Verbandsstrafen bei Zuschauerausschreitungen

Verbandsstrafen bei Zuschauerausschreitungen –

Kann sich der Verein am störenden Zuschauer regressieren?

Ein Gastbeitrag von Rechtsanwalt Mag. Zvonimir First

Verbandsstrafen sind im österreichischen Fußballsport sowohl im Profi- als auch im Amateurbereich allgegenwärtig und können gerade in der Österreichischen Fußball-Bundesliga beträchtliche Ausmaße annehmen.

So wurden etwa die beiden Wiener Großklubs aufgrund der erneut massiven Zuschauerausschreitungen beim 320. Wiener Derby am 12.02.2017 wegen der Verletzung der Sicherheitsbestimmungen (§§ 116 und 116a der ÖFB-Rechtspflegeordnung) mit hohen Geldstrafen belangt. Der Senat 1 der Bundesliga (Straf- und Beglaubigungsausschuss) verurteilte die Wiener Austria zur Zahlung von EUR 20.000,-. Rapid Wien erhielt als Gastverein eine Geldstrafe von EUR 35.000,-. Die Verbandsstrafen sind nicht rechtskräftig – beide Vereine haben gegen deren Höhe Protest eingelegt.

Für Vereine stellt sich gerade bei derartig hohen Geldstrafen die berechtigte Frage, ob sie hier im Regressweg den jeweiligen störenden Zuschauer, als eigentlichen Schadensverursacher, in Anspruch nehmen können. Denn erst sein störendes Verhalten (etwa Randalieren oder Zünden von Pyrotechnik) hat ja zur Verhängung der Verbandsstrafe geführt. Dadurch ist dem Verein ein zumeist nicht unerheblicher finanzieller Nachteil entstanden, der im Wege des zivilrechtlichen Schadenersatzes auf den Zuschauer überwälzt und von diesem herausverlangt werden könnte.

 

Kaum Judikatur zur Regressfrage in Österreich

In Österreich gibt es bis dato lediglich eine einzige veröffentlichte Entscheidung aus dem Jahr 2011, die derartige Regressansprüche zum Gegenstand hatte. Darin entschied das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien (34 R 163/10p), dass der vom Verein gegenüber dem störenden Zuschauer geforderte Ersatz einer Geldstrafe von EUR 2.000,- unzulässig sei.

Es hielt zwar grundsätzlich fest, dass Schadenersatzansprüche des Vereins wegen erlittener Vermögenseinbußen sehr wohl gegen den störenden Zuschauer geltend gemacht werden können, sofern dieser seine Pflichten aus dem Zuschauervertrag verletzt oder gegen die Stadionordnung verstoßen hat. Die Überwälzung der verhängten Verbandsstrafe auf den randalierenden Fan hat es dagegen verneint: Der ausschließliche Zweck der gegenständlichen Verbandsstrafe bestehe darin, die Vereine zu angemessenen Sicherheitsvorkehrungen bei Meisterschaftsspielen zu veranlassen. Die damit intendierte Präventivwirkung würde jedoch vereitelt werden, wenn sich der sanktionierte Verein von der Strafe befreien könnte, indem er diese in weiterer Folge auf den störenden Zuschauer überwälzt.

Das LGZ Wien kam erst im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung zum Ergebnis, dass eine derartige Überwälzungsvereinbarung zwischen dem Verein und dem Zuschauer nicht mehr vom Schutzzweck des Zuschauervertrags umfasst sei und verneinte schließlich den geltend gemachten Schadenersatzanspruch. Diese Entscheidung wurde in der österreichischen Literatur zu Recht kritisiert.

 

Schadenersatzanspruch in Deutschland vom BGH bestätigt

Im Gegensatz zu Österreich waren in Deutschland bereits mehrfach Regressansprüche des sanktionierten Vereins gegen den störenden Zuschauer Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Die deutschen Gerichte – etwa das Oberlandesgericht Rostock (28.04.2006, 3 U 106/05) – haben den störenden Zuschauer regelmäßig zum Schadenersatz verpflichtet. Nunmehr hat sich erstmals das deutsche Höchstgericht umfassend mit dem Regressanspruch befasst und dessen Zulässigkeit bejaht.

Der Bundesgerichtshof (22.09.2016, VII ZR 14/16) sah – entgegen seiner Vorinstanz (OLG Köln, 17.12.2015, 7 U 54/15), die aus ähnlichen Gründen wie das LGZ Wien einen Schadenersatzanspruch des störenden Zuschauers verneinte – die Überwälzung der Verbandsstrafe als vom Schutzzweck des Zuschauervertrags umfasst an.

Der BGH hielt diesbezüglich fest, dass jeden Zuschauer die Verhaltenspflicht trifft, die Durchführung des Fußballspiels nicht zu stören. Sofern der Zuschauer – wie im gegenständlichen Fall durch das Zünden und Werfen eines Knallkörpers – gegen diese Verhaltenspflicht verstößt, habe er für die daraus folgenden Schäden zu haften und sie zu ersetzen. Das gelte auch für eine dem Verein wegen dieses Vorfalls auferlegte Geldstrafe des DFB.

Der BGH führte weiter aus, dass die überwälzte Verbandsstrafe kein nur „zufällig“ durch das Verhalten verursachter Schaden sei. Sie stehe damit in einem inneren Zusammenhang, weil sie gerade wegen der Störung des Zuschauers verhängt werde. Da die Verbandsregeln ebenso wie die Pflichten des Zuschauervertrags der Verhinderung von Spielstörungen dienten, sei der durch die Verhängung der Geldstrafe entstandene Vermögensschaden des Klubs durch den Zuschauer zu ersetzen.

 

Argumentation des BGH auf Österreich übertragbar

Die rechtlichen Erwägungen des deutschen Höchstgerichts sind meines Erachtens ohne weiteres auf gleichgelagerte österreichische Sachverhalte übertragbar.

Der BGH verdeutlicht, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem störenden Verhalten des Zuschauers und der dadurch gegen den Verein verhängten Verbandsstrafe besteht. Dementsprechend ist es auch legitim, dass der Verein anschließend den störenden Zuschauer aufgrund der Verletzung seiner Pflichten aus dem Zuschauervertrag in Anspruch nimmt und sich an diesem schadlos hält.

Der BGH widerlegt zudem überzeugend die Rechtsansicht des LGZ Wien, indem er aufzeigt, dass eine Überwälzung der Verbandsstrafe gerade nicht zu einer Vereitelung des mit ihr verbundenen Präventionszwecks führt: Zwar soll primär der Verein als unmittelbarer Adressat dazu verhalten werden, angemessene Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, um zukünftige Störungen zu vermeiden. Mittelbar dient die Verbandsstrafe aber selbstverständlich auch dazu, störende Zuschauer davon abzuhalten, in Zukunft derartige Störungen zu verursachen.

Bei genauerer Betrachtung führt die Überwälzungsmöglichkeit sogar dazu, dass die mit der Verbandsstrafe bezweckte Präventionswirkung noch verstärkt wird. Potentielle Störenfriede müssen von vornherein damit rechnen, dass sie für Strafzahlungen des Vereins haften und diese ersetzen müssen. Der drohende Regressanspruch bewirkt daher umso mehr, dass der störende Zuschauer – der in der Regel die eigentliche Ursache des Problems darstellt – diszipliniert wird.

Darüber hinaus ist zu bedenken, dass Verbandsstrafen für Zuschauerausschreitungen durchgehend verschuldensunabhängig ausgesprochen werden. So kann etwa neben dem veranstaltenden Heimverein auch der Gastverein für die ihm zurechenbaren Fans belangt werden, ohne dass dieser für die Sicherheitsvorkehrungen im Stadion verantwortlich war. Allein vor diesem Hintergrund scheint eine Regressmöglichkeit des sanktionierten Vereins notwendig.

Dementsprechend ist der Regress des Vereins meines Erachtens auch nach der Rechtslage in Österreich zulässig und überdies die Überwälzung verhängter Verbandsstrafen bereits aus gesellschaftspolitischen Erwägungen geboten, um eine ausreichende Präventivwirkung gegenüber den störenden Zuschauern entfalten zu können.

Zum Autor:

Mag. Zvonimir First ist selbständiger Rechtsanwalt in Wien und Kooperationspartner der Kanzlei wkk law. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Zivil- und Arbeitsrecht, wobei er gerade in diesen Bereichen regelmäßig mit sportrechtlichen Fragestellungen befasst ist. Zvonimir First ist zudem Vortragender beim Masterstudienlehrgang Sportrecht der Donau-Universität Krems.

In eigener Sache:

Am 20. April 2017 findet das nächste LAW MEETS SPORTS-Event zum Thema Fanausschreitungen statt.

Infos und Anmeldung: Wenn Fans randalieren – Der rechtliche Rahmen und seine Grenzen

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Renato Sanches Alter – ein juristischer Problemfall?

Gastbeitrag von Dr. Daniel Stanonik 

Im Mai dieses Jahres unterschrieb der junge portugiesische Nationalspieler Renato Júnior Luz Sanches einen Fünfjahresvertrag beim FC Bayern München. Er wechselte für eine Ablösesumme in der Höhe von (kolportierten) zunächst Euro 35 Millionen von seinem Stammverein Benfica Lissabon an die Isar. Dieser Betrag kann sich durch Bonuszahlungen um bis zu Euro 45 Millionen auf Euro 80 Millionen erhöhen.

Eine stolze Summe – bedenkt man jedoch, dass er durch sein jetziges Können und aufgrund seiner erst 18 Jahre noch ein großes Entwicklungspotenzial hat, relativiert sich diese Ablösesumme wieder im Verhältnis zu den übrigen Transfers im Weltfußball. Doch hat er wirklich dieses große Entwicklungspotential, bedingt durch sein junges Alter? Gerüchte kamen auf, dass Renato Sanches bereits 23 oder sogar 24 Jahre alt sei. Welche Konsequenzen dieser Umstand in Österreich für einen Fußballer haben kann, wird nachfolgend demonstrativ kurz erörtert, wobei auf Fragen bezüglich Volljährigkeit oder der Eingriff in seine Persönlichkeitsrechte aufgrund der Überprüfung seines Altes nicht Bezug genommen wird:

Aus arbeitsrechtlicher Sicht:

Auch ein Profifußballer ist Arbeitnehmer im Sinne der einschlägigen arbeitsrechtlichen Bestimmungen. Dementsprechend ist der Profifußballer auch angehalten, sich vertrauenswürdig gegenüber seinem Arbeitsgeber zu verhalten. Somit ist der Profifußballer auch verpflichtet, seinem zukünftigen Arbeitgeber alle essenziellen Informationen bei der Vertragsunterzeichnung bekannt zu geben. Mehr als in anderen Branchen ist das Alter im Profifußball von entscheidender Bedeutung. Die Transfersumme, das monatliche Gehalt, die Bonuszahlungen etc. richten sich im Profifußball – abgesehen von seinem Leistungsvermögen – stark nach dem Alter des jeweiligen Fußballers. Es versteht sich von selbst, dass ein jüngerer Spieler einen höheren Marktwert hat und somit in weiterer Folge auch höhere Gehaltsforderungen stellen kann. Macht der Profifußballer falsche Angaben bezüglich seines Alters gegenüber seinem Verein, verhält er sich vertrauensunwürdig. Als Konsequenz sieht der Gesetzgeber bei einem nachgewiesenen vertrauensunwürdigen Verhalten die Entlassung vor. Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass diese Entlassung sofort nach Bekanntwerden der Vertrauensunwürdigkeit ausgesprochen werden muss. Der jeweilige Verein müsste somit sofort reagieren.

Aus strafrechtlicher Sicht:

Betrug ist in diesem Zusammenhang denkbar. Der Profifußballer kann durch die falsche Angabe (seines Alters) auf betrügerische Weise sein Gehalt verbessern und damit den Fußballverein durch Täuschung unrichtiger Tatsachen am Vermögen schädigen. Auch eine allfällige Urkundenfälschung wäre denkbar. Sollte nämlich der Profifußballer sein Alter mittels eines Dokuments (Urkunde) beim Arbeitgeber (Fußballverein) unrichtig angeben, erfüllt der Profifußballer unter Umständen den Tatbestand der Urkundenfälschung.

Haftung und/oder strafrechtliche Verantwortlichkeit des Vorgängervereins und/oder Spielervermittlers:

Eine wesentliche Rolle in diesem Zusammenhang spielen natürlich auch der Vorgängerverein und der Spielervermittler. Sollte nämlich der Vorgängerverein und/oder der Spielervermittler über das tatsächliche Alter des Profifußballers Bescheid wissen und dem Käuferverein diese Information unterschlagen, macht sich der Vorgängerverein und/oder Spielervermittler gegenüber dem Käuferverein schadenersatzpflichtig – dies unter anderem in Hinblick auf die Transfersumme. Auch Betrug ist in diesem Zusammenhang wieder denkbar.

Das Verschweigen des tatsächlichen Alters sollte im eben dargestellten Zusammenhang von allen Seiten tunlichst unterlassen werden. Im Anlassfall Renato Júnior Luz Sanches jedoch war die Angabe des Alters beim Vertragsanschluss mit dem FC Bayern München nach neuesten Erkenntnissen anscheinend korrekt. Wir können uns daher uneingeschränkt auf seine fußballerischen Künste beim FC Bayern bzw auf die kommende Saison des FC Bayern freuen.

 

Zum Autor:

Dr. Daniel Stanonik ist Partner bei Stanonik Rechtsanwälte in Wien und Mitbegründer der Sportagentur SportsRocks. Er ist ua. vermehrt im Sportrecht tätig.

 

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Benzema und die Veröffentlichung eines Telefonats – was kann er dagegen tun?

Ein Gastbeitrag von Dr. Thomas Nikodem, LL.M.

Karim Benzema steht unter dem Verdacht Mathieu Valbuena mit einem Sex-Video erpresst zu haben. Ein französischer Radiosender hat offenbar Auszüge eines Telefonmitschnitts gesendet oder ein Transkript (also eine wortwörtliche Niederschrift) veröffentlicht. Den Medien ist nicht eindeutig zu entnehmen, wie der Sender genau vorgegangen ist. Karim Benzema möchte dagegen jedenfalls mit Klage vorgehen – aber welche Ansprüche hat er überhaupt und was kann er mit einer Klage durchsetzen?

Wir wollen uns das einmal durch die österreichische Brille ansehen. Dabei müssen wir zwischen Ansprüchen gegenüber dem Radiosender und gegenüber der Person, welche den Mitschnitt angefertigt hat, unterscheiden. Da nicht eindeutig nachvollziehbar ist, wie der französische Radiosender gehandelt hat, prüfen wir hier einmal nur die Möglichkeit gegen den Aufnehmenden vorzugehen.

Zusammengefasst ist in § 120 StGB ein Verbot geregelt, nach dem es unzulässig ist Telefongespräche aufzunehmen, um anderen von ihnen Kenntnis zu verschaffen oder sie zu veröffentlichen. Das Anfertigen einer Aufnahme von einem Telefongespräch ist also strafbar, wenn nicht im Ausnahmefall ein Rechtfertigungsgrund vorliegt. Daher besteht die Möglichkeit einer Strafanzeige gegen die Person, die den Mitschnitt getätigt hat. In diesem Fall führt der Staat das Strafverfahren durch.

Der von einer Aufnahme Betroffene hat aber auch die Möglichkeit, mit einer zivilrechtlichen Klage gegen denjenigen vorzugehen, der den Mitschnitt angefertigt hat. Er verstößt nämlich nicht nur gegen § 120 StGB, sondern verletzt auch die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen – in unserem Fall von Karim Benzema.

Jeder Mensch hat gemäß § 16 ABGB ein Persönlichkeitsrecht „am eigenen Wort“. Daraus resultieren Ansprüche auf Unterlassung und auf Löschung der heimlichen Tonaufnahme, die mit einer Klage durchgesetzt werden können. Denkbar sind in einem solchen Fall auch Schadenersatzansprüche.

Wie jeder Prozess, ist aber auch ein Verfahren zur Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs und des Anspruchs auf Löschung der Aufnahme nicht ohne Risiko. Die Person, welche die Aufnahme getätigt hat, kann behaupten, dass ihr Verhalten ausnahmsweise gerechtfertigt war. In diesem Fall führt das Gericht eine Interessensabwägung zwischen den Interessen des von der Aufnahme Betroffenen und den Interessen des Aufnehmenden durch. Der Aufnehmende wird aber sehr wichtige Gründe für sein Handeln angeben müssen. In einem Strafverfahren zum Beispiel, wurde das Abhören eines Telefongesprächs des Ehepartners zur Sammlung von Beweisen, die in einem Scheidungsverfahren verwendet werden können, nicht als Rechtfertigungsgrund anerkannt. Behauptete Rechtfertigungsgründe werden also streng geprüft.

Die Aufnahme des Telefonats von Karim Benzema wurde zumindest nicht ausschließlich zur Weiterleitung an Behörden oder zur Beweisführung in einem Zivilprozess angefertigt (wobei auch fraglich ist, ob dies überhaupt zulässig wäre). Nach den bekannten Informationen spricht daher viel für die Unzulässigkeit der Aufnahme des Telefonats von Karim Benzema. Das gilt noch mehr für die Weitergabe an die Medien.

Also rein nach der österreichischen Rechtslage betrachtet, hätte Benzema durchaus Chancen. Eine Prüfung nach der Rechtsordnung eines anderen Staates könnte natürlich zu einem anderen Ergebnis führen.

 

ZUM AUTOR:

Dr. Thomas Nikodem ist Rechtsanwalt und Partner bei der TELOS Law Group und ist unter anderem auf die Verteidigung in Strafsachen spezialisiert. Sie erreichen Dr. Nikodem unter nikodem@telos-law.com. Weitere Informationen finden Sie auch auf http://www.telos-law.com.

 

WEITERE BEITRÄGE VOM AUTOR:

Erpressung von Sportlern – Was steckt dahinter?

 

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Erpressung von Sportlern – was steckt dahinter?

Ein Gastbeitrag von Dr. Thomas Nikodem, LL.M.

Karim Benzema soll Mathieu Valbuena mit Sex-Video erpresst haben. Immer wieder kommt es zu Fällen von Erpressungen gegenüber Sportlern. Sie stehen im Rampenlicht und die Veröffentlichung von brisanten Informationen würde sich rasch verbreiten. Das macht Sportler sicher zu naheliegenden Opfern.

Im Rahmen des Wettskandals um Fußballspiele soll schon Dominique Taboga erpresst worden sein. Erst Ende September wurde bekannt, dass eine Achtzehnjährige versucht hat, den Eishockey-Spieler Jaromir Jagr mit einem Selfie zu erpressen. Vor wenigen Tagen wurde publik, dass Michael Gregoritsch – Spieler des HSV – nach einem Flirt unter Druck gesetzt worden sein dürfte. Zuletzt wurde dann Karim Benzema in Untersuchungshaft genommen, weil er Mathieu Valbuena mit einem Sex-Video (zumindest als Beitragstäter) erpresst haben soll.

Problematisch ist, dass eine Erpressung in der Regel ohne großen Aufwand durchgeführt werden kann. Ein Foto oder beispielsweise die Aufnahme eines Gesprächs können genügen, um das Opfer in unangenehme Situationen zu bringen. Die Täter gehen davon aus, die Opfer durch die Gefahr einer Veröffentlichung dazu zu verleiten, Geldzahlungen oder andere Leistungen zu erbringen, ohne die Polizei zu verständigen. Dies kann rechtlich aber weitreichende Folgen haben.

Gemäß § 144 Abs. 1 StGB begeht eine Person eine Erpressung, wenn sie jemanden mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung zu etwas nötigt, was diesen oder einen anderen am Vermögen schädigt. Weitere Voraussetzung ist, dass dies getan wird, um sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern. Erpressungen werden mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Bei schweren Fällen liegt gemäß § 145 Abs. 1 StGB eine Strafdrohung von einem bis zu zehn Jahren vor. Dass eine Erpressung nicht mit einer Geldstrafe, sondern sogar mit einer Mindeststrafe von sechs Monaten Freiheitsstrafe bedroht ist, zeigt, dass es sich dabei um kein harmloses Delikt, sondern eine ernstzunehmende Straftat handelt.

Aber was bedeutet dies nun und wann liegt eine Erpressung vor?

Wann Gewalt vorliegt, kann man sich noch vorstellen. Unklarer ist aber, wann eine gefährliche Drohung vorliegt, welche die alternative Voraussetzung für eine Erpressung ist. Das Androhen der Veröffentlichung von Fotos oder Videos sowie anderen Informationen scheint nach dem allgemeinen Sprachgebrauch keine gefährliche Drohung zu sein und daher keine Grundlage einer Erpressung sein zu können.

Bei einer gefährlichen Drohung handelt es sich nach § 74 Abs. 1 Z. 5 StGB um eine Drohung mit einer Verletzung an Körper, Freiheit, Ehre oder Vermögen, die geeignet ist, dem Bedrohten begründete Besorgnis einzuflößen. Die Gefahr ist demnach nicht mit körperlicher Gefahr gleichzusetzen, sondern hat auch eine finanzielle sowie eine emotionale Komponente. Demnach sind alle Drohungen mit Handlungen, die geeignet sind, die Ehre des Bedrohten zu verletzen oder herabzuwürdigen, auch geeignet, bei Vorliegen der anderen Voraussetzungen eine Erpressung zu verwirklichen.

 

Zum Autor:

Dr. Thomas Nikodem ist Rechtsanwalt und Partner bei der TELOS Law Group und ist unter anderem auf die Verteidigung in Strafsachen spezialisiert. Sie erreichen Dr. Nikodem unter nikodem@telos-law.com. Weitere Informationen finden Sie auch auf http://www.telos-law.com.

 

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Mögliche Konsequenzen für das WM-Organisationskomitee

Vieles spricht dafür, dass die WM 2006 aufgrund von Korruption an Deutschland vergeben wurde. Dies kann insbesondere Sperren für die Beteiligten zur Folge haben.

Groß war und ist die Aufregung, nachdem der Spiegel angeblich aufdecken konnte, dass das deutsche „Sommermärchen“ von 2006 ein gekauftes war. Der Sachverhalt ist jedoch extrem komplex und noch alles andere als restlos geklärt.

Der Spiegel veröffentlichte am 16.10. einen Bericht, wonach die Zeitschrift Beweise dafür habe, dass es im Vorfeld der Vergabe der WM zu Korruption gekommen ist. Der Spiegel hatte herausgefunden, dass das deutsche WM-Organisationskomitee (OK) 2005 eine als Kulturbeitrag deklarierte Zahlung in Höhe von 6,7 Mio € an die FIFA-Finanzkommission überwiesen hat. Diese sollte nach den Erkenntnissen des Spiegel den Betrag an den französischen Unternehmer Robert Louis-Dreyfus zurückzahlen. Nach Angaben des Spiegel hatte Dreyfuß nämlich vor der WM- Vergabe im Jahr 2000 dieselbe Summe an eine vom OK eingerichtete schwarze Kasse überwiesen.

Nach Angaben des ehemaligen DFB-Präsidenten Theo Zwanziger wurde ihm bereits 2012 von Günther Netzer und wiederum erst kurz vor erscheinen des Spiegel- Artikels von Horst Schmiedt, dem damaligen Vize-Präsidenten des OK mitgeteilt, dass das Geld für die Bestechung der 4 asiatischen Delegierten verwendet worden sei. Genauer gesagt sei der aus Katar stammende Delegierte Mohamed Bin Hammam bestochen worden, welcher sodann seinen Einfluss nutzte um die übrigen asiatischen Delegierten dazu zu bringen für Deutschland zu stimmen. Involviert waren laut dem Spiegel auf deutscher Seite insbesondere die Mitglieder des OK, also dessen Präsident Franz Beckenbauer, Vize Horst Schmidt, sowie der heutige DFB- Präsident Wolfgang Niersbach.

Letzterer schildert jedoch eine völlig andere Version des Sachverhalts. Dies lautet folgendermaßen: Nach zähen Verhandlungen erhielt Franz Beckenbauer 2002 die Zusage für den von ihm erbetenen und für die WM- Finanzierung dringend nötigen Zuschuss in Höhe von 170 Mio € von der FIFA- Finanzkommission an das OK. Als Gegenleistung forderte diese jedoch 6,7 Mio € von deutscher Seite. Aufgrund fehlender eigener Mittel lieh man sich diese sodann von Dreyfus. Nach dieser Variante wäre es mit Sicherheit zu keiner Korruption im Vorfeld der WM- Vergabe gekommen, da dies alles im Jahr 2002 passiert sein soll. Weiters behauptet Niersbach von diesen Zahlungen erst kürzlich erfahren zu haben. Dem widerspricht jedoch unter anderem Horst Schmiedt, der angibt bereits 2004 allen Mitgliedern des OK vom Anspruch, den Dreyfus nun gegen sie hatte, berichtet zu haben.

Auch der Rest von Niersbachs Ausführungen klingt wenig überzeugend, zumal er bei vielen Fragen angibt sich nicht zu erinnern. So etwa in Bezug auf eine wohl von ihm verfasste Notiz die augenscheinlich die Rückzahlung an Dreyfus anordnete. Zudem widersprach die FIFA den Angaben in einem Statement. Eine solche Koppelung eines Zahlungsvorschusses an eine zuvor getätigte Gegenleistung sei nämlich keinesfalls vorgesehen. Noch dazu sei die Finanzkommission nicht berechtigt und in Ermangelung eines eigenen Kontos nicht in der Lage selbst Zahlungen in Empfang zu nehmen. Auch aus logischen Gründen scheint die Bedingung 6,7 Mio € zahlen zu müssen, um dafür 170 Mio € zu erhalten etwas unlogisch. In beiden geschilderten Varianten ist der Beitrag der FIFA jedoch völlig unklar.

Nimmt man daher den vom Spiegel geschilderten Sachverhalt an, so kann dies für die Mitglieder des OK durchaus ernste Konsequenzen haben.

Zunächst läge ein klarer Fall des Art. 62 des FIFA Disziplinarreglements“ (Bestechung) vor. Indem nämlich das OK  die Delegierten bezahlte, damit diese für Deutschland abstimmen, erfüllen sie  Absatz 1 der Norm. Im vorliegenden Fall würde dies wohl, aufgrund der Bedeutung der Abstimmung und der Höhe der geflossenen Beträge eine Geldstrafe von jeweils mindestens 10.000 schweizer Franken nach Absatz 1a, sowie eine lebenslange Sperre bezüglich jeder mit dem Fußball in Verbindung stehenden Tätigkeit für alle Beteiligten nach Absatz 3 bedeuten.

In Bezug auf etwaige strafrechtliche Konsequenzen haben Beckenbauer und Co jedoch Glück. Die nach deutschem Recht in Betracht kommenden §§ 299, 300 dStGB (Bestechung im geschäftlichen Verkehr, besonders schwere Fälle der Bestechung) sehen eine Höchststrafe von 5 Jahren Freiheitsstrafe vor. Der staatliche Verfolgungsanspruch verjährt jedoch gemäß § 78 Absatz 3 Zeile vier dStGB 5 Jahre nach Beendigung der Tat. Auch aus dem schweizer Recht ergibt sich keine Möglichkeit die Beteiligten strafrechtlich zu belangen, da die in Frage kommenden Bestimmungen der Art. 4a iVm 23 des schweizer Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb eine Höchststrafe von maximal drei Jahren vorsieht. Der staatliche Verfolgungsanspruch verjährt hier gemäß Art. 97 Abs 1 Zeile 4 sStGB nach 10 Jahren ab dem Erfüllungszeitpunkt. Somit endete dieser bereits im Jahr 2010.

Somit dürfte den Mitgliedern des OK, sofern sich die Angaben des Spiegels bewahrheiten, „lediglich“ eine von der FIFA ausgesprochene Strafe drohen. Bis dahin ist allerdings noch viel zu klären.

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