Exklusive Sportberichterstattung und der Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Österreich

Gastbeitrag von Anna Groiß (Studierende der Rechtswissenschaften, Wien)

Der vorliegende Beitrag widmet sich der Diskussion über die Sportberichterstattung in Österreich und insbesondere der Frage, ob der ORF exklusiv über Sportereignisse mit teuren Übertragungsrechten berichten darf oder unter Umständen sogar muss.

Einleitung

Beinahe ein jeder Sport-Fan kennt es: Um möglichst viele Sportwettkämpfe verfolgen zu können, benötigt man mittlerweile mehrere Abonnements bei verschiedensten Anbietern, deren Preise seit Jahren ansteigen (siehe dazu z.B. nachstehenden Beitrag). Bis vor wenigen Jahren konnte man die meisten der „wichtigen“ Sportveranstaltungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk verfolgen, seit einigen Jahren ist dies kaum bis gar nicht mehr möglich.

Das liegt insbesondere an den enorm hohen Preisen, die mittlerweile für Übertragungsrechte ausgegeben werden müssen. Da der Österreichische Rundfunk (ORF) durch öffentliche Gelder finanziert wird, liegt es nahe, dass er mit seinen finanziellen Mitteln wirtschaftlich nachhaltig umzugehen hat. Auch der in § 3 f ORF-Gesetz normierte Kernauftrag des ORF fordert die Wirtschaftlichkeit des Programmes.

In Österreich gilt das Prinzip des „dualen Rundfunksystems“, wonach öffentlich-rechtliche Sender (ORF) neben privaten Sendern (z.B. ATV, ServusTV oder Sky) existieren können. Bei den privaten Sendern kann man zwischen Free-TV und Pay-TV-Sendern unterscheiden. Der größte Unterschied besteht in der Finanzierung. Während private Sender von Sponsoren, Werbung und unter Umständen durch Beiträge ihrer Kunden finanziert werden, ist der ORF auf den Rundfunkbeitrag angewiesen. Diesen haben all jene zu bezahlen, die ein Empfangsgerät besitzen (Achtung: Änderung im Finanzierungssystem ab 2024).

Während private Fernsehsender bezüglich konkreter Programminhalte kaum gesetzlichen Bestimmungen unterliegen, gelten für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk strenge Regeln. Unter anderem normiert das ORF-Gesetz in seinem § 3 einen Versorgungsauftrag und präzisiert diesen in § 4 mit einer Bestimmung zum „öffentlich-rechtlichen Kernauftrag“. Es ist deshalb unter anderem die Pflicht und der gesetzliche Auftrag des ORF, die Allgemeinheit umfassend über „alle wichtigen […] sportlichen Fragen“ zu informieren.

Dabei stellt sich zunächst die Frage, was unter „allen wichtigen sportlichen“ Fragen zu verstehen ist. Man könnte diesbezüglich die Verordnung der Bundesregierung über Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung heranziehen. Wenn man § 1 dieser Verordnung betrachtet, dann würden beispielsweise Spiele der UEFA Champions League keine Stellung als „Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung“ genießen. Die taxative Aufzählung dieser Bestimmung beinhaltet in Bezug auf sportliche Ereignisse etwa die Olympischen Sommer- oder Winterspiele, ausgewählte Partien der FIFA-Weltmeisterschaft und Europameisterschaft der Herren, das Finalspiel des österreichischen Fußballpokals sowie Alpine und Nordische FIS-Skiweltmeisterschafen. § 4 ORF-Gesetz spricht hingegen ganz klar von der „umfassenden Information der Allgemeinheit über alle wichtigen […] sportlichen Fragen“; nicht zuletzt der Passus „alle wichtigen“ lässt die Definition doch deutlich weiter erscheinen als jene der „erheblichen gesellschaftlichen Bedeutung“. Demnach ist zu konstatieren, dass der Anwendungsbereich des § 4 ORF-Gesetz breiter ist als jener der Verordnung. Obwohl der Begriff „wichtig“ selbstverständlich äußerst subjektiv ist, sollte selbstredend klar sein, dass auch Sportbewerbe von Frauen wichtig sind, auch wenn diese nicht notwendigerweise gleichzeitig von „erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung“ sein müssen.

Die wesentlichen Fragen sind nun, ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk angesichts der immer weiter steigenden Lizenzgebühren überhaupt noch Exklusivrechte erwerben kann, ob er es darf oder ob er aufgrund seines Versorgungs- bzw. Programmauftrags unter Umständen sogar dazu verpflichtet ist.

Im Folgenden werden die verschiedenen Standpunkte in der Diskussion dargestellt:

Argumente contra Lizenzerwerb

Stimmen in der deutschen Literatur meinen, dass zunächst eine Obergrenze in Bezug auf die zulässige Gebührensumme bei attraktiven Programmen unabdingbar sei (Holznagel im Tagungsbericht der 98. Tagung des Studienkreises für Presserecht und Pressefreiheit e.V. 535 ff). Insbesondere bei der Finanzierung der Sportberichterstattung und den hier exzessiv ansteigenden Kosten könnte es ansonsten passieren, dass der Rundfunkbeitrag seine Legitimation verlieren könnte (Degenhart, Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus nationaler und internationaler Sicht 494 ff).

Wenn der ORF zum Zwecke der Finanzierung von teuren Exklusivrechten für Sportübertragungen seine Gebühren weiter erhöhen würde, könnte dies also dazu führen, dass das Gleichgewicht zwischen der gebotenen Programmleistung und der finanziellen Leistung der Zuseher gestört werde (Erkens, Der öffentlich-rechtliche Rundfunk und exklusive Sportberichterstattung 248). Hierbei muss vor allem beachtet werden, dass – trotz großem medialen Interesse – nicht jeder Gebührenzahler ein Interesse an Sportwettbewerben oder Sportberichterstattung hat.

Im ORF-Gesetz selbst steht außerdem auch nichts von einer Verpflichtung zu einer „exklusiven“ Berichterstattung. Es wird nur auf das Ziel und die Breite der Sportberichterstattung hingewiesen, nicht aber auf die Exklusivität. Es ist auch möglich inhaltlich qualitativ und ausführlich über die jeweiligen sportlichen Wettkämpfe zu berichten, ohne sie exklusiv und live zu übertragen (Erkens, Der öffentlich-rechtliche Rundfunk und exklusive Sportberichterstattung 313).

Argumente pro Lizenzerwerb

Kritiker dieser Auffassung argumentieren hingegen, dass die eingenommenen Rundfunkgebühren eben genau dem Zweck der Berichterstattung dienen und dass durch den Erwerb von Exklusivrechten der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks überhaupt erst erfüllt werden kann. Nur so könne sich der öffentlich-rechtliche Sender als attraktiv erhalten und von den Privaten unterscheiden (Erkens, Der öffentlich-rechtliche Rundfunk und exklusive Sportberichterstattung 250).

Ein Indiz für die Pflicht des ORF, auch teure exklusive Sportbewerbe zu übertragen, könnte auch die rechtliche Verankerung der Sportberichterstattung in Bezug auf den Kernauftrag im ORF-Gesetz sein. In anderen europäischen Ländern, wie beispielsweise Deutschland, wird der Sport nämlich nicht explizit im Rundfunkstaatsvertrag erwähnt.

Andere Ansätze

In der Mitte dieser Diskussion finden sich einige wenige Stimmen, die zwar dem „Gebühr-folgt-Auftrag-Grundsatz“ der Kritiker folgen, jedoch durchaus der Meinung sind, dass sportliche Exklusivrechte nicht unter diesen Grundsatz fallen sollten (Degenhart, Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus nationaler und internationaler Sicht 493). Demnach sei Sport kulturell überhöht und trage nur wenig zur Völkerverständigung bei. Aus diesem Grund sind diese Stimmen in der Literatur der Meinung, dass der Sport zwar eine integrative Funktion habe, seine Kosten allerdings nur mittels Werbeinnahmen gedeckt werden sollten. Gersdorf ist außerdem der Meinung, dass es für den Fall, dass Fußball nicht durch Gebühren finanziert wird, immer noch die Möglichkeit gebe, ihn woanders zu sehen (Gersdorf im Tagungsbericht der 98. Tagung des Studienkreises für Presserecht und Pressefreiheit e.V.  536f).

Dieser Ansatz ist insbesondere valide, wenn man zudem die Auffassung vertritt, dass der Versorgungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch dann erfüllt ist, wenn Free-TV-Sender die Sportbewerbe übertragen.

In der Literatur wird zum Teil auch der Ansatz vertreten, dass es an der Zeit sei, den öffentlich-rechtlichen Sendern eine Zurückhaltungspflicht aufzuerlegen. Das soll bedeuten, dass der ORF nur noch bei Bedarf Lizenzen erwerben dürfte; mit anderen Worten: nur dann, wenn kein privater Sender die betroffenen Sportexklusivrechte erwirbt, der Bewerb aber trotzdem in den Kernauftrag des ORF fällt (Erkens, Der öffentlich-rechtliche Rundfunk und exklusive Sportberichterstattung 123).

Andere vertreten die Ansicht, dass es nicht darum gehe „was die Allgemeinheit nutzt, sondern (darum) was sie braucht“ (vgl dazu Erkens, Der öffentlich-rechtliche Rundfunk und exklusive Sportberichterstattung 299 ff). Auch dieser Standpunkt ist nachvollziehbar, da es die primäre Aufgabe des ORF ist, die Bevölkerung zu informieren. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk kann es sich also grundsätzlich nicht erlauben, nur darauf zu achten, was aktuell im Trend liegt oder die höchsten Einschaltquoten erzielen würde.

Fazit

Es ist deutlich zu sehen, dass sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk im Zwiespalt zwischen der Erfüllung des Versorgungsauftrages und der Wahrung der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit befindet.

Der Literatur folgend spricht grundsätzlich nichts dagegen, wenn sich der ORF weiterhin bemüht, attraktive Übertragungsrechte zu erwerben. Die Frage, ob der ORF nun teure Exklusivrechte erwerben darf oder unter Umständen sogar muss, ist meines Erachtens anlassfallbezogen zu beurteilen. Man sollte den Versorgungsauftrag des ORF als Minimalangebot für die österreichische Bevölkerung ansehen, um sich bestmöglich über verschiedenste Inhalte informieren zu können.

Wie der Alltag zeigt, endet die Informationsbeschaffung nicht beim ORF. Meiner Meinung könnte es ausreichen, wenn ein anderer österreichischer oder deutschsprachiger Free-TV-Sender die Übertragungsrechte an der Veranstaltung hält; ein Free-TV-Sender insofern, weil man auch für die Nutzung des ORF bezahlen muss und man ihn diesbezüglich ansonsten wohl als „normalen“ Pay-TV-Sender ansehen müsste. Im Vergleich zu Abonnements bei Streaming-Anbietern ist die Gebühr für den ORF jedoch grundsätzlich nicht freiwillig.

Um den ORF nicht in die Lage zu versetzen, dass ihm von Teilen der Bevölkerung, die weniger sportinteressiert sind, die Legitimation abgesprochen wird, wäre nach meinem Dafürhalten eine betragliche Obergrenze für den Erwerb von Exklusivrechten durch öffentlich-rechtliche Sender entweder auf nationaler oder aber auch auf europäischer Ebene wohl sinnvoll und wünschenswert. Nicht zuletzt würde helfen, wenn es eine klare Definition gäbe, welche Sportarten überhaupt unter § 4 ORF-Gesetz fallen.

Zu guter Letzt ist in diesem Zusammenhang auch das Recht auf Kurzberichterstattung wesentlich, welches in Österreich im Fernseh-Exklusivrechtegesetz verankert ist. Der darin enthaltene § 5 gibt dem ORF die Möglichkeit unter bestimmten Voraussetzungen einen Kurzbericht über Sportereignisse senden zu dürfen, welche ein anderer Sender exklusiv gesendet hat. Damit könnte der ORF zumindest versuchen, die Bevölkerung umfassend zu informieren und seinem Auftrag auch ohne Exklusivberichte nachzukommen.

Unabhängig davon, ob man sportinteressiert ist oder nicht, kann man sich wohl doch darauf einigen, dass mit dem Versorgungsauftrag des ORF auch eine große Verantwortung einhergeht und Sport gesellschaftlich eine sehr hohe Relevanz hat. Deshalb wären klare Regeln wünschenswert.

Hinweis: Beim vorliegenden Beitrag handelt es sich um einen Ausschnitt aus der Seminararbeit von Anna Groiß, die im Rahmen des Seminars „Sport im öffentlichen Recht“ bei Prof. Gerhard Muzak vorgelegt wurde.

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Formel 1-Saisonstart: Kommt die Meinungsfreiheit unter die Räder?

Für alle Motorsportbegeisterten und jene, die es noch werden wollen: Es ist wieder so weit, das erste Rennwochenende der Formel 1 startet.

Das letzte Jahr hat viele Änderungen im Regulativ mit sich gebracht (siehe dazu unseren Beitrag). In dieser Saison hält sich die Anzahl der Änderungen in Grenzen, doch eine Neuheit wirbelt viel Staub auf. Dazu gleich mehr, starten wir zunächst mit einem kurzen Überblick zum Saisonstart 2023:

3 + 1 neue Fahrer

Zurück in die Boxengasse kommt ein alter Bekannter: Nico Hülkenberg. Der deutsche Fahrer startet nun für das Team Haas und nimmt damit das Cockpit von Mick Schumacher ein. Auch drei (gänzlich) neue Fahrer dürfen sich in dieser Saison beweisen. Der US-Amerikaner Logan Sargrant startet für Williams, Nyck de Vries für AlphaTauri und Oscar Piastri für das Team McLaren.

Mehr ist mehr

In der Saison 2023 scheint das Motto „weniger ist mehr“ nicht zutreffend zu sein. Ganze 23 Rennwochenenden stehen im Kalender. Das sind so viele wie noch nie zuvor. Und auch die „Sprints“ werden verdoppelt, sodass dieses Format in diesem Jahr gleich sechs Mal am Programm steht (unter anderem auch in Österreich). Dieses Jahr wird zudem auch ein Grand-Prix in Las Vegas und einer in Katar ausgetragen.

Stopp dem Chaos

Mit einer Regeländerung hinsichtlich der Startplatzstrafen nach dem Qualifying soll nun etwas mehr Ordnung einkehren. Dabei handelt es sich aber nicht unbedingt um eine Änderung, sondern vielmehr um eine Konkretisierung. Die Strafen sind nun in zwei Kategorien geteilt. Eine Strafe von bis zu 15 Plätzen wird auf das Qualifikationsergebnis angerechnet. Wenn dadurch mehrere Fahrer auf derselben Position starten würden, hat jener ohne Strafe Vorrang; bei mehreren Fahrern mit Strafe, derjenige, der das bessere Ergebnis im Qualifying erzielt hat. Bei einer Strafversetzung von mehr als 15 Plätzen startet dieser Pilot am Ende des Felds. Sollte es auch hier mehrere Piloten geben, gilt für die Reihenfolge wiederum das Ergebnis aus dem Qualifying.

Kommt die Meinungsfreiheit unter die Räder?

Und nun zu der brisanten Änderung im „International Sporting Code“ der FIA. Der neu eingefügte Artikel 12.2.1.n hat es nämlich in sich. Dieser legt nunmehr fest, dass politische, religiöse und persönliche Äußerungen oder Kommentare einen Regelverstoß darstellen. Es sei denn, es ist vorab die Genehmigung eingeholt worden.

Sowohl in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) als auch in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (Resolution der UN-Generalversammlung) ist festgeschrieben, dass jede Person das Recht auf freie Meinungsäußerung (Meinungsfreiheit) hat. Die FIA hat ihren Sitz in Europa und in ihren Statuten ist auch zu lesen, dass diese den Konsultativstatus der U.N. genießt. Hier stellt sich dann manch einer gewiss die Frage, ob diese neue Regelung im Einklang mit dem Recht auf Meinungsfreiheit steht und die FIA wirklich diese Gangart wählen möchte.

Den Medienberichten ist die Unmut einer Vielzahl an Fahrern bereits klar zu entnehmen. So hat beispielsweise Lewis Hamilton verkündet, dass ihn Nichts davon abhalten werde, sich zu Dingen zu äußern, die ihm am Herzen liegen. Im Jahr 2023 wohl legitim. Das Team von Law meets Sports ist jedenfalls der Ansicht, dass sich jeder und jede selbst eine Meinung dazu bilden kann.

Es wird also nicht nur auf der Rennstrecke spannend. Wir werden auch die Entwicklungen abseits mit Spannung beobachten. In diesem Sinne: einen schönen Start ins erste Rennwochenende.

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Präventive Maßnahmen zur Bekämpfung von Hooliganismus und Rassismus bei Sportgroßveranstaltungen

Ein Gastbeitrag von Univ.-Ass. Sophia Lienbacher, LL.M. (WU)

„Hooliganismus“ ist ein weltweit verbreitetes Phänomen, das insbesondere den Fußballsport betrifft. Immer wieder kommt es im Zusammenhang mit Fußballspielen zu gewaltsamen Auseinandersetzungen unter rivalisierenden Fangruppen und zu Gewalthandlungen einzelner Fans gegenüber der Polizei oder anderen Zuschauern. Jüngstes Beispiel ist das UEFA Nations League-Spiel zwischen Österreich und Kroatien, das am 25. September 2022 im Ernst-Happel-Stadion stattfand: Eine Gruppe kroatischer Risikofans, die während des Fußballspiels begannen, andere Zuseher mit Gegenständen zu bewerfen, pyrotechnische Gegenstände zu zünden und homophobe sowie antisemitische Parolen anzustimmen, lösten damit letztlich einen Einsatz der Polizeisondereinheit WEGA aus.

Um Sportgroßveranstaltungen sicherer zu machen, erfolgte in Vorbereitung auf die Fußball-Europameisterschaft 2008, die vom 7. bis 29. Juni 2008 in Österreich und der Schweiz stattfand, eine grundlegende Umstrukturierung und Erweiterung der für Sportgroßveranstaltungen relevanten Befugnisse im Sicherheitspolizeigesetz (kurz: SPG). Mit Inkrafttreten der Novelle (BGBl I 113/2007) wurde ein neuer „3. Abschnitt“ mit der Bezeichnung „Besondere Befugnisse zur Verhinderung von Gewalt und Rassismus bei Sportgroßveranstaltungen“ geschaffen, der die Bestimmungen § 49a (Sicherheitsbereich), § 49b (Gefährderansprache) und § 49c (Präventive Maßnahmen: Meldeauflage, Belehrung, zwangsweise Vorführung und Anhaltung) umfasst. Zweck dieser Regelungen ist die präventive Gefahrenabwehr.

Begriffsbestimmung: „Sportgroßveranstaltung“

Eine „Sportgroßveranstaltung“ im Sinne des SPG liegt vor, wenn eine Sportveranstaltung an verschiedenen Veranstaltungsorten stattfindet und eine internationale Dimension aufweist (zB Welt- und Europameisterschaften oder Olympische Spiele). In den übrigen Fällen hängt die Qualifikation als Sportgroßveranstaltung von einer Einzelfallprüfung durch die zuständige Sicherheitsbehörde ab. Von Bedeutung ist dabei in erster Linie die erwartete Besucheranzahl. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) zieht unter Verweis auf die Gesetzesmaterialien (RV 1188 BlgNR, 22. GP) als Referenzgröße eine zu erwartende Zuseheranzahl von zumindest 3.000 heran (vgl VwGH 14.12.2018, Ra 2017/01/0055). Daneben können auch noch andere Faktoren, etwa die Kapazität der Veranstaltungsstätte oder die voraussichtlich erforderliche Anzahl von Sicherheitsorganen, die Qualifikation als Sportgroßveranstaltung begründen. So erfordert beispielsweise die Austragung eines Derbys ein erhöhtes Sicherheitsaufgebot, weil dabei meist stark konkurrierende Mannschaften und rivalisierende Fangruppen aufeinandertreffen. Diese Begleitumstände rechtfertigen die Einordnung als Sportgroßveranstaltung, selbst wenn zu diesem Spiel weniger als 3.000 Zuschauer erwartet werden.

Konkret sieht das SPG zur Verhinderung von Gewalt und Rassismus bei Sportgroßveranstaltungen folgende besondere Befugnisse vor:

Sicherheitsbereich (§ 49a SPG)

Befürchtet die Sicherheitsbehörde aufgrund bestimmter Tatsachen eine allgemeine Gefahr für die Zuschauer – etwa, weil gewaltbereite Fans erwartet werden –, kann sie durch Verordnung eine Fläche im Umkreis von höchstens 500 Meter um den Veranstaltungsort zum „Sicherheitsbereich“ erklären. Aus diesem Sicherheitsbereich können Sicherheitsorgane all jene Personen wegweisen, die sich innerhalb dieses Bereichs befinden und durch die ein gefährlicher Angriff (§ 16 Abs 2 SPG) unter Anwendung von Gewalt droht. Sofern erforderlich, kann im Anschluss zudem ein Betretungsverbot gegen die betroffene Person ausgesprochen werden.

Ein hierfür notwendiger prognostizierter gefährlicher Angriff liegt zB vor, wenn die hinreichend begründete Befürchtung besteht, die Person werde innerhalb des Sicherheitsbereichs eine Körperverletzung (§ 83 StGB) begehen. Im Rahmen der Gefährlichkeitsprognose ist auf die konkrete Person abzustellen. Eine pauschale Wegweisung mehrerer Personen oder einer größeren Menschengruppe ist rechtswidrig, sofern die Voraussetzungen nicht bei jeder einzelnen Person vorliegen. Mangels einer solchen hinreichend personifizierter Gefahrenprognose waren die zahlreichen Wegweisungen von Teilnehmern eines Rapid-Fanmarsches, die im Dezember 2018 zunächst eingekesselt und nach erfolgter Identitätsfeststellung aus dem Sicherheitsbereich weggewiesen wurden, rechtswidrig.

Exkurs: „Hooligan“-Datei/Gewalttäterdatei (§ 57 Abs 1 Z 11a SPG)

Zur Beurteilung, gegen wen eine Wegweisung oder ein Betretungsverbot erlassen wird, bietet die „Gewalttäterdatei“ (auch „Hooligan“-Datei genannt) Hilfestellung. In dieser Datei werden personenbezogene Daten von jenen Personen gesammelt, die bereits einmal einen gefährlichen Angriff gegen Leben, Gesundheit oder Eigentum unter Anwendung von Gewalt bei einer Sportgroßveranstaltung begangen haben und bei denen befürchtet wird, sie würden dies wiederholen (2018 befanden sich österreichweit 47 Personen in dieser Datei).

Gefährderansprache (§ 49b SPG)

Weiters besteht für die Polizei die Möglichkeit, bestimmte in der Vergangenheit „auffällig“ gewordene Personen präventiv zu belehren: Als Instrument dient hierfür die Gefährderansprache (§ 49b SPG). Diese ermächtigt zur Vorladung und Belehrung von Personen, die in den vergangenen zwei Jahren zumindest zweimal während Sportgroßveranstaltungen bestimmte Verwaltungsübertretungen begangen haben und bei denen eine Wiederholungsgefahr besteht. Zu denken ist an Fans, die während eines Fußballspiels andere mit Gegenständen bewerfen, randalieren oder im Zuge eines sogenannten Platzsturms unerlaubt das Spielfeld betreten. Die Betroffenen werden von der zuständigen Sicherheitsbehörde vorgeladen und über rechtskonformes Verhalten während Sportgroßveranstaltungen belehrt. Die vorgeladene Person trifft die Pflicht, der Vorladung Folge zu leisten und zum vorgeschrieben Termin zu erscheinen. Die Belehrung hat circa zwanzig Minuten zu dauern und ist zeitlich so anzusetzen, dass der jeweiligen Person die Teilnahme an der Sportveranstaltung möglich ist (vgl hierzu die Gesetzesmaterialien).

Meldeauflage (§ 49c SPG)

Hat eine Person hingegen bereits Gewalttaten im Zusammenhang mit Sportgroßveranstaltungen gesetzt oder gegen ein über sie verhängtes Betretungsverbot verstoßen, so ist gegen diese Person eine sogenannte Meldeauflage auszusprechen, sofern Tatsachen die Annahme rechtfertigen, sie werde im Zusammenhang mit der anstehenden Sportgroßveranstaltung einen gefährlichen Angriff setzen. Durch die Meldeauflage wird die betroffene Person verpflichtet, sich in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit einer bestimmten Sportgroßveranstaltung – zB vor oder während eines Fußballspiels – bei der zuständigen Sicherheitsdienststelle zu melden. Dort findet eine Belehrung über rechtskonformes Verhalten und etwaige Rechtsfolgen statt. Den Vorgeladenen trifft die Pflicht, zum Belehrungstermin zu erscheinen und dieser beizuwohnen. Die zeitliche Nähe der Belehrung zur Veranstaltung soll eine Veranstaltungsteilnahme der betroffenen Person verunmöglichen und so eine mögliche Störung unterbinden (vgl hierzu die Gesetzesmaterialien).

Differenziertes Sanktionssystem

Das SPG hält damit ein differenziertes Sanktionssystem für vermeintliche „Störer“ bereit: Wird eine Verwaltungsübertretung begangen, ist eine Gefährderansprache (§ 49b SPG) anzuordnen. Hat eine Person im Zusammenhang mit Sportgroßveranstaltungen bereits gefährliche Angriffe unter Anwendung von Gewalt begangen, ist die eingriffsintensivere – weil gezielt auf den Zeitraum der jeweiligen Sportgroßveranstaltung abstellende – Meldeauflage (§ 49c SPG) vorzuschreiben.

Für eine genauere Betrachtung der Maßnahmen, insbesondere hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit den geltenden Grundrechten und Grundprinzipien verweise ich auf den Tagungsbeitrag „Sicherheits- und veranstaltungsrechtliche Fragestellungen im Rahmen von Sportgroßveranstaltungen“, der Anfang 2023 im Tagungsband „Sport im öffentlichen Recht“, herausgegeben von Alexander Frank, Sebastian Lendl und Georg Lienbacher, erscheinen wird.

Zur Gastautorin: Sophia Lienbacher, LL.M. (WU) ist Universitätsassistentin (prae doc) am Institut für Österreichisches und Europäisches Öffentliches Recht an der Wirtschaftsuniversität Wien. Außerdem ist sie Hobby-Tennisspielerin und begeisterte Läuferin.

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Vergabe von Sportgroßveranstaltungen – Zwischen Licht und Schatten

Angespannte Gesichter, eine elektrisierende Stimmung, tobende Menschenmengen – dies und vieles mehr machen den Reiz, besser gesagt das Phänomen von Sportgroßveranstaltungen aus. Hinter dem sportlichen und eventmäßigen Charakter versteckt sich jedoch ein komplexes Organisations- und Vergabesystem, welches, vor allem im Rahmen der soeben abgeschlossenen Olympischen Spiele in Tokio und der kommenden Fußballweltmeisterschaft 2022 in Katar, immer wieder ins Rampenlicht der Medien gerückt ist. Läuft bei der Vergabe auch wirklich immer alles korrekt ab? Wie transparent sind die dahinterstehenden Systeme? Wer profitiert von jenen? Und wie kommt es überhaupt zu solch immer lauter werdenden Vorwürfen von Unregelmäßigkeiten?

Um diese Fragen beantworten zu können und ein besseres Verständnis für die dahinterstehende Problematik zu entwickeln, lohnt es sich einen genaueren Blick auf das jeweilige Vergabeverfahren selbst zu werfen. So soll in diesem Artikel die Vergabe der Olympischen Spiele etwas genauer beleuchtet werden.

Die Vergabe der Olympischen Spiele

Trotz des im Vordergrund stehenden sportlichen Gehaltes hatten die Olympischen Spiele immer wieder mit Skandalen zu kämpfen. Ein medial breit diskutierter war hierbei jener im Zuge der Vergabe der Olympischen Spiele 2002 an Salt Lake City, als erstmals nachgewiesen wurde, dass eben auch solch eine sportliche „Megaveranstaltung“ nicht immun gegen Korruptionsskandale ist. Damals ging durch einen von der IOC-Ethikkommission veröffentlichten Bericht hervor, dass sich mindestens 24 IOC-Mitglieder (Internationales Olympisches Komitee) bei der finalen Vergabe vom Bewerbungskomitee der Stadt Salt Lake City bestechen lassen hatten. Als Antwort auf diesen Skandal etablierte das IOC ein mehrstufiges Prozedere als Strukturreform, um die Vergabe der Olympischen Spiele transparenter, nachvollziehbarer und vor allem auch so zu gestalten, dass etwaige Korruptionsversuche im Keim erstickt werden. Dieses Prozedere entwickelte sich über die Jahre zum „4-Stufen-Prozess“, der auch heute noch gilt.

Wishing City Phase

Die erste Stufe wird hierbei als „Wishing City“-Phase bezeichnet. In jener haben sich zunächst im Rahmen eines rein nationalen Vorauswahlverfahrens die einzelnen Bewerber gegeneinander durchzusetzen. Das jeweilige nationale olympische Komitee entscheidet dann, welche innerstaatliche Stadt/Region als Kandidat ins Rennen geschickt wird. Mit jener Entscheidung tritt das jeweilige nationale olympische Komitee an das IOC heran und beurkundet offiziell ihr Interesse für den Zuschlag der Olympischen Spiele kandidieren zu wollen.

Apllicant City Phase

Die zweite Phase wird als „Applicant City“-Phase beschrieben, in welcher eine Nominierungskommission (bestehend aus IOC Mitgliedern und externen Experten) im Rahmen eines Auswahlprozesses (sehr rudimentär und beschränkt auf die wichtigsten Faktoren) entscheidet, welche Bewerber nun den offiziellen Kandidatenstatus erhalten. Jene offiziellen Kandidaten haben dann in einem weiteren Schritt 150.000 Dollar als erste Bewerbungsgebühr an das IOC zu bezahlen. Diese Gebühr enthält noch keine Zuschlagsgarantien und soll lediglich die administrativen Ausgaben hinter dem Vergabeprozess decken. Das sich hierbei mit allen Kandidaten zusammengerechnet eine beträchtliche Summe ergibt, bildet einen ersten Kritikpunkt am Vergabeverfahren des IOC. Neben der Gebühr sind noch eine Reihe von Bewerbungsdokumenten bereitzustellen. Diese Dokumente dienen der holistischen Erst-Analyse der jeweiligen Kandidaten. Das Exekutivkomitee entscheidet anhand jener Dokumente, welche Bewerber in die dritte, nämlich in die „Candidate City“-Phase gelangen.

Candidate City Phase

In jener befinden sich meist nur noch wenige Bewerber, die im Rahmen dieser dritten Stufe ein „Bid-Book“ zu erstellen haben – übersetzt: ein sogenanntes Bewerbungsbuch. In jenem sind nun alle für die Bewerbung relevanten Informationen, Stärken, Schwächen, Risiken etc. genauestens darzulegen. Seit Einführung des Vergabeverfahrens hat sich das Bid-Book zu einem immer größer werdenden Instrument entwickelt und wurde letztendlich wegen dieses Übermaßes an Information kritisiert. Neben allerlei Informationen zu Dopingkontrollen, medizinischer Betreuung, Verkehr, Infrastruktur etc. müssen jene Bewerbungsunterlagen ebenso rechtliche als auch finanzielle Zusagen inkludieren, die im Falle eines Vergabe-Zuschlages garantiert werden. Dass dies keine bloße Formalität darstellt, zeigt das Faktum, dass es hierbei meist um Themen wie Steuerfreiheit, Ausfallshaftungen, bzw. generell Haftungen, Garantien, Bürgschaften und Datenschutz geht. In der Vergangenheit ging dies so weit, dass aufgrund der Vergabe der Olympischen Spiele in gewissen Austragungsländern sogar bestehende Gesetze geändert werden mussten. Dieses hohe Maß an Zugeständnissen aber auch die Macht, die dem IOC gewährt wird, bildet einen der Hauptkritikpunkte bei der Vergabe solcher „Megaveranstaltungen“. Letztlich kommt es nach Abgabe und einer detaillierten Beurteilung der Bewerbungsunterlagen iSd Bid Books durch das Exekutivkomitee und eine eigens hierfür eingerichtete Evaluierungskommission, zur Entscheidung welcher Kandidat den Zuschlag erhält. Sind es mehrere Kandidaten, die es bis zu dieser Stufe schaffen, wird solange abgestimmt bis nur noch zwei Austragungsorte im Pool sind. In der abschließenden Abstimmungsrunde erhält letztendlich der Kandidat mit den meisten Stimmen den finalen Zuschlag.

Host City Contract Phase

Damit ist auch die vierte und letzte Phase eingeläutet, nämlich die „Host City Contract“-Phase in welcher der Vertrag unterschrieben wird und die offizielle Vorbereitungsphase auf die Olympischen Spiele beginnt. Dies muss in der Regel zumindest sieben Jahre vor Start der jeweiligen Spiele der Fall sein, um genügend Vorbereitungszeit zu ermöglichen.

Widerstand an diesem langwierigen und aufwendigen Prozess gibt es oftmals von Bürgerbewegungen, Verbänden oder Bewerbern, die aus dem Vergabeprozess herausfallen. Der Grund hierfür ist unter anderem auch, dass in den letzten Jahrzehnten die Vorbereitungs- und Austragungskosten exponentiell gestiegen sind. Als Antwort darauf präsentierte das IOC im Jahr 2018 eine Reform der Vergabe und Ausgestaltung der Olympischen Spiele, die zu einer Flexibilisierung des Bewerbungsprozesses, Vereinfachung der Maßnahmen und generell zur Kostenminimierung führen soll.

Vergabe von Sportgroßveranstaltungen als „black box“

Die Kritik, die sich durch oder trotz dieser Vergabeverfahren weiterhin ergibt, liegt zusammengefasst darin, dass nach wie vor informelle Abläufe, unbekannte Binnenstrukturen, eine fehlende staatliche Rahmengesetzgebung und nicht ganz durchschaubare Vergabekriterien zum Zuschlag führen. In der Literatur wird daher bei der Vergabe von Sportgroßveranstaltungen oftmals von einer „black box“ gesprochen. Hinzu kommt, dass in mehreren Stufen des Vergabeprozesses immer wieder dieselben Funktionäre stimmtragend sind. So sitzen oftmals auch jene Funktionäre, die in den Vorauswahlstufen mitentscheiden, ebenso in der Session (Gesamtgremium des IOC) und haben somit einen großen Einfluss auf das Endresultat der Vergabe. Im schlimmsten Falle können sie ein, von sich aus antizipiertes Vergaberesultat von Anfang an in eine bestimmte Richtung lenken. Dieser Prozess, obwohl nach außen hin als transparent kommuniziert, macht die Vergabe für eine Beeinflussbarkeit iSd Bestechung oder Korruption besonders anfällig.

Strafrechtlich betrachtet bleibt vieles jedoch im Dunkeln. Zwar reagierte die Schweiz, in der das IOC ihren Sitz als nichtstaatliche private Organisation in der Rechtsform eines Vereines hat, 2016 mit der Verabschiedung eines eigenen Strafbestandes, der sogenannten „Lex FIFA“. Das Ziel dahinter war es, aggressiver gegen aktive und passive Privatbestechung vorzugehen. Nichtsdestotrotz bleibt dies ein Tropfen auf dem heißen Stein. Auf internationaler Ebene sind die einschlägigen Abkommen zu zahnlos bzw. fehlen rechtsverbindliche Standards überhaupt. So bleibt den internationalen Sportverbänden eine fast uneingeschränkte Freiheit und Gestaltungsmacht überlassen. Und auch wenn es immer wieder Rufe und eigene Bemühungen von Seiten der internationalen Sportverbände in Richtung Aufarbeitung und mehr Transparenz gibt, sollte man eine Sache bei dieser Diskussion nie aus den Augen verlieren: Für die großen internationalen Sportverbände rechnet sich nicht nur das Geschäft, das sie betreiben – sondern vor allem die Art, wie sie es betreiben.

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Gutschein oder Geld zurück

Covid-19 führt nach wie vor dazu, dass zahlreiche Sportveranstaltungen und Turniere abgesagt werden müssen. Insbesondere durch die neuen Regeln zu den Veranstaltungsgrößen steht man neuerlich vor diesem Problem. Bereits in unserem Artikel vom 16. März 2020 haben wir einen Überblick zur Rechtslage bei Veranstaltungsabsagen gegeben. Das im Mai 2020 erlassene Gesetz hat allerdings einiges geändert. Es stellt sich also erneut die Frage, wie die Rückabwicklung bei einer Absage auszusehen hat. Muss man Gutscheine annehmen oder hat man ein Recht auf den Barwert des Ticketpreises? Wie regeln das unsere Nachbarländer?

Auf die Größe kommt es an: Absage oder Reduzierung der Tickets

Die zahlreichen Absagen von Veranstaltungen in Kultur, Kunst und Sport bereiten vielen Veranstaltern große Sorgen. Mit den steigenden Infektionszahlen sieht sich die Regierung gleichsam gezwungen, weitere Maßnahmen anzuordnen. Dadurch wird die Anzahl von Zuschauern bei Veranstaltungen erneut reduziert.

Die neuen Regelungen zu Veranstaltungsgrößen sind mit 21. September 2020 in Kraft getreten. In geschlossenen Räumen sind Veranstaltungen ohne zugewiesene und gekennzeichnete Sitzplätze mit mehr als 10 Personen, im Freiluftbereich mit mehr als 100 Personen untersagt. Sind die Sitzplätze gekennzeichnet und für alle Besucher zugewiesen, sind in geschlossenen Räumen bis zu 1500 Personen und im Freiluftbereich bis zu 3000 Personen erlaubt. Allerdings ist für Veranstaltungen bei mehr als 250 Personen, unabhängig davon, ob in geschlossenen Räumen oder im Freiluftbereich, vorab eine Bewilligung einzuholen. Durch die neuen Bestimmungen sind auch bereits bei Veranstaltungen mit über 50 Personen in geschlossenen Räumen und im Freien mit über 100 Personen ein Covid-19-Beauftragter zu bestellen und ein Präventionskonzept umzusetzen.

Viele Veranstalter sind also neuerlich damit konfrontiert, dass sie Veranstaltungen absagen bzw. das Ticketkontingent reduzieren müssen. Den Veranstaltern macht vor allem die dadurch mangelnde Liquidität zu schaffen, da – wie wir bereits in unserem Artikel „Absagen über Absagen“ beleuchtet haben – ein schuldloser Zuschauer grundsätzlich einen Anspruch auf Rückzahlung des Ticketpreises hat.

Ein neues Gesetz

Um die Veranstalter zu unterstützen und vor allem dem Liquiditätsproblem entgegenzuwirken, wurde am 5. Mai 2020 das Bundesgesetz zur Sicherung des Kunst-, Kultur- und Sportlebens (kurz KuKuSpoSiG) kundgemacht.

Dieses Gesetz ist anzuwenden, wenn aufgrund der Covid-19-Pandemie nach dem 13. März 2020 ein Sport-, Kunst- oder Kulturereignis ausgefallen ist und der Veranstalter daher verpflichtet wäre, den Ticketpreis an den Kunden zurückzuerstatten. Anstatt der Rückzahlung des Betrages hat der Veranstalter nunmehr die Möglichkeit – zumindest teilweise – den Betrag in Form eines Gutscheins auszustellen.In welcher Höhe ein Gutschein angenommen werden oder doch eine Auszahlung erfolgen muss, richtet sich nach der Höhe des Ticketpreises:

In welcher Höhe ein Gutschein angenommen werden oder doch eine Auszahlung erfolgen muss, richtet sich nach der Höhe des Ticketpreises:

  • Bei einem Ticketpreis von weniger als EUR 70,00, darf der volle Betrag als Gutschein ausgestellt werden.
  • Liegt der Ticketpreis bei einem Betrag zwischen EUR 70,00 und EUR 250,00, darf maximal ein Betrag von EUR 70,00 als Gutschein ausgefolgt werden. Der darüberhinausgehende Betrag ist an den Teilnehmer auszuzahlen.
  • Übersteigt der Ticketpreis EUR 250,00, so sind EUR 180,00 an den Teilnehmer auszuzahlen und kann über den übersteigenden Betrag ein Gutschein ausgestellt werden.

Der Gutschein kann auch weitergegeben werden und, wenn der Inhaber des Gutscheins diesen nicht bis zum 31. Dezember 2022 eingelöst hat, so hat der Veranstalter den Gutscheinwert nach Aufforderung auszuzahlen.

Veranstaltungen im Ausland

Hat man Tickets für Sportevents im Ausland, so ist die Sachlage natürlich etwas komplizierter.  Zuallererst muss man sich fragen, nach den Bestimmungen welchen Staats die Tickets zu erstatten sind.

In der EU regelt dies eine Verordnung (kurz Rom-I Verordnung). Diese legt EU-weit fest, welches nationale Recht anzuwenden ist. Nach dieser Verordnung gilt – sofern nichts anderes vereinbart wurde – dass auf Dienstleistungsverträge das Recht jenes Staates anzuwenden ist, in dem der Dienstleister seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das bedeutet, wenn etwa ein Österreicher ein Ticket für ein Fußballmatch in Italien gekauft hat und dieses Match wegen der Covid-19-Pandemie abgesagt wurde, nicht das österreichische Gesetz anzuwenden ist, sondern vielmehr die entsprechenden Bestimmungen nach italienischem Recht. Vereinfacht gesagt, ob ein Gutschein ausgestellt wird oder eine Rückerstattung erfolgt, hängt davon ab, in welchem Land der Veranstalter (Dienstleister) seinen Sitz hat. Wie immer gibt es aber auch Ausnahmen, die man sich im Einzelfall genauer anzusehen hat.

Wir haben die Regelungen unserer Nachbarländer etwas genauer betrachtet und möchten euch daher einen kleinen Überblick über die unterschiedlichen Vorgehensweisen bei der Rückerstattung geben.

Deutschland

In Deutschland kann der Veranstalter einen Gutschein ausstellen, statt den Ticketpreis zu erstatten, wenn das Ticket vor dem 08. März 2020 gekauft und die Veranstaltung dann aufgrund der Covid-19-Pandemie abgesagt wurde. Der Wert des Gutscheins muss den gesamten Eintrittspreis als auch etwaige Vorverkaufsgebühren umfassen. Sollte die Übergabe eines Gutscheins für eine Person aufgrund der persönlichen Lebensumstände unzumutbar sein, so kann man direkt die Auszahlung des Gutscheins verlangen. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn man sich seinen Lebensunterhalt nicht mehr finanzieren kann, also beispielsweise bereits Probleme bei der Bezahlung der Miete hat. Wurde der Gutschein vom Teilnehmer bis zum 31. Dezember 2021 nicht eingelöst, kann man ebenso die Auszahlung begehren.

Italien

In Italien wurde eine Verordnung erlassen, welche regelt, dass dem Ticketinhaber statt der Rückerstattung des Gelds auch ein Gutschein ausgegeben werden darf, wenn er aufgrund eines öffentlichen Verbots nicht an der Veranstaltung teilnehmen kann. Ab der Ausstellung ist der Gutschein 18 Monate lang gültig. Allerdings ist es in Italien so, dass die Ticketinhaber innerhalb von 30 Tagen den Gutschein anfordern müssen. Diese Frist beginnt ab dem Zeitpunkt, an dem die Verordnung erlassen wurde oder ab dem Zeitpunkt, an dem der Ticketinhaber vom Verbot bzw. der Absage der Veranstaltung erfahren hat. Bei Tickets für Veranstaltungen in Italien sollte man also rasch reagieren, nachdem man von der Absage erfahren hat.

Frankreich

Auch in Frankreich können Veranstalter Gutscheine für abgesagte Veranstaltungen anbieten. Diese Gutscheine sind je nach Art der Veranstaltung unterschiedlich lange gültig und – laut unserer Recherche – gegen eine etwaige Insolvenz des Veranstalters abgesichert. Darüber hinaus hat der Veranstalter dem Ticketinhaber eine Alternative für das ausgefallene Event anzubieten. Wird der Gutschein vom Ticketinhaber nicht innerhalb der Gültigkeitsdauer eingelöst, ist ihm der Geldbetrag zurückzuerstatten.

Spanien

In Spanien hat der Ticketinhaber die Möglichkeit, innerhalb von 14 Tagen nach Absage des Events den Vertrag für das Eventticket zu kündigen. Anstelle der Rückzahlung des Geldes kann der Veranstalter dem Ticketinhaber auch einen Ersatztermin oder einen Gutschein anbieten. Der Ticketinhaber kann diesen Vorschlag akzeptieren oder auch ablehnen. Lehnt der Ticketinhaber dies ab, so hat der Veranstalter ihm das Geld innerhalb von 60 Tagen – auf dem gleichen Wege wie der Ticketinhaber bezahlt hat – zurückzuerstatten. Hat der Ticketinhaber einen Gutschein gewählt und diesen innerhalb der Gültigkeitsdauer nicht verwendet, so kann er ebenfalls die Rückerstattung der Zahlung verlangen.

Tschechische Republik

In Tschechien wurde ein entsprechendes Gesetz im Hinblick auf kulturelle Veranstaltungen erlassen. Da es auch auf „ähnliche Veranstaltungen“ anzuwenden ist, gehen wir davon aus, dass auch Sportveranstaltungen davon umfasst sind. Geregelt wird, dass Ticketinhaber bis 31. März 2021 vom Veranstalter die Ausstellung eines Gutscheins fordern können. Der Veranstalter ist verpflichtet, dem Ticketinhaber eine Ersatzveranstaltung mit einem Termin bis zum 31. Oktober 2021 anzubieten. Sollte der Preis für die angebotene Ersatzveranstaltung höher sein, darf der Veranstaltung aber nicht den Differenzbetrag verlangen. Sollte der Gutschein nicht verwendet werden oder der Gutschein vom Veranstalter nicht rechtzeitig – also nicht innerhalb von 1 Monat nach Anfrage des Ticketinhabers – ausgestellt oder kein Ersatztermin vorgeschlagen werden, so ist der Veranstalter zur Erstattung des Ticketpreises verpflichtet. Einige Personengruppen, wie beispielsweise Personen während der Karenz oder Senioren ab 65 Jahren, können sofort eine Erstattung verlangen.

Disclaimer: Wir haben die Recherchen nach unserem besten Wissen und Gewissen durchgeführt, möchten aber klarstellen, dass es sich hierbei um keine Rechtsberatung handelt und wir deshalb auch keine Haftung übernehmen können.

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Absagen über Absagen

Kein Tag ohne Absagen. Das Corona-Virus (Covid-19) hat auch den sportlichen Alltag erreicht und sorgt für einen Reigen von Veranstaltungsabsagen. Das Tennisturnier in Indian Wells, zahlreiche Fußballspiele in Europa und auch der Vienna City Marathon fallen der Pandemie zum Opfer. Die Liste an abgesagten Sportevents könnte hier nahtlos fortgesetzt werden. Selbst eine Absage der Fußball-Europameisterschaft und der Olympischen Spiele steht im Raum. Wie es rund um das Virus weitergehen wird, weiß aktuell niemand – der weitere Verlauf und die Auswirkungen sind kaum abzuschätzen. Im Zusammenhang mit Veranstaltungsabsagen stellt sich aber schon jetzt die Frage, welche Rechte die Besitzer bereits bezahlter Tickets haben, wenn diese behördlich untersagt werden.

Erlass: Maßnahmen gegen das Zusammenströmen größerer Menschenmengen

Am Dienstag, den 10. März 2020, reagierte die österreichische Bundesregierung auf die Folgen der Pandemie und erließ Maßnahmen, um die Verbreitung einzudämmen. Darunter finden sich auch Maßnahmen gegen das Zusammenströmen größerer Menschenmengen nach § 15 Epidemiegesetz. Durch den Erlass des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz werden die mit der Vollziehung des Epidemiegesetzes betrauten Bezirksverwaltungsbehörden angewiesen, durch Verordnung zu verfügen, dass sämtliche Veranstaltungen in ihrem Wirkungsbereich, die ein Zusammenströmen von Menschen mit sich bringen, zu untersagen sind. Konkret geht es um Veranstaltungen, bei denen mehr als 500 Personen (außerhalb geschlossener Räume oder im Freien) oder mehr als 100 Personen in einem geschlossenen Raum zusammenkommen.

Am Sonntag, den 15. März 2020, kam es zu weiteren Verschärfungen. Österreich soll ab heute im Notbetrieb laufen, wodurch für das gesamte Land eine „Ausgangsbeschränkung“ – mit wenigen Ausnahmen – gilt. „Die Einschränkungen der Bewegungsfreiheit samt komplettem Veranstaltungsverbot sind massiv, aber notwendig, um Leben zu retten.“, erklärte Bundeskanzler Sebastian Kurz.

Rechtsverhältnis zwischen Veranstalter und Zuschauer

Der Kauf eines Tickets für eine Sportveranstaltung wird rechtlich als „Veranstaltungsbesuchsvertrag“ bezeichnet. Dabei handelt es sich um einen Vertrag zwischen dem Veranstalter und dem Zuschauer, welcher nach Judikatur und Stimmen in der Literatur als Werkvertrag zu qualifizieren ist. So liegt die Hauptleistungspflicht des Zuschauers in der Zahlung des Eintrittspreises und der Veranstalter hat dafür die Organisation und Durchführung der Sportveranstaltung (somit einen Erfolg) zu erbringen. Darüber hinaus wird dem Zuschauer für die Zeit der Veranstaltung oft auch der Gebrauch an einem bestimmten Platz überlassen, wodurch der Vertrag auch bestandrechtliche Elemente aufweist. Im Zusammenhang mit der Durchführung von Sportveranstaltungen kommt es zu juristischen Fragestellungen, wenn die jeweilige Veranstaltung durch ein bestimmtes Verhalten eines Beteiligten (zB Nicht-Antreten, Platzsturm, Spielabbruch etc) oder ein unvorhergesehenes Ereignis nicht planmäßig verläuft. Folglich stellt sich die Frage, welche rechtlichen Möglichkeiten und Ansprüche der Zuschauer geltend machen kann.

Zivilrechtliche Möglichkeiten

Wird die Erbringung der Leistung / Herstellung des Werks (hier die Durchführung der Sportveranstaltung) durch Hoheitsakt untersagt, kann eine nachträgliche Unmöglichkeit vorliegen. Von einer solchen spricht man grundsätzlich nur, wenn die Leistung aufgrund eines dauerhaften und nicht nur zeitweiligen Hindernisses nicht mehr erbracht werden kann. Die Frage, ob im Fall einer Veranstaltungsabsage eine dauernde Unmöglichkeit vorliegt, ist wohl anhand einer Einzelfallentscheidung zu prüfen. In der hier zu thematisierenden Konstellation kann von einer rechtlichen Unmöglichkeit (im Gegensatz zu einer tatsächlichen) gesprochen werden, da die Erbringung der Leistung durch Hoheitsakt untersagt wird. Was passiert im Fall einer nachträglichen Unmöglichkeit?

Nach der Sphärentheorie (§§ 1168 f ABGB) ist sodann zu prüfen, in wessen „Sphäre“ die Gründe für das Unterbleiben der Herstellung des Werks liegen. Der Veranstalter trägt die Preisgefahr, wenn die Gründe in seiner Sphäre liegen oder im Fall des zufälligen Untergangs; der Zuschauer nur bei Gründen aus seinem Bereich. Eine behördliche Absage aufgrund einer Pandemie stellt ein zufälliges Ereignis (höhere Gewalt) dar, welches nach der Sphärentheorie den Veranstalter trifft. Folglich hat dieser das Werk (die Veranstaltung) grundsätzlich neuerlich herzustellen, es sei denn, die Neuherstellung kommt faktisch nicht mehr in Betracht (diese Frage kann hier nicht beantwortet werden). Im Ergebnis hat der an der Absage schuldlose Zuschauer einen Anspruch auf Rückzahlung des Ticketpreises.

An dieser Stelle sei kurz angemerkt, dass in den AGBs zahlreicher Veranstalter Regelungen für den Fall höherer Gewalt vorgesehen sind. Ein vertraglicher Ausschluss der gesetzlichen Gefahrtragungsregelungen in §§ 1168 f ABGB ist zwar möglich, aber im Hinblick auf die Inhaltskontrolle des § 879 Abs 3 ABGB von AGBs äußerst zweifelhaft.

Müssen Sportstätten geschlossen bleiben?

Am Wochenende stellten sich viele die Frage, wie es rund um sportliche Aktivitäten steht: Bleiben Sportplätze und Fitnesscenter weiterhin zugänglich? Am Sonntag, den 15. März 2020, gab die Bundesregierung sodann die Antwort. Die Benützung von Freizeit- und Sportbetrieben ist für die kommende Woche durch ein Betretungsverbot (Verordnung) untersagt worden. Darauf reagierte auch der ÖFB, welcher in einer Aussendung die Einstellung des Trainingsbetriebs im gesamten Land angeordnet hat. „Der Fußball ist gefordert, seinen Beitrag zu leisten, damit wir alle gemeinsam diese Krise meistern. Wir appellieren an alle Österreicherinnen und Österreicher, den Maßnahmen der Bundesregierung Folge zu leisten, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Beschränken Sie Ihre sozialen Kontakte auf ein absolutes Minimum. Bleiben Sie zu Hause, wenn es möglich ist!„, so ÖFB-Präsident Leo Windtner.

Auch Vizekanzler und Sportminister Werner Kogler wurde diesbezüglich ziemlich deutlich: „Wer es nicht versteht, von den Sportvereinen jetzt, wer ab morgen das nicht einhält, der kann sich einmal jahrelang von Förderungen verabschieden. […] Ich meine das ernst: Es sollen sich alle daran halten. Und die, die sich nicht daran halten, dürfen auch mit Konsequenzen rechnen.“ Denn wer dem Betretungsverbot zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 3.600 € zu bestrafen. Bei alldem etwas Positives zum Schluss: Die sportliche Betätigung im Freien bleibt für Einzelpersonen in Entfernung von anderen jedoch weiter erlaubt.

Weitere Informationen zu Veranstaltungsabsagen:

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Podiumsdiskussion: Wann ist Doping strafbar?

Am 11. April fand in der Laudongasse die LAW MEETS SPORTS-Veranstaltung „Wann ist Doping strafbar?“ statt. Neben einem hochkarätig besetzten Podium fanden sich rund 50 interessierte Zuhörer in den Kanzleiräumlichkeiten von Sportrechtsanwältin Christina Toth ein.

Operation Aderlass

Mit den Dopingfällen bei der Nordischen Ski-WM 2019 in Seefeld rückte das Thema Doping erneut ins Zentrum der medialen Berichterstattung. So zierte die „Operation Aderlass“ die Schlagzeilen in nahezu jedem Medium. Dies führte insbesondere auch zu einer gesellschaftspolitischen Diskussion der Thematik. Nicht nur im Sport, sondern auch im Berufs- und Privatleben sind leistungssteigernde Substanzen weit verbreitet. Eine Zukunft ohne Doping nicht mehr vorstellbar? 

Die rechtlichen Komponenten von Doping

Neben den internationalen Grundlagen (zB Anti-Doping-Konvention und UNESCO-Übereinkommen) bestehen in Österreich mehrere Gesetze und Bestimmungen, die sich mit Doping beschäftigen:

Anti-Doping-Bundesgesetz 2007 (ADBG 2007): Dieses Gesetz stellt die zentrale Rechtsgrundlage für das Anti-Doping-Recht dar. Es beinhaltet insbesondere die Aufgaben der Nationalen Anti-Doping Agentur Austria (NADA), die Rechte und Pflichten von Sportlern, Betreuern und Organisationen sowie die Durchführungsbestimmungen für Dopingkontrollen, Analysen, Verfahren und Präventionsarbeit. Daneben umfasst das Gesetz auch gerichtliche Strafbestimmungen für den Besitz, Handel und Weitergabe verbotener Wirkstoffe sowie Regelungen für die Zusammenarbeit der NADA mit den staatlichen Ermittlungsorganen.

„Sportbetrug“ im Strafgesetzbuch (§ 147 Abs 1a StGB): Im Jahr 2009 reagierte der Gesetzgeber auf die aufgedeckten prominenten Dopingfälle mit der Einfügung eines neuen Tatbestandes in das Strafgesetzbuch. Die Strafbestimmung des sog. Sportbetrugs lautet: „Ebenso ist zu bestrafen, wer einen Betrug mit mehr als geringem Schaden begeht, indem er über die Anwendung eines verbotenen Wirkstoffs oder einer verbotenen Methode nach der Anlage der Anti-Doping-Konvention, BGBl. Nr. 451/1991, zu Zwecken des Dopings im Sport täuscht“.

Daneben finden sich noch einzelne Vorschriften im Bundes-Sportförderungsgesetz (BSFG 2017), im Arzneimittelgesetz (AMG) sowie auch im Rezeptpflichtgesetz. Über diese rechtlichen Grundlagen informierte die Anwesenden zu Beginn der Veranstaltung Richterin Martina Spreitzer-Kropiunik (Richterin am Straflandesgericht Wien und Schiedsrichterin am Internationalen Sportgerichtshof).

Interessante Diskussion mit top besetztem Podium

Isabella Grabner-Wollek, Alexander Sammer, Harald Tschan und Martina Spreitzer-Kropiunik (vlnr)

Im Anschluss diskutierten unter der Moderation von Michael Nussbaumer vier Experten aus der Branche zahlreiche interessante Fragen. Darunter: Sind die österreichischen Anti-Doping Bestimmungen streng genug? Wann ist Doping überhaupt strafbar? Und für wen? Wie sieht es mit Nahrungsergänzungsmittel aus bzw. was sagen sportwissenschaftliche Studien zur Steigerung der Leistungsfähigkeit durch Doping? Während Richterin Martina Spreitzer-Kropiunik (führte unter anderem auch das Strafverfahren gegen Stefan Matschiner) insbesondere die rechtliche Seite erörterte, berichtete Ernäherungswissenschafterin Isabella Grabner-Wollek (Institut für medizinische und sportwissenschaftliche Beratung – IMSB) aus ihrer Tätigkeit und Praxis. Dabei stand vor allem das Thema Nahrungsergänzungsmittel im Fokus.

Univ.-Prof. Harald Tschan (Professor für Trainings- und Bewegungswissenschaft und Leiter der Abteilung Trainingswissenschaft am Institut für Sportwissenschaft) beleuchtete die sportwissenschaftliche Komponente von Doping – was sagen Studien zur Steigerung der Leistungsfähigkeit durch Einnahme verbotener Substanzen und wie sieht die Leistungssteigerungskurve bei Profis aus? Das hochkarätig besetzte Podium komplettierte Alexander Sammer (Leiter der Abteilung Recht bei der NADA). Der Experte gab einen kleinen Einblick in die Arbeit der Anti-Doping Agentur und informierte die Anwesenden unter anderem über rechtliche Grundlagen und Präventionsarbeit.

Auch aus dem Auditorium kam die ein oder andere interessante Frage an die Experten. So wurde diskutiert, was die Freigabe von Dopingmitteln im Sport und der Gesellschaft bewirken würde und ob Spitzenplatzierungen im Profisport ohne Doping überhaupt noch möglich sind.

 

Bei einem abschließenden Get-together wurde die spannende Thematik in angenehmer Atmosphäre munter weiter diskutiert. Wir danken allen Speakern und Teilnehmern!

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St. Pölten vs Kapfenberg – eine Sportgroßveranstaltung?

Ist ein Testspiel zwischen dem SKN St. Pölten und dem SV Kapfenberg in Hollenburg als Sportgroßveranstaltung iSd § 49c SPG zu qualifizieren? Mit dieser Frage hatte sich der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) in einer vor kurzem ergangenen Entscheidung auseinanderzusetzen.

Was ist passiert?

Im vorliegenden Fall wurde dem Revisionswerber aufgetragen bei der Polizeiinspektion vorstellig zu werden (Meldeauflage iSd § 49c SPG), weil er bei einem Testspiel zwischen dem SKN St. Pölten und dem SV Kapfenberg in Holleburg mehrmals auf eine andere Person eingeschlagen, dieser dabei auch mit der Faust ins Gesicht geschlagen und dabei die Schneidezähne ausgeschlagen hatte. Dadurch hatte er einen gefährlichen Angriff unter Anwendung von Gewalt iSd § 49c SPG begangen.

„Zweifellos bedeutendes Spiel hochrangiger Mannschaften“

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich qualifizierte zwei Fußballspiele – darunter auch das verfahrensgegenständliche – als Sportgroßveranstaltungen iSd § 49c SPG. Begründend führte es dabei aus, dass das gegenständlichen Spiel ein „zweifellos bedeutendes Spiel hochrangiger Mannschaften“ sei, zumal eine Mannschaft aus der höchsten Spielklasse (SKN St. Pölten) auf ein Team aus der zweithöchsten Spielklasse (SV Kapfenberg) traf. Auch der Umstand, dass es sich lediglich um ein Testspiel gehandelt habe, vermöge daran nichts zu ändern, weil Mannschaften mit überregionaler Bedeutung unterschiedlicher Bundesländer aufeinandergetroffen seien, argumentierte das Landesverwaltungsgericht weiter. Zudem habe erhebliches Publikumsinteresse an der Begegnung bestanden.

Dagegen führte der Revisionswerber aus, dass es sich beim gegenständlichen Fußballspiel nur um ein – sportlich bedeutungsloses“ – Testspiel vor wenigen Zuschauern gehandelt habe. Es sei kein Eintrittsgeld verlangt worden und das Medieninteresse „gleich null“ gewesen. Da zum Begriff der Sportgroßveranstaltung keine Rechtsprechung des VwGH vorliegt, sei die außerordentliche Revision zulässig.

VwGH: zum Begriff der Sportgroßveranstaltung iSd § 49c SPG

Der 3. Abschnitt des SPG regelt in seinen §§ 49a – 49c „Besondere Befugnisse zur Verhinderung von Gewalt und Rassismus bei Sportgroßveranstaltungen“. Dabei statuiert § 49c SPG präventive Maßnahmen (Meldeauflage, Belehrung, zwangsweise Vorführung und Anhaltung) iZm Sportgroßveranstaltungen. Der Begriff „Sportgroßveranstaltung“ wird im Gesetz jedoch nicht näher definiert. Unter „Sportveranstaltungen“ versteht die Judikatur grundsätzlich solche „Veranstaltungen, in deren Rahmen dem Publikum Leistungen auf dem Gebiet des Sports dargeboten werden“. Eine Sportveranstaltung ist demnach eine „öffentliche Darbietung, bei der eine der körperlichen Ertüchtigung von Menschen dienende körperliche Betätigung im Vordergrund steht […]; in der Regel handelt es sich dabei um einen organisierten Wettkampf, der vor Publikum ausgetragen wird“. Der Begriff der Sportveranstaltung ist im Zusammenhang mit dem verfahrensgegenständlichen Spiel als erfüllt anzusehen.

Ob es sich dabei auch um eine Sportgroßveranstaltung gehandelt hat, hatte das Höchstgericht sodann zu beurteilen. Die Gesetzesmaterialien führen zur Vorgängerbestimmung aus, dass insbesondere die Besucherzahl maßgeblich sei, wobei naturgemäß keine bestimmte Grenze angegeben wird, nicht zuletzt um der Vollziehung eine flexible Handhabung zu ermöglichen. Den Materialien zufolge kann auf nationaler Ebene beispielsweise auch ein Fußballspiel der ersten Liga eine Sportgroßveranstaltung sein.

Der VwGH erörterte, dass man das Vorliegen einer Sportgroßveranstaltung im Regelfall bei einer erwarteten Zuschaueranzahl von wenigstens 3.000 Personen annehmen kann. Zu diesem Ergebnis gelangt er durch eine Statistik, wonach in der Bundesligasaison 2017/2018 bei den drei Mannschaften mit den geringsten Besucherzahlen ein Zuschauerschnitt von weniger als 3.000 Personen ausgewiesen ist. Entscheidend ist jedenfalls nicht, wie viele Zuschauer tatsächlich kamen, sondern vielmehr mit welcher Anzahl ex ante gerechnet werden konnte. Daneben können jedoch auch andere Faktoren für die Qualifizierung als Sportgroßveranstaltung ausschlaggebend sein. Das Höchstgericht nannte unter Heranziehung der juristischen Literatur insbesondere:

  • die (sonstige) Bedeutung der Sportveranstaltung in gesamtösterreichischer oder überregionaler bzw in sportlicher, wirtschaftlicher und medialer Hinsicht,
  • das Vorliegen besonderer (Begleit-)Umstände der Sportveranstaltung (zB bei Derbys),
  • die voraussichtlich erforderlichen – erhöhten – Organisationsmaßnahmen der Durchführung der Veranstaltung, oder
  • die voraussichtlich erforderliche – erhöhte – Anzahl von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes.

Der VwGH sprach aus, dass die vom Landesverwaltungsgericht getroffenen Feststellungen – zwei Mannschaften der höchsten österreichischen Spielklassen und erhebliches Publikumsinteresse – sich für die Qualifikation des in Rede stehenden Fußballspiels als Sportgroßveranstaltung nicht als tragfähig erweisen. Aus dem Erkenntnis gehe nicht hervor, von welchen konkreten Zuschauerzahlen bei einer ex-ante-Beurteilung auszugehen war bzw welche sonstigen besonderen Umstände die Annahme das Vorliegen einer Sportgroßveranstaltung gerechtfertigt hätten. Im Ergebnis hob der VwGH das angefochtene Erkenntnis wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit auf.

Fazit

Sodann kann die eingangs (im Titel) erwähnte Frage nicht pauschal beantwortet werden. Das Vorliegen einer Sportgroßveranstaltung iSd § 49c SPG hängt insbesondere von der ex-ante erwarteten Zuschaueranzahl (Grenze: rund 3.000 Personen) ab. Daneben können jedoch auch noch andere Faktoren ausschlaggebend sein. Die Behörde und in nächster Instanz das Landesverwaltungsgericht haben bei der Beurteilung einer Sportgroßveranstaltung sämtliche Umstände zu berücksichtigen und ausreichend zu würdigen. Im Ergebnis könnte somit auch ein Fußballtestspiel bei Vorliegen  der – oben näher besprochenen Voraussetzungen als Sportgroßveranstaltung iSd § 49c SPG zu qualifizieren sein.

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Law Meets Sports Charity-Kochchallenge

Bei der LAW MEETS SPORTS Charity-Kochchallenge haben unsere Gäste aus Sport und Recht den Kochlöffel geschwungen, leckere Speisen zubereitet und diese gemeinsam bei bester Laune verspeist. Und das alles für die gute Sache. 

Charity-Kochchallenge für den E-Rolli Fußball

Der Erlös des Abends von mehr als 500 EUR, aus dem Verkauf von Tombolalosen, geht an  E-Rolli Fußball Österreich – ein Projekt, das uns sehr rasch ans Herz gewachsen ist. Matthias Bogner, Generalsekretär von Parasport Austria, war selbst vor Ort und hat von den beeindruckenden Erfahrungen und Erlebnissen der E-Rolli Athleten berichtet. 

Große Unterstützung von allen Seiten

Zum Gelingen des Abends haben aber nicht nur die eifrigen Köchinnen und Köche beigetragen, sondern auch fleißige Bienchen, die im Vorfeld mit großer Freude an der Organisation des Abends gearbeitet haben. Da geht der Dank allen voran an Julius Toth, der in seiner altbekannten Lehrermanier die Rezepte ausgearbeitet, den Ablauf des Abends geplant und schließlich den Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Kochtipps und -tricks zur Seite gestanden hat.   

Dank an die zahlreichen Sponsoren

Außerdem wäre der Abend ohne die vielen Sponsoren, die mit ihren wunderbaren Produkten unterstützt haben, nicht möglich gewesen. Unser Dank geht an ADAMAH für das herrliche Gemüse, Eishken für wunderbaren Fisch und Scampi, Finkensteinernudeln und Kärntner Milch, die die Hauptspeise komplettiert haben, Eis Greissler, die den süßen Höhepunkt beigesteuert haben und das Weingut R&A Pfaffl, die für die Weinbegleitung gesorgt haben.

Unsere Tombola-Sponsoren Capita Snowboarding, Hotel Gartnerkofel NassfeldFirst Vienna FC, Kira Grünberg, Wienerwald RestaurantPfau Edeldesstillate, Zerum Lifestyle, die Verlage Manz und Österreich und viele viele mehr haben dazu beigetragen, dass unsere Gäste, die großzügig Tombolalose gekauft haben, nicht mir leeren Händen nach Hause gehen mussten.

Verleihung des Mandatum-Social Media Award

Am Rande der Kochchallenge haben wir auch den manndatum-Social Media Award verliehen. Vertreter von zwei der Gewinnerkanzleien – Binder Grösswang aus Wien und Hoesmann aus Berlin – haben die Preise entgegengenommen. Und anschließend auch gleich wieder fleißig in der Küche ausgeholfen :-) Mehr Infos und alle Gewinner des Awards gibt es hier.

Wir danken allen, die sich auf unterschiedlichste Art und Weise an dem Abend beteiligt haben von ganzem Herzen!

Alle weiteren Fotos finden Sie hier!

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Bild: © lawmeetssports

Wenn die Straße zur Sportstätte wird

Gastbeitrag von Michael Nußbaumer

Die Rad WM 2018 in Innsbruck, der Ironman Austria, die Österreich-Rundfahrt oder der Vienna City Marathon haben eines gemeinsam: ihre Sportstätte ist die Straße, die dafür lahm gelegt werden muss. Grund genug, zu hinterfragen, was für eine Sportveranstaltung auf öffentlichen Straßen behördlich eigentlich notwendig ist.

Bewilligungspflicht bei Sportveranstaltungen auf Straßen

Die Straßenverkehrsordnung (StVO) verlangt für sportliche Veranstaltungen wie Wettlaufen und Wettfahren eine behördliche Bewilligung, die nur erteilt werden darf, wenn die Veranstaltung die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht wesentlich beeinträchtigt.

Freilich ist bei einem Marathon eine andere Verkehrs- und Sicherheitsbeeinträchtigung zu erwarten als bei der Österreich-Rundfahrt oder einem Radmarathon. Welche Beeinträchtigungen die Veranstaltung also konkret hervorruft, hat die Behörde im Ermittlungsverfahren zu prüfen. Wenn sie dazu besondere Fachkenntnis benötigt, kann sie dazu Sachverständige, in der Regel Amtssachverständige, beiziehen.

Sofern es die Verkehrssicherheit erfordert und die Verkehrslage es zulässt, können Straßen für die Dauer der Sportveranstaltung auch ganz oder teilweise für den sonstigen Verkehr gesperrt und Ausnahmen von den Fahrregeln zugelassen werden. Ob dies aufgrund von Sicherheitsüberlegungen notwendig ist, ist ebenfalls im Ermittlungsverfahren von der Behörde zu prüfen. Dabei geht es aber nicht nur darum, dass übrige Verkehrsteilnehmer von den Teilnehmern der sportlichen Veranstaltung und deren Verhalten im Wettkampf geschützt werden, sondern auch umgekehrt um den Schutz der Teilnehmer.

Sicherheit hat höchste Priorität

Dem Sicherheitsaspekt, der im Gesetz explizit erwähnt wird, kommt hier eine erhebliche Bedeutung zu: Eine Zufahrtsmöglichkeit für Anrainer, die einige Stunden auf ihr Auto verzichten müssen oder eine erschwerte Erreichbarkeit von Geschäftslokalen darf kein Argument gegen eine Teil- oder Totalsperre sein, wenn die Sicherheit von Teilnehmern und übrigen Verkehrsteilnehmern dadurch gefährdet werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu erkannt, dass wirtschaftliche Interessen nur dann zu einer Parteistellung im Verfahren führen können, wenn dies ausdrücklich im Gesetz normiert ist.

Im Ermittlungsverfahren sind zudem geeignete Begleitmaßnahmen zu erarbeiten, um die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs trotz Veranstaltung zu gewährleisten. Hier spielen Verkehrskonzepte, die gemeinsam mit der Behörde zu erarbeiten sind, eine wesentliche Rolle. Dabei hat die Behörde zwar die Möglichkeit, Ersatzrouten für die sportliche Veranstaltung vorzuschlagen, die Veranstaltung muss dabei aber nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ihren Charakter behalten können und die Ausübung darf nicht gänzlich unmöglich gemacht werden. Es kommen daher nur geringfügige Adaptierungen der Strecke in Betracht.

Große Herausforderungen bei Teilsperren

Schwierig wird es für die Behörde dann, wenn eine Straße im Zuge einer Sportveranstaltung nicht ganz, sondern nur teilweise oder gar nicht gesperrt wird. Unter einer teilweisen Sperre versteht man zum Beispiel ein Durchfahrtsverbot, aber die Möglichkeit einer Zufahrt für den übrigen Verkehr. Hier kommt es unweigerlich zu einer Berührung mit übrigen Straßenverkehrsteilnehmern. Interessant ist dazu die Rechtsprechung, die besagt, dass, auch wenn die Behörde im Bescheid keine Ausnahmen von den Verkehrsregeln für Teilnehmer zulässt, „nicht davon ausgegangen werden kann, dass Teilnehmer an einem Radrennen während der Veranstaltung sämtliche Vorschriften zu beachten haben. Denn das Gesetz sieht die Zulassung sportlicher Veranstaltungen auf Straßen ungeachtet dessen vor, dass es dabei in einzelnen Belangen geradezu wesensmäßig und demnach notorisch selbst im Rahmen einer regelrechten Ausübung der betreffenden Sportart auf ein den betreffenden Vorschriften für die Straßenbenützung zuwiderlaufendes Verhalten der Teilnehmer ankommt, sodass die Einhaltung jener Verbotsnormen den Sinn derartiger Veranstaltungen schlechthin ad absurdum führen würde.“

Die Behörde und auch der Veranstalter sind durch dieses Urteil entsprechend gefordert, haben beide doch dafür Sorge zu tragen, dass beide Gruppen geschützt werden: Der Teilnehmer, der berechtigt ist, die für die jeweilige Sportart wesensfremden Fahrregeln der StVO zu missachten, aber auch der sonstige Verkehrsteilnehmer, der eigentlich darauf vertrauen müsste, dass alle Verkehrsteilnehmer die StVO einhalten. Dieser ist durch entsprechende Begleitmaßnahmen auf die Veranstaltung hinzuweisen, damit er sein Verhalten entsprechend anpassen kann. Dies kann einerseits durch Hinweise, andererseits aber auch durch den Einsatz von sogenannten „Organen der Straßenaufsicht“ erfolgen, die die Aufgabe haben, für einen reibungslosen und sicheren Ablauf der Veranstaltung zu sorgen. Dabei handelt es sich aber nicht nur um Exekutivorgane, es können auch andere besonders geschulte oder erfahrene Ordner zum Einsatz kommen, die von der Behörde dafür betraut werden.

Die Straßenverkehrsordnung normiert in diesem Zusammenhang die Möglichkeit, dass die Behörde die Veranstaltung unter Auflagen, die dem Veranstalter erteilt werden können, genehmigt werden kann. Beispielhaft ist der Abschluss einer Haftpflichtversicherung angeführt, was erkennen lässt, dass eine gewisse Sicherheitsbeeinträchtigung durch die sportliche Veranstaltung vom Gesetzgeber sogar in Kauf genommen wird.

Zuständig für die Genehmigung ist übrigens die Bezirksverwaltungsbehörde. Ausnahmen gibt es für Kleinveranstaltungen im örtlichen Wirkungsbereich einer Gemeinde. Erstreckt sich die Veranstaltung auf mehrere Bezirke, ist die Landesregierung für die Bewilligung zuständig. An sie ist ebenfalls der Antrag zu richten, wenn mehrere Bundesländer durchfahren werden. Maßgeblich für die Zuständigkeit ist in diesem Fall der Startort der Veranstaltung.

 

Zum Autor:

Dr. Michael Nußbaumer ist OK-Chef des Race Around Austria und GF des ASVÖ Salzburg.

 

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Dopingskandal in Russland – gehen die Leichtathleten jetzt baden?

Ein Beitrag von Dr. Stephanie Bonner, Rechtsanwältin

Riesiger Betrug, historische Konsequenzen: Im aufsehenerregenden Skandal um flächendeckendes und systematisches Doping hat der Leichtathletik Weltverband IAAF mit einer bis dato einzigartigen Strafe reagiert und den russischen Leichtathletikverband vorläufig suspendiert. Zudem hat die World-Anti-Doping-Agency (WADA) die russische nationale Anti-Doping Agentur (RUSADA) suspendiert und dem Anti-Doping Testlabor in Moskau die Akkreditierung entzogen. Unzählige Dopingverfahren gegen Athleten, Trainer und Sportmediziner wurden bereits eingeleitet.

Die IAAF erfüllt damit die Hauptforderung der Untersuchungskommission der WADA. Diese hatte wegen eines Dokumentarfilms des deutschen TV-Senders ARD („Geheimsache Doping – Wie Russland seine Sieger macht“), in dem über systematisches Doping durch russische Leichtathleten berichtet wurde, Ermittlungen aufgenommen und massive Verfehlungen in der russischen Leichtathletik dokumentiert.

Durch die Suspendierung des russischen Leichtathletikverbands besteht bis auf Weiteres ein komplettes Startverbot bei internationalen Wettbewerben. In Sotschi mit 33 Medaillen (13 davon Gold) Nummer eins im Medaillenspiegel, droht Russlands Leichtathleten der Ausschluss von den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro.

Wie sieht es rechtlich aus? Welche Entscheidungsbefugnis hat die WADA?

Das Welt-Anti-Doping-Programm basiert auf dem sog Welt-Anti-Doping-Code (WADC). Dieser wird von der WADA herausgegeben und enthält Dopingdefinitionen, Verstöße und Sanktionen, Doping-Verfahren, Kompetenzen und Aufgaben der jeweiligen Anti-Doping-Organisationen. Der WADC muss von allen Unterzeichnern zwingend angenommen und umgesetzt werden. Die Nichteinhaltung hat weitreichende Konsequenzen.

Die WADA, als internationale Organisation zu weltweiten Maßnahmen gegen Doping im Sport, überwacht ua die Einhaltung des WADC durch die Unterzeichner, kann Akkreditierung und Reakkreditierung von Laboren vornehmen und Untersuchungen von Verstößen gegen Anti-Doping-Bestimmungen einleiten (Artikel 20.7 WADC).

Die eigentliche Sanktionierung (Suspendierung, Sperre, etc) von Athleten oder nationalen Sportfachverbänden obliegt den Sportverbänden, nicht aber der WADA selbst. Sie kann nur eine Empfehlung aussprechen. Ob Russlands Leichtathletik in Rio de Janeiro an den Start gehen darf, liegt also nicht in den Händen der WADA. Da es sich um Olympia handelt, muss das Internationale Olympische Komitee (IOC) über einen etwaigen Ausschluss entscheiden.

Ein automatisches Aus für Rio 2016 bedeutet die Entscheidung der IAAF allerdings nicht. Sollte Russland die geforderten tiefgreifenden Reformen seines Anti-Doping und Leichtathletik-Systems rechtzeitig umsetzen, könnte die Suspendierung noch vor Olympia aufgehoben werden. Wohl das realistischste Szenario, obwohl die Frage für mich bleibt, wie sich eine offenbar tief verwurzelte Sportbetrugskultur in wenigen Monaten ändern soll.

Diese jüngsten Ereignisse in Russland zeigen einmal mehr auf, dass der Kampf gegen Doping im Sport ein Kampf gegen Windmühlen ist. Leider wiedermal auch im österreichischen Skiverband. Eines steht aber fest, Rio 2016 wird jedenfalls ohne ÖSV stattfinden…

 

WEITERE BEITRÄGE DER AUTORIN

Balotelli und die lange Liste der Verbote

 

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