Der schwierige Kampf gegen das Doping

Es ist schon wieder etwas passiert. Bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Peking wurden die kenianischen Läuferinnen Koki Manunga (400 m Hürden) und Joyce Zakary (400 m) suspendiert. Die ARD und die Sunday Times sprachen nach Prüfung von 12.000 Proben von 5.000 Athletinnen und Athleten von möglichen 800 Dopingfällen. In Österreich würde das mit bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe bestraft.

1993 hatten die mit Anabolika gedopte Sprintstaffel rund um Andreas Berger mit Franz Ratzenberger, Thomas Renner und Gernot Kellermayr relativ gesehen Glück. Sprinter Elmar Lichtenegger, Läuferin Susanne Pumper, Triathlethin Lisa Hüttahler und die Radfahrer Bernhard Kohl und Christian Pfannberger ebenfalls. Sie alle hatten Glück, „nur“ von der Natinalen Anti-Doping Agentur (NADA) gesperrt zu werden. Denn seit 1. Jänner 2010 ist Doping im § 147 StGB als schwerer Betrug definiert, gemäß Absatz 3 drohen, wenn die „Tat einen 50 000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführt“ eine „Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren“. Das geht deutlich und doppelt so weit über die Maximalstrafe von fünf Jahren hinaus, die das Anti-Doping Bundesgesetz 2007 (ADBG 2007) für den Besitz, Handel und Weitergabe vorsieht. Die Straftatbestände sind im § 22a ADBG 2007 idgF geregelt und die Maximalstrafe ergibt sich aus § 22a (5) iVm (4): Fünf Jahre drohen, wenn die Straftat innerhalb der letzten zwölf Monate mindestens drei Straftaten im Sinne des § 22a begangen hat und die Wahrscheinlichkeit auf wiederkehrende Begehung der Straftat besteht der wenn es sich um Minderjährige handelt. Zudem muss eine gewisse Menge vorliegen.

Die strafrechtliche Verfolgung von Doping ist aber umstritten. Denn zunächst ist es so, dass im globalisierten Sport nationale Gesetze ohnehin wenig wirkungsvoll sein können. Wenn Land A hart sanktioniert und Land B nicht, dann ergibt sich eine Schieflage. Hinzu kommt, dass sich Staaten auch im „Krieg gegen Drogen“ nicht unbedingt geschickt anstellen. Besitz und Weitergabe illegaler Substanzen ist schwierig zu sanktionieren und sehr teuer. In den USA sind beispielsweise drakonische mandatory minimum sentences auch für erstmalig mit geringen Mengen von Drogen erwischten Straftäter*innen keine Abschreckung. Sie überfüllen hauptsächlich Gefängnisse und kosten den Staat nur Unmengen an Geld. Wie anders wäre es zu erklären, dass Cannabis in den letzten Jahren nach und nach den Weg in die Legalität findet?

Zudem ist, wie die FAZ bereits vor zwei Jahren anmerkte, Doping bzw. Leistungsoptimierung oder Normierung kein genuin sportliches Problem: „Hochleistungssport fügt sich der Maxime der Leistungssteigerung. Man greift allenthalben zu Arznei- und Suchtmitteln, um Leistungen zu verbessern, physische oder psychische Schwächen zu beseitigen. Unter ADHS leidende Schüler erhalten Ritalin. Viele Schüler und Studierende bereiten sich mit „Brain Boosters“ auf Prüfungen vor.“ Dabei ist auch durchaus die Unterscheidung zwischen Weitergabe und Eigendoping zu unterscheiden. Die FAZ schlussfolgerte, dass der Ball eher den Sportverbänden zugespielt werden sollte.

Die verpflichten sich der Weltantidopingorganisation WADA und den nationalen Antidopingagenturen. Aber auch hierbei gibt es Kritik und rechtliche Probleme. Nachdem Spitzensportler*innen quasi Tag und Nacht für allfällige Dopingkontrollen zur Verfügung stehen müssen, ergeben sich Interferenzen mit Grundrechten, etwa dem Artikel 8 der EMRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens). Sportler*innen verschiedenster Disziplinen, von der Fußballergewerkschaft FIFPro bis zu Ruderern und Tennispielern, fühlen sich durch die ständige Verfügbarkeit in ihren Rechten eingeschränkt – auch wenn das Internet kurzfristige Änderungen im Tagesablauf mittlerweile zulässt.

Dabei hat man sich noch nicht einmal zu einem Kernproblem des Dopings vorgearbeitet. Denn Sport an sich wird von Nationen sehr gerne als Selbstdarstellungsform gewählt. Legendär in dem Zusammenhang die Vorgänge in der DDR, aber je mehr Zeit vergeht, desto mehr gibt es Offenlegungen und Berichte über systematisches staatliches Doping in vielen auch weltpolitisch relevanten Nationen.

Es ist letztlich weniger eine juristische, denn eine moralische Frage, ob Sportler*innen dopen oder nicht. Hohe Strafen haben schließlich noch kaum jemanden davon abgehalten, eine Straftat zu begehen. Sportler*innen, Funktionäre und Medien tragen sicherlich dazu bei, dass im Streben nach höher, schneller und weiter gedopt wird. Letztlich sind aber auch die Konsument*innen in die Pflicht zu nehmen. Diese lechzen nach immer mehr Wettkämpfen und ergötzen sich an immer außergewöhnlichen Leistungen und üben Druck aus. Immer wieder berichten zudem Sportler*innen, dass heutzutage, etwa im Skifahren oder im Tennis, nur noch die absolute Weltelite reich werden kann. Ab Rang 20 wird es schwierig. Auch im Fußball reichen 15 Profijahre nur noch in den vielleicht zehn Topligen aus, um viel Geld zu verdienen. Ob in dem Zusammenhang die neuen Dopingregeln, die international seit Anfang 2015 gelten, mehr Durchschlagskraft haben, muss dahin gestellt werden.

Ob zwei statt vier Jahre Sperre bei einem Dopingvergehen, drohende wirtschaftliche Bestrafung durch Entzug von Förder- und Sponsorengeldern sowie strafrechtliche Verfolgung in manchen Staaten Doping wirklich bekämpfen werden können, bleibt offen. Das zeigen die jüngsten Ereignisse.

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