: Höhe des Vermittlungsentgelts

Nach ​§ 5 Abs. 3 AMFG darf bei der Vermittlung von Künstlern und Sportlern ein Vermittlungsentgelt verlangt oder entgegengenommen werden, wenn der Arbeitsvertrag durch die Vermittlungstätigkeit zulässig zustande gekommen ist. Das bei der Vermittlung von Künstlern und Sportlern von den Arbeitnehmern zu leistende Vermittlungsentgelt muss in einem angemessenen Verhältnis zu den für diesen Arbeitnehmer getätigten Vermittlungsaufwendungen stehen und darf eine Obergrenze von 10 Prozent des gesamten Bruttoarbeitsentgelts nicht übersteigen. Übersteigt eine Vermittlungsvergütung diese Grenze, ist deren Vereinbarung unwirksam, soweit sie verlangt und entgegengenommen wird. Eine Rückforderung ist daher möglich.

Voraussetzung der zulässigen Vereinbarung einer Vergütung bei der Vermittlung von Künstlern und Sportlern ist nach ​§ 5 Abs 3 AMFG vor allem auch die aktive Vermittlungstätigkeit der Agentur. Kommt ein Arbeitsvertrag ohne aktive Mitwirkung der Agentur zustande, besteht auch kein Anspruch auf eine Vergütung.

Der Blick über die Grenzen

Auch in Deutschland wird der Standpunkt vertreten, dass Exklusivverträge mit Spielervermittlern einen Spieler daran hindern, sich eines zusätzlichen Vermittlers zu bedienen. Nach § 134 BGB, § 297 Nr. 4 SGB III sind Exklusivitätsvereinbarungen unwirksam. Laut dem OLG Hamm sei Zweck der Bestimmung zu verhindern, dass Vermittlerchancen ungenutzt bleiben. Die Bestimmung dient dem Schutz sowohl des Arbeitssuchenden als auch des Arbeitgebers. Beide sollen nicht an nur einen Vermittler gebunden werden können (OLG Hamm, Urteil v. 08.01.2010, Az. 12 U 124/09).

In der Schweiz sind Exklusivklauseln nach Art. 8 Abs. 2 lit. a AVG nichtig. Als mögliche Alternative wird angedacht, die Exklusivitätsabrede um ein jederzeitiges, frist- und vorbehaltloses Kündigungsrecht zu ergänzen. Damit soll der Vermittler vor einem parallelen Tätigwerden eines konkurrierenden Vermittlers geschützt werden.

Fazit

Auch wenn die Entscheidung auf den ersten Blick als rechtlich konsequent und richtig erscheinen mag, muss festgehalten werden, dass es sich lediglich um ein erstinstanzliches Urteil handelt. Vor allem die Versagung des ordentlichen Rechtswegs gegen den Spieler bedarf einer weiteren Abklärung.

Jedenfalls kann anhand dieser Entscheidung belegt werden, dass auch Berufsfußballer bei der Suche nach einem neuen Arbeitgeber oder dem Bestreben nach einer Vertragsverlängerung keinesfalls schutzlos gestellt sind. Den interessierten Beobachter des Profifußballs wird womöglich überraschen, dass das Verbot einer Exklusivitätsvereinbarung aus einem Sozialgesetz abgeleitet wird, das der „Arbeitsförderung“ dient. Stellt sich die Frage der Exklusivität für Berufsfußballer doch oftmals im Zuge eines finanziell lukrativen Wechsels und handelt es sich dabei nicht um einen klassischen Fall der Förderung von Arbeitschancen.

Ob das Sozialrecht der Arbeitsförderung uneingeschränkt auf alle Berufsgruppen gleichermaßen passt, bleibt strittig. Selbst bei den Berufssportlern müsste insoweit zwischen den verschiedenen Sportarten differenziert werden, zumal diese ganz unterschiedliche Verdienstmöglichkeiten eröffnen, die nicht zuletzt vom Medien- und Sponsoreninteresse, Fernsehgeldern und Einnahmen aus Merchandising abhängen.

Doch auch den Vereinen kann ein gewisses Interesse an Exklusivitätsvereinbarungen zugesprochen werden. Für diese gehört es zum Tagesgeschäft, statt direkt mit den Spielern mittelbar über deren Berater zu verhandeln. Auch die Vereine brauchen ein Mindestmaß an Planungssicherheit, wenn Zeit und Geld in die Anbahnung eines Vertragsverhältnisses mit einem neuen Spieler investiert werden. Gerade weil sich die Verhandlungen über mehrere Wochen oder gar Monate hinziehen können, müssen die Vereine stets befürchten, dass noch andere Berater des begehrten Spielers parallel mit anderen Vereinen verhandeln und sämtliche Bemühungen zunichte machen können, wenn sich der Spieler am Ende für ein anderes Angebot entscheidet. Zudem darf im Profifußball grundsätzlich nur innerhalb bestimmter Transferfenster gewechselt werden, sodass zu der beschriebenen Unsicherheit auch noch ein nicht zu unterschätzender Zeitdruck hinzukommt.

Jedenfalls werden Spielervermittler die Entscheidung nicht nur mit Respekt, sondern auch mit der gebotenen Zurückhaltung hinsichtlich größerer Investitionen quittieren. Im Sinne der Privatautonomie könnten es die Parteien unter sich ausmachen, ob ein Exklusivitätsverhältnis gewollt ist und ihren beiderseitigen Interessen entspricht. Dies würde auch dem Spieler neue Möglichkeiten eröffnen. Bei entsprechender Vereinbarung könnte der Spieler stärker auf Aktivitäten und Leistungen des Vermittlers oder Beraters pochen, was wiederum dem Umfang und der Qualität von deren Dienstleistungen auf Dauer sehr zuträglich sein würde.

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Die Krux mit der Ausstiegsklausel

Ausstiegsklauseln sind in aller Munde. So wechselte zuletzt Takumi Minamino für kolportierte 8,5 Mio. EUR von RB Salzburg zum amtierenden Champions League Sieger FC Liverpool. Ein Schnäppchen, ermöglicht durch eine vertraglich verankerte Ausstiegsklausel? 

Apropos RB Salzburg, neben Minamino soll auch das Arbeitspapier des zukünftigen Superstars Erling Haaland eine solche Klausel enthalten. Tagtäglich wird über die Höhe der zum Ausstieg berechtigenden Ersatzzahlung gerätselt. Im Gegenzug erlebt die Fußballwelt immer wieder Fälle von Spielern, die einen Transfer gegen den Willen ihres bisherigen Klubs durchsetzen wollen. Können im Vertrag vereinbarte Ausstiegsklauseln dies verhindern? Erleben wir bald Ausstiegsklauseln in Milliardenhöhe? In Spanien sind Ausstiegsklauseln in Spielerverträgen jedenfalls bereits Pflicht. Der folgende Beitrag beleuchtet die Voraussetzungen und Rechtsfolgen des Schadenersatzes bei einseitigem Vertragsbruch im Profifußball unter Berücksichtigung von Ausstiegsklauseln. Nach einer kurzen Darlegung der Voraussetzungen zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses – unter Beachtung der Spezialität von Berufsspielern – wird auf die gesetzlichen Möglichkeiten der Beendigung eines Spielervertrages eingegangen. 

Entstehung des Spielervertrages

Ein jedes Arbeitsverhältnis – und somit auch ein Spielervertrag – unterliegt den Schranken des österreichischen Arbeitsrechts. In diesem Zusammenhang ist auf den für Fußballspieler/innen der Österreichischen Fußball-Bundesliga abgeschlossenen Kollektivvertrag zu verweisen, der auch hinsichtlich der Beendigung von Spielerverträgen unter § 7 Regelungen vorsieht. Darüber hinaus sind auch die von der FIFA im Reglement bezüglich Status und Transfer von Spielern – kurz FIFA-RSTS vorgesehenen Regelungen zur Vertragsstabilität (Artikel 13 ff) zu beachten.

Ein – im Fußballsport verpflichtend vorgesehenes – befristetes Arbeitsverhältnis kann grundsätzlich auf vier Arten enden:

  • Fristablauf
  • Einvernehmliche Auflösung
  • Kündigung
  • Einseitige Auflösung

Endet ein Vertrag mit Fristablauf und somit nach Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer, bedarf es keiner besonderen Auflösungserklärung. Eine einvernehmliche Auflösung ist natürlich jederzeit möglich. Die Befristung eines Arbeitsverhältnisses schließt eine Kündigungsmöglichkeit grundsätzlich aus. Eine Kündigung ist nur dann möglich, wenn eine Kündigungsmöglichkeit ausdrücklich vereinbart wurde und die Kündigungsmöglichkeit zur Dauer der Befristung und der Länge der Kündigungsfrist in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen.

Der (un-)berechtigte vorzeitige Austritt durch Spieler oder Verein

Zunächst gilt es festzuhalten, dass ein vorzeitiger Austritt egal, ob er berechtigt oder unberechtigt ist das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung beendet. Kommt es jedoch zu einem unberechtigten Austritt drohen gravierende negative Konsequenzen, die auch Schadenersatzforderungen beinhalten können.

Wurde nichts anderes vereinbart, kann ein Spielervertrag dann einseitig gelöst werden, wenn Entlassungsgründe beziehungsweise Gründe für einen vorzeitigen Austritt vorliegen. Ein Spieler ist insbesondere dann zum vorzeitigen Austritt berechtigt, wenn der Klub trotz Mahnung und Nachfristsetzung mit der Bezahlung der geschuldeten Bezüge im Rückstand bleibt. Der Klub wiederum ist zur Entlassung berechtigt, wenn der Spieler trotz vorangegangener Ermahnung seine im Kollektivvertrag normierten Dienstpflichten beharrlich verletzt und daher die Fortsetzung des Dienstverhältnisses dem Dienstgeber nicht zumutbar ist.

Die Regeln der FIFA zur Vertragsstabilität

Kündigt ein Spieler seinen Arbeitsvertrag ohne das Vorliegen eines hierzu berechtigten Grundes, um zu einem anderen Klub zu wechseln, stellt dies einen Bruch des Arbeitsvertrags dar. Gehört der aufnehmende Klub einem anderen Verband an als der geschädigte Klub, liegt ein internationaler Sachverhalt vor, sodass das FIFA-Reglement bezüglich Status und Transfer von Spielern Anwendung findet. Zentrale Vorschrift ist hierbei Art. 17 FIFA-RSTS: Sie setzt voraus, dass ein Berufsspieler seinen Arbeitsvertrag einseitig und ohne das Vorliegen eines Grundes brechen kann. Bricht der Spieler den Arbeitsvertrag, führt dies dazu, dass der Vertrag aus verbandsrechtlicher Sicht als beendet gilt, der Spieler jedoch zum Schadenersatz verpflichtet ist. Daher nennt Art. 17 FIFA-RSTS objektive Kriterien, anhand derer die finanzielle Entschädigung zu bestimmen ist, und räumt der FIFA die Befugnis ein, sportliche Sanktionen zu verhängen, wenn der Vertragsbruch während der Schutzzeit erfolgte. Die Schutzzeit beträgt im Falle eines Vertragsschlusses vor dem 28. Geburtstag einen Zeitraum von drei Spielzeiten bzw. drei Jahren. Wurde der Vertrag erst nach dem 28. Geburtstag eines Spielers geschlossen, so verkürzt sich die Schutzzeit auf zwei Jahre.

Wird in diesem gesondert geschützten Zeitraum ein Vertrag durch einen Spieler gebrochen, so hat dies für diesen in erster Linie sportliche Folgen. Er muss mit einer Beschränkung seiner Spielberechtigung für die nächste Saison im neuen Klub rechnen. Auch den neuen Verein des vertragsbrüchigen Spielers können aufgrund der Vermutung der Anstiftung zum Vertragsbruch sportliche Folgen treffen, da die FIFA gem. Art. 17 Abs 4. RSTS ermächtigt ist, dem Verein die Verpflichtung neuer Spieler für bis zu zwölf Monate zu untersagen. Der SKN St. Pölten lässt grüßen.

Ausstiegsklauseln als pauschalierter Schadenersatz

Ein Vertragsbruch, unabhängig davon, ob inner- oder außerhalb der sogenannten Schutzzeit führt folglich stets zu einem Anspruch auf Schadenersatz. Durch die Vereinbarung einer Ausstiegsklausel kann die Anspruchshöhe parteiautonom festgelegt werden. Demzufolge tritt anstelle eines Schadenersatzanspruches des Klubs eine Vertragsstrafe des Spielers.

Die vertraglich festgelegte Ausstiegsklausel bezeichnet und regelt den Fall, dass ein Spieler die Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten verweigert sowie einseitig und ohne das Vorliegen eines Grundes das Arbeitsverhältnis kündigt und für dieses Verhalten eine vereinbarte Entschädigung zahlen muss.

Der Vorteil dieser Klausel liegt darin, dass sich die Parteien bereits zu Beginn auf einen Betrag einigen und diesen vertraglich festlegen. Durch Hinterlegung dieses Betrags zugunsten des Klubs kann der Spieler den Arbeitsvertrag einseitig auflösen. Da die Parteien mit der Ausstiegsklausel dem Spieler die Möglichkeit geben, jederzeit ohne stichhaltigen Grund, d. h. auch während der Schutzzeit, aus dem Vertrag auszusteigen, können gegen den Spieler wegen vorzeitiger Vertragsauflösung keine sportlichen Sanktionen verhängt werden.

Eine Ausstiegsklausel gibt einem Spieler die Möglichkeit, vor dem Ende seiner vorgesehenen Vertragslaufzeit zu festgelegten Konditionen seinen Verein zu verlassen, ohne dass sich diesem eine rechtliche Möglichkeit bietet, einzuschreiten. Zwar einigen sich die Klubs regelmäßig auf die Wechselmodalitäten eines Spielers, dennoch kommt es während einer Transferperiode zu Vertragsbrüchen. Deswegen versuchen Klubs sich vor Vertragsbrüchen zu schützen, indem sie Ausstiegsklauseln mit den Spielern vereinbaren. Die Höhe einer Ausstiegsklausel soll den Spieler vor einem Vertragsbruch und interessierte Klubs vor der Anstiftung zum Vertragsbruch abschrecken. In der Literatur gilt die Höhe einer Ausstiegsklausel solange als angemessen, solange sie den tatsächlich eingetretenen Schaden nicht um mehr als das Doppelte überschreitet. Der CAS musste bisher noch nicht über die Angemessenheit einer Ausstiegsklausel entscheiden.

Exkurs: Anreiz zum Vertragsbruch durch Artikel 17 FIFA-RSTS

Bei genauerer Betrachtung der unter Artikel 17 FIFA-RSTS geregelten Möglichkeit der einseitigen Auflösung des Vertrags stellt sich – auch unter Heranziehung des Fall Andrew Webster – die Frage ob es überhaupt einer Ausstiegsklausel bedarf.

Nicht zuletzt versuchte Neymar mithilfe der Vorschriften der FIFA einen Weg zu finden, seinen Vertrag bei PSG aufzulösen. Artikel 17 im FIFA-Reglement erlaubt es Spielern seit 2001, ihren Vertrag mit einem Verein einseitig aufzukündigen. In einem solchen Fall legt die FIFA die Summe der zu zahlenden Entschädigung für die Kündigung fest. Die Neymar-Anwälte schätzten diese angeblich auf 170 Mio. Euro. Ab 2020 erfüllt Neymar demnach die rechtlichen Voraussetzungen für ebenjenen Ausweg, ohne Sanktionen befürchten zu müssen. Dann hätte der Angreifer die erforderlichen drei Spielzeiten (Ablauf der Schutzfrist) bei PSG verbracht.

Sollte es tatsächlich soweit kommen würde die Streitkammer der FIFA den Betrag festlegen, den Neymar für die Vertragsauflösung an PSG zu entrichten hätte. Die übrige Vertragsdauer, die Höhe der 2017 an den FC Barcelona gezahlten Ablöse (222 Mio. EUR) und weitere Variablen wären bei der Fixierung dieser Summe relevant. Danach müsste die FIFA den Fall an den Internationalen Sportgerichtshof CAS zur finalen Klärung weiterleiten.

Fazit

Das Modell Ausstiegsklausel kann Klubs zwar viel Geld bringen, ihnen aber auch Planungssicherheit nehmen. Auf rechtlicher Ebene sind Ausstiegsklauseln als pauschalierter Schadenersatz zu werten, der bei Vertragsbruch ohnehin zu entrichten wäre. Die auf internationaler Ebene drohenden sportlichen Sanktionen – bei einem Vertragsbruch innerhalb der Schutzzeit von zwei bzw. drei Jahren – können dadurch jedoch vermieden werden.

Finanzstärkere Vereine mit sportlich aussichtsreicher Perspektive verzichten großteils auf Ausstiegsklauseln. Für kleinere Vereine wiederum, ist es oft die einzige Möglichkeit hochtalentierte Spieler zu verpflichten. Es stärkt jedenfalls die ohnehin – seit dem Bosman-Urteil – bereits bestehende Machtposition der Berufsspieler gegenüber dem einzelnen Klub. 

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Spielervermittler im Fokus

Anfang Dezember ging eine Meldung über Spielervermittler (Spielerberater) im Fußballgeschäft viral, welche den ein oder anderen Fußballfan erheblich staunen ließ. Demnach sollen Spielervermittler im Jahr 2019 rund 600 Millionen Euro an Provisionen kassiert haben. Damit haben sich die Einnahmen im Vergleich zum Jahr 2018 um rund 19,3% erhöht. Neben Vereinen und Spielern profitieren somit auch immer mehr Spielervermittler vom Milliardengeschäft Fußball. Im laufenden Jahr wurden dem jüngsten Bericht des Transfer Matching Systems (TMS) des Weltverbands zufolge 17.896 Spielertransfers vollzogen so viele wie noch nie! Dabei sollen an fast einem Fünftel (3558 Transfers) Spielervermittler beteiligt gewesen sein. Aufgrund der Aktualität sollen Spielervermittler nun unter die rechtswissenschaftliche Lupe genommen werden. Der folgende Beitrag soll die Thematik anhand des „ÖFB-Reglement zur Arbeit mit Spielervermittler“ kurz und prägnant beleuchten.

Spielervermittler: Fluch oder Segen?

Zu den wohl bekanntesten Spielervermittlern gehören Mino Raiola (ua Paul Pogba), Jorge Mendes (ua Cristiano Ronaldo) oder auch Jonathan Barnett (ua Gareth Bale). Neben diesen prominenten Namen waren aber allein in Österreich im Zeitraum vom 15. 3. 2018 – 15. 3. 2019 71 Spielervermittler registriert. In Deutschland gibt es für die Spielzeit 2019/20 sogar 310 vorregistrierte Spielervermittler. Die Anzahl der Vermittler hängt auch mit den vergleichsweise niederschwelligen Zugangserfordernissen (siehe dazu gleich) zusammen. In der Öffentlichkeit gerät die Branche oftmals in die Kritik; dabei wird den einzelnen Akteuren oftmals vorgehalten, lediglich „schnelles und gutes Geld“ verdienen zu wollen. Zudem würden sie immer jüngere Spieler jagen und damit oftmals auch einen negativen Einfluss auf die Laufbahn eines jungen Spielers nehmen. Auch fehlendes rechtliches Fachwissen im Rahmen der Abwicklung eines Transfers samt der umfassenden rechtlichen Prüfung des Arbeitsvertrages wird teilweise bemängelt. Dadurch hat die Branche in der Öffentlichkeit mitunter einen schlechten Ruf. Neben diesen „Auswüchsen der Branche“ hat die Einbeziehung eines Spielervermittlers natürlich auch zahlreiche Vorteile für die Beteiligten. So haben Spielervermittler oftmals Kontakte zu zahlreichen Vereine (die der Spieler selbst nur sehr schwer herstellen könnte), kennen die Gehaltsschemen und typische Klauseln in Verträgen, woraus eine qualitativ hochwertige Beratung resultieren kann. Die eingangs gestellte Frage wird daher für den jeweiligen Einzelfall (unterschiedlich) zu beantworten sein.

Das Spielervermittler-Reglement des ÖFB

Im ÖFB-Reglement zur Arbeit mit Spielervermittlern (im Folgenden: Spielervermittler-Reglement – damit wurden die Vorgaben der FIFA umgesetzt) wird der Spielervermittler als eine natürliche oder juristische Person definiert, die gegen Entgelt oder auch kostenlos Spieler und/oder Vereine bei Verhandlungen im Hinblick auf den Abschluss einer Transfervereinbarung tätig wird. Dabei wird der Spielervermittler insbesondere beim Abschluss eines Arbeitsvertrages zwischen einem Spieler und einem Verein oder beim Abschluss einer Transfervereinbarung zwischen zwei Vereinen tätig. Um als Spielervermittler an einer Transaktion beteiligt sein zu können, bedarf es einer Registrierung. Die Registrierungsvoraussetzungen sind in § 4 Spielervermittler-Reglement genannt. Dazu zählen insbesondere ein tadelloser Leumund sowie das Nichtvorliegen eines Vertragsverhältnisses zu Ligen, Verbänden, Konföderationen oder der FIFA, welches zu einem möglichen Interessenskonflikt führen könnte. Nach Abschluss einer Transaktion müssen die Vermittlererklärung und allfällige weitere verlangten Unterlagen beim für die Registrierung zuständigen Verband eingereicht werden.

Außerdem ist auch der Vermittlungsvertrag, den der Spielervermittler mit einem Spieler und/oder Verein abschließt, bei der Registrierung zu hinterlegen. Wozu dient der Vermittlungsvertrag? In diesem müssen Vereine und Spieler gemäß § 5 Spielervermittler-Reglement angeben, in welchem Rechtsverhältnis sie zu ihrem Spielervermittler stehen, zB, ob die Tätigkeit einen Auftrag, eine Beratung, eine Arbeitsvermittlung oder ein anderes Rechtsverhältnis darstellt. Dabei müssen die Hauptpunkte des Rechtsverhältnisses schriftlich festgehalten werden, bevor der Spielervermittler seine Tätigkeit aufnimmt. Mindestanforderungen sind insbesondere die Namen der Parteien, das Geburtsdatum des Spielers, der Umfang der Dienste, die Dauer des Rechtsverhältnisses, die dem Spielervermittler geschuldete Vergütung, die allgemeinen Zahlungsbedingungen, das Datum des Vertragsabschlusses, die Bestimmungen zur Vertragsbeendigung sowie die Unterschrift der Parteien. Im Falle eines minderjährigen Spielers gelten darüber hinaus noch zusätzliche Voraussetzungen (zB die Unterschrift des gesetzlichen Vertreters).

Spieler und/oder Vereine sind dabei zur Offenlegung verpflichtet. So müssen sie dem für die Registrierung zuständigen Verband die vollständigen Einzelheiten aller vereinbarten Vergütungen oder Zahlungen offenlegen, die in jeglicher Form an den Spielervermittler geleistet wurden oder noch zu leisten sind. Demgegenüber trifft auch den ÖFB eine Pflicht zur Veröffentlichung der Namen aller registrierten Spielervermittler sowie der einzelnen Transaktionen (hier die aktuelle Liste).

Zahlungen an Spielervermittler

In § 7 Spielervermittler-Reglement sind die Zahlungen (auch „Provisionen“ genannt) an den Spielervermittler geregelt. Die Provision, die einem mit der Vertretung eines Spielers beauftragten Spielervermittler geschuldet wird, berechnet sich auf der Grundlage des Bruttogrundgehalts des Spielers für die gesamte Vertragsdauer. Demgegenüber haben Vereine, welche die Dienste eines Spielervermittlers in Anspruch nehmen, einen Pauschalbetrag zu leisten. Dieser ist vor Abschluss der Transaktion zu vereinbaren. Dabei bestehen unter Einhaltung der maßgebenden nationalen Bestimmungen und zwingenden nationalen und internationalen Gesetzesvorschriften auch gewisse Grenzwerte als Empfehlung (3% des Bruttogehalts oder der Transferentschädigung). Andere Zahlungen, wie zB Transfer- und Ausbildungsentschädigungen, dürfen nicht an einen Spielervermittler geleistet werden. Außerdem dürfen keine Provisionen bei Aushandlung eines Arbeitsvertrages und/oder einer Transfervereinbarung fließen, wenn der betreffende Spieler nach dem FIFA-Transferreglement als minderjährig gilt.

Der Beitrag beleuchtet Spielervermittler aus Sicht des Spielervermittler-Reglements des ÖFB in Grundzügen. Zur juristischen Vertiefung der Thematik siehe in der österreichischen Literatur insbesondere die Beiträge von Johannes Reisinger „Rechtsgrundlagen der Spielervermittlung im österreichischen Recht“ und „Der Rechtsanwalt als qualifizierter Spielervermittler“. Darin überprüfte er insbesondere die Anwendbarkeit des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, Maklergesetzes und der Gewerbeordnung sowie daraus resultierende Verpflichtungen für die Branche der Spielervermittler.

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Arbeitsunfall oder Freizeitunfall – Der Ruf nach Rechtssicherheit

Im Fall der damaligen Synchronschwimmerin Vanessa Sahinovic beurteilte das Bundesverwaltungsgericht den schrecklichen Verkehrsunfall als Arbeitsunfall. Dies ließ weitreichende Folgen vor allem im Bereich des Arbeitnehmerschutzes befürchten. Der „Fall Lukas Müller“ zeigt, dass es nicht so ist. Der gesamte Sport ist gefordert, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu klären.

Tragischer Unfall bei den Europaspielen in Baku

In einer 2017 ergangenen Entscheidung befasste sich das Bundesverwaltungsgericht mit einer jungen Schwimmerin, die bei den Europaspielen 2015 in Baku bei einem verheerenden Unfall verletzt wurde und seitdem querschnittsgelähmt ist. Bei aller Tragik des Ereignisses, stellte sich neben der persönlichen Tragödie auch die finanzielle Frage. Vor allem ob es sich dabei um einen Arbeitsunfall handelte, der die Anwendung der gesetzlichen Sozialversicherung auslöst.

Dabei galt es zu klären, ob einerseits ein entgeltliches – die Sozialversicherungspflicht auslösendes – Arbeitsverhältnis vorlag und andererseits ob das Österreichische Olympische Comité als entsendender Verband als Arbeitgeber zu qualifizieren ist.

Wann kommt es zur (Voll-) Anwendung der gesetzlichen Sozialversicherung

Einer Vollversicherung gemäß § 4 Abs 1 ASVG unterliegen Dienstnehmer, die in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt werden. Dabei genügt es, wenn die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen einer selbständigen Ausübung einer Erwerbstätigkeit überwiegen. Unter Entgelt sind alle Geld- und Sachbezüge zu verstehen, die aufgrund des Dienstverhältnisses geschuldet sind oder darüber hinaus vom Dienstgeber oder auch einem Dritten tatsächlich gewährt werden. Dabei wird unter wirtschaftlicher Betrachtung nicht auf die äußere Erscheinungsform abgestellt (zB Werkvertrag, Dienstvertrag), sondern der wahre wirtschaftliche Gehalt herangezogen.

Das Gericht bejaht den Arbeitnehmerbegriff

Das Bundesverwaltungsgericht hat im „Fall Sahinovic“ festgehalten, dass es bei der Prüfung der persönlichen Abhängigkeit auf eine Gesamtbetrachtung der konkret zu beurteilenden Beschäftigung ankomme. Dabei muss es im Gegensatz zu einem Werkvertrag oder freien Dienstvertrag zu einer weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung kommen. Im Einklang mit dem arbeitsvertraglichen Arbeitnehmerbegriff kommt es durch die Bindung an die vom Arbeitgeber vorgegeben Ordnungsvorschriften über die Arbeitszeit, den Arbeitsort, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die darauf abgestellten Weisungs- und Kontrollbefugnisse zur weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit.

Überdies kann trotz bewusstem Verzicht einer Geldlohnvereinbarung eine Entgeltvereinbarung in Form eines Sachbezuges vorliegen. Es handelt sich dabei um bargeldlose Zuwendungen, die durch den Dienstgeber oder durch Dritte erbracht werden und dadurch auch die betriebsbezogenen Interessen des Dienstgebers fördern. Dabei wird auf den Parteiwillen abgestellt. Wird die vom Dienstnehmer erbrachte Leistung als Gegenwert für die bargeldlose Zuwendung gesehen, liegt ein Sachbezug vor. Diese muss auch geeignet und dazu bestimmt sein, die erbrachte Arbeitsleistung abzugelten. Es kommt somit zu einer Abwägung der wechselseitigen Interessen, wobei auch der Wert der Leistung eine Rolle spielen kann. Je höher der Wert der Zuwendung, desto eher kann von der Entgeltlichkeit des Vertragsverhältnisses ausgegangen werden.

Folglich sollte schon eine geringe Sachleistung reichen, die im Rahmen von Athletenvereinbarungen und Nominierungsverträgen zwischen dem Sportler und dem nominierenden Sportverband gewährt wird, um ein Dienstverhältnis zu begründen, das folglich zu Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung berechtigt.

Was bedeutet die Entscheidung für die Zukunft?

Bislang wurden Athleten bei unstrittigen Arbeitsunfällen, vor allem im Bereich des alpinen und nordischen Skisports, als Selbstständige qualifiziert, die den Arbeitnehmerbegriff nicht erfüllen. Durfte man davon ausgehen, dass durch die Entscheidung im „Fall Sahinovic“ diese Einschätzung nicht mehr aufrecht zu erhalten sein wird, zeigt der aktuelle „Fall Lukas Müller„, dass in diesem Bereich noch vieles ungeklärt scheint. Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs sollte hier für Klarheit sorgen.

Auf jeden Fall lässt sich anhand der schrecklichen Einzel-Schicksalen festhalten, dass es bei der Ausgestaltung der vertraglichen Beziehungen zwischen Athleten und Verbänden in vielen Fällen zu einer keinesfalls wünschenswerten Rechtsunsicherheit kommt. Wird die Arbeitnehmereigenschaft bei Berufsfußballern der österreichischen Bundesliga, durch die Verdienste der zuständigen Spieler-Gewerkschaft, mittlerweile als selbstverständlich erachtet, befinden sich Einzelsportler nach wie vor in einem rechtlichen Graubereich.

In diesem Zusammenhang ist auf die Überlegungen der Schaffung eines eigenen Berufssportgesetzes hinzuweisen. Darin werden unter Rücksichtnahme der Besonderheiten des Sports optimale arbeitsrechtliche, sozialrechtliche, steuerrechtliche sowie haftungs- und vereinsrechtliche Rahmenbedingungen gefordert. Bis zu dessen Umsetzung bleibt die Sehnsucht nach mehr Rechtssicherheit aufrecht.

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Einseitige Vertragsoptionen – ein Blick über die Grenzen

Der Fall „Mijatovic“ in Deutschland. Der ehemalige Fürther Abwehrspieler wollte sich 2007 aus seinem Vertrag bei der SpVgg Greuther Fürth herausklagen, nun ist er Assistenztrainer der Kleeblätter.

DIE REGELUNG EINSEITIGER OPTIONEN IM LICHTE DES NEUEN KOLLEKTIVVERTRAGES FÜR FUSSBALLSPIELER/INNEN – TEIL 2/2 (Hier gehts zu Teil 1/2)

Durch die Globalisierung des Sports kommt es regelmäßig zu grenzüberschreitenden Sachverhalten und daraus resultierenden internationalen Rechtsfragen. Dies lässt einen Blick über die Grenzen als unumgänglich erscheinen. Vor allem Entscheidungen aus der „Sportrechts-Weltmacht Schweiz“ sowie der großen Sportnation Deutschland dienen als wichtige Anhaltspunkte im internationalen Sportrecht.

So war es auch das „Bosman-Urteil„, welches die Frage des Zeitpunktes des Vertragsendes und die Möglichkeit, den Vertrag durch vertragliche Option zu verlängern, in dem Mittelpunkt rücken ließ. Kann man einen auslaufenden Vertrag durch Ziehung einer Option verlängern, lässt sich dadurch doch noch eine Ablöse lukrieren. Salopp formuliert könnte man einseitige Optionen als Umgehung des „Bosman-Urteils“ sehen. Nicht selten wird von Vereinen die Option nur deswegen gezogen, um sich dadurch letztendlich eine Ablöse zu sichern.

Österreich als Vorreiter in Sachen Kollektivvertrag

Ein dem österreichischen Kollektivvertrag vergleichbares Instrument stellt der in Deutschland verwendete Tarifvertrag dar. Auch im Bereich des Fußballsports wird ein solcher vehement gefordert. Die Spielergewerkschaft „Vereinigung der Vertragsfußballer (VDV)“ agiert zwar als kollektive Stimme der Berufsfußballer in Deutschland und wird auch vom „Deutschen Fußball Bund (DFB)“ sowie der „Deutschen Fußball Liga (DFL)“ als Interessensvertreter der Fußballprofis anerkannt, jedoch ist es bis dato noch zu keinem Tarifvertrag gekommen. Auch wenn die Spielervereinigung alle Anforderungen an eine Gewerkschaft erfüllt und somit die Tariffähigkeit besitzt, kommt es zu keiner gewerkschaftlichen vereinsübergreifenden Mitbestimmung im professionellen deutschen Fußballsport.

In der Schweiz basieren Arbeitsverträge oft auf einem Gesamtarbeits-Vertrag (GAV). Diese sind dem österreichischen Kollektivvertrag oder dem deutschen Tarifvertrag ähnlich. Zwar gibt es auch in der Schweiz eine Gewerkschaft für Fußballer, die „Swiss Associaton of Football Players“ (SAFP), doch ist es im Bereich des Profifußballs noch zu keinem Gesamtarbeits-Vertrag, sondern lediglich zu einer Grundsatzvereinbarung zwischen der SAFP und der Swiss Football League (SFL) gekommen.

Deutschland – einseitige Vertragsoptionen als typisches Instrument zur Erzielung von Ablösesummen

Auch in Deutschland werden professionelle Mannschaftssportler als Arbeitnehmer angesehen. Demzufolge kommt es bei der Vertragsgestaltung zur Anwendung der gesamten arbeitsrechtlichen Normen. Dabei wird überwiegend die Meinung der Unwirksamkeit einseitiger Verlängerungsoptionen vertreten. Ähnlich dem österreichischen Recht darf in Deutschland für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Verein keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Spieler. Dabei wird nicht nur auf gleichlange Kündigungsfristen, sondern allgemein auf die Erschwerung der Kündigung abgestellt. Einseitige Vertragsoptionen stellen dabei einen klassischen Fall der Umgehung des Verbots ungleicher Kündigungsfristen dar.

Der entscheidende Punkt ist allerdings die unangemessene Benachteiligung für den Spieler in seiner Berufsfreiheit. Die Optionsklausel dient nur dazu, dem abgebenden Verein eine zusätzliche Einnahmequelle in Form einer Transferentschädigung zu verschaffen, welche zur Behinderung der Berufsfreiheit des Spielers führt. Das Arbeitsgericht Ulm hat im Fall eines Regionalligaspielers eine einseitige Vertragsoption als typisches Instrument zur Erzielung von Ablösesummen qualifiziert.

Auch im „Fall Mijatovic“ befasste sich das Arbeitsgericht Nürnberg mit einseitigen Verlängerungsoptionen zugunsten des Vereins. Konkret handelte es sich um einen befristeten Arbeitsvertrag mit einer zweijährigen Laufzeit, der eine einseitige Verlängerungsoption zugunsten des Vereins beinhaltete, die bei Ziehung eine Verlängerung des Vertrags für ein weiteres Jahr bewirken sollte („2+1“). Im Ergebnis wurde der Antrag abgewiesen, da nicht zweifelsfrei von einer unangemessen langer einseitigen Verlängerungsoptionen ohne angemessener Gegenleistung ausgegangen werden kann. Eine Entscheidung die auch der Regelung im neuen Kollektivvertrag der Österreichischen Fußball-Bundesliga entspricht.

Schweiz – einseitige Vertragsoptionen sind nichtig

Auch in der Schweiz werden Verträge zwischen Fußball-Klubs und Berufsfußballspielern als Arbeitsverträge qualifiziert. Folglich kommt es bei der Gestaltung von Arbeitsverträgen mit Berufsfußballern zur Anwendbarkeit arbeitsrechtlicher Bestimmungen und den dazugehörigen Rechtsfolgen. Anders als in Österreich und Deutschland herrscht in der Schweiz bezüglich der Rechtslage von einseitigen Optionsklauseln Einigkeit. Derartige Bestimmungen gelten als nichtig. Auch wenn es diesbezüglich nur selten zu juristischen Auseinandersetzungen kommt, wird dieser Umstand mitunter als Standortnachteil für die Schweiz angesehen.

Portmann’s 5 Kriterien

Sowohl das Schiedsgericht Court of Arbitration for Sport (CAS) mit Sitz in der Schweiz (Lausanne), als auch die von der FIFA eigens errichtete Dispute Resolution Chamber (DRC), die als zentrales Rechtssprechungsorgan bei Klagen im Zusammenhang mit Status und Transfers von Spielern agiert, beschäftigen sich regelmäßig mit Optionen in Spielerverträgen.

In der wichtigsten Entscheidung des CAS, haben sich die fünf Kriterien Portmanns herausgebildet, die als Grundlage für die Bewertung spezifischer Optionsrechte herangezogen werden sollten.

  • die potentielle maximale Dauer des Arbeitsverhältnisses darf nicht unverhältnismäßig sein
  • die Option muss innerhalb einer akzeptablen Frist vor Ablauf des aktuellen Vertrags ausgeübt werden
  • das aus dem Optionsrecht abgeleitete Gehalt muss im ursprünglichen Vertrag definiert werden
  • keine der Parteien darf der anderen Partei hinsichtlich der Vertragsgestaltung ausgeliefert sein
  • die Option muss im ursprünglichen Vertrag eindeutig festgelegt und hervorgehoben werden

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass weder die DRC noch das CAS eine einheitliche Antwort auf die Zulässigkeit einseitiger Verlängerungsoptionen liefern. Dennoch kann die allgemeine Schlussfolgerung gezogen werden, dass einseitige Verlängerungsoptionen sowohl mit den Vorschriften der FIFA als auch mit den Prinzipien des globalen Arbeitsrechts unvereinbar sind. Tatsächlich haben soweit überblickbar sowohl die DRC als auch das CAS lediglich einmal die Zulässigkeit einer einseitigen Verlängerungsoption bejaht. Weder die DRC noch das CAS sind jedoch so weit gegangen eine generelle unter allen Umständen geltende Unzulässigkeit auszusprechen.

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Einseitige Vertragsoptionen im Fußball entschärft

Ein Bild aus alten Tagen.  Der „Fall Onisiwo“ sorgte für eine Neuregelung einseitiger Verlängerungsoptionen im Kollektivvertrag der Fußballer/innen. Diese soll nun für mehr Rechtssicherheit sowie Vertragsgerechtigkeit sorgen.

DIE REGELUNG EINSEITIGER OPTIONEN IM LICHTE DES NEUEN KOLLEKTIVVERTRAGES FÜR FUSSBALLSPIELER/INNEN – TEIL 1/2

Sowohl im nationalen als auch internationalen Fußball stellen befristete Arbeitsverhältnisse mit einseitigen Verlängerungsoptionen nach wie vor eine gängige Praxis dar. Oft verfolgt man dadurch den Zweck, das Risiko der sportlichen Entwicklung eines einzelnen Spielers auf diesen über zu wälzen. Entwickelt sich der Spieler dementsprechend erfolgreich, liegt es de facto alleine in der Hand des Klubs, diesen über eine lange Dauer an sich zu binden und allenfalls eine hohe Ablösesumme zu lukrieren. Zugleich kann dies zu einer Behinderung der Wechselabsichten des Spielers führen, sollte dieser ein (meist besseres) Angebot eines anderen Vereins erhalten.

Dennoch wurden solche Vertragskonstruktionen sowohl sportrechtlich als auch arbeitsrechtlich in der Vergangenheit eher stiefmütterlich behandelt. Mit der Causa Onisiwo scheint Bewegung in diese Materie gekommen zu sein. Dies zeigt sich jetzt an der Neufassung des Kollektivvertrages für Fußballspieler/innen der Österreichischen Fußball Bundesliga – kurz KV-ÖFBL – , der einseitige Verlängerungsoptionen, angepasst an die Rechtsprechung im „Fall Onisiwo“, neu ausgestaltet.

CAUSA ONISIWO TRÄGT FRÜCHTE

Pünktlich zum 10-Jahres Jubiläum des Kollektivvertrages für Fußballspieler/innen der Österreichischen Fußball-Bundesliga wurde mit 1. Juli 2018 ein neuer Kollektivvertrag für die beiden höchsten Ligen in Österreich abgeschlossen. Dieser bringt auch eine neue Regelung für die Vereinbarung einseitiger Verlängerungsoptionen mit sich. Mitentscheidend für die Neuregelung der Optionsrechte war sicher auch das bis zum OGH geführte Verfahren in der „Causa Onisiwo“. Auch anhand dieser Entscheidung wurde eine Art Kriterien-Katalog erstellt, der rechtskonforme einseitige Optionsvereinbarungen sicherstellen soll.

KONKRETE KRITERIEN ANSTATT UNBESTIMMTER BEGRIFFE

Dabei wird schnell ersichtlich, dass versucht wurde die in der alten Regelung etwas unglücklich und unbestimmt gewählten Begriffe „gleichwertige Ansprüche für beide Vertragsparteien“ und „gleichwertige Bedingungen bei der Art der Ausübung des Optionsrechts“ durch einen spezifischen Kriterienkatalog zu ersetzen:

  • Die Dauer des Optionszeitraums ist nicht länger als jene des Grundvertrages.
  • Die Dauer des Grundvertrages ist nicht länger als 2 Saisonen.
  • Der Optionszeitraum beträgt max. 1 Saison (,,1+1 „, ,,1,5 + 1″ oder „2+1“).
  • Pro Spieler darf im Rahmen eines ununterbrochenen Dienstverhältnisses (in diesem Zusammenhang werden Spielerleihen beim verleihenden Klub nicht als Unterbrechung angesehen) mit einem Klub nur einmalig eine Option vereinbart werden.
  • Die Option ist spätestens 6 Wochen vor Auslaufen des Grundvertrages auszuüben.
  • Im Grundvertrag ist ein angemessener Ausgleich durch entsprechende Entgelterhöhung oder sonstige gleichwertige Verbesserungen unter Berücksichtigung des Alters, der bisherigen Berufserfahrung und des Beschäftigungsausmaßes des Spielers sowie der besonderen Umstände des Einzelfalls festzulegen. Für die Bewertung der Angemessenheit ist der Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages maßgeblich.

Durch die Neuformulierung ist es zu einer Deckelung der maximalen Vertragsdauer bei Verträgen mit einseitigen Optionen („2+1″) gekommen. Vertragsgestaltungen, wie im „Fall Onisiwo“ gehandhabt, die einen befristeten Grundvertrag auf ein Jahr unter Einräumung einer einseitigen Verlängerungsoption um zwei Jahre (oder länger) vorsehen („1+2″) sind somit nicht mehr zulässig. Zusätzlich wurde der Optionszeitraum mit einem Jahr, der zeitliche Rahmen für den Grundvertrag mit 2 Jahren gedeckelt. Dies führt bei Verträgen, die einseitige Verlängerungsoptionen beinhalten zu einer maximalen Vertragslaufzeit von drei Jahren (zwei Jahre Grundvertrag + ein Jahr Option).

Um einer etwaigen Umgehung dieser Regelungen vorzugreifen, darf pro Spieler im Rahmen eines ununterbrochenen Arbeitsverhältnisses nur einmal eine Option vereinbart werden. Hier wird der im Profi-Fußball üblichen Vorgehensweise von Aneinanderreihungen befristeter Grundverträge („Kettendienstverträge“), verbunden mit neuerlichen Optionsvereinbarungen, entgegengewirkt.

EINZELFALLBETRACHTUNG BLEIBT NICHT ERSPART

Jedoch hängt bei der Bewertung der Zulässigkeit einseitiger Verlängerungsoptionen nach wie vor viel von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Im Zuge einer Einzelfallprüfung ist abzuwägen, ob die Art und Dauer der Vertragsverlängerung als gleichwertig mit den Vorteilen und Verbesserungen für den Spieler gesehen werden kann. Auch wenn es durch die Neuformulierung im Kollektivvertrag zu einer Deckelung der maximalen Vertragsdauer bei Verträgen mit einseitigen Optionen („2+1″) gekommen ist, muss jeweils eine einzelfallbezogene Bewertung unter Beachtung einer Vielzahl von Faktoren im Sinne eines beweglichen Systems vorgenommen werden.

Dabei ist vor allem an eine angemessene Entschädigung in Form einer Erhöhung des Entgelts für den Verlängerungszeitraum zu denken. Diese wird abhängig vom Alter und Entwicklungspotential höher oder eben geringer zu bemessen sein. Als Zeitpunkt der Bewertung für das Vorliegen der Gleichwertigkeit ist alleine auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen, womit spätere finanzielle Verbesserungen durch Erhöhung des Entgelts oder Lösungsmöglichkeiten für den Spieler nicht von Relevanz sind.

Wie sich ein Spieler schlussendlich entwickelt lässt sich vertraglich natürlich nicht regeln. Das wird sich nach wie vor am grünen Rasen entscheiden, jedoch sollte die neu geschaffene Regelung für mehr Fairness bei der Risikotragung sorgen. Vielleicht wirkt sich das auch auf eine positive Entwicklung des Spielers aus. Eine win-win Situation wäre das Ergebnis.

In Kürze folgt Teil 2 der Beitragsreihe „Die Regelung einseitiger Optionen im Lichte des neuen Kollektivvertrages für Fußballspieler/innen“, in welchem wir einen Blick über die Grenzen wagen und die Regelungen einseitiger Verlängerungsoptionen in den Nachbarländern Schweiz und Deutschland durchleuchten.

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Neuer Kollektivvertrag für Fußball-Profis

Die Österreichische Fußball-Bundesliga und die Vereinigung der Fußballer – eine Fachgruppe der younion_Die Daseinsgewerkschaft – haben sich auf einen neuen Kollektivvertrag für Österreichs Fußball-Profis geeinigt. Er soll mit 1. Juli 2018 in Kraft treten.

Kollektivvertrag als Unikat im Berufssport

Im Jahr 2008 wurde erstmals der Kollektivvertrag für Fußballspieler/innen der Österreichischen Fußball-Bundesliga abgeschlossen und regelt seiher das Arbeitsverhältnis zwischen Bundesliga-Klubs und ihren Spielern. Diese Vereinbarung bringt sowohl für die Klubs als auch für die Spieler eine wesentliche Stärkung der Rechtssicherheit in diesem Bereich. Abgesehen von der Fußball-Bundesliga besteht im österreichischen Berufssport jedoch ein kollektivvertragsfreier Raum. Grund hierfür ist die meist fehlende kollektivvertragsfähige Körperschaft auf Seiten der Arbeitgeber. Einzige Ausnahme ist die Österreichische Fußball Bundesliga, der die Kollektivvertragsfähigkeit vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH) im Jahr 1995 zuerkannt wurde.

Der Kollektivvertrag für Österreichs Kicker beinhaltet unter anderem Regelungen bezüglich der Dienstverträge der Spieler, dem Aneinanderreihen von zeitlich befristeten Verträgen (Kettendienstverträge), der Spielerpflichten als Arbeitnehmerpflichten, der Entgeltfortzahlung sowie der Arbeitszeiten.

Ergebnis konstruktiver Gespräche

Der neue Kollektivvertrag ist das Resultat monatelanger Gespräche zwischen Vertretern der Österreichischen Fußball-Bundesliga und Klubs, Vertreter der Vereinigung der Fußballer (VdF) und der younion_Die Daseinsgewerkschaft sowie Arbeitsrechtsexperten der Forschungsstelle Sportrecht (Universität Wien). In zahlreichen Sitzungen und Gesprächen wurden die bestmöglichen arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen für Österreichs Fußball-Profis geschaffen, heißt es in der Presseaussendung der Bundesliga.

Die Vereinbarung soll mit 1. Juli 2018 nach formellen Beschluss in der Bundesliga-Hauptversammlung in Kraft treten und folglich für die beiden höchsten Spielklassen gelten.

Mindestlohn auf 1.300 € brutto angehoben

Der Mindestlohn für Vollzeitprofis soll ab 1. Juli 2018 von aktuell 1.200 € brutto (§ 6 Abs 5 KV der ÖFBL) auf 1.300 € brutto angehoben werden und in weiter Folge stetig steigen. So soll er ab 1. Juli 2019 auf 1.500 € brutto und ab 1. Juli 2020 auf 1.550 € brutto betragen. Durch die Liga-Reform ist in der neuen 2. Liga ein reiner Profibetrieb nicht mehr zwingend notwendig. Daher wurde die Möglichkeit zur Teilzeitarbeit bei entsprechender Aliquotierung des Mindestlohn genau geregelt.

Eine weitere Neuregelung betrifft die Rahmenbedingungen für Optionen in Spielerverträgen. Dieses Thema war durch die Causa Karim Onisiwo, welche sogar den Obersten Gerichtshof (OGH) beschäftigte, in aller Munde. Die Vertreter versuchen durch die neuen Vorschriften nun verstärkt Rechtssicherheit in diesem Bereich zu schaffen. In Zukunft darf beispielsweise ein Vertrag per Option um maximal eine Saison verlängert werden.

Nach Ende der Verhandlungen waren beide Seiten, sowohl mit den Gesprächen als auch mit dem Ergebnis, äußerst zufrieden, was bei Kollektivvertragsverhandlungen in anderen Branchen oftmals nicht die Regel ist.

Im Sinne der Rechtssicherheit im Bereich des österreichischen Berufssport wären weitere Kollektivverträge, auch für andere Sportarten, zu begrüßen.

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Der Fall Ben-Hatira – Entlassung im Profifußball

SALAFISMUS-VORWÜRFE IM PROFI-FUSSBALLSPORT ALS ENTLASSUNGSGRUND?

Ein Gastbeitrag von Rechtsanwalt Dr. Andreas Joklik zur Entlassung im Profifußball.

Vor einigen Wochen ging die Schlagzeile durch die Medien: „Der SV Darmstadt trennt sich von Änis Ben-Hatira wegen dessen Nähe zur Salafisten-Szene!“

 

Hintergrund der Vertragsauflösung war eine dem Fußballprofi Änis Ben-Hatira unterstellte Nähe zur Salafismusszene, da Ben-Hatira einen angeblich muslimischen-salafistischen Verein finanziell unterstützt hat.

Weltweite Hilfsprojekte versus Rekrutierung für den Dschihad

Über die Tätigkeit des muslimischen Vereins herrschten zwischen dem Spieler und dem SV Darmstadt unterschiedliche Auffassungen. So beteuerte der Fußballprofi, dass der Verein Hilfsprojekte in zahlreichen Ländern der Welt unterstützt, während der deutsche Verfassungsschutz den muslimischen Verein als elementaren Bestandteil der salafistischen Szene bewertet und dieser Verein unter Verdacht steht, unter anderem Männer aus Deutschland für den Dschihad rekrutiert zu haben.

Für den interessierten Sportbeobachter wirft der Fall Ben-Hatira sofort die Frage auf, welche
(arbeits-)rechtliche Konsequenzen ein Verein in einem solchen Fall ziehen könnte, insbesondere wenn das Image in Gefahr zu sein scheint. Oder sind politische oder religiöse Einstellungen und Engagements einfach nur Privatsache der Spieler?

Verhalten von Ben-Hatira als Entlassungsgrund in Österreich?

Die Entlassung beendet das Dienstverhältnis sofort. Um eine Entlassung aussprechen zu können, benötigt der Arbeitgeber einen Entlassungsgrund. Es muss vereinfacht gesagt etwas so gravierendes vorgefallen sein, dass es dem Arbeitgeber nicht mehr zumutbar ist, auch nur einen Tag länger mit dem Arbeitnehmer zusammenzuarbeiten. Es stellt sich also die Frage, ob das Verhalten außerhalb der Arbeitszeit überhaupt einen Entlassungsgrund darstellen kann?

Grundsätzlich ist außerdienstliches Verhalten Privatsache. Dem österreichischen Arbeitsrecht ist aber der Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit bekannt, welcher sich auch auf das Verhalten in der Freizeit beziehen kann. Liegt nämlich zwischen dem außerdienstlichen Verhalten eines Angestellten (nicht aber eines Arbeiters) und seiner Tätigkeit ein Zusammenhang vor, sodass sich das außerdienstliche Verhalten auf das Arbeitsverhältnis selbst negativ auswirken kann, so kann ein Entlassungsgrund sehr wohl vorliegen. Ähnliche Fälle sind im öffentlichen Dienst etwa im Bereich der Vertragsbediensteten bekannt, wo die Beschädigung des Ansehens des öffentlichen Dienstebers auch durch Verhalten in der Freizeit eine Entlassungsgrund darstellen kann. Angestellte können – vereinfacht gesagt – bereits dann entlassen werden, wenn sie vertrauensunwürdig werden. Arbeiter dagegen können erst dann wegen Vertrauensunwürdigkeit entlassen werden, wenn sie sich einer strafbaren Handlung schuldig machen.

Politische oder religiöse Haltung ist grundsätzlich Privatsache

Im Bereich des Profi-Fußballs kann das Fehlverhalten eines Spielers (insbesondere wenn er zu den Aushängeschildern einer Mannschaft zählt) auch abseits des Spielfeldes erhebliche Auswirkungen auf das Image eines Vereins und somit etwa auch auf die Beziehungen zu Sponsoren haben. Insbesondere in den USA sind Beispiele bekannt, wo Sponsoren Vertragsbeziehungen zu Teams beendet haben, weil sich Spieler in der Freizeit falsch verhalten haben. Vor nicht allzu langer Zeit gingen etwa Fälle häuslicher Gewalt von NFL-Profis durch die Medien.

In diesem Sinn findet sich z.B. auch im Kollektivvertrag der österreichischen Fußball-Bundesliga ein Hinweis dahingehend, dass ein Fußballprofi sich seiner Vorbildfunktion bewusst sein muss und sich in der Öffentlichkeit dementsprechend zu verhalten hat, um dem Ansehen seines Arbeitsgebers durch dieses Verhalten keinen Schaden zuzufügen.

Mit dem Begriff des Salafismus wird zwar eine extremistische Ideologie innerhalb des Islamismus bezeichnet; ein Organisation, die derartige salafistische Ideologien fördert, erfüllt aber nicht immer sofort den Begriff einer terroristischen Vereinigung. Alleine die Mitgliedschaft oder Finanzierung einer solchen salafistischen Organisaition reicht daher nicht automatisch für ein strafrechtlich relevantes Verhalten aus, solange nicht auch terroristische Aktivitäten bewiesen sind. Religiöses und auch (erlaubtes) politisches Engagement bleibt Privatsache.

Eine nach dem österreichischen Strafgesetzbuch in Betracht kommende strafbare Handlung wäre z.B. erst die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. 

Möglicher Lösungsansatz

In der oben erwähnten Definition der Vertrauenswürdigkeit und der unterschiedlichen Anwendungen auf Angestellte und Arbeiter läge sohin die Problematik eines mit Ben-Hatira vergleichbaren Sachverhalts in Österreich. Kann eine strafbare Handlung bewiesen werden, so kann sowohl bei Angestellten als auch bei Arbeitern (und damit bei Fußballprofis) eine Entlassung gerechtfertigt sein. Da der österreichische Oberste Gerichtshof für den Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit bei Arbeitern aber eine strafbare Handlung voraussetzt, wird bei Fußballprofis, die Sympathie oder Unterstützung einer salafistisch orientierten Organisation publik machen, für eine Entlassung nicht ausreichen.

Zum Autor:

Dr. Andreas Joklik, LL.M. ist Rechtsanwalt und Partner bei ADJOKAT Rechtsanwälte und ist unter anderem auf Sportrecht und Arbeitsrechtsfragen im Sport spezialisiert. Dr. Andreas Joklik, LL.M. ist unter joklik@adjokat.at erreichbar. Informationen über die Tätigkeit des Autors finden Sie auch unter http://www.adjokat.at.

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Vom Profifußballer zum Amateur – Versetzung rechtlich gedeckt?

Gastbeitrag von Anna Maria Stelzer

Die beiden Profifußballer Beichler und Wisio vom SKN St. Pölten wurden aus dem Kader der Kampfmannschaft gestrichen. Trotz gültigen Vertrages kam es zu einer Versetzung zu den Amateuren. Die Vereinigung der Fußballer schaltete sich ein und spricht von Mobbing und Missachtung arbeitsrechtlicher Bestimmungen, der Verein hingegen von einer sportlichen Entscheidung…

Mobbing – Treuepflicht vs. Fürsorgepflicht

Sowie der Arbeitnehmer einer Treuepflicht unterliegt, bei der er alles zu unterlassen hat, was den unternehmerischen Interessen des Betriebes widersprechen könnte, hat auch der Arbeitgeber seine Fürsorgepflichten wahrzunehmen, die unter anderem den Schutz der Persönlichkeit des Arbeitnehmers und sein Ansehen in der Öffentlichkeit umfassen. Wird ein Profispieler zu den Amateuren versetzt, stellt dies eine Herabsetzung der Persönlichkeit in der Öffentlichkeit dar, die schwerer kaum zu verwirklichen ist. Eine Versetzung geht weit über disziplinäre Maßnahmen hinaus, die vom Verein zB in Form von Sperren für einige Spiele verhängt werden. Ob man bei einer solchen Maßnahme bereits von einem Übergriff sprechen kann, der dem Tatbestand des Mobbings nahe kommt, kann hier nicht abschließend beurteilt werden.

Profifußballer – Recht auf Beschäftigung?

Fast niemand sonst ist den Gesetzen des Marktes so ausgeliefert wie Profisportler. Die Karriere eines Profifußballers ist vor allem abhängig vom Bekanntheitsgrad des Spielers, seinen sportlichen Leistungen und Erfolgen, seiner Präsenz in den Medien und der Erhaltung seiner sportlichen Qualifikationen. Einen wesentlichen Aspekt spielt dabei auch der Einsatz bei Wettkämpfen. Der Berufsfußballer hat aus oben genannten Gründen ein besonders starkes Interesse an einer faktischen Verwendung.

Hoch qualifizierten Berufsfußballern ist daher ein Recht auf Beschäftigung zuzubilligen. Das Recht umfasst die Teilnahme am Training in der Kampfmannschaft, weil dadurch das fußballerische Niveau aufrechterhalten bleibt, das Zusammenspiel der Fußballer im Training erprobt wird und diese somit zu einer Einheit wachsen. Jeder Mannschaftssportler muss sich in Form von Trainingsleistungen seinen Einsatz im Wettkampf erarbeiten können.

Hinsichtlich der Wahl der Taktik und der Aufstellung der Spieler ist der Vereinsleitung weitgehende Autonomie eingeräumt. Das Recht auf Beschäftigung umfasst daher nicht das Recht auf Einsatz in der Kampfmannschaft. Dies ist schon angesichts der Sportart unmöglich, weil der Kader einer Mannschaft mehr Fußballer beinhaltet als tatsächlich in einem Wettkampf eingesetzt werden können.

Ausschluss vom Training mit der Kampfmannschaft

Ein Ausschluss aus der Kampfmannschaft ist daher nicht ohne weiteres erlaubt. Dass der Profifußballer aus sportlichen Gründen wie Leistungsschwäche in die Amateurmannschaft versetzt werden soll, rechtfertigt nicht die Verweigerung jenes Trainings, das zur Erhaltung seiner fußballerischen Fähigkeiten erforderlich ist. Auch der Profispieler schuldet nach den allgemeinen Grundsätzen des Arbeitsrechts nur seine Arbeitsleistung und nicht einen bestimmten Erfolg. In einer Leistungsschwäche des Fußballers liegt somit keine Pflichtverletzung vor. Eine Teilnahme am Training mit der Kampfmannschaft darf daher nicht verweigert werden.

Im Rahmen der Vertragsfreiheit könnte im Spielervertrag aber auch der Einsatz bei den Amateuren gültig vereinbart worden sein. Da Wisio durch die einstweilige Verfügung des Landesgerichts wieder ins Profitraining des SKN St. Pölten aufgenommen wurde, ist eine solche Vereinbarung jedoch nicht anzunehmen. Eine Entscheidung betreffend Beichler steht noch aus.

Zur Autorin:

Mag. Anna Maria Stelzer ist Universitätsassistentin an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät in Wien. Als Lehrveranstaltungsleiterin wird sie ab Herbst den Kurs „Einführung in das österreichische Sportrecht“ unterrichten.

 

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Renato Sanches Alter – ein juristischer Problemfall?

Gastbeitrag von Dr. Daniel Stanonik 

Im Mai dieses Jahres unterschrieb der junge portugiesische Nationalspieler Renato Júnior Luz Sanches einen Fünfjahresvertrag beim FC Bayern München. Er wechselte für eine Ablösesumme in der Höhe von (kolportierten) zunächst Euro 35 Millionen von seinem Stammverein Benfica Lissabon an die Isar. Dieser Betrag kann sich durch Bonuszahlungen um bis zu Euro 45 Millionen auf Euro 80 Millionen erhöhen.

Eine stolze Summe – bedenkt man jedoch, dass er durch sein jetziges Können und aufgrund seiner erst 18 Jahre noch ein großes Entwicklungspotenzial hat, relativiert sich diese Ablösesumme wieder im Verhältnis zu den übrigen Transfers im Weltfußball. Doch hat er wirklich dieses große Entwicklungspotential, bedingt durch sein junges Alter? Gerüchte kamen auf, dass Renato Sanches bereits 23 oder sogar 24 Jahre alt sei. Welche Konsequenzen dieser Umstand in Österreich für einen Fußballer haben kann, wird nachfolgend demonstrativ kurz erörtert, wobei auf Fragen bezüglich Volljährigkeit oder der Eingriff in seine Persönlichkeitsrechte aufgrund der Überprüfung seines Altes nicht Bezug genommen wird:

Aus arbeitsrechtlicher Sicht:

Auch ein Profifußballer ist Arbeitnehmer im Sinne der einschlägigen arbeitsrechtlichen Bestimmungen. Dementsprechend ist der Profifußballer auch angehalten, sich vertrauenswürdig gegenüber seinem Arbeitsgeber zu verhalten. Somit ist der Profifußballer auch verpflichtet, seinem zukünftigen Arbeitgeber alle essenziellen Informationen bei der Vertragsunterzeichnung bekannt zu geben. Mehr als in anderen Branchen ist das Alter im Profifußball von entscheidender Bedeutung. Die Transfersumme, das monatliche Gehalt, die Bonuszahlungen etc. richten sich im Profifußball – abgesehen von seinem Leistungsvermögen – stark nach dem Alter des jeweiligen Fußballers. Es versteht sich von selbst, dass ein jüngerer Spieler einen höheren Marktwert hat und somit in weiterer Folge auch höhere Gehaltsforderungen stellen kann. Macht der Profifußballer falsche Angaben bezüglich seines Alters gegenüber seinem Verein, verhält er sich vertrauensunwürdig. Als Konsequenz sieht der Gesetzgeber bei einem nachgewiesenen vertrauensunwürdigen Verhalten die Entlassung vor. Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass diese Entlassung sofort nach Bekanntwerden der Vertrauensunwürdigkeit ausgesprochen werden muss. Der jeweilige Verein müsste somit sofort reagieren.

Aus strafrechtlicher Sicht:

Betrug ist in diesem Zusammenhang denkbar. Der Profifußballer kann durch die falsche Angabe (seines Alters) auf betrügerische Weise sein Gehalt verbessern und damit den Fußballverein durch Täuschung unrichtiger Tatsachen am Vermögen schädigen. Auch eine allfällige Urkundenfälschung wäre denkbar. Sollte nämlich der Profifußballer sein Alter mittels eines Dokuments (Urkunde) beim Arbeitgeber (Fußballverein) unrichtig angeben, erfüllt der Profifußballer unter Umständen den Tatbestand der Urkundenfälschung.

Haftung und/oder strafrechtliche Verantwortlichkeit des Vorgängervereins und/oder Spielervermittlers:

Eine wesentliche Rolle in diesem Zusammenhang spielen natürlich auch der Vorgängerverein und der Spielervermittler. Sollte nämlich der Vorgängerverein und/oder der Spielervermittler über das tatsächliche Alter des Profifußballers Bescheid wissen und dem Käuferverein diese Information unterschlagen, macht sich der Vorgängerverein und/oder Spielervermittler gegenüber dem Käuferverein schadenersatzpflichtig – dies unter anderem in Hinblick auf die Transfersumme. Auch Betrug ist in diesem Zusammenhang wieder denkbar.

Das Verschweigen des tatsächlichen Alters sollte im eben dargestellten Zusammenhang von allen Seiten tunlichst unterlassen werden. Im Anlassfall Renato Júnior Luz Sanches jedoch war die Angabe des Alters beim Vertragsanschluss mit dem FC Bayern München nach neuesten Erkenntnissen anscheinend korrekt. Wir können uns daher uneingeschränkt auf seine fußballerischen Künste beim FC Bayern bzw auf die kommende Saison des FC Bayern freuen.

 

Zum Autor:

Dr. Daniel Stanonik ist Partner bei Stanonik Rechtsanwälte in Wien und Mitbegründer der Sportagentur SportsRocks. Er ist ua. vermehrt im Sportrecht tätig.

 

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Die Bedeutung des Onisiwo-Urteils für alle Spielerverträge

Gastbeitrag von Thomas Nikodem

Die Entscheidung des Berufungsgerichts zeigt: egal, wie das Verfahren ausgeht, das Urteil wird über den Fall hinausgehende Bedeutung haben!

Mit der Bestätigung der Entscheidung des Erstgerichts durch das OLG Wien steigt die Bedeutung des gegenständlichen Verfahrens. Die Begründung beider Gerichte ist schlüssig und rechtlich fundiert begründet. Bei den Vereinbarungen zwischen Onisiwo und dem SV Mattersburg (Spielervertrag und Siedeletter) „hapert‘s“ in mehreren Bereichen:

  • Einseitige Option, ohne Vorteile für Onisiwo
  • Verlängerung des Vertrages um das Doppelte seiner Laufzeit
  • Vermutlich ungültiger Sideletter
  • Zu geringe Entgeltsteigerung durch Sideletter

Zwar kommt es regelmäßig vor, dass der OGH anders entscheidet, als die ersten zwei Instanzen, aufgrund der guten und nachvollziehbaren Urteilsbegründungen kann in diesem Fall aber nicht davon ausgegangen werden. Vielleicht überrascht uns der OGH aber doch!

Aus Sicht der Vereine muss zum jetzigen Zeitpunkt von einer Bestätigung der vorliegenden Urteile ausgegangen und entsprechend reagiert werden. Dabei ist zwischen „Altverträgen“ – also solchen die bereits bestehen – und „Neuverträgen“ zu unterscheiden.

Altverträge

Sie müssen dahingehend geprüft werden, ob sie mit den beiden ergangenen Entscheidungen vereinbar sind. Wann dies der Fall ist, geht aus den Urteilen freilich nicht hervor. Das heißt bei der Beurteilung der Verträge sind Berater gefragt, die einschätzen, ob als Ausgleich für die einseitige Option ausreichend Vorteile für die Spieler vereinbart sind (insbesondere eine Entgelterhöhung). Ist dies nicht der Fall, kann der Spielervertrag durch einen (gültigen!) Sideletter ergänzt werden. Aber Achtung: der jeweilige Spieler kann nicht gezwungen werden, einen Sideletter zu unterfertigen. Ob er dies tut, wird von der persönlichen Situation abhängen:

  • Aussichten auf einen besseren Vertrag bei einem anderen Klub
  • Restdauer des laufenden Vertrages
  • Ausmaß der Gehaltserhöhung
  • Einschätzung der persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten

Neuverträge

Vor dem Abschluss neuer Verträge sind geplante einseitige Optionen einer genauen Prüfung zu unterziehen und allenfalls anzupassen. Diese Situation ist insofern nicht ganz einfach – sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich – weil die Gerichte nur ausgesprochen haben, was unzulässig ist, nicht aber was zulässig wäre. Eine Entscheidung des OGH wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit keine Besserung dieser Lage für die Vereine bringen, da er vermutlich ebenfalls keine „Anleitung“ geben wird, wie eine einseitige Option zu formulieren wäre. Das ist im Grunde auch nicht möglich, da die Vorteile die dem Spieler laut dem Spielervertrag bei einer Optionsausübung (und damit Verlängerung des Vertrages) zukommen, immer einer Einzelfallprüfung zu unterziehen sind. Es kommt auf eine Abwägung der Art und Dauer der Vertragsverlängerung gegen die Vorteile/Verbesserung für den Spieler an.

Die bestehenden Gerichtsentscheidungen nicht zu beachten – insbesondere vor dem Hintergrund der Formulierung des Kollektivvertrages und der Gerichtsentscheidungen – wäre jedenfalls ein großer Fehler der Vereine, der nicht passieren dürfte. In diesem Sinne wird die Entscheidung im Fall Onisiwo vs SV Mattersburg (vielleicht die des OLG Wien, vielleicht eine zukünftige des OGH) für den österreichischen (Fußball)sport richtungweisend sein!

 

ZUM AUTOR:

Dr. Thomas Nikodem ist Rechtsanwalt und Partner bei der TELOS Law Group und ist unter anderem auf Arbeitsrechtsfragen im Sport spezialisiert. Sie erreichen Dr. Nikodem unter nikodem@telos-law.com. Weitere Informationen finden Sie auch auf http://www.telos-law.com.

WEITER BEITRÄGE DES AUTORS:

Teil 1: Onisiwo vs. SV Mattersburg – Vertrag nichtig!

 

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