Mögliche Konsequenzen für das WM-Organisationskomitee

Vieles spricht dafür, dass die WM 2006 aufgrund von Korruption an Deutschland vergeben wurde. Dies kann insbesondere Sperren für die Beteiligten zur Folge haben.

Groß war und ist die Aufregung, nachdem der Spiegel angeblich aufdecken konnte, dass das deutsche „Sommermärchen“ von 2006 ein gekauftes war. Der Sachverhalt ist jedoch extrem komplex und noch alles andere als restlos geklärt.

Der Spiegel veröffentlichte am 16.10. einen Bericht, wonach die Zeitschrift Beweise dafür habe, dass es im Vorfeld der Vergabe der WM zu Korruption gekommen ist. Der Spiegel hatte herausgefunden, dass das deutsche WM-Organisationskomitee (OK) 2005 eine als Kulturbeitrag deklarierte Zahlung in Höhe von 6,7 Mio € an die FIFA-Finanzkommission überwiesen hat. Diese sollte nach den Erkenntnissen des Spiegel den Betrag an den französischen Unternehmer Robert Louis-Dreyfus zurückzahlen. Nach Angaben des Spiegel hatte Dreyfuß nämlich vor der WM- Vergabe im Jahr 2000 dieselbe Summe an eine vom OK eingerichtete schwarze Kasse überwiesen.

Nach Angaben des ehemaligen DFB-Präsidenten Theo Zwanziger wurde ihm bereits 2012 von Günther Netzer und wiederum erst kurz vor erscheinen des Spiegel- Artikels von Horst Schmiedt, dem damaligen Vize-Präsidenten des OK mitgeteilt, dass das Geld für die Bestechung der 4 asiatischen Delegierten verwendet worden sei. Genauer gesagt sei der aus Katar stammende Delegierte Mohamed Bin Hammam bestochen worden, welcher sodann seinen Einfluss nutzte um die übrigen asiatischen Delegierten dazu zu bringen für Deutschland zu stimmen. Involviert waren laut dem Spiegel auf deutscher Seite insbesondere die Mitglieder des OK, also dessen Präsident Franz Beckenbauer, Vize Horst Schmidt, sowie der heutige DFB- Präsident Wolfgang Niersbach.

Letzterer schildert jedoch eine völlig andere Version des Sachverhalts. Dies lautet folgendermaßen: Nach zähen Verhandlungen erhielt Franz Beckenbauer 2002 die Zusage für den von ihm erbetenen und für die WM- Finanzierung dringend nötigen Zuschuss in Höhe von 170 Mio € von der FIFA- Finanzkommission an das OK. Als Gegenleistung forderte diese jedoch 6,7 Mio € von deutscher Seite. Aufgrund fehlender eigener Mittel lieh man sich diese sodann von Dreyfus. Nach dieser Variante wäre es mit Sicherheit zu keiner Korruption im Vorfeld der WM- Vergabe gekommen, da dies alles im Jahr 2002 passiert sein soll. Weiters behauptet Niersbach von diesen Zahlungen erst kürzlich erfahren zu haben. Dem widerspricht jedoch unter anderem Horst Schmiedt, der angibt bereits 2004 allen Mitgliedern des OK vom Anspruch, den Dreyfus nun gegen sie hatte, berichtet zu haben.

Auch der Rest von Niersbachs Ausführungen klingt wenig überzeugend, zumal er bei vielen Fragen angibt sich nicht zu erinnern. So etwa in Bezug auf eine wohl von ihm verfasste Notiz die augenscheinlich die Rückzahlung an Dreyfus anordnete. Zudem widersprach die FIFA den Angaben in einem Statement. Eine solche Koppelung eines Zahlungsvorschusses an eine zuvor getätigte Gegenleistung sei nämlich keinesfalls vorgesehen. Noch dazu sei die Finanzkommission nicht berechtigt und in Ermangelung eines eigenen Kontos nicht in der Lage selbst Zahlungen in Empfang zu nehmen. Auch aus logischen Gründen scheint die Bedingung 6,7 Mio € zahlen zu müssen, um dafür 170 Mio € zu erhalten etwas unlogisch. In beiden geschilderten Varianten ist der Beitrag der FIFA jedoch völlig unklar.

Nimmt man daher den vom Spiegel geschilderten Sachverhalt an, so kann dies für die Mitglieder des OK durchaus ernste Konsequenzen haben.

Zunächst läge ein klarer Fall des Art. 62 des FIFA Disziplinarreglements“ (Bestechung) vor. Indem nämlich das OK  die Delegierten bezahlte, damit diese für Deutschland abstimmen, erfüllen sie  Absatz 1 der Norm. Im vorliegenden Fall würde dies wohl, aufgrund der Bedeutung der Abstimmung und der Höhe der geflossenen Beträge eine Geldstrafe von jeweils mindestens 10.000 schweizer Franken nach Absatz 1a, sowie eine lebenslange Sperre bezüglich jeder mit dem Fußball in Verbindung stehenden Tätigkeit für alle Beteiligten nach Absatz 3 bedeuten.

In Bezug auf etwaige strafrechtliche Konsequenzen haben Beckenbauer und Co jedoch Glück. Die nach deutschem Recht in Betracht kommenden §§ 299, 300 dStGB (Bestechung im geschäftlichen Verkehr, besonders schwere Fälle der Bestechung) sehen eine Höchststrafe von 5 Jahren Freiheitsstrafe vor. Der staatliche Verfolgungsanspruch verjährt jedoch gemäß § 78 Absatz 3 Zeile vier dStGB 5 Jahre nach Beendigung der Tat. Auch aus dem schweizer Recht ergibt sich keine Möglichkeit die Beteiligten strafrechtlich zu belangen, da die in Frage kommenden Bestimmungen der Art. 4a iVm 23 des schweizer Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb eine Höchststrafe von maximal drei Jahren vorsieht. Der staatliche Verfolgungsanspruch verjährt hier gemäß Art. 97 Abs 1 Zeile 4 sStGB nach 10 Jahren ab dem Erfüllungszeitpunkt. Somit endete dieser bereits im Jahr 2010.

Somit dürfte den Mitgliedern des OK, sofern sich die Angaben des Spiegels bewahrheiten, „lediglich“ eine von der FIFA ausgesprochene Strafe drohen. Bis dahin ist allerdings noch viel zu klären.

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