C-333/21 – ein Game Changer?

C-333/21 hat das Zeug zum großen Wurf, C-333/21 hat das Zeug zum Umbruch eines Systems, C-333/21 hat das Zeug zum Game-Changer. Aber was ist eigentlich C-333/21?

Gestern Vormittag wurde offiziell bestätigt, was für viele bereits absehbar war: Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg (EuGH) gab bekannt, ein Vorabentscheidungsersuchen in der Causa „Super League“ erhalten zu haben. So verlautbarte das Höchstgericht via Twitter: „#ECJ: European Super League claims @UEFA / @FIFAcom in violation of EU Competition rules in a reference from Madrid Court #football #EuropeanSuperLeague (C-333/21)“. C-333/21 ist also das Aktenzeichen. Ein Aktenzeichen, welches das Potenzial hat, an den sportrechtlichen Grundstrukturen zu rütteln.

Worum geht’s?

Wir erinnern uns noch gut an die Szenen nach der Ankündigung der Gründung einer europäischen Super League (siehe dazu unseren Beitrag). Es waren zwei Tage im April, die wohl jedem Fußballfan in Erinnerung bleiben werden. Die Ereignisse überschlugen sich stündlich. Aber der Reihe nach: In der Nacht vom 18. auf den 19. April verlautbarten die „Big Six“ aus England (Arsenal FC, Chelsea FC, Liverpool FC, Manchester City, Manchester United und Tottenham Hotspur) sowie drei Spitzenvereine aus Spanien (Atlético de Madrid, FC Barcelona und Real Madrid CF) und aus Italien (AC Milan, FC Internazionale Milano und Juventus FC) die Gründung einer europäischen Super League. Was darauf folgte, ist hinlänglich bekannt. Mediale Empörung, Fanproteste und ein Rückzug nach dem anderen. Und nach nicht einmal 48 Stunden schien das Projekt auch schon wieder der Geschichte anzugehören. So zogen sich zuerst die sechs englischen Vereine zurück, ehe ihnen zeitnah nahezu alle anderen Vereine folgten – Ausnahme: FC Barcelona, Real Madrid CF und Juventus FC (gegen die „Abtrünnigen“ wurde indes ein Disziplinarverfahren eröffnet). Viel Lärm um nichts?

Unabhängig der persönlichen Einstellung zum sportlichen Mehrwert eines solchen Wettbewerbs, machen spannende Rechtsfragen die Befassung mit dem Thema durchaus lohnend. Für die Sportrechtswissenschaft könnte die Causa also ihren Nutzen haben. Die Vereinbarkeit der Monopolstellung von Spitzenverbänden (zB FIFA oder UEFA) mit dem Wettbewerbsrecht der EU war bereits Gegenstand einiger juristischer Abhandlungen. Eine klare Antwort des EuGH ist noch ausständig.

EuGH greift den Ball „Super League“ auf

Eine solche könnte C-333/21 liefern. Denn: Ein Madrider Gericht hat den EuGH um eine Vorabentscheidung ersucht. Die konkrete Vorlagefrage ist der Öffentlichkeit (soweit ersichtlich) bislang nicht bekannt. Medienberichten zufolge will das spanische Gericht – vereinfacht gesagt – wissen, ob die FIFA und UEFA Monopolstellungen ausüben, die gegen das Wettbewerbsrecht der EU verstoßen. Dass es sich bei den Spitzenverbänden um Monopolisten handelt, wird vor dem Hintergrund der hierarchisch-organisierten Verbandspyramide und des Ein-Platz-Prinzips wohl kaum jemand (ernsthaft) bestreiten. Fraglich ist jedoch, ob diese Monopolstellung bzw. der vorgeworfene Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung iSd AEUV gerechtfertigt werden kann. Das hat nun der EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens zu beurteilen.

Das Vorabentscheidungsverfahren ist ein Verfahren, in welchem der EuGH auf Vorlage eines Gerichts eines Mitgliedstaats über die Auslegung des Unionsrechts entscheidet (Art 267 AEUV). Die Entscheidungen des EuGH sind für die mitgliedsstaatlichen Gerichten bindend. Dadurch soll in den Mitgliedstaaten eine einheitliche Anwendung und Auslegung des Unionsrechts sichergestellt werden.

Die UEFA hat bereits Stellung genommen: Sie sei überzeugt von ihrer Position, die sie „robust verteidigen“ werde (Statement auf Twitter). Einem juristischen Schlagabtausch steht somit nichts mehr im Wege.

C-333/21 – Game Changer oder Show Stopper?

Ob C-333/21 tatsächlich ein Game Changer wird, bleibt abzuwarten. Das Potenzial bestünde jedenfalls. Es kann freilich auch anders kommen. Zuletzt hat der EuGH die Stellung des Unionsrechts im Fall der Kollision mit der sportlichen Autonomie betont; so erachtete der Gerichtshof den teilweisen Ausschluss von Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten von den deutschen Leichtathletikmeisterschaften der Senioren im Amateursport als einen Verstoß gegen Unionsrecht (Rs TopFit und Biffi). Auch das Europäische Gericht (EuG) schlug unlängst in eine ähnliche Kerbe: In der Causa International Skating Union (ISU) wurde im Dezember 2020 entschieden, dass die Regeln der ISU, wonach Sportler für die Teilnahme an externen Wettbewerben mit harten Sanktionen belegt werden können, gegen die Wettbewerbsregeln der Union verstoßen (Rs International Skating Union/Kommission). Ist daraus bereits eine Tendenz ableitbar? Die Entscheidung in der Causa Super League bleibt mit Spannung abzuwarten. Sie könnte an den sportrechtlichen Grundstrukturen rütteln. LAW MEETS SPORTS bleibt am Ball…

Bild: © Shutterstock/thodonal88
Stock-Foto ID: 398290300

Politische Statements auf dem Rasen und der „Mündige Spieler“

„Ein mündiger Spieler soll seinen Mund aufmachen dürfen“, fordert Marc Janko in seiner Kurier-Kolumne „MARCant“. Kölns Sportchef Horst Heldt schließt sich dieser Meinung an und spricht sich für den meinungsstarken Spieler aus. Dennoch beinhalten sowohl die DFB-Spielregeln als auch die Spielbetriebsrichtlinie der Österreichischen Fußballbundesliga (ÖFBL) einen Passus, der jegliche Art von politischer Kundmache seitens der Spieler auf dem Fußballplatz rigoros verbietet. Darf ein Fußballverband die freie Meinungsäußerung in einem solchen Ausmaß einschneiden und wenn ja, sind diese Regelungen noch zeitgemäß? Eine Beleuchtung der Hintergründe aus rechtlicher Perspektive.

Das Drama um George Floyd in Minneapolis fand quer um den Erdball Verbreitung und sorgte für Entsetzen sowie hitzige und gewaltbeladene Proteste. Auch Einige Spieler der Deutschen Bundesliga nutzten die Plattform „Fußballplatz“ und gaben ihrem Unmut Raum: Ein andächtiger Kniefall des Gladbacher Stürmerstars Marcus Thuram mit eingezogenem Haupt, ein auf der Brust prangerndes Memoire unter den Trikots der Dortmunder Jadon Sancho und Achraf Hakimi: „Justice for George Floyd“, Gerechtigkeit für George Floyd. Auch der damalige Schalker Weston McKennie spielte mit Trauerflor. Eine Szenerie der Menschlichkeit, ein Einsatz für mehr Gerechtigkeit auf dieser Welt.

 

Problem dabei war jedoch, dass Regel 5 der DFB-Spielordnung im Bereich „Ausrüstung der Spieler“, eben solche politischen Äußerungen und Statements auf dem Fußballplatz verbietet. Der DFB-Kontrollausschuss war nun gefragt, den Sachverhalt zu beurteilen. Er ist gemäß § 50 der DFB-Satzung das für die Ahndung und Anklageerhebung von Regelwidrigkeiten im Rahmen der DFB-Rechtsvorschriften zuständige Organ. Trotz des klaren Regelverstoßes nach dem Wortlaut der Norm nahm er keine Ermittlungen gegen eben benannte Spieler auf. Warum? Die Begründung ist einleuchtend.

„Im konkreten Fall handelt es sich aber um gezielte Anti-Rassismus-Aktionen der Spieler, die sich damit für Werte starkmachen, für die der DFB ebenfalls steht und immer eintritt“, lässt sich der Vorsitzende des Kontrollausschusses, Anton Nachreiner, in der FAZ zitieren. Das Anprangern von Rassismus und Gewalt war zwar als Regelverstoß zu verstehen, wurde aber trotzdem als ein Starkmachen für die Grundfesten der Verfassung und der Menschlichkeit gerechtfertigt. Der Justiziar des SV Werder Bremen, Dr. Henning Hofmann, nannte das im Sportrechtspodcast „Liebling Bosman“ wunderbar vielsagend einen „verfassungsrechtlichen NoBrainer“.

Was natürlich ohne Zweifel richtig erscheint und im Sinne der grundlegenden Vernunft natürlich nicht geahndet werden durfte, gibt dennoch Raum für einige rechtliche Fragen.

Das Fundament des Verbandsrechts

In Österreich wird aus dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Vereins- und Versammlungsfreiheit in den Art. 12 StGG und 11 EMRK der Grundsatz der „Verbandsautonomie“ abgeleitet.  Selbige bedeutet im Wesentlichen, dass es Vereinen und Verbänden obliegt, ihre inneren Angelegenheiten selbstständig zu regeln. Dies umfasst natürlich primär das Recht zur eigenen Rechtsetzung sowie die dem nachgeschaltete Anwendung und Durchsetzung dieses autark geschaffenen Verbandsrechts. Das Recht zur Schaffung dieser sogenannten „Lex Sportiva“ lässt sich also als Zwischenfazit aus der Bundesverfassung ableiten. In Deutschland werden die weitgehend deckungsgleichen Prinzipien aus ähnlichen Bestimmungen abgeleitet.

Die Verbandsautonomie im Spannungsfeld zur Meinungsfreiheit

Natürlich ist bezüglich der Regelungen, welche die politische Betätigung auf dem Fußballplatz verbieten, auf das Spannungsfeld zum in den Art. 13 StGG und Art. 10 EMRK statuierten Recht auf freie Meinungsäußerung einzugehen. Problematisch erscheint aus Sicht der Spieler jedoch, dass typischerweise keine unmittelbare Wirkung der Grundrechte zwischen Privaten (Vereine/ Verbände/ Spieler) bejaht wird.

Möglicherweise kann jedoch eine gewisse Grundrechtsbindung für die Sportverbände im Wege der Generalklauseln des Zivilrechts, hier vor allem im Lichte der Sittenwidrigkeitsschranke gemäß § 879 ABGB, argumentiert werden. Dies bedürfte wohl noch genauerer Ausführung und Argumentation, allerdings kann generell von einer verstärkten Grundrechtsbindung für Verbände ausgegangen werden. Wie erwähnt, kommt Vereinsstatuten als Ausfluss der Verbandsautonomie eine dem Geltungsbereich und der Regelungsintensivität nach sehr weitreichende Regelungsbefugnis zu. Eine mittelbare Drittwirkung i.S.v. § 879 ABGB wird beispielsweise auch für Kollektivvertragsparteien bejaht. Um also eine Möglichkeit der Interessenwahrung gegenüber dieser (nichtstaatlichen) direktoralen Kraft zu schaffen, erscheint eine gewisse Bindung an die Grundrechte für Sportverbände also nur gerecht.

Allerdings kann der professionelle Sport mit all seinen Eigenheiten wohl nicht nur im strikt rechtlichen Sinne betrachtet werden. Auch eine solche Beschränkung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Meinungsfreiheit müsste insofern stärker gesellschaftspolitisch betrachtet werden. Demnach könnte den Sportverbänden bezüglich der Regelungen, welche die politische Betätigung auf dem Fußballplatz verbieten, durchaus ein legitimes Ziel unterstellt werden, das mit verhältnismäßigen Mitteln umgesetzt wird. Zum Ersten funktioniert der Sport wohl nur mit seiner weitreichenden Verbandsautonomie. Andererseits ist die Welt, in der wir leben, zunehmend stark politisch gepolt. Klare politische Verortungen sorgen häufig für einen ungeheuren medialen Aufschrei. In diesem Sinne könnten die immer wiederkehrenden stark patriotisch angehauchten Torjubel der türkischen Fußballnationalmannschaft erwähnt werden. Da der Fußball ein Milliardengeschäft ist und die Sportverbände und Vereine zunehmend hochdotierte wirtschaftliche Unternehmen sind, haben sie natürlich ein berechtigtes Interesse daran, die Politik vom Spiel fernzuhalten. Der Fußball soll eben das bleiben, was er ist: Ein Spiel. Die politische Äußerung soll deshalb überwiegend von den Verbands- und Vereinsstellen selbst ausgeübt werden. Natürlich muss hinzu gesagt werden, dass den Spielern immer noch gänzlich frei steht, ihre politische Positionierung auf Social Media und sonstwie abseits des Fußballplatzes zu äußern. Allerdings kann festgehalten werden, dass die Einschränkung der Meinungsfreiheit im Spannungsfeld zur Verbandsautonomie auch aufgrund der Eigenheiten des Sportrechts hingenommen werden muss. Ob dies nun ob der immer größeren gesellschaftlichen Bedeutung des Fußballs noch zeitgemäß ist, bietet natürlich Raum für Kritik.

Was dem „mündigen Spieler“ entgegensteht – Ein Blick in das Verbandsrecht

Die Debatte über den Passus in Regel 5 der DFB-Spielregeln in Deutschland erhitzte sich zunehmend.

„Die Ausrüstung darf keine politischen (…) Slogans, Botschaften oder Bilder aufweisen. Spieler dürfen keine Unterwäsche mit politischen (…) Slogans, Botschaften oder Bildern (…) zur Schau stellen.“

Im Weiteren findet sich in einer sogenannten Kommentierung als Auslegungshilfe die Definition einer „politischen Botschaft“ im Sinne dieser Regel wieder. Hier werden beispielsweise die Bezugnahme auf lebende oder verstorbene Personen, sowie die Bezugnahme auf nationale Regierungen ausdefiniert, was im oben geschilderten Fall in der Deutschen Bundesliga als Kritik am strukturellen Rassismus und der Polizeigewalt in den USA wohl auch mittelbar der Fall gewesen sein könnte.

Auch in Österreich lässt sich aus § 27 Spielbetriebsrichtlinie der ÖFBL eine ähnlich gelagerte Einschränkung herleiten. Im Punkt „Politische Aktionen“ wird unter Anderem die „Verbreitung oder Durchsage von politischen Parolen“ verboten. Laut dem Wörterbuch Duden wird der Begriff „politisch“ naheliegend als etwas „die Politik Betreffendes“ formuliert. Eine Regel, die an ihrem Wortlaut gemessen durchaus enger formuliert und daher auch durchaus breiter verstanden und ausgelegt werden könnte als jene in den DFB-Spielregeln.

Jedenfalls könnte man sagen, dass ein solch meinungs- und lautstarkes Plädoyer für die Black Lives Matter Bewegung auch in den österreichischen Profiligen wohl als regelwidrig im Sinne der Spielbetriebsrichtlinie anzusehen wäre.

Die mögliche Kritik an einem solchen Regelwerk

Problematisch erscheint wohl jedenfalls, dass solche Regularien in den Verbandsstatuten je nach Einzelfall sehr unterschiedlich ausgelegt werden könnten. Der DFB-Kontrollausschuss hat durch den Entschluss der Nichtaufnahme von Ermittlungen gegen Sancho und Co natürlich das einzig richtige Statement im Sinne einer wertgewandten, zeitgemäßen und menschenrechtsachtenden Rechtsanwendung gesetzt. Doch sorgt das Vorgehen womöglich für Rechtsunsicherheiten in der Zukunft.

Einige Quellen hinterfragen, ob es sinnvoll ist, einem Verbandsorgan eine solch subjektive Wertung vornehmen zu lassen. Wo kann die Grenze zwischen der wertungsmäßig erwünschten und weniger erwünschten Meinungsäußerung auf dem Fußballplatz gezogen werden?

Der Schalker Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Tönnies war 2019 mit rassistischen Äußerungen bei seiner Festrede zum „Tag des Handwerks“ in Paderborn aufgefallen. Darf sich auch gegen so etwas stark gemacht werden? Was wäre, wenn ein Fußballspieler beim Torjubel lautstark für den Klimaschutz protestiert und dabei Kritik am russischen Ölkonzern Gazprom übt, der selbst als finanzkräftiger Sponsor in der Deutschen Fußballliga tätig ist? Wäre der Kontrollausschuss den Spielern in solch heiklen Fällen auch so wohlgesonnen?

Das scheint zwar zurzeit ein bloßes Gedankenspiel zu sein, doch könnte argumentiert werden, dass sowohl die Regel 5 der DFB-Spielregeln als auch § 27 Spielbetriebsrichtlinie der ÖFBL grundlegend reformiert werden sollten.

Womöglich wäre zur Schaffung von mehr Rechtssicherheit für Vereine und Sportler ein Abgehen von einer solch starken subjektiven Wertung des Sachverhalts denkmöglich. Umgesetzt werden kann dies beispielsweise durch Vorbehalte und Ausnahmeregelungen in den Spielregeln. Eine Generalklausel beispielsweise, die es erlaubt, dass Werte am Spielfeld vertreten werden dürfen, die verfassungsrechtliche Grundwerte betreffen oder die den Wertekonsens des jeweiligen Fußballverbandes wiederspiegeln. Sozusagen ein Verbandsrecht, das explizit den Raum schafft für „verfassungsrechtliche NoBrainer“. Nur so kann wohl dem Wunschdenken des „mündigen Spielers“ der juristisch saubere Boden unterlegt werden.

Bild: © Shutterstock/Matej Kastelic
Stock-Foto ID: 314450531

Spielervermittler im Fokus

Anfang Dezember ging eine Meldung über Spielervermittler (Spielerberater) im Fußballgeschäft viral, welche den ein oder anderen Fußballfan erheblich staunen ließ. Demnach sollen Spielervermittler im Jahr 2019 rund 600 Millionen Euro an Provisionen kassiert haben. Damit haben sich die Einnahmen im Vergleich zum Jahr 2018 um rund 19,3% erhöht. Neben Vereinen und Spielern profitieren somit auch immer mehr Spielervermittler vom Milliardengeschäft Fußball. Im laufenden Jahr wurden dem jüngsten Bericht des Transfer Matching Systems (TMS) des Weltverbands zufolge 17.896 Spielertransfers vollzogen so viele wie noch nie! Dabei sollen an fast einem Fünftel (3558 Transfers) Spielervermittler beteiligt gewesen sein. Aufgrund der Aktualität sollen Spielervermittler nun unter die rechtswissenschaftliche Lupe genommen werden. Der folgende Beitrag soll die Thematik anhand des „ÖFB-Reglement zur Arbeit mit Spielervermittler“ kurz und prägnant beleuchten.

Spielervermittler: Fluch oder Segen?

Zu den wohl bekanntesten Spielervermittlern gehören Mino Raiola (ua Paul Pogba), Jorge Mendes (ua Cristiano Ronaldo) oder auch Jonathan Barnett (ua Gareth Bale). Neben diesen prominenten Namen waren aber allein in Österreich im Zeitraum vom 15. 3. 2018 – 15. 3. 2019 71 Spielervermittler registriert. In Deutschland gibt es für die Spielzeit 2019/20 sogar 310 vorregistrierte Spielervermittler. Die Anzahl der Vermittler hängt auch mit den vergleichsweise niederschwelligen Zugangserfordernissen (siehe dazu gleich) zusammen. In der Öffentlichkeit gerät die Branche oftmals in die Kritik; dabei wird den einzelnen Akteuren oftmals vorgehalten, lediglich „schnelles und gutes Geld“ verdienen zu wollen. Zudem würden sie immer jüngere Spieler jagen und damit oftmals auch einen negativen Einfluss auf die Laufbahn eines jungen Spielers nehmen. Auch fehlendes rechtliches Fachwissen im Rahmen der Abwicklung eines Transfers samt der umfassenden rechtlichen Prüfung des Arbeitsvertrages wird teilweise bemängelt. Dadurch hat die Branche in der Öffentlichkeit mitunter einen schlechten Ruf. Neben diesen „Auswüchsen der Branche“ hat die Einbeziehung eines Spielervermittlers natürlich auch zahlreiche Vorteile für die Beteiligten. So haben Spielervermittler oftmals Kontakte zu zahlreichen Vereine (die der Spieler selbst nur sehr schwer herstellen könnte), kennen die Gehaltsschemen und typische Klauseln in Verträgen, woraus eine qualitativ hochwertige Beratung resultieren kann. Die eingangs gestellte Frage wird daher für den jeweiligen Einzelfall (unterschiedlich) zu beantworten sein.

Das Spielervermittler-Reglement des ÖFB

Im ÖFB-Reglement zur Arbeit mit Spielervermittlern (im Folgenden: Spielervermittler-Reglement – damit wurden die Vorgaben der FIFA umgesetzt) wird der Spielervermittler als eine natürliche oder juristische Person definiert, die gegen Entgelt oder auch kostenlos Spieler und/oder Vereine bei Verhandlungen im Hinblick auf den Abschluss einer Transfervereinbarung tätig wird. Dabei wird der Spielervermittler insbesondere beim Abschluss eines Arbeitsvertrages zwischen einem Spieler und einem Verein oder beim Abschluss einer Transfervereinbarung zwischen zwei Vereinen tätig. Um als Spielervermittler an einer Transaktion beteiligt sein zu können, bedarf es einer Registrierung. Die Registrierungsvoraussetzungen sind in § 4 Spielervermittler-Reglement genannt. Dazu zählen insbesondere ein tadelloser Leumund sowie das Nichtvorliegen eines Vertragsverhältnisses zu Ligen, Verbänden, Konföderationen oder der FIFA, welches zu einem möglichen Interessenskonflikt führen könnte. Nach Abschluss einer Transaktion müssen die Vermittlererklärung und allfällige weitere verlangten Unterlagen beim für die Registrierung zuständigen Verband eingereicht werden.

Außerdem ist auch der Vermittlungsvertrag, den der Spielervermittler mit einem Spieler und/oder Verein abschließt, bei der Registrierung zu hinterlegen. Wozu dient der Vermittlungsvertrag? In diesem müssen Vereine und Spieler gemäß § 5 Spielervermittler-Reglement angeben, in welchem Rechtsverhältnis sie zu ihrem Spielervermittler stehen, zB, ob die Tätigkeit einen Auftrag, eine Beratung, eine Arbeitsvermittlung oder ein anderes Rechtsverhältnis darstellt. Dabei müssen die Hauptpunkte des Rechtsverhältnisses schriftlich festgehalten werden, bevor der Spielervermittler seine Tätigkeit aufnimmt. Mindestanforderungen sind insbesondere die Namen der Parteien, das Geburtsdatum des Spielers, der Umfang der Dienste, die Dauer des Rechtsverhältnisses, die dem Spielervermittler geschuldete Vergütung, die allgemeinen Zahlungsbedingungen, das Datum des Vertragsabschlusses, die Bestimmungen zur Vertragsbeendigung sowie die Unterschrift der Parteien. Im Falle eines minderjährigen Spielers gelten darüber hinaus noch zusätzliche Voraussetzungen (zB die Unterschrift des gesetzlichen Vertreters).

Spieler und/oder Vereine sind dabei zur Offenlegung verpflichtet. So müssen sie dem für die Registrierung zuständigen Verband die vollständigen Einzelheiten aller vereinbarten Vergütungen oder Zahlungen offenlegen, die in jeglicher Form an den Spielervermittler geleistet wurden oder noch zu leisten sind. Demgegenüber trifft auch den ÖFB eine Pflicht zur Veröffentlichung der Namen aller registrierten Spielervermittler sowie der einzelnen Transaktionen (hier die aktuelle Liste).

Zahlungen an Spielervermittler

In § 7 Spielervermittler-Reglement sind die Zahlungen (auch „Provisionen“ genannt) an den Spielervermittler geregelt. Die Provision, die einem mit der Vertretung eines Spielers beauftragten Spielervermittler geschuldet wird, berechnet sich auf der Grundlage des Bruttogrundgehalts des Spielers für die gesamte Vertragsdauer. Demgegenüber haben Vereine, welche die Dienste eines Spielervermittlers in Anspruch nehmen, einen Pauschalbetrag zu leisten. Dieser ist vor Abschluss der Transaktion zu vereinbaren. Dabei bestehen unter Einhaltung der maßgebenden nationalen Bestimmungen und zwingenden nationalen und internationalen Gesetzesvorschriften auch gewisse Grenzwerte als Empfehlung (3% des Bruttogehalts oder der Transferentschädigung). Andere Zahlungen, wie zB Transfer- und Ausbildungsentschädigungen, dürfen nicht an einen Spielervermittler geleistet werden. Außerdem dürfen keine Provisionen bei Aushandlung eines Arbeitsvertrages und/oder einer Transfervereinbarung fließen, wenn der betreffende Spieler nach dem FIFA-Transferreglement als minderjährig gilt.

Der Beitrag beleuchtet Spielervermittler aus Sicht des Spielervermittler-Reglements des ÖFB in Grundzügen. Zur juristischen Vertiefung der Thematik siehe in der österreichischen Literatur insbesondere die Beiträge von Johannes Reisinger „Rechtsgrundlagen der Spielervermittlung im österreichischen Recht“ und „Der Rechtsanwalt als qualifizierter Spielervermittler“. Darin überprüfte er insbesondere die Anwendbarkeit des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, Maklergesetzes und der Gewerbeordnung sowie daraus resultierende Verpflichtungen für die Branche der Spielervermittler.

Bild: © Shutterstock/cunaplus
Stock-Foto ID: 157445153

Vor der FIFA ohne Anwalt?

Ein bekanntes Zitat von Wilhelm Busch lautet: „Der Rechtsanwalt ist hochverehrlich, obwohl die Kosten oft beschwerlich.“ Diesem Zitate Rechnung tragend bekennt sich die Fédération Internationale de Football Association (kurz FIFA) seit Kurzem zur Wahrung der Rechte von Personen, die nicht über die nötigen finanziellen Mittel verfügen, um sich in Verfahren vor den FIFA-Rechtsorganen angemessen zu verteidigen.

Am 3. Juni 2019 hat der FIFA-Rat in Paris das FIFA-Disziplinarreglement geändert (nun Ausgabe 2019) und zugleich auch einige Änderungen am FIFA-Ethikreglement vorgenommen. Neben zahlreichen Neuerungen erfuhren insbesondere die Parteirechte vor der FIFA-Disziplinarkommission, der FIFA-Berufungskommission und der Ethikkommission eine Aufwertung. So sehen Art 42 des FIFA-Disziplinarreglements und Art 38bis des FIFA-Ethikreglements nun drei Arten von Rechtsbeistand vor:

  • Befreiung des Antragstellers von den betreffenden Verfahrenskosten
  • Ernennung eines Pro-bono-Anwalts zur Unterstützung des Antragstellers
  • Erstattung verhältnismäßiger Reise- und Unterbringungskosten des Antragstellers, der von ihm berufenen Zeugen und Sachverständigen sowie des Pro-bono-Anwalts

Bisherige Rechtslage

Vor diesen Änderungen widmeten sich insbesondere Art 100 des FIFA Disziplinarreglements aF (Ausgabe 2017) sowie Art 38 des FIFA-Ethikreglements der Vertretung bzw. dem Rechtsbeistand vor den FIFA-Rechtsorganen. Demnach durften die Parteien schon bisher „auf eigene Kosten“ einen Rechtsbeistand hinzuziehen. Bei der Wahl der Vertretung oder des Rechtsbeistands sind die Parteien grundsätzlich frei. Darüber hinaus kann die Ethikkommission eine ordnungsgemäß unterzeichnete Vollmacht verlangen und die Zahl der Rechtsvertreter einer Partei beschränken, sofern diese unverhältnismäßig erscheint.

Aufwertung der Parteirechte

Mit dem neu gefassten Art 42 des FIFA Disziplinarreglements (Ausgabe 2019) sowie dem neu eingefügten Art 38bis des FIFA-Ethikreglements erfuhren die Parteirechte eine deutliche Aufwertung. Zu den bisherigen Bestimmungen betreffend die Vertretung wird nun zusätzlich Folgendes normiert: Diesem Reglement unterstellte Personen, die nicht über die nötigen finanziellen Mittel verfügen, können zur Wahrung ihrer Rechte für Verfahren vor den FIFA-Rechtsorganen bei der FIFA einen Rechtsbeistand beantragen.

Die FIFA stellt in einem Zirkularschreiben sogleich klar, dass Mitgliedsverbände, Vereine oder andere Organisationen, die keine natürlichen Personen sind, die Neuregelung nicht für sich in Anspruch nehmen können. Rechtsbeistand kann dabei – wie bereits oben erwähnt – auf verschiedene Weise gewährt werden: Übernahme der Verfahrenskosten, Beigebung eines Pro-bono-Anwalts oder Übernahme der verhältnismäßigen Reise- und Unterbringungskosten. Dazu muss ein schriftlicher Antrag samt Begründung und Belegen eingebracht werden. Zu diesem Zweck wird das FIFA-Sekretariat in Zukunft eine Liste mit Pro-bono-Anwälten führen. Weitere Bedingungen und Voraussetzungen hinsichtlich der Regelung über den Rechtsbeistand können zukünftig in Zirkularschreiben mitgeteilt werden.

Der Pro-bono-Anwalt

Die FIFA achtet bei der Erstellung der Liste mit Pro-bono-Anwälten darauf, dass nur unabhängige Anwälte mit angemessener Erfahrung und Fachwissen in Fußball- bzw. Sportrecht ausgewählt werden. Als Kriterien nennt die FIFA insbesondere:

  • aktive Tätigkeit als Sportanwalt in einem Unternehmen und/oder einer Kanzlei, mindestens sieben Jahre Erfahrung im Sportrecht
  • drei bis fünf Jahre Erfahrung mit Sportorganisationen
  • drei bis fünf Jahre Erfahrung im Sportschiedswesen
  • gute Kenntnisse in zwei offiziellen FIFA-Sprachen (Englisch, Spanisch, Französisch und/oder Deutsch) als Vorteil

Die Pro-bono-Anwälte haben sich bei der Ausübung ihrer Tätigkeit jederzeit an höchste Integritäts- und Lauterkeitsstandards zu halten. Sie dürfen insbesondere keine finanziellen oder anderen Verpflichtungen gegenüber Drittparteien haben, die sie bei der Ausübung ihrer Pflichten beeinflussen könnten. Darüber hinaus haben die angehenden Pro-bono-Anwälte vor der Zustimmung zu ihrer Ernennung jeglichen Interessenskonflikt zu melden. Für die Tätigkeit als Pro-bono-Anwalt erhalten die Sportrechtsexperten grundsätzlich keine Entschädigung; die FIFA kann ihnen allerdings verhältnismäßige Reise- und Unterbringungskosten erstatten. Die aktuelle Bewerbungsfrist als Pro-bono-Anwalt bei der FIFA läuft noch bis 30. September 2019.

Der Weg zum Rechtsbeistand

Um Rechtsbeistand und insbesondere einen Pro-bono-Anwalt von der FIFA zu erhalten, ist unter Angabe der Gründe ein entsprechender Antrag per Mail (disciplinary@fifa.org) bei der FIFA einzubringen. Obwohl ein Rechtsbeistand jederzeit im Verlauf eines Verfahrens beantragt werden kann, wird eine möglichst frühe Antragstellung dringend empfohlen. Der Antrag hat zum Nachweis der finanziellen Verhältnisse des Antragstellers alle nötigen Informationen und Belege zu enthalten.

Über einen Antrag auf Rechtsbeistand entscheidet die Disziplinarkommission bzw. der Vorsitzende der entsprechenden Kammer der Ethikkommission nach eigenem Ermessen. Wenn dabei zweifelsfrei feststeht, dass dem Antragsteller genügend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, wird der Antrag abgelehnt. Die betreffende Entscheidung des jeweiligen Sprchkörpers ist rechtskräftig und kann daher nicht angefochten werden. Dem Antragsteller verbleibt lediglich die Möglichkeit, um Neubeurteilung seines Antrags zu ersuchen, gesetzt den Fall, dass sich seine finanzielle Situation nach der ersten Prüfung und Entscheidung erheblich geändert hat.

Fazit

Die eingangs im Titel gestellte Frage wird daher in Zukunft zu verneinen sein. Denn selbst wenn nicht die notwendigen finanziellen Mittel zur Bestellung einer Vertretung aufgebracht werden können, kann die Neuregelung Abhilfe schaffen. Die neuen FIFA-Bestimmungen erinnern den Juristen an die Verfahrenshilfe-Regelung im österreichischen Recht (zB §§ 63 ff ZPO). Die Aufwertung der Parteirechte durch die Aufnahme des Pro-bono-Anwalts und die Übernahme von Kosten in die FIFA-Regularien ist insbesondere unter dem Schlagwort „gleicher Zugang zum Recht“ zu begrüßen, zumal eine anwaltliche Vertretung zwecks Waffengleichgewicht in der Praxis oftmals unerlässlich erscheint. Bei der Initiative zu einer „Verfahrenshilferegelung“ in der (juristischen) Sportwelt handelt es sich jedoch keineswegs um eine neue Errungenschaft – bereits Ende 2017 hat die UEFA eine nahezu gleichlautende Bestimmung betreffend Rechtsbeistand und Pro-bono-Anwälten in die UEFA-Rechtspflegeordnung (Art 39) aufgenommen.

Bild: © Shutterstock/Ugis Riba
Stock-Foto ID: 283489238

Die Teilnahme an nationalen Meisterschaften

Nationale Sportverbände sehen oftmals gewisse Teilnahmevoraussetzungen bzw -beschränkungen an nationalen Meisterschaften vor. Mit der europarechtlichen Zulässigkeit von an die Staatsangehörigkeit anknüpfenden Teilnahmebeschränkungen an nationalen Meisterschaften im Amateuersport beschäftigte sich nun auch der Europäische Gerichtshof (EuGH).

Mit dieser Frage hatte sich der EuGH am 13. Juni 2019 in der Rechtssache C-22/18 (TopFit und Biffi) auseinanderzusetzen. Den Ausgangspunkt des Verfahrens bildet eine Klage von Herrn Biffi, einem italienischen Staatsangehörigen, welcher seit 2003 in Deutschland lebt und leidenschaftlicher Läufer ist. Grund für seine Klage war die Änderung der Leichtathletikordnung durch den Dachverband der Deutschen Leichtathletikverbände (DLV). Demnach wurde das Teilnahmerecht an deutschen Meisterschaften für alle drei Kategorien von Athleten (nämlich junge Athleten unter 20 Jahren, junge Athleten im Spitzensport und Senioren) auf deutsche Staatsangehörige beschränkt. Der italienische Staatsangehörige Biffi konnte daher nur mehr „außer Wertung“ bzw „ohne Wertung“ an den Meisterschaften teilnehmen.

Sämtliche Meisterschaften sind grundsätzlich offen für alle Athleten, die die deutsche Staatsbürgerschaft und ein gültiges Startrecht für einen deutschen Verein haben.

So der Wortlaut der strittige Regelung des § 5.2.1. der Leichtathletikordnung.

Vereinbarkeit mit dem Europarecht?

Bis 2016 enthielt die Leichtathletikordnung zudem eine Regelung, wonach auch EU-Bürger unter bestimmten Voraussetzungen teilnahmeberechtigt waren. Diese Regelung wurde am 17. Juni 2016 ersatzlos aufgehoben. Fraglich war im gegenständlichen Fall daher, ob eine derartige Teilnahmebeschränkung an nationalen Meisterschaften auf deutsche Staatsbürger mit den Art 18 AEUV (Diskriminierungsverbot aufgrund der Staatsangehörigkeit), Art 21 AEUV (Unionsbürgerschaft) und Art 165 AEUV (Allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport) vereinbar ist.

  • Art 18 AEUV: Unbeschadet besonderer Bestimmungen der Verträge ist in ihrem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten.
  • Art 21 AEUV: Jeder Unionsbürger hat das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der in den Verträgen und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen frei zu bewegen und aufzuhalten.
  • Art 165 AEUV: Die Union trägt zur Entwicklung einer qualitativ hoch stehenden Bildung dadurch bei, dass sie die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten fördert und die Tätigkeit der Mitgliedstaaten unter strikter Beachtung der Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Lehrinhalte und die Gestaltung des Bildungssystems sowie der Vielfalt ihrer Kulturen und Sprachen erforderlichenfalls unterstützt und ergänzt. Die Union trägt zur Förderung der europäischen Dimension des Sports bei und berücksichtigt dabei dessen besondere Merkmale, dessen auf freiwilligem Engagement basierende Strukturen sowie dessen soziale und pädagogische Funktion.

Sport als gesellschaftlicher Faktor

Der EuGH hebt hervor, dass sich aus der Zusammenschau der Art 21 und 165 AEUV ergebe, dass die Ausübung eines Amateursports, insbesondere in einem Sportverein, dem Unionsbürger, der in einem anderen Mitgliedstaat ansässig ist als in dem, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, ermöglicht Verbindungen zur Gesellschaft des Mitgliedstaat aufzubauen oder diese zu festigen. Dies gilt grundsätzlich für die Beteiligung an Sportbewerben jeglichen Niveaus.

Unterliegen Regelungen nationaler Sportverbände dem AEUV?

Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (kurz AEUV) ist zweifelsohne auf Regelungen staatlichen Ursprungs (zB Gesetze) anwendbar. Es stellte sich die Frage, ob auch Regelungen nationaler Sportverbände (hier: Leichtathletikordnung) den Vorschriften des AEUV unterliegen. Dabei verweist der Gerichtshof auf seine ständige Rechtsprechung, wonach die Achtung der Grundfreiheiten und das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit auch für Regelungen nicht öffentlich-rechtlicher Art gelten, die zur kollektiven Regelung unselbständiger Arbeit und der Erbringung von Dienstleistungen dienen (siehe zB die sportrechtlich relevanten Fälle Walrave und Koch, Bosman oder auch Olympique Lyonnais). Daraus folgt, dass auch die strittige Regelung der deutschen Leichtathletikordnung als privatrechtliche Vereinbarung am Maßstab des AEUV zu messen ist. Sohin hatte der EuGH deren Vereinbarkeit mit den europarechtlichen Vorschriften zu prüfen.

Keine Rechtfertigung ersichtlich

Derartige Regelungen – wie die im Ausgangsverfahren fragliche – können die Ausübung von Amateursport für Unionsbürger weniger attraktiv machen und stellen infolgedessen eine Beschränkung der Freizügigkeit im Sinne des Art 21 AEUV dar. Beschränkungen können gerechtfertigt sein, wenn sie auf objektiven Erwägungen beruhen und in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit den betreffenden Regelungen legitimerweise verfolgten Zweck stehen.

Die Verleihung des nationalen Meistertitels in einer bestimmten sportlichen Disziplin (hier im Laufen) einem nationalen Staatsangehörigen vorzubehalten, scheint erstmals legitim. Das nationale Element kann nämlich als charakteristisches Merkmal einer nationalen Meisterschaft angesehen werden. Dennoch müssen die Beschränkungen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Der Deutsche Leichtathletikverband brachte vor, dass die Bestimmung des nationalen Meisters dazu diene, den Athleten auszuwählen, der das Land bei internationalen Meisterschaften wie Europameisterschaften vertreten soll. Zudem sei es nicht möglich, nach Altersklassen zu unterscheiden und Senioren von den Regelungen auszunehmen, welche für junge Menschen unter 20 Jahren und den Spitzensport gelten.

Dem EuGH zufolge beruht keiner der vorgebrachten Rechtfertigungsgründe auf objektiven Erwägungen. Denn Athleten der Kategorie „Senioren“ (anders als im Spitzensport) können unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit an internationalen Meisterschaften (zB Europameisterschaften) teilnehmen, wenn sie nur Mitglied eines zum DLV gehörenden Vereins sind und die Leistungskriterien erfüllen. Darüber hinaus gibt es auch keine Notwendigkeit einheitlicher Regelungen für alle Altersklassen.

Im Ergebnis stehen die Art 18, 21 und 165 AEUV einer Regelung eines nationalen Sportverbandes entgegen, wonach ein Unionsbürger, der Staatsangehöriger eines anderen Mitgliedstaat und seit vielen Jahren in dem Mitgliedstaat ansässig ist, nicht wie Staatsangehörige des Mitgliedstaats in dieser Disziplin an nationalen Meisterschaften oder nur „außer Wertung“ bzw „ohne Wertung“ teilnehmen kann, ohne Zugang zum Endlauf zu haben und ohne den nationalen Meisterschaftstitel erlangen zu können.

Fazit

Teilnahmebeschränkungen an Sportveranstaltungen – wie im hier vorliegenden Fall – widersprechen wohl in den meisten Fällen europarechtlichen Vorgaben. Es sei denn, die Teilnahmebeschränkung ist durch objektive Erwägungen gerechtfertigt, welche in einem angemessenen Verhältnis zu einem legitimerweise verfolgten Zweck stehen. Dies zu beurteilen ist grundsätzlich Sache des vorlegenden nationalen Gerichts. Es obliegt den Sportverbänden oder Veranstaltern von Meisterschaften angemessene Regelungen (insbesondere zur Sicherung eines geordneten Wettkampfs) zu treffen. Diese dürfen jedoch nicht über das zur Erreichung des verfolgten Zweckes Erforderliche hinausgehen (siehe die ebenfalls sportrechtlich bedeutenden Fälle Deliège und Lehtonen).

Bild: © Shutterstock/Sampajano_Anizza
Stock-Foto ID: 272797034

Verstöße gegen das Financial Fairplay (FFP): Ausschluss aus der Champions League?

Der englische Fußball-Spitzenclub Manchester City FC muss nach der erfolgreichen Titelverteidigung der Premier League nun um den Einzug in die Champions League bangen. Die UEFA – genauer die UEFA-Finanzkontrollkammer für Klubs (FKKK), welche für die Überwachung des Financial Fairplays (FFP) zuständig ist – leitete am 7. März 2019 wiederum ein Verfahren ein und möchte den Verein aufgrund diverser Verstöße gegen das FFP für eine Spielzeit aus der UEFA Champions League ausschließen. Unter anderem wird der englische Ligakrösus beschuldigt, die Bilanz des Klubs systematisch über mehrere Jahre hinweg gefälscht zu haben. Diesbezüglich wird dem arabischen Klubbesitzer Scheich Mansour vorgeworfen, dem Verein unerlaubterweise zusätzliche Gelder zugesteckt zu haben. Bereits 2014 wurde gegen den Klub diesbezüglich ermittelt, jedoch nur eine sanfte Sanktion verhängt.

Das Financial Fairplay und die UEFA-Klublizenzierung

Die Genehmigung des UEFA-Exekutivkomitees für das FFP im Herbst 2009 war der Startschuss zur Bekämpfung der finanziellen Probleme des europäischen Klubfußballs. Trotz Reformen in den Jahren 2012, 2015 und 2018 sind die grundlegenden Gedanken und Zielvorgaben in Bezug auf das FFP unverändert geblieben. Aus Art 2 des UEFA-Reglements zur Klublizenzierung und zum finanziellen Fairplay (FFP), 2018 ergeht unter anderem Folgendes:

Dieses Reglement (Anm FFP) soll außerdem die Erreichung eines finanziellen Fairplays in den UEFA-Klubwettbewerben bezwecken und insbesondere:

a) die wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit der Klubs verbessern sowie ihre Transparenz und Glaubwürdigkeit erhöhen;
b) für eine angemessene Berücksichtigung des Gläubigerschutzes sorgen undsicherstellen, dass die Klubs ihren Verbindlichkeiten gegenüber Arbeitnehmern, Sozialversicherungsinstitutionen bzw. Steuerbehörden sowie anderen Vereinen fristgerecht nachkommen;
c) für mehr Disziplin und Rationalität im finanziellen Bereich des Klubfußballs sorgen;
d) Klubs dazu bringen, im Rahmen ihrer eigenen Einnahmen zu wirtschaften;
e) verantwortungsvolle Ausgaben für den langfristigen Nutzen des Fußballs fördern;
f) die Lebensfähigkeit und Nachhaltigkeit des europäischen Klubfußballs langfristig schützen.“

Um den finanziellen Exzessen der europäischen Fußballvereine einen Riegel vorzuschieben, wurden zwei wesentliche Maßnahmen entwickelt: die UEFA-Klublizenzierung und das UEFA-Klub-Monitoring im Hinblick auf das FFP. 

Das Klublizenzierungsverfahren, welches bereits im Jahr 2000 entwickelt wurde, schreibt den europäischen Klubs bestimmte sportliche, infrastrukturelle, personelle, administrative und rechtliche Kriterien bzw Mindestanforderungen vor, um eine Lizenz für die Zukunft zu erhalten. Die Entscheidung über die Erteilung einer Lizenz liegt dabei insbesondere bei den nationalen Mitgliedsverbänden.

Die weitaus wichtigeren Instrumente stellen das UEFA-Klub-Monitoring (Art 53-68 FFP, 2018) und die in diesem Zusammenhang bestehende Break-Even-Vorschrift dar, welche Hand in Hand mit dem FFP gehen. Diese Bestimmungen (Break-Even-Vorschriften und sonstige Monitoring-Vorschriften) sind von allen europäischen Klubs einzuhalten, die sich für einen der europäischen Klubwettbewerbe qualifiziert haben, wobei selbstverständlich Ausnahmen bestehen. In Bezug darauf werden eine Mindestanzahl an Verfahrensschritten vorgegeben, die jedenfalls eingehalten werden müssen. Das Monitoring-Verfahren spiegelt die Aktivitäten bzw die finanzielle Situation der Klubs über einen längeren Zeitraum wieder und soll diese verpflichten, wirtschaftlich nachhaltig zu agieren.

Die drei essenziellsten Unterschiede zwischen dem Klublizensierungsverfahren und dem UEFA-Klub-Monitoring liegen in den Bereichen Zeit, Zuständigkeit und Maßnahmen. Während das Lizenzierungsverfahren eine kurzfristige Betrachtung bietet und in erster Linie von den nationalen Dachverbänden kontrolliert wird, gibt das FFP einen ausführlichen, systematischen und langfristigen Überblick über die Gebarung eines Klubs und wird von der FKKK überwacht. Gegebenenfalls kann diese dann auch Disziplinarmaßnahmen verhängen. Auf der anderen Seite können die nationalen Dachverbände lediglich entweder eine Lizenz erteilen oder verweigern.

Im Zuge des Break-Even-Verfahrens werden die (relevanten) Einnahmen und Ausgaben eines Klubs einander gegenübergestellt und somit die Differenz bzw das Break-Even-Ergebnis errechnet (Art 60 FFP, 2018). Infolgedessen ergibt sich ein Break-Even-Überschuss oder ein Break-Even-Defizit. Die Break-Even-Vorschrift wird eingehalten, wenn der jeweilige Klub „einen aggregierten Break-even-Überschuss aufweist oderein aggregiertes Break-even-Defizit aufweist, das innerhalb der annehmbaren Abweichung liegt. Die Break-even-Vorschrift wird nicht eingehalten, wenn der Lizenznehmer für die aktuelle Monitoring-Periode oder gegebenenfalls für die geplante Monitoring- Periode ein aggregiertes Break-even-Defizit aufweist, das die annehmbare Abweichung überschreitet.“ (Art 64 FFP, 2018)

Sollte ein Verein demnach die Break-Even-Vorschrift nicht einhalten oder sonst gegen eine Anforderung verstoßen, kann die FKKK Strafen aussprechen. Bei groben Gesetzesverstößen ist ein Ausschluss aus der UEFA Champions League, welcher womöglich den Skyblues aus Manchester droht, bzw auch der UEFA Europa League möglich.

Die UEFA-Finanzkontrollkammer für Klubs

Seit dem Jahr 2012 (vorher bestand der Finanzkammerkontrollausschuss) ist die FKKK das entscheidende Organ hinsichtlich FFP und Klublizenzierung. Dabei handelt es sich um ein UEFA-Rechtspflegeorgan, welches befugt ist, den Klubs Sanktionen aufzuerlegen. Das Gremium besteht aus zwei Kammern: der Untersuchungskammer und der Rechtsprechenden Kammer. Der FKKK-Chefermittler (Oberstes Organ in der Untersuchungskammer) setzt ein Monitoring-Verfahren gegen einen Klub in Gang und entscheidet hinterher im Einzelfall, ob das Verfahren eingestellt wird, ein sog Settlement mit dem Verein verhandelt wird oder der Fall an die Rechtsprechende Kammer übermittelt wird. Diese allein entscheidet infolgedessen über Verhängung von Disziplinarmaßnahmen, deren Art (zB Geldstrafe, Punktabzug, Ausschluss aus einem UEFA-Klub-Wettbewerb, Widerruf von Titeln oder Auszeichnungen) und Höhe. Entscheidungen der FKKK können grundsätzlich nur beim Internationalen Sportgerichtshof (CAS) in Lausanne angefochten werden. Vorsitzender der FKKK ist momentan der Portugiese José Narciso da Cunha Rodrigues, ein früherer EuGH-Richter.

Wie geht es mit Manchester City weiter?

Der Fall inklusive Vorschlägen zu Disziplinarmaßnahmen befindet sich nach Weiterleitung des FKKK-Chefermittlers bereits bei der Rechtsprechenden Kammer, bestätigte die UEFA in einem Statement. Die Führung des Vereins bestreitet in einer Äußerung auf der Klub-Homepagedie Vorwürfe der FKKK vehement, ist sich keiner Schuld bewusst und unterstellt den verantwortlichen Personen der FKKK, dass sie den Verein schädigen möchten. Sollte eine Sanktion (wie bspw der Ausschluss aus der Champions League) verhängt werden, kann Manchester City die Strafe akzeptieren oder das Urteil juristisch vor dem CAS bekämpfen. Auch der Gang vor ein ordentliches Gericht ist dazu unter Umständen möglich, obwohl dies nach den UEFA-Statuten nicht erlaubt ist. Nun gilt es abzuwarten, welche Entscheidung die Rechtsprechende Kammer trifft und ob/welche Sanktionen auf den Klub warten.

Bild: © Shutterstock/Bits And Splits
Stock-Foto ID: 335684642

Eine notwendige Diskriminierung

Wieviel Testosteron verträgt der weibliche Wettkampf? Der Einspruch der südafrikanischen Olympiasiegerin und Weltmeisterin über 800 Meter Caster Semenya wurde vom Internationalen Sportgerichtshof (CAS) abgelehnt. – Ein Urteil zwischen Diskriminierung und Notwendigkeit.

In einer kürzlich ergangenen Entscheidung des obersten Sportgerichtshofs CAS, hatte sich dieser mit den sogenannten Testosteron-Grenzwert-Regelungen des Leichtathletik Weltverband IAAF zu beschäftigen. Dabei handelt es sich um eine Regelung, die den maximalen Wert an Testosteronen im Körper von Frauen in eingeschränkten Wettbewerben festlegt. Darunter fallen sämtliche internationale Läufe von 400 Meter bis 1609 Meter. Eben diese Regelung veranlasste die südafrikanische Ahtletin Caster Semenya und den südafrikanischen Leichtathletikverband (ASA) zur Klage gegen den Internationalen Leichtathletik Verband (IAAF).

 

Anlass und Inhalt der Regel

Ein von der IAAF eigens in Auftrag gegebenes Gutachten belegte, dass es in den Lauf-Disziplinen 400 Meter, 400 Meter Hürden, 800 Meter und 1500 Meter sowie der Meile – kurz: eingeschränkte Wettbewerbe – zu einem Vorteil für hyperandrogene Frauen kommt. Hyperandrogenämie bedeutet eine erhöhte Androgenproduktion, die wiederum die Ausbildung sekundärer Geschlechtsmerkmale wie etwa die Muskelentwicklung bedingen. Androgene werden u.a. in den Eierstöcken der Frau produziert.

„Die jüngste Forschung, die wir durchgeführt haben, und Daten, die wir zusammengetragen haben, zeigen, dass es einen Leistungsvorteil bei weiblichen Sportlerinnen mit DSD über die von dieser Regel abgedeckten Streckenabstände gibt“. – Dr. Stephane Bermon (IAAF Medical and Science Department)

Der Fall Chand im Jahr 2014 führte zur Neuregelung

Bereits im Jahre 2014 wurde der CAS durch die indische Sprinterin Dutee Chand mit der von der IAAF eingeführten Regel über einen Grenzwert von dazumals noch 10 Nanomol pro Liter beschäftigt. Dabei hatte der CAS festgestellt, dass das Hormon Testosteron die Hauptursache für die Zunahme der Muskelmasse bei Männern während der Pubertät ist und dass dies männlichen Athleten einen sportlichen Vorteil gegenüber weiblichen Athleten verschaffte. Dies führte zu einer Neuregelung und schließlich zur Neuformulierung der DSD-Regelung.

Neuregelung der DSD-Bestimmungen

Die mit 1. November 2018 geltenden neuen Bestimmungen schreiben vor, dass jede Athletin, mit unterschiedlicher Geschlechtsentwicklung (DSD), das heißt:

  • der Testosteronspiegel (im Serum) fünf (5) nmol / Liter oder mehr beträgt,
  • und Androgen sensibel,

folgende Kriterien für die Teilnahmeberechtigung an eingeschränkten Wettbwerben zu erfüllen hat:

(a) Sie muss entweder als weiblich oder als intersexuell (oder gleichwertig) gesetzlich anerkannt sein
(b) sie muss ihren Blut-Testosteronspiegel für einen kontinuierlichen Zeitraum von mindestens sechs Monaten auf unter fünf (5) nmol / l reduzieren (z. B. durch Verwendung hormoneller Kontrazeptiva); und
c) danach muss sie ihren Blut-Testosteronspiegel kontinuierlich unter fünf (5) nmol / l halten (unabhängig der Teilnahme an Wettbewerben), solange sie als geeignet für die Teilnahme gelten will.

Der IAAF als Hüter des fairen Wettbewerbs

Begründet wird die Vorgehensweise unter anderem auch damit, dass die meisten Frauen (einschließlich der weiblichen Spitzensportlerinnen) einen niedrigen Testosteronspiegel (0,12 bis 1,79 nmol / l im Blut) haben.

„Wir möchten, dass Athleten Anreize erhalten, das große Engagement und die Opferbereitschaft zu leisten, die für eine hervorragende Leistung des Sports erforderlich sind, und neue Generationen dazu zu bringen, sich dem Sport anzuschließen und dieselbe Exzellenz anzustreben.“ – IAAF Präsident Sebastian Coe


„[…] als internationaler Verband haben wir die Verantwortung, gleiche Bedingungen für Athleten zu gewährleisten. Wie bei vielen anderen Sportarten wählen wir zwei Kategorien für unseren Wettbewerb: Herren- und Frauen-Veranstaltungen. Dies bedeutet, dass wir uns über die Wettbewerbskriterien für diese beiden Kategorien im Klaren sein müssen. Unsere Beweise und Daten zeigen, dass Testosteron, entweder natürlich produziert oder künstlich in den Körper eingeführt, signifikante Leistungsvorteile für Sportlerinnen bietet. Bei den überarbeiteten Regeln geht es nicht um Betrug, kein Sportler mit DSD hat betrogen, es geht darum, die Wettbewerbsbedingungen zu verbessern, um einen fairen und sinnvollen Wettbewerb im Leichtathletiksport zu gewährleisten, bei dem der Erfolg eher durch Talent, Engagement und harte Arbeit als durch andere Faktoren bestimmt wird[..]” – IAAF Präsident Sebastian Coe

Demzufolge wird eine Athletin, die an einem internationalen Wettbewerb teilnimmt und über den besagten 5 Nanomol (Vermutung bereits ausreichend!) liegt, aktiv dazu veranlasst ihren Testosteronwert „innerhalb einer durchgehenden Periode“ von mindestens sechs Monaten auf unter fünf Nanomol pro Liter senken. Und dies notfalls auch durch die Einnahme hormoneller Verhütungsmittel. Ein Eingriff in den besonders sensiblen Bereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts einer Athletin scheint naheliegend. Vor allem treten die beiden Grundbedingungen des Sports, einerseits niemanden zu diskriminieren und andererseits jedem die gleichen Chancen zu ermöglichen, zueinander in Konkurrenz.

Antritt in der Männer-Wertung?

Sportlerinnen, die ihren Testosteronspiegel nicht senken möchten steht es offen an Wettbewerben teilzunehmen, die entweder nicht unter die eingeschränkten Wettbewerbe fällt, oder eben rein national organisiert sind. Es gibt auch die Möglichkeit an Wettbewerben teilzunehmen, die eigens für intersexuelle Athletinnen organisiert werden.

Zusätzlich steht es ihnen sogar offen, an der männlichen Wertung teilzunehmen, was angesichts der vorherrschenden Kategorisierungen als eher grotesk wirkt.

CAS bestätigt das Regelwerk des IAAF

Der oberste Gerichtshof in Sportangelegenheiten entschied nach monatelanger Anhörungen von Gynäkologen, Genetikern, Statistikern, Ärzten und weiteren Experten, dass es sich bei den DSD-Bestimmungen zwar um eine Diskriminierung handle, eine derartige Diskriminierung jedoch als „notwendig, angemessen und verhältnismäßig“ zu betrachten sei, wenn damit das höhere Ziel „die Integrität der Frauen-Leichtathletik“ geschützt werde.

Aus der legitimen Trennung zwischen männlichen und weiblichen Athleten folgt zwangsläufig die Notwendigkeit, für objektive, faire und wirksame Teilnahmebedingungen innerhalb dieser zwei Kategorien zu sorgen. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass das legale Geschlecht nicht immer als ausreichendes Mittel zur Bestimmung der Kategorie dient. So ist es die Humanbiologie, die letztendlich bestimmt, welche Personen über die körperlichen Merkmale besitzen, aus denen sich ein unüberwindlicher Vorteil ergibt. Wenn der Zweck der Frauenkategorie darin besteht, eben diesen körperlichen Vorteil männlicher Athleten zu verhindern, erscheint die DSD-Regelung als notwendige Verteidigung dieser Kategorisierung.

Aufgrund der Tatsache, dass die in den Regelungen geforderte Grenze von fünf Nanomol pro Liter durch konventionelle Kontrazeptiva erreicht werden kann, liegt auch keine unverhältnismäßige Maßnahme zur Wahrung der Integrität der Frauen-Leichtathletik vor.

Dennoch äußern die Richter Bedenken bei der Umsetzung sowie Einhaltung der DSD-Bestimmungen unter Verweis auf die in weniger als 6 Monaten beginnende WM in Doha/Katar. Auch wird auf potentielle Fehler bei der Überprüfung der Einhaltung der Vorschriften hingewiesen. Insbesondere bei unbeabsichtigten und unverschuldeten Verstößen.

Am Ende der 165 Seiten starken Entscheidung wird Frau Caster Semenya nochmals ausdrücklich für ihre vorbildliche Verhaltensweise und persönliche Beteiligung während des gesamten Verfahrens gedankt. Frau Semenya hat sich weder falsch verhalten, noch gegen eine Regel verstoßen.

Bild: © Shutterstock/thodonal88
Stock-Foto ID: 398290300

Einseitige Vertragsoptionen – ein Blick über die Grenzen

Der Fall „Mijatovic“ in Deutschland. Der ehemalige Fürther Abwehrspieler wollte sich 2007 aus seinem Vertrag bei der SpVgg Greuther Fürth herausklagen, nun ist er Assistenztrainer der Kleeblätter.

DIE REGELUNG EINSEITIGER OPTIONEN IM LICHTE DES NEUEN KOLLEKTIVVERTRAGES FÜR FUSSBALLSPIELER/INNEN – TEIL 2/2 (Hier gehts zu Teil 1/2)

Durch die Globalisierung des Sports kommt es regelmäßig zu grenzüberschreitenden Sachverhalten und daraus resultierenden internationalen Rechtsfragen. Dies lässt einen Blick über die Grenzen als unumgänglich erscheinen. Vor allem Entscheidungen aus der „Sportrechts-Weltmacht Schweiz“ sowie der großen Sportnation Deutschland dienen als wichtige Anhaltspunkte im internationalen Sportrecht.

So war es auch das „Bosman-Urteil„, welches die Frage des Zeitpunktes des Vertragsendes und die Möglichkeit, den Vertrag durch vertragliche Option zu verlängern, in dem Mittelpunkt rücken ließ. Kann man einen auslaufenden Vertrag durch Ziehung einer Option verlängern, lässt sich dadurch doch noch eine Ablöse lukrieren. Salopp formuliert könnte man einseitige Optionen als Umgehung des „Bosman-Urteils“ sehen. Nicht selten wird von Vereinen die Option nur deswegen gezogen, um sich dadurch letztendlich eine Ablöse zu sichern.

Österreich als Vorreiter in Sachen Kollektivvertrag

Ein dem österreichischen Kollektivvertrag vergleichbares Instrument stellt der in Deutschland verwendete Tarifvertrag dar. Auch im Bereich des Fußballsports wird ein solcher vehement gefordert. Die Spielergewerkschaft „Vereinigung der Vertragsfußballer (VDV)“ agiert zwar als kollektive Stimme der Berufsfußballer in Deutschland und wird auch vom „Deutschen Fußball Bund (DFB)“ sowie der „Deutschen Fußball Liga (DFL)“ als Interessensvertreter der Fußballprofis anerkannt, jedoch ist es bis dato noch zu keinem Tarifvertrag gekommen. Auch wenn die Spielervereinigung alle Anforderungen an eine Gewerkschaft erfüllt und somit die Tariffähigkeit besitzt, kommt es zu keiner gewerkschaftlichen vereinsübergreifenden Mitbestimmung im professionellen deutschen Fußballsport.

In der Schweiz basieren Arbeitsverträge oft auf einem Gesamtarbeits-Vertrag (GAV). Diese sind dem österreichischen Kollektivvertrag oder dem deutschen Tarifvertrag ähnlich. Zwar gibt es auch in der Schweiz eine Gewerkschaft für Fußballer, die „Swiss Associaton of Football Players“ (SAFP), doch ist es im Bereich des Profifußballs noch zu keinem Gesamtarbeits-Vertrag, sondern lediglich zu einer Grundsatzvereinbarung zwischen der SAFP und der Swiss Football League (SFL) gekommen.

Deutschland – einseitige Vertragsoptionen als typisches Instrument zur Erzielung von Ablösesummen

Auch in Deutschland werden professionelle Mannschaftssportler als Arbeitnehmer angesehen. Demzufolge kommt es bei der Vertragsgestaltung zur Anwendung der gesamten arbeitsrechtlichen Normen. Dabei wird überwiegend die Meinung der Unwirksamkeit einseitiger Verlängerungsoptionen vertreten. Ähnlich dem österreichischen Recht darf in Deutschland für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Verein keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Spieler. Dabei wird nicht nur auf gleichlange Kündigungsfristen, sondern allgemein auf die Erschwerung der Kündigung abgestellt. Einseitige Vertragsoptionen stellen dabei einen klassischen Fall der Umgehung des Verbots ungleicher Kündigungsfristen dar.

Der entscheidende Punkt ist allerdings die unangemessene Benachteiligung für den Spieler in seiner Berufsfreiheit. Die Optionsklausel dient nur dazu, dem abgebenden Verein eine zusätzliche Einnahmequelle in Form einer Transferentschädigung zu verschaffen, welche zur Behinderung der Berufsfreiheit des Spielers führt. Das Arbeitsgericht Ulm hat im Fall eines Regionalligaspielers eine einseitige Vertragsoption als typisches Instrument zur Erzielung von Ablösesummen qualifiziert.

Auch im „Fall Mijatovic“ befasste sich das Arbeitsgericht Nürnberg mit einseitigen Verlängerungsoptionen zugunsten des Vereins. Konkret handelte es sich um einen befristeten Arbeitsvertrag mit einer zweijährigen Laufzeit, der eine einseitige Verlängerungsoption zugunsten des Vereins beinhaltete, die bei Ziehung eine Verlängerung des Vertrags für ein weiteres Jahr bewirken sollte („2+1“). Im Ergebnis wurde der Antrag abgewiesen, da nicht zweifelsfrei von einer unangemessen langer einseitigen Verlängerungsoptionen ohne angemessener Gegenleistung ausgegangen werden kann. Eine Entscheidung die auch der Regelung im neuen Kollektivvertrag der Österreichischen Fußball-Bundesliga entspricht.

Schweiz – einseitige Vertragsoptionen sind nichtig

Auch in der Schweiz werden Verträge zwischen Fußball-Klubs und Berufsfußballspielern als Arbeitsverträge qualifiziert. Folglich kommt es bei der Gestaltung von Arbeitsverträgen mit Berufsfußballern zur Anwendbarkeit arbeitsrechtlicher Bestimmungen und den dazugehörigen Rechtsfolgen. Anders als in Österreich und Deutschland herrscht in der Schweiz bezüglich der Rechtslage von einseitigen Optionsklauseln Einigkeit. Derartige Bestimmungen gelten als nichtig. Auch wenn es diesbezüglich nur selten zu juristischen Auseinandersetzungen kommt, wird dieser Umstand mitunter als Standortnachteil für die Schweiz angesehen.

Portmann’s 5 Kriterien

Sowohl das Schiedsgericht Court of Arbitration for Sport (CAS) mit Sitz in der Schweiz (Lausanne), als auch die von der FIFA eigens errichtete Dispute Resolution Chamber (DRC), die als zentrales Rechtssprechungsorgan bei Klagen im Zusammenhang mit Status und Transfers von Spielern agiert, beschäftigen sich regelmäßig mit Optionen in Spielerverträgen.

In der wichtigsten Entscheidung des CAS, haben sich die fünf Kriterien Portmanns herausgebildet, die als Grundlage für die Bewertung spezifischer Optionsrechte herangezogen werden sollten.

  • die potentielle maximale Dauer des Arbeitsverhältnisses darf nicht unverhältnismäßig sein
  • die Option muss innerhalb einer akzeptablen Frist vor Ablauf des aktuellen Vertrags ausgeübt werden
  • das aus dem Optionsrecht abgeleitete Gehalt muss im ursprünglichen Vertrag definiert werden
  • keine der Parteien darf der anderen Partei hinsichtlich der Vertragsgestaltung ausgeliefert sein
  • die Option muss im ursprünglichen Vertrag eindeutig festgelegt und hervorgehoben werden

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass weder die DRC noch das CAS eine einheitliche Antwort auf die Zulässigkeit einseitiger Verlängerungsoptionen liefern. Dennoch kann die allgemeine Schlussfolgerung gezogen werden, dass einseitige Verlängerungsoptionen sowohl mit den Vorschriften der FIFA als auch mit den Prinzipien des globalen Arbeitsrechts unvereinbar sind. Tatsächlich haben soweit überblickbar sowohl die DRC als auch das CAS lediglich einmal die Zulässigkeit einer einseitigen Verlängerungsoption bejaht. Weder die DRC noch das CAS sind jedoch so weit gegangen eine generelle unter allen Umständen geltende Unzulässigkeit auszusprechen.

Bild: © Shutterstock/donghero
Stock-Foto ID: 177062129

Im Fokus: Die 2/3-Regelung – Teil 2/2

Die 2/3-Regelung im Fußball ist durch die lebhafte Debatte der vergangenen Monate nahezu jedem Sportinteressierten ein Begriff. Im nachfolgenden Teil 2 unserer Beitragsreihe (Teil 1) soll diese Thematik nochmals aus juristischer Sicht beleuchtet werden.

Vereinbarkeit mit der europarechtlichen Arbeitnehmerfreizügigkeit

Die Freizügigkeit der Arbeitnehmer ist in Art 45 AEUV geregelt und umfasst, die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen. In der Rechtssache Bosman bejahte der Europäische Gerichtshof (EuGH) sowohl die Arbeitnehmereigenschaft von Profifußballern als auch die Anwendbarkeit der Freizügigkeit auf durch Sportverbände aufgestellte Regeln. Dabei führte er vor allem aus, dass es sich bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit um einen der fundamentalsten Grundsätze der Europäischen Union handelt und dieser daher auch unmittelbar gilt (Drittwirkung entfaltet). Dies soll verhindern, dass Beschränkungen, welche den Mitgliedstaaten untersagt sind, durch Handlungen Privater (hier Vereine) in Ausnutzung ihrer Satzungsautonomie errichtet werden.

Die 2/3-Regelung stellt eine Beeinträchtigung der Arbeitnehmerfreizügigkeit dar, da sie die Spieler daran hindert oder davon abhält, ihre Vereine zu verlassen, um ihre Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat auszuüben. Es liegt eine nicht diskriminierende Beschränkung (unterschiedslos anwendbare Maßnahme) vor, wobei es dem EuGH zufolge keine Rolle spielt, dass diese Regelung nicht direkt die Beschäftigung des Spielers betrifft, sondern lediglich die Möglichkeit des Spielers, bei einem offiziellen Spiel aufgestellt zu werden. Aber gerade die Teilnahme an diesen offiziellen Bewerbsspielen stellt das wesentliche Ziel eines Berufsspielers dar, wodurch es auf der Hand liegt, dass eine Regelung, die diese Teilnahme beschränkt, auch die Beschäftigungsmöglichkeit einschränkt.

Sachliche Rechtfertigung?

Fraglich ist jedoch, ob diese Beschränkung des Freizügigkeitsrechts sachlich gerechtfertigt werden kann? Grundsätzlich können Transferregeln trotz des Verstoßes gegen Art 45 AEUV durch die Sonderstellung des Sports gerechtfertigt sein, sollten sie tatsächlich zur Erreichung eines Allgemeininteresses geeignet, erforderlich und adäquat sein. Eine Beschränkung könnte durch die geschriebenen Ausnahmen in Art 45 Abs 3 AEUV (ordre public), zwingende Gründe des Allgemeininteresses und jedes überwiegende Gemeinwohlinteresse gerechtfertigt werden. Dabei sind auch die Unionsgrundrechte, das Primär- und Sekundärrecht als Schranken-Schranken sowie eine allfällige Verhältnismäßigkeitsprüfung zu beachten.

Der Zweck der 2/3-Regelung ist es, ein gewisses Maß an Flexibilität bei der Planung der sportlichen Tätigkeit sowohl für die Spieler als auch die Klubs zu gewährleisten. Außerdem könnte, wie in der Rechtssache Lehtonen, der geordnete Ablauf von Wettkämpfen und die Vergleichbarkeit der Ergebnisse, als Argument vorgebracht werden. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass die Integrität des Wettbewerbs auch ohne die 2/3-Regelung gewährleistet wird. Auf der anderen Seite sprechen einige Argumente gegen eine sachliche Rechtfertigung der Regelung. Als Schranken-Schranken ist das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit (Art 15 GRC) zu nennen. Dieses ist ein besonders schützenswertes Grundrecht. Da ein Spieler auch nicht ewig als Profi tätig sein kann, wäre eine „Wartezeit“ von einem halben Jahr im Hinblick auf die Gesamtdauer einer Profikarriere und somit die sportliche Lebenserwartung des Spielers, meiner Meinung nach unverhältnismäßig. Auch die Qualität und der Marktwert des Spielers würden dadurch sinken.

Folglich liegt kein zulässiger sachlicher Rechtfertigungsgrund für die Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit vor. Zudem überwiegen die Interessen des einzelnen Profis (vor allem die Erwerbsfreiheit) deutlich. Daher wäre die 2/3-Regelung auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung, bezüglich der Eignung und Erforderlichkeit, zu beanstanden. Im Ergebnis stellt die 2/3-Regelung mangels sachlicher Rechtfertigungsgründe eine unzulässige Beschränkung der europarechtlichen Arbeitnehmerfreizügigkeit dar, wodurch eine Anpassung des jetzigen FIFA-Transferreglement erforderlich ist. Eine möglichst zeitnahe Reform wäre zu begrüßen.

Bild: © Shutterstock/Stokkete
Stock-Foto ID: 270607577

Im Fokus: Die 2/3-Regelung – Teil 1/2

Die 2/3-Regelung im Fußball ist durch die lebhafte Debatte der vergangenen Monate nahezu jedem Sportinteressierten ein Begriff. Die Diskussion gipfelte schlussendlich in einer Entscheidung des Ständigen Neutralen Schiedsgericht der Österreichischen Fußball-Bundesliga. Im nachfolgenden Beitrag soll diese Thematik nochmals aus juristischer Sicht beleuchtet werden.

Die österreichische Debatte rund um David Atanga

In der Rückrunde der abgelaufenen Frühjahressaison der Österreichischen Fußball-Bundesliga sorgte eine Bestimmung des Regulativs für die dem ÖFB angehörigen Vereine und Spieler (im Folgenden kurz: ÖFB-Regulativ) für Verwirrung bei den Bundesliga-Klubs. § 4 Abs 6 ÖFB-Regulativ besagt nämlich, dass ein Spieler in der Zeitspanne vom 1. Juli bis 30. Juni des Folgejahres bei maximal drei Vereinen registriert werden kann. In dieser Zeit ist der Spieler für Bewerbsspiele von lediglich zwei Vereinen spielberechtigt. Diese Norm ist wortgleich auch in Art 5 Abs 3 FIFA-Reglement bezüglich Status und Transfer von Spielern (im Folgenden kurz: FIFA-Transferreglement) zu finden.

Bei Anwendung dieser Norm stellten sich viele die Frage, ob Spieler wie David Atanga, Samuel Tetteh, Alex Sobczyk & Co. überhaupt spielberechtigt waren. Diese Akteure liefen schon für den dritten Verein in der abgelaufenen Spielzeit auf, was nach dem strengen Wortlaut des ÖFB-Regulativs sowie FIFA-Transferreglement grundsätzlich nicht zulässig ist.

Die Diskussion fand schlussendlich ihren Höhepunkt am grünen Tisch. Auslöser war der Einsatz von David Atanga im Relegationsrückspiel zwischen dem SC Wiener Neustadt und dem SKN St. Pölten. Der Einspruch des Erstgenannten gegen die Beglaubigung des Spieles wurde sowohl vom Senat 1 als auch vom Protestkomitee abgelehnt, weshalb die Niederösterreicher schlussendlich auch noch die letzte Instanz anriefen. Das Ständige Neutrale Schiedsgericht der ÖFBL (Schiedsgericht gemäß §§ 577 ff ZPO) wies das eingebrachte Klagebegehren gegen die Beglaubigung des Relegationsrückspiels ab. In der Begründung führte das Schiedsgericht aus, dass auf den gegenständlichen Sachverhalt nationale Regelungen gemäß den ÖFB-Bestimmungen über Kooperationsverträge zur Anwendung kommen. Ob der Einsatz von David Atanga internationalen Regelungen widerspricht, sei dahingestellt.

Kooperationsbestimmungen mit FIFA-Transferreglement vereinbar?

Somit stellt sich die Frage, ob ein Abweichen vom FIFA-Transferreglement durch die Kooperationsspieler-Regelung in Österreich rechtmäßig ist oder ein unzulässiges Umgehen darstellt.

Die vom Schiedsgericht in seiner Begründung erwähnten Kooperationsbestimmungen sind vom ÖFB im Sinne der österreichischen Nachwuchsförderung eingeführt worden und sollen U-22-Spielern Einsatzzeiten in der höchstmöglichen Spielklasse ermöglichen. Ein Kooperationsspieler-Vertrag gilt demnach auch nicht als Transfer im Sinne des ÖFB-Regulativs. Durch diese Regelungen sollen Talente maximale Einsatzminuten in den obersten Spielklassen bekommen, wodurch vielen Spielern der nächste Schritt in ihrer Profikarriere ermöglicht werden soll. Aktuelle Beispiele hierfür sind Dayot Umpamecano und Dejan Ljubicic.

Ein weiteres Argument, neben den Zielen der Nachwuchsförderung und der generellen Förderung des österreichischen Fußballs, für die Rechtmäßigkeit der Kooperationsbestimmungen ist, dass diese bereits Ende der 90er-Jahre in Kraft getreten sind und somit lange vor der 2/3-Regelung im FIFA-Transferreglement erlassen wurden. Außerdem kennt die FIFA ein derartiges Institut nicht und konnte es daher in ihrem Reglement auch nicht berücksichtigen. Zudem ist ins Treffen zu führen, dass die FIFA auch andere Ausnahmen von der 2/3-Regelung kennt. So ist unter bestimmten Voraussetzungen nämlich eine dritte Spielberechtigung in der Major League Soccer (MLS) möglich.

Andererseits ist zu fragen, ob die Kooperationsbestimmungen nicht im Widerspruch zu Art 1 FIFA-Transferreglement stehen. Diese Norm besagt, dass die Bestimmungen des Reglements verbindlich und ohne jegliche Änderung in das Verbandselement zu integrieren sind. Dem ist jedoch vorerst entgegenzuhalten, dass die Regelung nationaler Transfers primär den Mitgliedsverbänden obliegt und diese somit auf besondere Umstände Rücksicht nehmen können, da sich die FIFA grundsätzlich nicht in das Tagesgeschäft der jeweiligen Verbände einmischt. Für die Unzulässigkeit der Kooperationsbestimmungen könnte auch der Fall Nils Quaschner (Red Bull Salzburg – FC Liefering – RB Leipzig)  ins Treffen geführt werden. Hat die FIFA in dieser Causa den österreichischen Kooperationsbestimmungen eine stillschweigende Absage erteilt? Auch das ist meines Erachtens zu verneinen. Grund hierfür ist die nicht vergleichbare Fallkonstellation. Da der Spieler grenzüberschreitend wechselte, war ausschließlich das FIFA-Transferreglement und nicht das ÖFB-Regulativ (samt Kooperationsbestimmungen) anzuwenden. Andere Ligen und die FIFA kennen das österreichische Spezifikum der Kooperationsbestimmungen nicht, sodass ein Kooperations-Wechsel im Ausland als normaler Transfer angesehen wird. Dies ist meiner Meinung nach nachvollziehbar. Auch der Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung („Red Bull-Liga“) ist kein stichhaltiges Argument gegen die Unzulässigkeit der Kooperationsbestimmungen im Hinblick auf die 2/3-Regelung. Jeder Verein hat nämlich die Möglichkeit derartige Kooperations-Wechsel abzuschließen und davon zu profitieren.

In Abwägung dieser Argumente sind die österreichischen Kooperationsbestimmungen meines Erachtens mit dem FIFA-Transferreglement und der darin enthaltenen 2/3-Regelung vereinbar. Dies wäre auch im Sinne der Nachwuchsförderung sowie der generellen Förderung des österreichischen Fußballsports zu begrüßen.

Im Laufe der nächsten Woche folgt Teil 2 der Beitragsreihe „Im Fokus: Die 2/3-Regelung“, in welchem die Zulässigkeit der Regelung vor dem Hintergrund des Unionsrechts untersucht wird.

Bild: © Shutterstock/pixfly
Stock-Foto ID: 418266109

Seminar: Good Governance im Sport

Im Rahmen der Offenen Universität öffnet der Sportrecht Masterlehrgang – Donau-Uni Krems  in Kooperation mit LAW MEETS SPORTS bei ausgewählten Vorlesungen – nach Maßgabe freier Plätze – seine Pforten auch für externe HörerInnen.

Das Thema Good Governance ist nicht erst seit dem FIFA-Korruptionsskandal im Sport angekommen. Dr. Stephan Dittl, Rechtsanwalt und Sportrechtsexperte aus Deutschland, geht in seinem eintägigen Seminar unter anderem auf Fragen ein wie:

  • Was ist Good Governance?
  • Was ist eine verantwortungsvolle Verbands- und Vereinsleitung? Welche organisationsrechtlichen Vorkehrungen sind zu treffen, um Mismanagement zu vermeiden?
  • Wo geschehen bei der Verbands- und Vereinsarbeit die größten Fehler?

Wann:

Sonntag, 22.10.2017, 09:30  – 16:30 Uhr

Wo:

Donau-Universität Krems, Dr. Karl-Dorrek Straße 30, 3500 Krems

Teilnahmevoraussetzungen:

– Kurzes Motivationsschreiben (warum möchten Sie das Seminar belegen?)
– Zulassung durch die Lehrgangsleitung

 

Mehr Infos und Anmeldung:

 GOOD GOVERNANCE IM SPORT

 

Bild: © Shutterstock/PHOTOCREO Michal Bednarek
Stock-Foto ID: 197557880

#Rio2016 – Nach den Spielen ist vor den Spielen – Teil 3/3

Die letzten beiden Artikel der Olympia-Beitragsserie beschäftigten sich mit geschützten Olympischen Symbolen und Bezeichnungen sowie mit Werbung mit Olympioniken. Dieser Teil behandelt nun die Nutzung sozialer Medien sowie den Schutz der (offiziellen) Olympischen Partner.

Ein Gastbeitrag von Thomas Wallentin, Philipp Spring und Patrick Kainz

Die Nutzung von Social Media Kanälen

Welche olympischen Begriffe, wie und von wem diese in den sozialen Medien – die im Rahmen der zeitgemäßen digitalen Mediatiserung des Sportgeschehens rasant an Bedeutung gewinnen –  verwendet werden dürfen, hat sowohl vor als auch während der Olympischen Spiele zu einiger Verunsicherung geführt. Des Öfteren war von einem kompletten Hashtag[1]-Verbot zu den Olympischen Spielen die Rede. Beispielsweise hat Papst Franziskus den Athleten zum Start der Olympischen Spiele in Rio de Janeiro viel Glück gewünscht „Alles Gute für die Athleten von #Rio2016!“. Daraufhin erhielt der Papst vom Account „Rule 40 (@Official_Rule40)“ folgende Antwort  „Please refrain from using #Rio2016 protected terms. As a global brand you are in violation of official Olympic guidelines.[2] Eine Zeitung berichtete daher eher „flapsig“, der Papst hätte eine Twitter-Abmahnung von den „Rio-Bossen“ erhalten. Dies führte natürlich zu weiteren Verunsicherungen. Dass es sich bei dem Account jedoch um keinen offiziellen Account des IOC handelte und das Konto mittlerweile gesperrt wurde, verschwieg die Zeitung. Der Tweet des Papstes war im Übrigen rechtlich zulässig.

Athleten, aber auch anderen akkreditierten Personen einer nationalen Delegation (zB Trainer, Betreuer etc), ist es nicht gestattet, während der Sperrfrist journalistisch tätig zu werden. Die Meinungsäußerung im Rahmen eigener Social-Media-Kanäle fällt jedoch im Regelfall nicht darunter und ist somit grundsätzlich erlaubt. Fotos für den persönlichen Gebrauch von den Olympischen Stätten dürfen gemacht und anschließend auch veröffentlicht werden. Dies gilt aber nicht für Video- und Tonaufnahmen, die keinesfalls veröffentlicht werden dürfen. Dieses Recht steht nur den TV-Rechteinhabern („Rights-Holders“) zu (zB dem ORF als „official Broadcaster“ für Österreich oder dem ARD und ZDF für Deutschland).

Ferner ist es Athleten im Rahmen ihres Internetauftritts verboten, Nicht-Olympische Partner im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen zu präsentieren. Das bedeutet, dass keine Werbung, Sponsorenlogos und keine Sponsoren-Hashtags auf den Social-Media-Kanälen des Athleten aufscheinen dürfen. Dieser Kommunikationskanal darf eben keinesfalls für werbliche Zwecke genutzt werden. Daher müssen auch persönliche Erlebnisberichte von Athleten im werbefreien Umfeld stattfinden. Das bedeutet ua, dass persönliche Sponsoren des Athleten einen tweet des Athleten auf Twitter nicht retweeten dürfen. Auf den Fotos dürfen die Olympischen Ringe, das Rio2016-Logo und auch das Maskottchen zu sehen sein und in den persönlichen Berichten die olympischen Begrifflichkeiten verwendet werden, sofern dies nur im nicht-kommerziellen Zusammenhang geschieht. Keinesfalls dürfen jedoch die olympischen Begriffe (zB Olympiateilnehmer, Rio 2016) als Domain-Namen, Nutzernamen oder URLs verwendet werden (zB www.athletxyOlympia.at oder @AthletXYOlympia).

Die Olympiateilnehmer sind somit angehalten, ihre Social-Media Inhalte selbst zu „zensurieren“. Die Angst vor möglichen Sanktionen (im schlimmsten Fall droht der Ausschluss von den Spielen; prominentestes österreichisches Beispiel ist Karl Schranz, der knapp vor Beginn der Olympischen Winterspiele 1972 wegen Verstoß gegen das Amateurstatut in Sapporo von IOC-Präsident Avery Brundage ausgeschlossen wurde) führte beispielsweise dazu, dass der norwegische Biathlet Ole Einar Bjørndalen während der Olympischen Winterspiele in Sotschi 2014 seine Website zur Gänze offline nahm.

Schutz der (offiziellen) Olympischen Partner

Die strengen Werberichtlinien des IOC dienen vor allem dazu, die Olympischen Partner zu schützen. Angeblich bezahlten diese für die Spiele in Rio rund zwei Milliarden Euro an das IOC. Im Gegenzug erwarten sie sich jedoch eine entsprechende Exklusivität, die Spiele für ihre werblichen Zwecke nutzen zu können.

Inwieweit die zuvor erwähnten gelockerten Werberichtlinien diese Exklusivität beeinträchtigen, kann wahrscheinlich erst in den nächsten Monaten festgestellt werden. Im Zeitalter von Ambush- und Influencer-Marketing werden möglicherweise einige der offiziellen Partner ihr zukünftiges Werbeengagement vielleicht sogar grundsätzlich überdenken. Unter Ambush-Marketing werden all jene Werbeaktivitäten eines Unternehmens, welches selbst kein (offizieller) Sponsor einer Veranstaltung ist, verstanden. Sie zielen darauf ab, die mediale Aufmerksamkeit, die der Veranstaltung entgegengebracht wird, für eigene Zwecke auszunutzen. Dementsprechend wird auch oft von Trittbrettfahren oder gar Schmarotzen gesprochen. Im Gegensatz dazu ist Influencer-Marketing  eine Marketingstrategie, mit der sich das Unternehmen den Einfluss wichtiger Meinungsmacher, deren Beiträge die Meinungsbilder in den Social Media prägen, zu Nutzen macht. Beide dieser Marketingmethoden werden in Zukunft wohl noch zunehmen.

[1] Ein Hashtag ist eine englische Wortkombination aus den beiden Begriffen „hash“ und „tag“, wobei es sich bei hash um den englischen Begriff für das Doppelkreuz (#) handelt und tag für ein Schlagwort steht. Ein Hashtag ist ganz einfach gesagt ein durch das Raute-Symbol markiertes Stichwort, welches einem Post oder Tweet eine thematische Zuweisung gibt.

[2] Etwa: „Wir ersuchen Sie, die Nutzung von für #Rio2016 geschützten Begriffen zu unterlassen. Als eine globale Marke verstoßen Sie damit gegen offizielle olympische Bestimmungen.“

 

Zu den Autoren:

wallentin-thomas-klein

 

 

Prof. MMag. Dr. Thomas Wallentin (Partner bei KSW Rechtsanwälte OG) hat sich auf Sportrecht spezialisiert  und ist LAW MEETS SPORTS-Clubmitglied der ersten Stunde.

 

 

spring-philipp

 

Dr. Philipp Spring ist als Rechtsanwalt bei KSW Rechtsanwälte OG tätig. Bei unserer LAW MEETS SPORTS Veranstaltung „Werbung aus dem Hinterhalt – Ambush Marketing im Sport“ hat er  in seiner Keynote erklärt worum es sich beim Thema Ambush Marketing handelt.

 

 

kainz-patrick

 

Mag. Patrick Kainz ist jahrelanger Mitarbeiter bei KSW Rechtsanwälte OG und seit Juli 2016 Rechtsanwalt. Neben Sportrecht beschäftigt er sich unter anderem mit Markenrecht, Urheberrecht und IT Recht.

 

 

 

Weitere Artikel der Autoren:

#Rio2016 – Nach den Spielen ist vor den Spielen – Teil 1/3

#Rio2016 – Nach den Spielen ist vor den Spielen – Teil 2/3

Bild: © Shutterstock/lazyllama
Stock-Foto ID: 439270486

#Rio2016 – Nach den Spielen ist vor den Spielen – Teil 2/3

Im ersten Artikel der Beitragsserie „#Rio2016 – Nach den Spielen ist vor den Spielen“ ging es um die geschützten Symbole und Bezeichnungen der Olympischen Spiele. Teil 2 dieser Beitragsserie erklärt, was bei Werbung mit Olympioniken beachtet werden muss.

Ein Gastbeitrag von Thomas Wallentin, Philipp Spring und Patrick Kainz

Werbung mit Olympioniken

In diesem Zusammenhang ist insbesondere die Durchführungsbestimmung 3 zur Regel 40 der Olympischen Charta zu beachten. Demnach darf „kein Wettkampfteilnehmer seine Person, seinen Namen, sein Bild oder sportliche Leistung für Werbezwecke während der Olympischen Spiele einsetzen, außer dies wurde vom IOC genehmigt.“ „Während der Olympischen Spielen“ bedeutet im Gegensatz zum Wortlaut der Regel 50.2 aber nicht nur jene Tage, an denen tatsächlich die Wettkämpfe stattfinden, sondern die sogenannte „frozen period“ oder „Sperrfrist“, welche schon neun Tage vor der Eröffnungsfeier beginnt und erst drei Tage nach der Abschlussfeier endet.

Grundsätzlich dürfen während der Olympischen Spiele auch keine Werbekampagnen eines persönlichen Sponsors (der kein Olympischer Partner ist) eines Athleten gezeigt werden. Selbst wenn eine Werbekampagne überhaupt keinen Bezug auf die Olympischen Spiele nimmt, darf sie trotzdem nicht während der Sperrfrist präsentiert werden. Dies wird als indirekte Anlehnung an die Olympischen Spiele angesehen. Diese Einschränkung wurde zuletzt im Hinblick auf laufende werbliche Aktivitäten mit bereits bestehenden (Werbe-)Partnern gelockert. Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Werbung rechtzeitig beim jeweiligen NOK angemeldet und von diesem auch genehmigt wurde. Ferner muss die werbliche Aktivität bereits mindestens drei Monate vor Beginn der Sperrfrist begonnen haben. Die Werbung darf auch keinen Bezug zu den Olympischen Spielen oder zur Olympischen Bewegung nehmen.

Begriffe, wie Medaille, Sieg … in Werbekampagnen verboten

Unabhängig davon, ob es sich um eine bestehende Werbekampagne handelt oder nicht, ist die Verwendung von Begriffen, die mit den Olympischen Spielen assoziiert werden, in Verbindung mit dem Athleten (seinem Namen oder Bild) während der Sperrfrist somit jedenfalls untersagt. Darunter fallen beispielsweise auch Begriffe wie Medaille, Sieg, Sommer, Spiele etc. Inserate mit Glückwünschen für die Teilnahme an den Spielen bzw Gratulationsinserate bei Medaillengewinnen von Sponsoren sind nur außerhalb der Sperrfrist zulässig. Auch dabei dürfen aber weder geschützte Bezeichnungen und Symbole verwendet werden, noch Bilder von den Olympischen Spielen gezeigt werden. Zulässig ist beispielsweise die Verwendung eines „neutralen Portraits“ des Sportlers mit dem Begleittext „Wir gratulieren Athlet XY zu seinem großen Erfolg“.

Regeländerung kommt nahmhaften Sportlern zugute

Für die meisten Athleten und deren Sponsoren stellt diese (scheinbare) Lockerung der strengen Werberichtlinien dennoch ein Problem dar. Vielen Unternehmen ist es nämlich schlichtweg zu teuer, eine Werbekampagne über einen so langen Zeitraum (die Aktivität muss ja bereits mindestens drei Monate vor der Sperrfrist begonnen haben) laufen zu lassen. Überdies steht für einige Athleten am Ende der Genehmigungsfrist noch gar nicht fest, ob sie sich tatsächlich für die Spiele qualifizieren werden. Die Regeländerung kommt somit va solchen Athleten zugute, die bereits eine gewisse Berühmtheit erlangt haben und schon über namhafte, zahlungskräftige Sponsoren verfügen. Dazu gehört zB der US-Schwimmstar Michael Phelps, der vom amerikanischen Sportartikelhersteller Under Armour gesponsert wird und der mit seinen 23 Goldmedaillen der bisher erfolgreichste Olympionike ist.

Zu den Autoren:

wallentin-thomas-klein

 

Prof. MMag. Dr. Thomas Wallentin (Partner bei KSW Rechtsanwälte OG) hat sich auf Sportrecht spezialisiert  und ist LAW MEETS SPORTS-Clubmitglied der ersten Stunde.

 

 

 

spring-philipp

 

Dr. Philipp Spring ist als Rechtsanwalt bei KSW Rechtsanwälte OG tätig. Bei unserer LAW MEETS SPORTS Veranstaltung „Werbung aus dem Hinterhalt – Ambush Marketing im Sport“ hat er  in seiner Keynote erklärt worum es sich beim Thema Ambush Marketing handelt.

 

 

kainz-patrick

 

Mag. Patrick Kainz ist jahrelanger Mitarbeiter bei KSW Rechtsanwälte OG und seit Juli 2016 Rechtsanwalt. Neben Sportrecht beschäftigt er sich unter anderem mit Markenrecht, Urheberrecht und IT Recht.

 

 

 

 

Weitere Artikel der Autoren:

#Rio2016 – Nach den Spielen ist vor den Spielen – Teil 1/3

Bild: © Shutterstock/Leonhard Zhukovsky
Stock-Foto ID: 469770791

Olympiateilnahme – Privileg oder Verpflichtung eines Athleten?

Gastbeitrag von Peter Griehser

Die Olympischen Sommerspiele 2016 sind bereits in vollem Gange. Die Athleten konnten sich dafür qualifizieren, indem sie die vorgeschriebenen Olympia-Limits erreichten. Doch müssen sie bei Erfüllung der Nominierungskriterien auch tatsächlich an den Olympischen Spielen teilnehmen? War die Absage des im Moment besten österreichischen Tennisspielers Dominic Thiem legitim? 

Nominierungsrecht

Das Österreichische Olympische Comité (ÖOC) ist die einzige vom Internationalen Olympischen Komitee anerkannte Vertretung in Österreich und allein verantwortlich für die Teilnahme österreichischer Mannschaften an den Olympischen Spielen. Die Nominierung der teilnehmenden Athleten obliegt dem Vorstand des ÖOC auf Vorschlag der jeweiligen Fachverbände und unter Berücksichtigung der internationalen und gegebenenfalls nationalen Qualifikationsrichtlinien und der Bestimmungen der Olympischen Charta.

Pflicht zur Olympiateilnahme?

Hätte nun Dominic Thiem aufgrund seiner Nominierung in Rio antreten müssen, bzw. wird er ob seines Nichtantritts sogar gegenüber dem ÖOC, Sponsoren, oder Dritten schadenersatzpflichtig?

Festzuhalten ist, dass ein Athlet, der vom ÖOC aufgrund seiner Leistungen nominiert wurde, weder nach den nationalen Bestimmungen des ÖOC noch aufgrund der Regularien des IOC verpflichtet ist, tatsächlich an Olympischen Spielen teilzunehmen; eine Teilnahmepflicht besteht daher trotz Nominierung durch den nationalen Verband nicht.

Denkbar wäre es jedoch, dass ein Athlet aufgrund seines Nichtantritts beispielsweise mit negativen Folgen und Schadenersatzforderungen aufgrund seines Sponsoringvertrags zu rechnen hat; Antrittsgelder und gegebenfalls Leistungsprämien bleiben ihm ebenso verwehrt wie die Möglichkeit, sich einem breiten Publikum zu präsentieren und dadurch unter Umständen seinen Marktwert zu steigern.

Wird ein Athlet vom OÖC aufgrund seiner Leistungen für die Olympischen Spiele nominiert, so ist dies am Ende des Tages ein Privileg für den Athleten, welches er annehmen kann, aber nicht muss. Die fehlende Verpflichtung ermöglicht es ihm auch, ohne Angabe von Gründen an den Spielen nicht teilzunehmen und sich beispielsweise – wie Dominic Thiem – seiner Regeneration oder anderen Turnieren zu widmen.

Zum Autor:

MMag. Peter Griehser ist Rechtsanwalt und Betriebswirt der LIKAR Rechtsanwälte GmbH in Graz und neben dem Gesellschafts-, Wirtschafts- und IT-Recht auch auf Sportrecht spezialisiert.

 

Bild: © Shutterstock/lev radin
Stock-Foto ID: 324061442

#Rio2016 – eine Markenverletzung?

Gastbeitrag von Dominik Hofmarcher

Zuletzt tauchten vermehrt Medienberichte auf, wonach es – jedenfalls für Unternehmen – unzulässig sein soll, Hashtags wie etwa #Rio2016 zu verwenden oder offizielle Beiträge über Olympia in den Sozialen Medien zu teilen. Entsprechende Informationen bzw. Warnungen dürften von offizieller Seite – insbesondere vom IOC und vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) – veröffentlicht worden sein. Handelt es sich dabei um ernst zu nehmende Drohungen oder doch nur um den (untauglichen) Versuch, die offiziellen Sponsoren möglichst umfassend zu schützen?

Um vorweg mit einem weit verbreiteten Irrglauben aufzuräumen: Die Registrierung eines Zeichens als Marke bedeutet nicht, dass das Zeichen ohne Zustimmung des Markeninhabers überhaupt nicht mehr verwendet werden darf. Ansonsten wäre es ja auch unzulässig, ein Coca-Cola zu bestellen oder diesen Beitrag zu schreiben. Es geht also stets um die Art und Weise der Nutzung – diese kann rechtskonform oder rechtswidrig sein. Völlig absurd sind die Warnungen des IOC aber dennoch nicht:

Zunächst dürfte den wenigsten bekannt sein, dass es in Österreich ein eigenes Gesetz gibt, das die Verwendung der olympischen Embleme und Bezeichnungen regelt (der Schutz der olympischen Symbole und Bezeichnungen ist Voraussetzung, um sich erfolgreich für die Austragung Olympischer Spiele bewerben zu können). Ob der Hashtag #Rio2016 unter die geschützten olympischen Bezeichnungen fällt, scheint fraglich. Zudem verbietet dieses Gesetz im Kern bloß, die olympischen Embleme und Bezeichnungen zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen zu verwenden.

Ein kurzer Blick in die Datenbank des Österreichischen Patentamts zeigt, dass es soweit ersichtlich auch keine Markenanmeldung für den Hashtag „#Rio2016“ als solchen gibt (jedenfalls nicht mit Schutz in Österreich bzw für die gesamte EU). Sehr wohl ist das IOC neben einer entsprechenden Wort-Bildmarke (Logo) aber Inhaber der bereits 2007 angemeldeten Unions-Wortmarke „RIO 2016“. Diese wurde (wie für Eventmarken im Hinblick auf das Sponsoring- und Merchandisinggeschäft durchaus üblich) extrem breit in allen Waren- und Dienstleistungsklassen (1 – 45) angemeldet; so zB auch für „Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke“ in Klasse 5 oder „Brutapparate für Eier“ in Klasse 7. Sinn und Zweck einer solchen Eventmarke ist es, die geschäftliche Nutzung der geschützten Zeichen den offiziellen Sponsoren vorzubehalten.
Unabhängig davon, ob das IOC tatsächlich Markenschutz für Brutapparate benötigt, ist der Nutzen solcher Eventmarken ganz allgemein umstritten.

  • Zunächst kann jedermann die (teilweise) Löschung einer Marke begehren, wenn sie über 5 Jahre hinweg nicht ernsthaft kennzeichenmäßig benutzt wurde. Eine ersthafte kennzeichenmäßige Benutzung für Zahnfüllmittel, Brutapparate & Co scheint im konkreten Fall zumindest fraglich.
  • Zudem ist umstritten, ob solche Eventmarken im Streitfall rechtsbeständig sind; so wird „RIO 2016“ wohl nicht primär als Marke, sondern als beschreibender Hinweis auf die Veranstaltung verstanden. Für beschreibende Angaben besteht aber ein Freihaltebedürfnis – sie sind nicht schutzfähig.
  • Wesentlich ist ferner, dass aus einer Marke stets nur gegen eine Nutzung des Zeichens im geschäftlichen Verkehr für Waren oder Dienstleistungen vorgegangen werden kann, wenn durch eine solche Nutzung eine Funktion der Marke beeinträchtigt wird. Im privaten Bereich droht markenrechtlich daher von vornherein keine Gefahr, im geschäftlichen Bereich nur dann, wenn eine Funktionsbeeinträchtigung der Marke droht (was bei einer rein beschreibenden Verwendung regelmäßig nicht der Fall sein wird).
  • Schließlich kann ein Eingriff in eine Marke durch Grundrechte – etwa das Rechte auf freie Meinungsäußerung – gerechtfertigt sein (zB wenn über die Veranstaltung berichtet wird).

Worum geht es nun tatsächlich?

Die Drohungen des IOC und auch die mediale Berichterstattung sind wohl übertrieben. Kritisch kann es aber werden, wenn ein Unternehmen im geschäftlichen Verkehr den unrichtigen Eindruck erweckt, ein offizieller Sponsor zu sein oder sonst in einer besonderen Beziehung zur Veranstaltung bzw zum Veranstalter zu stehen – dieser Eindruck könnte theoretisch auch durch die Verwendung eines Hashtags vermittelt werden. Zudem wird der Veranstalter gegen Trittbrettfahrer vorgehen können, die bekannte Kennzeichen benutzten bzw Bezug auf die Veranstaltung nehmen, um vom guten Ruf und Aufmerksamkeitswert zu profizieren, ohne dafür eigene Leistungen zu erbringen. Ob eine Bezugnahme auf die Veranstaltung im geschäftlichen Verkehr noch als zulässig oder bereits als unlauter (Ausbeutung/Behinderung/Irreführung) anzusehen ist, kann stets nur im Einzelfall beurteilt werden. Wer versucht, das Interesse an einem Großereignis wie Olympia für eigene geschäftliche Zwecke zu nutzen, ohne offizieller Sponsor zu sein, muss sich jedenfalls auf einen Drahtseilakt einstellen.

Zum Autor:

Dr. Dominik Hofmarcher ist Rechtsanwalt der Schönherr Rechtsanwälte GmbH. Er ist u.a. auf Marken-, Lauterkeits- sowie Persönlichkeitsrecht spezialisiert.

 

Bild: © Shutterstock/S.Pytel
Stock-Foto ID: 131104151

Rio 2016: Warum Fußballstars von Olympia fernbleiben

16 Nationalmannschaften aus vier Kontinenten werden zwischen 4. und 20. August um die olympischen Medaillen im Männerfußball in Rio 2016 kämpfen. Unter den Teilnehmern finden sich Fußballriesen wie Brasilien (als Gastgeber), Argentinien und Deutschland, aber auch vermeintliche Fußballzwerge wie die Nationalmannschaft aus Fidschi, wobei der Qualifikationsmodus je nach Kontinent unterschiedlich konzipiert ist.

Für die Mannschaft von den Fidschis ist die Teilnahme ein großer Erfolg, bedenkt man, dass sie momentan den FIFA-Weltranglistenplatz 187 belegen. Zum Vergleich: die in unseren Breitengraden aus diversen Begegnungen mit Sicherheit bekanntere Nationalmannschaft der Färöer-Inseln belegt momentan Rang 136 der FIFA-Weltrangliste. Für Roy Krishna, den derzeit wohl bekanntesten Fußballer aus Fidschi, ist die Teilnahme an den olympischen Spielen aber dennoch keine Selbstverständlichkeit.

Denn: Es besteht für die Vereine der betroffenen Spieler keine Abstellungspflicht. Sie müssen diese nicht für Rio 2016 ziehen lassen.

Das resultiert aus den Bestimmungen des FIFA-Reglements bezüglich Status und Transfer von Spielern. Artikel 1 des Anhang 1 trifft diesbezüglich eine genaue Regelung: Dort wird eine grundsätzliche Verpflichtung der Vereine festgeschrieben. Diese besagt, dass Vereine ihre Spieler für die Verbandsmannschaft ihrer jeweiligen Staatszugehörigkeit abstellen müssen. Wenn der konkrete Spieler nun vom Nationalverband einberufen wird, hat der Verein keine Möglichkeit dem Spieler dies zu verbieten. Jedoch mit einer bedeutsamen Einschränkung: Diese Verpflichtung ist nicht immer gegeben, da die FIFA diese an gewisse Perioden koppelt. Jene werden im sogenannten „koordinierten internationalen Spielkalender“ ausgewiesen. Deshalb sind Vereine nicht verpflichtet, Spieler für Spiele an Terminen abzustellen, die nicht im koordinierten internationalen Spielkalender aufgelistet sind bzw. nicht extra durch Sonderbeschluss des FIFA-Exekutivkomitees zu einem solchen Status erhoben wurden. Das Abstellen der Spieler ist für alle angeführten Austragungen im internationalen Spielkalender sowie für alle Endrunden der Fußballweltmeisterschaft, des FIFA Konföderationen­Pokals und der Wettbewerbe für A-­Verbandsmannschaften der Konföderationen zwingend, sofern der entsprechende Verband Mitglied der ausrichtenden Konföderation ist.

Internationale Großturniere wie die EURO 2016 in Frankreich sind selbstverständlich im Spielkalender ausgewiesen, weshalb sich die Vereine gegen eine Nominierung ihrer Spieler für die Nationalmannschaften nicht zu Wehr setzen konnten. Anders sieht aber die Situation bei den olympischen Spielen aus, denn diese fehlen im Kalender. Dies war auch schon in der Vergangenheit der Fall: vor den olympischen Spielen in Peking im Jahre 2008 wehrten sich der FC Barcelona, Schalke 04 und Werder Bremen erfolgreich vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS 2008/A/1622) gegen Einberufungen ihrer Spieler. Die betroffenen Spieler waren damals Messi, Rafinha und Diego.

Auch bei den „Fußballriesen“ bleiben die meisten Stars von Rio 2016 fern

Neben der Tatsache, dass es keine Abstellungspflicht der Vereine gibt, kommt hinzu, dass die Mannschaftskader einerseits zum Großteil aus Spielern bestehen müssen, die jünger als 23 Jahre sind. Nur drei Spieler dürfen dieses Alter überschritten haben. Zudem besteht der Kader nur aus maximal 20 Mann. Dies ist dem Reglement für die olympischen Fußballspiele zu entnehmen. Die Möglichkeiten der Trainer der Olympiaauswahlen sind also im Gegensatz zu jenen bei der vergangenen Europameisterschaft in Frankreich sehr begrenzt.

Zum Autor:

Mag. Felix Schrutka ist juristischer Mitarbeiter sowie Redaktionskoordinator bei www.lawmeetssports.at. Weiters belegt er den Masterlehrgang „Sportrecht“ an der Donau-Universität Krems.

Bild: © Shutterstock/lazyllama
Stock-Foto ID: 439270486

IOC-Entscheidung deckt Doping-Unzulänglichkeiten schonungslos auf

Gastbeitrag von David Müller

Der Umgang des Internationalen Olympischen Committees (IOC) mit den massiven Missständen, welche die unabhängigen Ermittler der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) in den letzten Monaten aufgedeckt haben, hat die strukturellen Mängel des derzeitigen Anti-Doping Systems einmal mehr offenbart.

Über die Forderung der WADA und zahlreicher Anti-Doping Organisationen nach einem kollektiven Ausschluss der russischen Delegation bei gleichzeitiger eingehender Evaluierung, welche Sportlerinnen und Sportler trotzdem zu den Olympischen Spielen Rio 2016 zugelassen werden können, kann man sowohl aus juristischer als auch aus moralischer Sicht geteilter Meinung sein.

Tatsache ist, dass durch das fehlende Leadership des IOC die Verantwortung auf die Internationalen Fachverbände abgewälzt und eine einheitliche Vorgangsweise unterbunden wurde. Spannend wird zudem, wie der Internationale Sportgerichtshof (CAS) den Ausschluss bereits einmal gesperrter Sportlerinnen und Sportler bewertet, zumal dies ja bereits vor Jahren als rechtwidrig erkannt wurde. Gut möglich, dass sich die damit implizierte Bestrafung der Whistleblowerin Julia Stepanow für das IOC als schadensersatzrelevanter Bumerang erweist.

Schutz der sauberen Sportlerinnen und Sportler

Letztendlich sind all diese Fragen aber nur von nachrangiger Bedeutung. Um die sauberen Sportlerinnen und Sportler tatsächlich wirkungsvoll zu schützen, bedarf es einer ganzen Reihe an gravierenden Änderungen im Sportsystem und in der Anti-Doping Arbeit. Da eine ausführliche Behandlung aller kurz-, mittel- und langfristigen Ansätze und Ideen, die an anderer Stelle ausführlich dargelegt sind, den Rahmen dieses Beitrages sprengen würden, werden nachfolgend einige der zentralen Forderungen angeführt. 

Unabhängigkeit ist der Schlüssel zum Erfolg

Die repressive Anti-Doping Arbeit in Form von Dopingkontrollen, Ermittlungstätigkeiten, Analysen und Anti-Doping Verfahren kann nur funktionieren, wenn sie von völlig unabhängigen Instanzen durchgeführt wird. In keinem anderen Wirtschaftsbereich wird akzeptiert, dass diejenigen, die ein Produkt verkaufen, gleichzeitig auch dessen Qualität bewerten. Beim „Hochglanzprodukt Sport“ sind die Produzenten aber nicht nur für die Qualitätskontrollen in Form von Dopingproben zuständig, sie entscheiden im Falle eines Verdachtes auf einen Verstoß auch über mögliche Sanktionen. Nicht zuletzt deshalb müssen Verbände und Veranstalter von diesen Aufgaben vollständig entbunden werden, um Einflussnahme, Parteilichkeit, Vertuschung oder Korruption von vornherein auszuschließen.

Zudem müssen strukturelle und personelle Beziehungen zwischen Anti-Doping Organisationen, Dopingkontroll-Laboren und rechtssprechenden Organen verhindert werden. Dies bedeutet auch, dass aktive oder ehemalige Verantwortliche aus Sport, Wirtschaft, Medien oder Politik keine leitenden Positionen in der Anti-Doping Arbeit übernehmen können, oder zumindest erst nach einer längeren „Abkühlphase“.

Gewaltentrennung als rechtsstaatliches Prinzip

Nicht zuletzt als Reaktion auf die bereits vor mehreren Monaten bekannt gewordenen Vorwürfe gegen Russland hat das IOC die WADA aufgefordert, die Verantwortung für die weltweite Durchführung von Dopingkontrollen zu übernehmen. Zwar ist die zugrundeliegende Idee richtig, die WADA ist allerdings der falsche Adressat.

In jeder demokratischen Gesellschaft ist die Gewaltentrennung ein fundamentales Kernstück der Rechtsstaatlichkeit. Die WADA ist derzeit allerdings Legislative (Herausgabe des Welt-Anti-Doping-Codes, der Internationalen Standards und technischen Dokumente), Exekutive (Durchführung von Ermittlungstätigkeiten) und Judikative (Entscheidung über Einsprüche gegen Medizinische Ausnahmegenehmigungen). Um die zwingend notwendige Gewaltentrennung auch in der Anti-Doping Arbeit zu etablieren, bedarf es daher einer Neuausrichtung des Systems. 

In der neu zu entwickelnden Konstellation sind die Nationalen Anti-Doping Organisationen (NADOs) wie bisher für Dopingkontrollen, Medizinische Ausnahmegenehmigungen, Einsprüche gegen Entscheidungen der nationalen Gremien sowie Information und Prävention zuständig. Von diesen Organisationen völlig unabhängige Dopingkontroll-Labore bzw. Instanzen übernehmen die Analyse der Dopingproben bzw. die Rechtsprechung in Anti-Doping Verfahren. 

Eine zugründende Internationale Kontrollorganisation (IKO) ist für Dopingkontrollen in strukturschwachen Gebieten sowie zielgerichtete Dopingkontrollen bei Verdachtslagen zuständig und kann Einsprüche gegen nationale Entscheidungen vornehmen. Die IKO ist somit die derzeit fehlende globale Exekutive, die WADA konzentriert sich auf ihre Kernaufgabe als Legislative und der CAS fungiert weiterhin als oberste sportrechtliche Instanz.

Anti-Doping Fonds bringt Unabhängigkeit

Um die beschriebene Unabhängigkeit und Gewaltentrennung nicht nur auf dem Papier zu leben, bedarf es einer unabhängigen Finanzierung. Dies lässt sich nur über einen internationalen Anti-Doping Fonds bewerkstelligen.

Sämtliche Mittel, die derzeit von den Verbänden, Veranstaltern und Staaten für die Anti-Doping Arbeit aufgewendet werden, müssen diesem Fonds zugewiesen werden. Zudem müssen Sponsoren und Medienanstalten, die maßgeblich vom Produkt des sauberen Sports profitieren, ihren Beitrag leisten. Die Allokation der Gelder muss dann anhand klarer Kriterien vorgenommen werden, um eine Basisförderung anhand eines entsprechenden Förderschlüssels zu gewährleisten und auf situative Notwendigkeiten (z.B. Verdachtslagen, Anti-Doping Arbeit in strukturschwachen Regionen) reagieren zu können.

Durch diese „Internationalisierung“ der Finanzierung wird einerseits die Autonomie der NADOs, Dopingkontroll-Labore und rechtsprechenden Instanzen gestärkt, andererseits auch die immer wieder geforderte weltweite Harmonisierung der Anti-Doping Arbeit gefördert.

Ausbau von Intelligence & Investigation

Doping im Spitzensport ist Betrug, daher muss auch entsprechend dagegen vorgegangen werden. Kriminelle aus anderen Wirtschaftsbereichen, die ihre Konkurrenten um teilweise viel geringere Summen schädigen, müssen mit der vollen Härte des Strafrechts rechnen, dopende Sportlerinnen und Sportler sowie deren Hintermänner genießen hier nach wie vor eine Sonderstellung.

Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass Dopingkontrollen nur eingeschränkt dazu geeignet sind, professionelle Betrüger zu überführen. Zudem können Analysen immer nur einzelne Personen überführen, Ermittlungstätigkeiten aber gleich ganze Gruppen. Daher ist es ein Gebot der Stunde, die entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit staatliche Ermittler und Anti-Doping Organisationen bestmöglich zusammenarbeiten können.

Mediziner sind keine Leistungsoptimierer

Um nicht auf jede neue Entdeckung der Forschung reagieren zu müssen, bedarf es der unmissverständlichen Klarstellung, dass jede Behandlung, jede Medikamentenanwendung und jede Substanzeinnahme strikt verboten ist, sofern sie nicht medizinisch indiziert ist. Auf lange Sicht gesehen sind aber selbst die vorgenannten Änderungen nicht ausreichend, wenn es nicht gelingt, das Bewusstsein zu etablieren, dass die ureigenste Aufgabe der Medizin nicht die Leistungssteigerung und -optimierung ist, sondern die Heilung von kranken oder verletzten Personen. Auch wenn dies in der derzeitigen Konstellation naiv und weltfremd erscheint, ohne die Rückbesinnung auf die zentralen Werte der Medizin wird das Katz- und Mausspiel immer weiter vorangetrieben.

Prävention als Investition in die Zukunft

Aufgrund der Komplexität des Dopingphänomens haben sowohl personenzentrierte als auch strukturelle Präventionsmaßnahmen keinen unmittelbaren Effekt, wodurch sich auch die derzeitige finanzielle Gewichtung erklären lässt. Langfristige Anti-Doping Arbeit kann aber nur Erfolg haben, wenn repressive und präventive Maßnahmen einander sinnvoll ergänzen.

Moderne Präventionsarbeit setzt auf ressourcen- und kompetenzbasierte Konzepte, um jungen Sportlerinnen und Sportlern bereits lange vor dem tatsächlichen Eintreten auf entscheidende Fragen in ihrer Sportkarriere vorzubereiten. Die multidisziplinären Ansätze müssen auf die unterschiedlichen Zielgruppen abgestimmt und entsprechend evaluiert werden.

Das Ziel sämtlicher Bemühungen der Anti-Doping Arbeit ist es, dass sich jede Sportlerin und jeder Sportler selbstbewusst und aus eigener Überzeugung für einen sauberen und gesunden Sport entscheidet. Gemeinsam gilt es, diese Entscheidung so leicht wie möglich zu machen.

 

Zum Autor:

Mag. Dr. David Müller (33) ist promovierter Sportwissenschaftler und seit 2008 Leiter des Bereichs Information & Prävention der Nationalen Anti-Doping Agentur Austria GmbH.

 

Bild: © Shutterstock/Denis Kuvaev
Stock-Foto ID: 356576930

Wanderson, quo vadis – Entscheidung der FIFA steht an

Gastbeitrag von Berhard Folta

Anfang Juli vermeldete RB Salzburg den Transfer von Wanderson. Dabei dürfte Salzburg aber die Rechnung ohne den Wirt, nämlich den bisherigen Verein von Wanderson (Primera Division-Absteiger Getafe CF) gemacht haben, der bis dato die Freigabe verweigert.

Ablauf eines internationalen Transfers

Nachdem ein Spieler nur bei einem Verein / Nationalverband registriert sein kann, darf dieser erst für einen neuen Verein spielen, wenn der ehemalige Verband einen internationalen Freigabeschein ausstellt. Zu diesem Zweck beantragt der neue Verein (RB Salzburg) über seinen Verband (ÖFB) die Spielerfreigabe beim Verband (RFEF) seines bisherigen Vereins (Getafe CF). Der bisherige Verband kann aufgrund dieses Ersuchens einen internationalen Freigabeschein ausstellen oder diesen verweigern, weil der Spieler z.B. vertraglich gebunden ist.

Streitpunkt: Gültigkeit des Vertrages

Während RB Salzburg die Ansicht vertritt, dass der bisherige Vertag von Wanderson nur für die Primera Division Gültigkeit hat, geht Getafe CF von einem aufrechten Vertragsverhältnis auch für die zweite Liga aus. Demzufolge lehnte der RFEF das Salzburger Ansuchen auf Ausstellung eines internationalen Freigabescheins ab. Nachdem gerade Streitigkeiten über den Inhalt bzw. die Wirksamkeit von Verträgen oft Monate bis Jahre in Anspruch nehmen können und dies unweigerlich mit einer Hinderung des Sportlers an der Berufsausübung einhergeht, sieht das Transfer-Reglement der FIFA die Möglichkeit einer provisorischen Registrierung vor. Eine provisorische Registrierung wurde beispielsweise im Fall Karim Onisiwo (FSV Mainz 05) genehmigt, dessen Verfahren gegen seinen ehemaligen Verein (SV Mattersburg) bis dato anhängig ist.

Entscheidung der FIFA

Auch im konkreten Fall stellte RB Salzburg bei der FIFA einen Antrag auf Genehmigung der provisorischen Registrierung. Bei seiner Entscheidung hat der Einzelrichter die Interessen des Spielers (Schutzbedürftigkeit – Berufseinschränkung) sowie des ehemaligen Vereins gegeneinander abzuwägen und die Erfolgsaussichten der Klage zu beurteilen. Aufgrund der einschneidenden Auswirkungen und des allfälligen irreparablen Schadens für den Spieler ist „im Zweifel für den Spieler“ zu entscheiden. Darüber hinaus entspricht es dem Rechtsverständnis der FIFA, dass ein Spieler nicht gezwungen werden kann, am Arbeitsvertrag festzuhalten; vielmehr haftet er für den entstandenen Schaden oder wird mit sportlichen Sanktionen belegt. Demzufolge sind die Chancen einer positiven Entscheidung für RB Salzburg bzw. Wanderson als durchaus gut einzustufen.

Mögliche Sanktionen bei Vertragsbruch

Ungeachtet der Entscheidung der FIFA (Genehmigung / Verweigerung) steht Getafe CF aber die Möglichkeit offen, ein Verfahren wegen Vertragsbruchs einzuleiten. Art. 17 des Transfer-Reglements der FIFA sieht im Falle eines Vertragsbruches neben finanziellen Sanktionen (Schadenersatz) auch sportliche Strafen (Spielersperre von 4 bis 6 Monaten) für den Spieler vor. Daneben können auch über den neuen Verein sportliche Sanktionen (worst case: Transfersperre für 2 Registrierungsperioden) verhängt werden, sofern dieser den Spieler zum Vertragsbruch angestiftet hat; der Gegenbeweis ist dabei vom neuen Verein zu erbringen.

Kurzum es bleibt spannend in der Causa Wanderson und auch die Genehmigung der provisorischen Registrierung des Spielers bedeutet nicht, dass dieser Transfer für RB Salzburg bzw. Wanderson nicht noch mit Nachwehen verbunden sein kann.

 

Zum Autor:

Mag. Bernhard Folta ist Rechtsanwalt in Baden bei Wien und neben dem Arbeits- und Wirtschaftsrecht auf Sportrecht spezialisiert. Sie erreichen ihn unter b.folta@gruboeck.com.

 

Bild: © Shutterstock/donghero
Stock-Foto ID: 177062129

Die Formel 1 rechtlich betrachtet

Gastbeitrag von Stefan Paulmayer

Rechtzeitig zum Start in die neue Formel 1 Saison am 20.3.2016 haben wir uns das Konstrukt Formel 1 anhand öffentlich verfügbarer Informationen rechtlich genauer angesehen. Wer hat tatsächlich das Sagen, wem „gehört“ die Formel 1 und wer macht den großen Reibach?

Die Formel 1 ist eine Rennserie, die im Rahmen der Regeln der Fédération Internationale de l’Automobile (FIA) veranstaltet wird. Die FIA hat die Rechte an der Formel 1 für einen Zeitraum von 100 Jahren an die Formula One Group (FOG) vergeben. Die FOG ist ein verwobenes Konstrukt von verschiedenen Firmen und Gesellschaften, die untereinander in Verbindung stehen und gemeinsam die Formel 1 kontrollieren. Die FIA selbst soll einen 1%-Anteil an der FOG halten, der je nach Marktlage einen Wert von etwa EUR 120 Millionen haben soll.

Die wesentlichen kommerziellen Rechte an der Formel 1 sind in der Formula One World Championship Ltd  (FOWC) gebündelt. Diese übernahm die Rechte im Jahr 2011 von der Formula One Administration Ltd (FOA), die die Rechte seit 1996 innehatte, Zahlreiche IP-Rechte wie Markenrechte werden durch Formula One Licensing B.V. (F1 BV) in Holland gehalten.

An der Spitze der FOG steht die SLEC Holdings. SLEC ist die Abkürzung für Slavica Ecclestone, der Ex-Ehefrau von Bernie Ecclestone, der ihr seine Anteile im Jahr 1997 im Vorfeld eines geplanten Börsegangs (IPO) übertragen hat. Heute steht die SLEC Holdings mehrheitlich im Eigentum verschiedener Finanzinvestoren, zB der CVC Capital Partners. Bernie Ecclestone bzw eine Stiftung aus seinem Umfeld besitzen dem Vernehmen nach heute einen Anteil von rund 20 bis 25% an der FOG. Außerdem ist Ecclestone der CEO der FOG und damit nach wie vor der mächtigste Mann der Formel 1.

Die allwöchentlichen TV-Bilder der Formel 1 werden von der Formula One Management Ltd (FOM) produziert. Die Formel 1-Teams erhalten derzeit gut 50% der Einnahmen aus den TV-Rechten, die auf Basis des Concorde Agreements zwischen den Teams verteilt werden. Die FOM ist außerdem für Organisation der Formel 1 Saison und die Logistik verantwortlich.

Das Concorde Agreement der Formel 1

Das Concorde Agreement ist seit 2013 in seiner 7. Fassung in Geltung. Parteien des Concorde Agreement sind neben den Formel 1-Teams auch die FIA und die FOG. Die Details des Vertrags werden freilich strikt vertraulich behandelt. Gemäß einer Pressemitteilung der FIA läuft der Vertrag bis 2020.

Gänzlich unumstritten ist das Concorde Agreement aber offenbar nicht einmal bei den Parteien, die es unterschrieben haben (bzw unterschreiben mussten, um an der Formel 1 überhaupt weiter teilnehmen zu können). So haben die beiden kleineren Formel 1-Teams Force India und Sauber im Herbst 2015 bei der EU-Kommission Beschwerde gegen die Formel 1 eingereicht. Der Grund soll die Verteilung der Gelder sowie die Entscheidungsstruktur der Gremien sein. Es ist allgemein bekannt, dass unter dem Concorde Agreement wohl der Löwenanteil an Einnahmen an die großen Teams wie Ferrari, McLaren, Mercedes und RedBull verteilt wird und diese auch erheblich mehr Einflussrechte ausüben können, als die kleineren Teams.

So wurde 2013 eine „Strategiegruppe“ etabliert, der auch Vertreter von sechs Formel 1-Teams angehören. Da der Formel 1 aber derzeit 11 Teams angehören, zeigt dies schon ein gewisses Ungleichgewicht in der Entscheidungsfindung. Überdies sollen viele Entscheidungen der Strategiegruppe Einstimmigkeit erfordern, womit auch wichtige Entscheidungen effektiv von einzelnen Teams blockiert werden können. So hat die Strategiegruppe in 2013 ein Veto gegen eine Kostenobergrenze von USD 200 Millionen pro Formel 1-Team eingelegt.

Seit 2013 sind mit Caterham und Marussia bereits zwei Teams in die Insolvenz geschlittert. Das Lotus-Team konnte nur durch die Übernahme durch Renault vor der Insolvenz bewahrt werden und auch dem Sauber-Team werden Zahlungsprobleme nachgesagt. Als weiteres Beispiel kann die derzeitige Diskussion betreffend die Motorenentwicklung dienen.

Die EU-Kommission hat sich schon in der Vergangenheit mit der Formel 1 befasst

Gänzlich neu ist für die EU-Kommission das Thema Formel 1 nicht. Bereits am 30.6.1999 hat die EU Kommission ein formelles Verfahren gegen die FIA und die FOA eröffnet, in dem der FIA u.a. vorgeworfen wurde, ihre Marktmacht zu missbrauchen, um Konkurrenz-Bewerbe aus dem Markt zu drängen und jeden Wettbewerb im Motorsport zu unterbinden. Nach einer Änderung der FIA-Regularien und der FOA-Verträge in 2001 ,wurde die Untersuchung durch die EU-Kommission offiziell eingestellt. Diese Änderungen wurden von der EU-Kommission bis Oktober 2003 überwacht.

Auch wenn derzeit noch keine offiziellen Ermittlungen aufgrund der Beschwerde von Force India und Sauber bei der EU-Kommission eröffnet wurden, darf mit Spannung abgewartet werden, wie die EU-Kommission in Zukunft mit der Formel 1 und dem Concorde Agreement umgehen wird.

 

Zum Autor:

Stefan Paulmayer ist Rechtsanwalt bei Schönherr Rechtsanwälte in Wien.

Bild: © Shutterstock/ZRyzner
Stock-Foto ID: 131646710

(Keine) Transparenz bei FIFA-Wahl?

Beitrag von Christina Toth, Rechtsanwältin.

Riesengroß war das Interesse im vergangenen Mai, als sich die FIFA-Familie versammelte, um ihren alten neuen Präsidenten zu wählen. Es hätte nämlich durchaus knapp werden können. Ist es aber nicht.

Am Freitag findet nun aus allseits bekannten Gründen die Wahl des neuen FIFA-Präsidenten statt. Ganz so groß scheint das Interesse diesmal nicht. Es sind wohl alle schon ein wenig desillusioniert.

Der einzige Herausforderer Blatters aus dem vergangenen Jahr, der Jordanier Prinz Ali bin al-Husein, ist auch diesmal einer der fünf Kandidaten. Seine Mission: mehr Transparenz bei der FIFA-Wahl.

Ad-hoc-Wahlkommission der FIFA

Zuständig für die Beaufsichtigung der Wahl ist gemäß Artikel 8 des Reglements für die Wahl des FIFA-Präsidenten die Ad-hoc-Wahlkommission, die vom FIFA-Exekutivkommitee eingesetzt wird und sich jeweils aus den Vorsitzenden der FIFA- Disziplinarkommission, Berufungskommission und der Audit-und Compliance Kommission zusammensetzt. Vorsitzender der Ad-hoc Wahlkommission ist diesmal Domenico Scala (Vorsitzender der Audit-und Compliance Kommission).

Prinz Ali bin al-Husein wandte sich nun an diese Kommission und beantragte, bei den Wahlen an 26.2.2016 gläserne Wahlkabinen einzusetzen. Damit soll der Urnengang der 209 stimmberechtigten Delegierten transparenter werden.

Gleichzeitig soll dadurch sichergestellt werden, dass die Wahlen – wie in Artikel 27 der FIFA-Statuten vorgesehen – tatsächlich geheim durchgeführt werden. Keine Handyfotos und keine sonstige Kommunikation aus der Kabine nach außen.

Mit diesem Antrag blitzte der Prinz bei der Kommission ab.

CAS sagt nein zu gläserner Wahlkabine

Artikel 8.2 des FIFA-Wahlreglements sieht vor, dass Entscheidungen der Ad-hoc-Wahlkommission direkt beim internationalen Sportgerichtshof in Lausanne (CAS) angefochten werden können.

Von diesem Recht machte Ali bin al-Husein am 22.2.2016 Gebrauch, als er beim CAS Beschwerde gegen die Entscheidung der Ad-hoc Wahlkommission einbrachte. Er beantragte, der CAS möge die FIFA anweisen transparente Wahlkabinen einzurichten und unabhängige Wahlbeobachter einzusetzen. Gleichzeitig suchte er auch um die Verschiebung der Präsidentenwahlen an, für den Fall, dass der CAS nicht zeitgerecht vor dem 26.2.2016 entscheiden würde.

Doch bereits am Donnerstag wies der CAS den Antrag des Jordaniers auf die Sofortmaßnahmen ab. Noch ohne Begründung, diese folgt erst in den nächsten Tagen. Sicher ist nur – die FIFA-Wahlen finden statt. Ohne Glaskabinen. Und was ist mit der Transparenz?

 

Bild: © Shutterstock/Ugis Riba
Stock-Foto ID: 282688550

Benzema und die Veröffentlichung eines Telefonats – was kann er dagegen tun?

Ein Gastbeitrag von Dr. Thomas Nikodem, LL.M.

Karim Benzema steht unter dem Verdacht Mathieu Valbuena mit einem Sex-Video erpresst zu haben. Ein französischer Radiosender hat offenbar Auszüge eines Telefonmitschnitts gesendet oder ein Transkript (also eine wortwörtliche Niederschrift) veröffentlicht. Den Medien ist nicht eindeutig zu entnehmen, wie der Sender genau vorgegangen ist. Karim Benzema möchte dagegen jedenfalls mit Klage vorgehen – aber welche Ansprüche hat er überhaupt und was kann er mit einer Klage durchsetzen?

Wir wollen uns das einmal durch die österreichische Brille ansehen. Dabei müssen wir zwischen Ansprüchen gegenüber dem Radiosender und gegenüber der Person, welche den Mitschnitt angefertigt hat, unterscheiden. Da nicht eindeutig nachvollziehbar ist, wie der französische Radiosender gehandelt hat, prüfen wir hier einmal nur die Möglichkeit gegen den Aufnehmenden vorzugehen.

Zusammengefasst ist in § 120 StGB ein Verbot geregelt, nach dem es unzulässig ist Telefongespräche aufzunehmen, um anderen von ihnen Kenntnis zu verschaffen oder sie zu veröffentlichen. Das Anfertigen einer Aufnahme von einem Telefongespräch ist also strafbar, wenn nicht im Ausnahmefall ein Rechtfertigungsgrund vorliegt. Daher besteht die Möglichkeit einer Strafanzeige gegen die Person, die den Mitschnitt getätigt hat. In diesem Fall führt der Staat das Strafverfahren durch.

Der von einer Aufnahme Betroffene hat aber auch die Möglichkeit, mit einer zivilrechtlichen Klage gegen denjenigen vorzugehen, der den Mitschnitt angefertigt hat. Er verstößt nämlich nicht nur gegen § 120 StGB, sondern verletzt auch die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen – in unserem Fall von Karim Benzema.

Jeder Mensch hat gemäß § 16 ABGB ein Persönlichkeitsrecht „am eigenen Wort“. Daraus resultieren Ansprüche auf Unterlassung und auf Löschung der heimlichen Tonaufnahme, die mit einer Klage durchgesetzt werden können. Denkbar sind in einem solchen Fall auch Schadenersatzansprüche.

Wie jeder Prozess, ist aber auch ein Verfahren zur Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs und des Anspruchs auf Löschung der Aufnahme nicht ohne Risiko. Die Person, welche die Aufnahme getätigt hat, kann behaupten, dass ihr Verhalten ausnahmsweise gerechtfertigt war. In diesem Fall führt das Gericht eine Interessensabwägung zwischen den Interessen des von der Aufnahme Betroffenen und den Interessen des Aufnehmenden durch. Der Aufnehmende wird aber sehr wichtige Gründe für sein Handeln angeben müssen. In einem Strafverfahren zum Beispiel, wurde das Abhören eines Telefongesprächs des Ehepartners zur Sammlung von Beweisen, die in einem Scheidungsverfahren verwendet werden können, nicht als Rechtfertigungsgrund anerkannt. Behauptete Rechtfertigungsgründe werden also streng geprüft.

Die Aufnahme des Telefonats von Karim Benzema wurde zumindest nicht ausschließlich zur Weiterleitung an Behörden oder zur Beweisführung in einem Zivilprozess angefertigt (wobei auch fraglich ist, ob dies überhaupt zulässig wäre). Nach den bekannten Informationen spricht daher viel für die Unzulässigkeit der Aufnahme des Telefonats von Karim Benzema. Das gilt noch mehr für die Weitergabe an die Medien.

Also rein nach der österreichischen Rechtslage betrachtet, hätte Benzema durchaus Chancen. Eine Prüfung nach der Rechtsordnung eines anderen Staates könnte natürlich zu einem anderen Ergebnis führen.

 

ZUM AUTOR:

Dr. Thomas Nikodem ist Rechtsanwalt und Partner bei der TELOS Law Group und ist unter anderem auf die Verteidigung in Strafsachen spezialisiert. Sie erreichen Dr. Nikodem unter nikodem@telos-law.com. Weitere Informationen finden Sie auch auf http://www.telos-law.com.

 

WEITERE BEITRÄGE VOM AUTOR:

Erpressung von Sportlern – Was steckt dahinter?

 

Bild: © Shutterstock/Vlad1988
Stock-Foto ID: 173645330