Die Formel 1 rechtlich betrachtet
Gastbeitrag von Stefan Paulmayer
Rechtzeitig zum Start in die neue Formel 1 Saison am 20.3.2016 haben wir uns das Konstrukt Formel 1 anhand öffentlich verfügbarer Informationen rechtlich genauer angesehen. Wer hat tatsächlich das Sagen, wem „gehört“ die Formel 1 und wer macht den großen Reibach?
Die Formel 1 ist eine Rennserie, die im Rahmen der Regeln der Fédération Internationale de l’Automobile (FIA) veranstaltet wird. Die FIA hat die Rechte an der Formel 1 für einen Zeitraum von 100 Jahren an die Formula One Group (FOG) vergeben. Die FOG ist ein verwobenes Konstrukt von verschiedenen Firmen und Gesellschaften, die untereinander in Verbindung stehen und gemeinsam die Formel 1 kontrollieren. Die FIA selbst soll einen 1%-Anteil an der FOG halten, der je nach Marktlage einen Wert von etwa EUR 120 Millionen haben soll.
Die wesentlichen kommerziellen Rechte an der Formel 1 sind in der Formula One World Championship Ltd (FOWC) gebündelt. Diese übernahm die Rechte im Jahr 2011 von der Formula One Administration Ltd (FOA), die die Rechte seit 1996 innehatte, Zahlreiche IP-Rechte wie Markenrechte werden durch Formula One Licensing B.V. (F1 BV) in Holland gehalten.
An der Spitze der FOG steht die SLEC Holdings. SLEC ist die Abkürzung für Slavica Ecclestone, der Ex-Ehefrau von Bernie Ecclestone, der ihr seine Anteile im Jahr 1997 im Vorfeld eines geplanten Börsegangs (IPO) übertragen hat. Heute steht die SLEC Holdings mehrheitlich im Eigentum verschiedener Finanzinvestoren, zB der CVC Capital Partners. Bernie Ecclestone bzw eine Stiftung aus seinem Umfeld besitzen dem Vernehmen nach heute einen Anteil von rund 20 bis 25% an der FOG. Außerdem ist Ecclestone der CEO der FOG und damit nach wie vor der mächtigste Mann der Formel 1.
Die allwöchentlichen TV-Bilder der Formel 1 werden von der Formula One Management Ltd (FOM) produziert. Die Formel 1-Teams erhalten derzeit gut 50% der Einnahmen aus den TV-Rechten, die auf Basis des Concorde Agreements zwischen den Teams verteilt werden. Die FOM ist außerdem für Organisation der Formel 1 Saison und die Logistik verantwortlich.
Das Concorde Agreement der Formel 1
Das Concorde Agreement ist seit 2013 in seiner 7. Fassung in Geltung. Parteien des Concorde Agreement sind neben den Formel 1-Teams auch die FIA und die FOG. Die Details des Vertrags werden freilich strikt vertraulich behandelt. Gemäß einer Pressemitteilung der FIA läuft der Vertrag bis 2020.
Gänzlich unumstritten ist das Concorde Agreement aber offenbar nicht einmal bei den Parteien, die es unterschrieben haben (bzw unterschreiben mussten, um an der Formel 1 überhaupt weiter teilnehmen zu können). So haben die beiden kleineren Formel 1-Teams Force India und Sauber im Herbst 2015 bei der EU-Kommission Beschwerde gegen die Formel 1 eingereicht. Der Grund soll die Verteilung der Gelder sowie die Entscheidungsstruktur der Gremien sein. Es ist allgemein bekannt, dass unter dem Concorde Agreement wohl der Löwenanteil an Einnahmen an die großen Teams wie Ferrari, McLaren, Mercedes und RedBull verteilt wird und diese auch erheblich mehr Einflussrechte ausüben können, als die kleineren Teams.
So wurde 2013 eine „Strategiegruppe“ etabliert, der auch Vertreter von sechs Formel 1-Teams angehören. Da der Formel 1 aber derzeit 11 Teams angehören, zeigt dies schon ein gewisses Ungleichgewicht in der Entscheidungsfindung. Überdies sollen viele Entscheidungen der Strategiegruppe Einstimmigkeit erfordern, womit auch wichtige Entscheidungen effektiv von einzelnen Teams blockiert werden können. So hat die Strategiegruppe in 2013 ein Veto gegen eine Kostenobergrenze von USD 200 Millionen pro Formel 1-Team eingelegt.
Seit 2013 sind mit Caterham und Marussia bereits zwei Teams in die Insolvenz geschlittert. Das Lotus-Team konnte nur durch die Übernahme durch Renault vor der Insolvenz bewahrt werden und auch dem Sauber-Team werden Zahlungsprobleme nachgesagt. Als weiteres Beispiel kann die derzeitige Diskussion betreffend die Motorenentwicklung dienen.
Die EU-Kommission hat sich schon in der Vergangenheit mit der Formel 1 befasst
Gänzlich neu ist für die EU-Kommission das Thema Formel 1 nicht. Bereits am 30.6.1999 hat die EU Kommission ein formelles Verfahren gegen die FIA und die FOA eröffnet, in dem der FIA u.a. vorgeworfen wurde, ihre Marktmacht zu missbrauchen, um Konkurrenz-Bewerbe aus dem Markt zu drängen und jeden Wettbewerb im Motorsport zu unterbinden. Nach einer Änderung der FIA-Regularien und der FOA-Verträge in 2001 ,wurde die Untersuchung durch die EU-Kommission offiziell eingestellt. Diese Änderungen wurden von der EU-Kommission bis Oktober 2003 überwacht.
Auch wenn derzeit noch keine offiziellen Ermittlungen aufgrund der Beschwerde von Force India und Sauber bei der EU-Kommission eröffnet wurden, darf mit Spannung abgewartet werden, wie die EU-Kommission in Zukunft mit der Formel 1 und dem Concorde Agreement umgehen wird.
Zum Autor:
Stefan Paulmayer ist Rechtsanwalt bei Schönherr Rechtsanwälte in Wien.
Bild: © Shutterstock/ZRyzner
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