UEFA lockert Financial Fair Play-Regeln
„Von der Austerität zu nachhaltigem Wachstum“, so umschrieb UEFA-Generalsekretär Gianni Infantino die Lockerung der Financial Fairplay-Regeln. Für Dynamo Moskau kommt das zu spät, der russische Klub ist von den UEFA-Wettbewerben ausgeschlossen.
Über die großen Namen wie Manchester City oder Paris St. Germain hat sich die UEFA-Finanzkontrollkammer für Klubs ohnehin nicht drüber getraut. Die Klubs bekamen Strafen auferlegt, während Vereine wie eben Dynamo Moskau, Skonto Riga oder Petrolul Ploesti die volle Härte der Bestimmungen der Lizenzierungsbestimmungen für Champions- oder Europa League zu spüren bekamen. Sei es wie es ist, die UEFA hat sich nun entschlossen, die geltenden Regelungen großzügiger auszulegen. Nun ist seit dem 29. Juni 2015, als das neue UEFA-Reglement zur Klublizenzierung und zum finanziellen Fairplay vom UEFA-Exekutivkomitee gemäß Artikel 74 desselben genehmigt wurde, mehr Spielraum möglich. Anhang XII des Dokuments sieht vor: „1. Ein Klub kann bei der Untersuchungskammer der UEFA-Finanzkontrollkammer für Klubs den Abschluss einer freiwilligen Vereinbarung mit dem Ziel der Einhaltung der Break-even-Vorschrift beantragen.“
In der Praxis bedeutet dies, dass Vereine, die finanzielle Probleme aufweisen – Verbindlichkeiten gegenüber anderen Klubs, Arbeitnehmern, den Finanzämtern oder den Sozialversicherungsträgern (Art. 49ff UEFA-Reglement) – eine Selbstanzeige erstatten können und somit eine Strafe per Reglement aus dem Weg gehen können. Die Gründe dafür sind vielfältig. Einerseits drohten große Klubs mit Klagen, andererseits möchte die UEFA „Wachstum ermöglichen“, wie es Gianni Infantino ausdrückte. Bislang durften Mäzene 45 Millionen Euro zuschießen, nun 30, um das Saisondefizit zu kompensieren. Mit der neuen Regelung fällt das mehr oder weniger weg, so lange diese nachhaltig wären, also die Klubs beweisen können, dass die Investitionen zu Gewinn führen können.
Man wolle des Weiteren auf die Besonderheiten der Märkte eingehen. UEFA-Präsident Michel Platini ließ sich folgendermaßen zitieren: „Wir bewegen uns gegenwärtig von einer Zeit der Austerität hin zu einer, in der wir mehr Möglichkeiten für nachhaltiges Wachstum und Entwicklung bereit stellen können.“ Kritiker wie die renommierte Neue Zürcher Zeitung sehen in den Neuerungen ohnehin lediglich die Festschreibung dessen, was bislang Realität war: Individuelle Arrangements. Durch diese Aufweichung passiere Folgendes: „Jetzt wird sie noch weniger Strafinstanz.“
Doch noch zwei weitere Punkte sind neu. Zunächst, dass die lokalen Herausforderungen bedacht werden. Kasachen und Moldawier sind also anderen Regeln unterworfen als etwa Deutsche oder Spanier. Das verhindert freilich ein Emporkommen der Kleinen Klubs, was wiederum genau das Gegenteil ist, weswegen das Financial Fairplay überhaupt eingeführt wurde.
Und des Weiteren sollen auch Klubübernahmen erleichtert werden. Dieses gesamte Konvolut an Neuerungen – individuelle Arrangements, Berücksichtigung lokaler Begebenheiten, Übernahmeerleichterungen – sind laut Infantino eine „Anpassung“ an die heutigen Herausforderungen, aber in Wahrheit wohl eher die Aufweichung des Financial Fairplay, das ohnehin nie die wirklich großen Player getroffen hat oder treffen konnte. Mehr als eine Stellungnahme, dass das Financial Fairplay mit den „politischen Konzepten der EU-Kommission im Bereich der staatlichen Unterstützung übereinstimmen“ existiert nicht. Man erinnere sich nun an 1995 und das Bosman-Urteil (Georg Sander, 29.6.2015).
Bild: © Shutterstock/Ververidis Vasilis
Stock-Foto ID: 158867213
Der Autor studiert Rechtswissenschaften und arbeitet seit vielen Jahren als freier Journalist unter anderem für das online Sportportal 90minuten.at. Bei LawMeetsSports widmet sich Georg vorwiegend den rechtlichen Themen rund um den Fußball.