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Exklusive Sportberichterstattung und der Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Österreich

Gastbeitrag von Anna Groiß (Studierende der Rechtswissenschaften, Wien)

Der vorliegende Beitrag widmet sich der Diskussion über die Sportberichterstattung in Österreich und insbesondere der Frage, ob der ORF exklusiv über Sportereignisse mit teuren Übertragungsrechten berichten darf oder unter Umständen sogar muss.

Einleitung

Beinahe ein jeder Sport-Fan kennt es: Um möglichst viele Sportwettkämpfe verfolgen zu können, benötigt man mittlerweile mehrere Abonnements bei verschiedensten Anbietern, deren Preise seit Jahren ansteigen (siehe dazu z.B. nachstehenden Beitrag). Bis vor wenigen Jahren konnte man die meisten der „wichtigen“ Sportveranstaltungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk verfolgen, seit einigen Jahren ist dies kaum bis gar nicht mehr möglich.

Das liegt insbesondere an den enorm hohen Preisen, die mittlerweile für Übertragungsrechte ausgegeben werden müssen. Da der Österreichische Rundfunk (ORF) durch öffentliche Gelder finanziert wird, liegt es nahe, dass er mit seinen finanziellen Mitteln wirtschaftlich nachhaltig umzugehen hat. Auch der in § 3 f ORF-Gesetz normierte Kernauftrag des ORF fordert die Wirtschaftlichkeit des Programmes.

In Österreich gilt das Prinzip des „dualen Rundfunksystems“, wonach öffentlich-rechtliche Sender (ORF) neben privaten Sendern (z.B. ATV, ServusTV oder Sky) existieren können. Bei den privaten Sendern kann man zwischen Free-TV und Pay-TV-Sendern unterscheiden. Der größte Unterschied besteht in der Finanzierung. Während private Sender von Sponsoren, Werbung und unter Umständen durch Beiträge ihrer Kunden finanziert werden, ist der ORF auf den Rundfunkbeitrag angewiesen. Diesen haben all jene zu bezahlen, die ein Empfangsgerät besitzen (Achtung: Änderung im Finanzierungssystem ab 2024).

Während private Fernsehsender bezüglich konkreter Programminhalte kaum gesetzlichen Bestimmungen unterliegen, gelten für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk strenge Regeln. Unter anderem normiert das ORF-Gesetz in seinem § 3 einen Versorgungsauftrag und präzisiert diesen in § 4 mit einer Bestimmung zum „öffentlich-rechtlichen Kernauftrag“. Es ist deshalb unter anderem die Pflicht und der gesetzliche Auftrag des ORF, die Allgemeinheit umfassend über „alle wichtigen […] sportlichen Fragen“ zu informieren.

Dabei stellt sich zunächst die Frage, was unter „allen wichtigen sportlichen“ Fragen zu verstehen ist. Man könnte diesbezüglich die Verordnung der Bundesregierung über Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung heranziehen. Wenn man § 1 dieser Verordnung betrachtet, dann würden beispielsweise Spiele der UEFA Champions League keine Stellung als „Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung“ genießen. Die taxative Aufzählung dieser Bestimmung beinhaltet in Bezug auf sportliche Ereignisse etwa die Olympischen Sommer- oder Winterspiele, ausgewählte Partien der FIFA-Weltmeisterschaft und Europameisterschaft der Herren, das Finalspiel des österreichischen Fußballpokals sowie Alpine und Nordische FIS-Skiweltmeisterschafen. § 4 ORF-Gesetz spricht hingegen ganz klar von der „umfassenden Information der Allgemeinheit über alle wichtigen […] sportlichen Fragen“; nicht zuletzt der Passus „alle wichtigen“ lässt die Definition doch deutlich weiter erscheinen als jene der „erheblichen gesellschaftlichen Bedeutung“. Demnach ist zu konstatieren, dass der Anwendungsbereich des § 4 ORF-Gesetz breiter ist als jener der Verordnung. Obwohl der Begriff „wichtig“ selbstverständlich äußerst subjektiv ist, sollte selbstredend klar sein, dass auch Sportbewerbe von Frauen wichtig sind, auch wenn diese nicht notwendigerweise gleichzeitig von „erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung“ sein müssen.

Die wesentlichen Fragen sind nun, ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk angesichts der immer weiter steigenden Lizenzgebühren überhaupt noch Exklusivrechte erwerben kann, ob er es darf oder ob er aufgrund seines Versorgungs- bzw. Programmauftrags unter Umständen sogar dazu verpflichtet ist.

Im Folgenden werden die verschiedenen Standpunkte in der Diskussion dargestellt:

Argumente contra Lizenzerwerb

Stimmen in der deutschen Literatur meinen, dass zunächst eine Obergrenze in Bezug auf die zulässige Gebührensumme bei attraktiven Programmen unabdingbar sei (Holznagel im Tagungsbericht der 98. Tagung des Studienkreises für Presserecht und Pressefreiheit e.V. 535 ff). Insbesondere bei der Finanzierung der Sportberichterstattung und den hier exzessiv ansteigenden Kosten könnte es ansonsten passieren, dass der Rundfunkbeitrag seine Legitimation verlieren könnte (Degenhart, Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus nationaler und internationaler Sicht 494 ff).

Wenn der ORF zum Zwecke der Finanzierung von teuren Exklusivrechten für Sportübertragungen seine Gebühren weiter erhöhen würde, könnte dies also dazu führen, dass das Gleichgewicht zwischen der gebotenen Programmleistung und der finanziellen Leistung der Zuseher gestört werde (Erkens, Der öffentlich-rechtliche Rundfunk und exklusive Sportberichterstattung 248). Hierbei muss vor allem beachtet werden, dass – trotz großem medialen Interesse – nicht jeder Gebührenzahler ein Interesse an Sportwettbewerben oder Sportberichterstattung hat.

Im ORF-Gesetz selbst steht außerdem auch nichts von einer Verpflichtung zu einer „exklusiven“ Berichterstattung. Es wird nur auf das Ziel und die Breite der Sportberichterstattung hingewiesen, nicht aber auf die Exklusivität. Es ist auch möglich inhaltlich qualitativ und ausführlich über die jeweiligen sportlichen Wettkämpfe zu berichten, ohne sie exklusiv und live zu übertragen (Erkens, Der öffentlich-rechtliche Rundfunk und exklusive Sportberichterstattung 313).

Argumente pro Lizenzerwerb

Kritiker dieser Auffassung argumentieren hingegen, dass die eingenommenen Rundfunkgebühren eben genau dem Zweck der Berichterstattung dienen und dass durch den Erwerb von Exklusivrechten der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks überhaupt erst erfüllt werden kann. Nur so könne sich der öffentlich-rechtliche Sender als attraktiv erhalten und von den Privaten unterscheiden (Erkens, Der öffentlich-rechtliche Rundfunk und exklusive Sportberichterstattung 250).

Ein Indiz für die Pflicht des ORF, auch teure exklusive Sportbewerbe zu übertragen, könnte auch die rechtliche Verankerung der Sportberichterstattung in Bezug auf den Kernauftrag im ORF-Gesetz sein. In anderen europäischen Ländern, wie beispielsweise Deutschland, wird der Sport nämlich nicht explizit im Rundfunkstaatsvertrag erwähnt.

Andere Ansätze

In der Mitte dieser Diskussion finden sich einige wenige Stimmen, die zwar dem „Gebühr-folgt-Auftrag-Grundsatz“ der Kritiker folgen, jedoch durchaus der Meinung sind, dass sportliche Exklusivrechte nicht unter diesen Grundsatz fallen sollten (Degenhart, Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aus nationaler und internationaler Sicht 493). Demnach sei Sport kulturell überhöht und trage nur wenig zur Völkerverständigung bei. Aus diesem Grund sind diese Stimmen in der Literatur der Meinung, dass der Sport zwar eine integrative Funktion habe, seine Kosten allerdings nur mittels Werbeinnahmen gedeckt werden sollten. Gersdorf ist außerdem der Meinung, dass es für den Fall, dass Fußball nicht durch Gebühren finanziert wird, immer noch die Möglichkeit gebe, ihn woanders zu sehen (Gersdorf im Tagungsbericht der 98. Tagung des Studienkreises für Presserecht und Pressefreiheit e.V.  536f).

Dieser Ansatz ist insbesondere valide, wenn man zudem die Auffassung vertritt, dass der Versorgungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch dann erfüllt ist, wenn Free-TV-Sender die Sportbewerbe übertragen.

In der Literatur wird zum Teil auch der Ansatz vertreten, dass es an der Zeit sei, den öffentlich-rechtlichen Sendern eine Zurückhaltungspflicht aufzuerlegen. Das soll bedeuten, dass der ORF nur noch bei Bedarf Lizenzen erwerben dürfte; mit anderen Worten: nur dann, wenn kein privater Sender die betroffenen Sportexklusivrechte erwirbt, der Bewerb aber trotzdem in den Kernauftrag des ORF fällt (Erkens, Der öffentlich-rechtliche Rundfunk und exklusive Sportberichterstattung 123).

Andere vertreten die Ansicht, dass es nicht darum gehe „was die Allgemeinheit nutzt, sondern (darum) was sie braucht“ (vgl dazu Erkens, Der öffentlich-rechtliche Rundfunk und exklusive Sportberichterstattung 299 ff). Auch dieser Standpunkt ist nachvollziehbar, da es die primäre Aufgabe des ORF ist, die Bevölkerung zu informieren. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk kann es sich also grundsätzlich nicht erlauben, nur darauf zu achten, was aktuell im Trend liegt oder die höchsten Einschaltquoten erzielen würde.

Fazit

Es ist deutlich zu sehen, dass sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk im Zwiespalt zwischen der Erfüllung des Versorgungsauftrages und der Wahrung der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit befindet.

Der Literatur folgend spricht grundsätzlich nichts dagegen, wenn sich der ORF weiterhin bemüht, attraktive Übertragungsrechte zu erwerben. Die Frage, ob der ORF nun teure Exklusivrechte erwerben darf oder unter Umständen sogar muss, ist meines Erachtens anlassfallbezogen zu beurteilen. Man sollte den Versorgungsauftrag des ORF als Minimalangebot für die österreichische Bevölkerung ansehen, um sich bestmöglich über verschiedenste Inhalte informieren zu können.

Wie der Alltag zeigt, endet die Informationsbeschaffung nicht beim ORF. Meiner Meinung könnte es ausreichen, wenn ein anderer österreichischer oder deutschsprachiger Free-TV-Sender die Übertragungsrechte an der Veranstaltung hält; ein Free-TV-Sender insofern, weil man auch für die Nutzung des ORF bezahlen muss und man ihn diesbezüglich ansonsten wohl als „normalen“ Pay-TV-Sender ansehen müsste. Im Vergleich zu Abonnements bei Streaming-Anbietern ist die Gebühr für den ORF jedoch grundsätzlich nicht freiwillig.

Um den ORF nicht in die Lage zu versetzen, dass ihm von Teilen der Bevölkerung, die weniger sportinteressiert sind, die Legitimation abgesprochen wird, wäre nach meinem Dafürhalten eine betragliche Obergrenze für den Erwerb von Exklusivrechten durch öffentlich-rechtliche Sender entweder auf nationaler oder aber auch auf europäischer Ebene wohl sinnvoll und wünschenswert. Nicht zuletzt würde helfen, wenn es eine klare Definition gäbe, welche Sportarten überhaupt unter § 4 ORF-Gesetz fallen.

Zu guter Letzt ist in diesem Zusammenhang auch das Recht auf Kurzberichterstattung wesentlich, welches in Österreich im Fernseh-Exklusivrechtegesetz verankert ist. Der darin enthaltene § 5 gibt dem ORF die Möglichkeit unter bestimmten Voraussetzungen einen Kurzbericht über Sportereignisse senden zu dürfen, welche ein anderer Sender exklusiv gesendet hat. Damit könnte der ORF zumindest versuchen, die Bevölkerung umfassend zu informieren und seinem Auftrag auch ohne Exklusivberichte nachzukommen.

Unabhängig davon, ob man sportinteressiert ist oder nicht, kann man sich wohl doch darauf einigen, dass mit dem Versorgungsauftrag des ORF auch eine große Verantwortung einhergeht und Sport gesellschaftlich eine sehr hohe Relevanz hat. Deshalb wären klare Regeln wünschenswert.

Hinweis: Beim vorliegenden Beitrag handelt es sich um einen Ausschnitt aus der Seminararbeit von Anna Groiß, die im Rahmen des Seminars „Sport im öffentlichen Recht“ bei Prof. Gerhard Muzak vorgelegt wurde.

LAW MEETS SPORTS: Compliance im Sport (Nachbericht)

Am 23. Februar 2023  fand in der Admiral Arena Prater die LAW MEETS SPORTS-Veranstaltung „Compliance im Sport – Know-how für Vereine, Veranstalter und Sponsoren“ in Kooperation mit der EQS Group und der Kanzlei Christina Toth statt. In zwei namhaft besetzten Podiumsdiskussionen wurde über „Compliance & Good Governance im Sport“ sowie „Kinder- und Jugendschutz im Sport“ diskutiert.

Ein aufregender Beginn

Die Pforten der Admiral Arena Prater öffneten um 14 Uhr und so füllte sich der Veranstaltungsort bis zur ersten Podiumsdiskussion zum Thema „Compliance im Sport“ nach und nach. Das Ambiente der Sports-Bar bot rund 60 interessierten ZuhörerInnen Platz. In zahlreichen Gesprächen konnten sich die Gäste bereits vorab austauschen und blickten den kommenden Stunden erwartungsvoll entgegen.

Die Moderation der ersten Podiumsdiskussion übernahm Michael Fiala (sportbusiness.at), der nach einleitenden Worten das Mikrofon an die Gastgeberin Christina Toth übergab. Diese machte es sich eingangs zur Aufgabe, einen Überblick über die Bedeutung von Compliance im Sport zu geben: Was ist überhaupt Compliance und wieso ist dieses Thema wichtig? Dies führte dazu, dass alle Anwesenden mit einem gewissen Vorwissen in die erste Podiumsdiskussion gingen. In der nächsten Stunde ging es unter anderem um folgende Fragen: Welche Rahmenbedingungen sind notwendig, um das Spannungsverhältnis zwischen Ehrenamt und Hauptberuf bestmöglich aufzulösen? Braucht es dazu vereins- bzw. verbandsinterne Verhaltensrichtlinien?

We need Compliance

Neben Christina Toth waren Jürgen Irsigler (Admiral Sportwetten GmbH), Georg Jeitler (Grant Thornton) und Martin Poiger (Österreichischer Judoverband) als Speaker geladen. Das Panel sorgte unter der Leitung von Michael Fiala für einen praxisnahen Wissenstransfer. Eines war den ZuhörerInnen schnell klar: Alle vier können mit geballtem Know-how aufwarten. Im Zentrum der Diskussion stand die Frage, inwiefern Compliance, Good Governance und Verhaltensrichtlinien für Verbands- und Vereinsverantwortliche mehr Berücksichtigung finden können und wie in der Praxis Bewusstsein für die Wichtigkeit dieser Anliegen geschaffen werden kann. Nicht zuletzt die Causa des ehemaligen ÖFB-Präsidenten Gerhard Milletich lieferte der Runde zusätzlichen Gesprächsstoff. Während Christina Toth mit ihrer sportrechtlichen Expertise zu überzeugen wusste, trug Jürgen Irsigler mit Erläuterungen aus Sponsorensicht zu den aufgeworfenen Fragestellungen bei. Martin Poiger ließ das Publikum an der Handhabung des Themas Compliance im Judosport teilhaben. Abgerundet wurde die Diskussion durch praxisnahe Ausführungen des Compliance-Experten Georg Jeitler.

Vergessen wir nicht auf unsere Jüngsten

Nach einer kurzen Verschnaufpause bat Patrick Petschinka (Kanzlei Christina Toth) das Publikum zur zweiten Podiumsdiskussion („Kinderschutz im Sport“). Die neubesetzte Runde setzte sich unter anderem aus der Opfer- und Gewaltschutzrechtsexpertin Patricia Hofmann (Kanzlei Christina Toth) und der klinischen Psychologin und Geschäftsführerin der Kinderschutzzentren „die möwe“ Hedwig Wölfl zusammen, welche die rechtliche Perspektive sowie ein umfassendes Fachwissen im Bereich Kinderschutz in die Runde einbrachten. Reinhard Klaushofer (Professor an der Paris Lodron Universität Salzburg und Leiter des Österreichischen Instituts für Menschenrechte) leistete mit zahlreichen menschenrechtlichen Aspekten seinen Beitrag und wies dabei insbesondere auf Gefahren und Herausforderungen in der Praxis hin. Die vierte Speakerin war Petra Kronberger (ÖSV), ihres Zeichens zweifache Olympiasiegerin im alpinen Skisport. Sie ergänzte die namhafte Runde als Leiterin von Optimal Sports des ÖSV und ließ mit einigen Ansatzpunkten zum Schutz des Nachwuchses im österreichischen Skisport aufhorchen. Neben berührenden Erfahrungsberichten aus der Praxis wurde besonders praxisnah dargelegt, wie Belästigungen, sexuellen Übergriffen und Machtmissbrauch im Sport effektiv begegnet werden kann (Stichwort: Etablierung von Kinderschutzkonzepten).

Darf‘s noch etwas sein?

Nach dem Ende der zweiten Podiumsdiskussion war noch genügend Zeit für abschließende Gespräche zwischen dem Publikum und den ExpertInnen. Damit fand ein lehrreicher Nachmittag bei einem gemütlichen Get-together seinen entspannten Ausklang und weckte nicht zuletzt Vorfreude auf die kommenden LAW MEETS SPORTS-Events im Jahr 2023.

Wir danken allen SpeakerInnen und ZuhörerInnen!

Alles neu macht die Formel 1?

Endlich ist es soweit! An diesem Wochenende startet die Formel 1 Saison 2022 in Sakhir beim Großen Preis von Bahrain. Die Saison 2021 hat fulminant geendet, umso gespannter sind die Motorsport-Fans auf den Auftakt in Bahrein. Das hat aber wohl auch damit zu tun, dass es eine ganze Menge neuer Regeln gibt. Was man zum Start des ersten Formel 1 Wochenendes wissen sollte, fassen wir euch kurz zusammen.

Der Rennkalender

Auf eine neue Strecke dürfen sich die Fans schon einmal freuen. Am neu errichteten Miami International Autodrome in Miami Gardens in Florida (USA) soll der erste Große Preis von Miami dieses Jahr ausgetragen werden. Geplant ist das Rennen am 8. Mai 2022. Aufgrund der Ereignisse in der Ukraine wurde von der Fédération Internationale de l’Automobile, besser bekannt als FIA, der Große Preis von Russland offiziell aus dem Rennkalender gestrichen. Wo das Rennen ersatzweise stattfindet, ist noch nicht bekannt. Es soll aber bei den 23 Rennen und damit der größten Anzahl an Rennen in der Formel 1 – nach derzeitigem Stand – bleiben. Das heimische Rennen in Spielberg wird dann am 10. Juli 2022 ausgetragen und auch eines der drei Sprintrennen dieses Jahr wird in Österreich stattfinden.

So wichtig kann ein einziges Wort sein

Zurückrunden – vielleicht ist es das Wort der Formel 1 Saison 2021. Wie wohl bekannt ist, entschied der Rennleiter Michael Masi im Rennen in Abu Dhabi,  nicht alle überrundeten Fahrer hinter dem Safety Car zurückrunden zu lassen, sondern nur einzelne und zwar jene zwischen Max Verstappen und Lewis Hamilton. Die Auslegung des Reglements ließ  ein solche Vorgehensweise bislang zu. Auch wenn das Prozedere rund um das Zurückrunden generell hitzige Diskussionen aufkommen ließ, eine generelle Änderung wurde nicht geschaffen. Geändert wird aber das sportliche Reglement insofern als, dass das Wort „any“ durch „all“ ersetzt wird.

Gekappter Austausch und Videobeweis

Das Saisonfinale hatte aber nicht nur den Austausch dieses Wortes zur Folge, sondern auch einen neuen Rennleiter. Der Posten von Michael Masi wird künftig abwechselnd von einem deutschen und einem portugiesischen Rennleiter ausgeübt.

Gut erinnern wir uns wohl auch noch an die Funksprüche zwischen Rennleitung und Teams im Saisonfinale. Diese werden im TV ab sofort nicht mehr ausgestrahlt und sollen auch generell eingeschränkt werden. Die Boxenfunks werden aber weiterhin für die Zuschauer vor den Fernsehern zu hören sein. Als wäre das nicht schon genug, kommt noch eine Neuerung hinzu: der Videobeweis. Der „Virtual Race Control Room“ unterstützt künftig bei strittigen Entscheidungen die Rennleitung. 

Eine Chance für die „Jungen Wilden“

Mindestens zwei der Freitagstrainings müssen nun von einem „Young Driver“ gefahren werden. Das gilt selbstverständlich für jedes Team und bedeutet, dass ein Stammfahrer für das Training von einem „Young Driver“ ersetzt wird. So muss aber jeder Stammfahrer mindestens einmal ersetzt werden. Nach dem sportlichen Regulativ muss der „Young Driver“ eine internationale A-Lizenz der FIA besitzen und darf in seiner Karriere nicht an mehr als zwei Formel 1 Rennen teilgenommen haben. Das ist definitiv eine Chance für den Nachwuchs und ein erstes Schnuppern der Formel-1 Luft.

Was sagt die Technik?

Vor allem eins will man durch das neue technische Reglement erreichen: mehr Action! Das bedeutet das Überholen zu erleichtern, das Renn-geschehen enger aneinander zu bringen und die Unterschiede der Performance zu verringern. Dazu beitragen soll eine größere Anzahl an Einheitsteilen, die jedes Team verwenden muss. So können die Vorteile von den größeren Teams minimiert werden und da auch eine Kostendeckelung vorgesehen ist, ist die Kalkulation und Entwicklung in den Rennställen mit Sicherheit gefordert. Bei den technischen Änderungen geht es insbesondere um Frontflügel, Seitenkästen, Unterboden, Heckflügel und Räder.

Die Räder sind in der Formel-1 ohnedies ein heikles Thema. Ab dieser Saison wird nun mit größeren Rädern gefahren, was eine Umstellung für die Fahrer bedeutet. Statt 13-Zoll-Rädern wird nun mit 18-Zoll-Rädern gefahren. Die größeren Räder führen dazu, dass sich die Felgen vergrößern. Durch diese Vergrößerung erhöht sich das Gewicht, und zwar gleich um circa elf Kilo. Auch in Punkto Umwelt tut sich etwas: der Anteil an Biosprit wird erhöht und die Formel-1 tankt nun mit E-10 Benzin. In den nächsten Jahren sind in diesem Bereich aber noch weitere klimaneutrale Änderungen geplant. 

Ausblick

Ein spektakuläres Überholmanöver in letzter Sekunde führte unter anderem zum Sieg der Weltmeisterschaft von Max Verstappen. Sein erster Sieg und ein verpasster achter Titel für Lewis Hamilton. Durch die angekündigten neuen Regelungen könnten die Karten aber neu gemischt werden – oder doch nicht? Und auf einen in der Motorwelt sehr bekannten Namen – Mick Schumacher – ist man weiterhin gespannt. Könnten ihm im Haas die Regeländerungen ein paar Punkte für diese Saison verschaffen? Aber auch auf viele andere Formel-1 Fahrer sind wir gespannt. Und damit für das Qualifying und das Rennen alles klar ist, Max Verstappen legte seine Startnummer 33 ab und startet als Weltmeister nun mit der Nummer 1.

 Nun steht dem Motorsportwochenende nichts mehr im Weg. Der Trainingsfreitag war schon einmal vielversprechend, also lasset die Spiele beginnen und freuen wir uns auf eine – hoffentlich – spannende Saison 2022.

 

Einzelne Teilgarantien – obligatorisch oder nicht? (6/6)

Der der durch eine wirksame Schiedsvereinbarung begründete Grundrechtsverzicht beinhaltet jedenfalls einen Verzicht auf den staatlichen Rechtsschutz. Dieser letzte Beitrag meiner Beitragsreihe behandelt die restlichen Organisations- und Verfahrensgarantien von Art 6 EMRK und beantwortet die Frage, inwiefern sich (Sport-)Schiedsgerichte an diese zu halten haben (= Bindungsumfang). Als Beispiel dient dabei das Ständig Neutrale Schiedsgericht (StNSchG) der Österreichischen Fußball-Bundesliga (BL) bzw dessen Verfahrensordnung (VOStNSchG).

Die Öffentlichkeit des Verfahrens

Der Rsp des EGMR (EGMR 23.2.1999, 31737/96, Suovaniemi/Finnland) ist zu entnehmen, dass im Schiedsverfahren grundsätzlich ohne weiteres auf die Öffentlichkeit des Verfahrens verzichtet werden kann. Gerade auf den Öffentlichkeitsgrundsatz kann auch in Verfahren der staatlichen Gerichtsbarkeit wirksam verzichtet werden. Dies gilt umso mehr für Schiedsverfahren. Denn regelmäßig ist die Nichtöffentlichkeit bzw die Vertraulichkeit des Verfahrens der Hintergrund für die Einrichtung eines Schiedsgerichts durch private Vereinbarung. So werden Geheimhaltungsinteressen der Schiedsparteien geschützt und die Vertraulichkeit der Schiedssache gewahrt.

Hinsichtlich des Öffentlichkeitsgrundsatzes in der Sportschiedsgerichtsbarkeit und dem Verfahren vor dem StNSchG ist festzuhalten, dass der Verzicht auf die Öffentlichkeit und die damit generierte Vertraulichkeit zu den allgemeinen Vorteilen von Schiedsgerichten zählen; auch wenn in der Praxis wohl nicht alles geheim gehalten werden kann (Stichwort: Medien). Das Verfahren vor dem StNSchG ist nicht öffentlich (vgl § 6 Abs 3 letzter Satz VOStNSchG).

Die Mündlichkeit des Verfahrens

§ 598 ZPO regelt die Mündlichkeit im österreichischen Schiedsverfahren. Schon in den Erläuterungenzum SchiedsRÄG 2006 verdeutlicht der Gesetzgeber, dass der in der österreichischen ZPO fest verankerte Mündlichkeitsgrundsatz im Schiedsverfahren keine Anwendung findet, Art 6 EMRK deswegen nur eingeschränkt gilt und Schriftsätze größeres Gewicht haben.

Ebenso wie der Öffentlichkeitsgrundsatz ist also das Recht auf die mündliche Verhandlung im Schiedsverfahren keine verpflichtend einzuhaltende Teilgarantie des Art 6 EMRK. Doch ist nach der Rsp des OGH (RIS-Justiz RS0126091) der Aufhebungstatbestand iSd § 611 Abs 2 Z 2 ZPO idR erfüllt, wenn das Schiedsgericht einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung unbeachtet ließ. Daraus ergibt sich, dass die mündliche Verhandlung ein Kernelement des Anrechts auf rechtliches Gehör ist. Denn zum Aufhebungsgrund wegen mangelhafter Angriffs- und Verteidigungsmöglichkeit (§ 611 Abs 2 Z 2 ZPO), der das rechtliche Gehör an sich schützt, gehört unter anderem die Regelung über die mündliche Verhandlung. Sollten die Parteien die mündliche Verhandlung ausgeschlossen haben und das Schiedsgericht dennoch eine durchführen, kann der Schiedsspruch nicht wegen § 611 Abs 2 Z 2 ZPO aufgehoben werden, da „zu viel“ rechtliches Gehör keinesfalls schadet.

In der Literatur wird § 598 ZPO zum Teil als Konkretisierung des in § 594 Abs 2 Satz 2 ZPO bestimmten Anspruchs der Parteien auf rechtliches Gehör gesehen, da hier die Grundregeln über die mündliche Verhandlung sowie das schriftliche Verfahren zu finden seien.

Sofern die Parteien keine Vereinbarung darüber getroffen haben, liegt es im Ermessen des Schiedsgerichts, ob eine mündliche Verhandlung oder ein schriftliches Verfahren durchgeführt wird. Eine mündliche Verhandlung ist nur dann verpflichtend, wenn dies eine Schiedspartei beantragt.

Selbst wenn das Schiedsgericht der Meinung ist, eine mündliche Verhandlung wäre angebracht, ist dies bei Vorliegen eines Ausschlusses durch die Schiedsparteien nicht möglich. Hier kommt zum Ausdruck, dass die Verfahrensgestaltung im Rahmen der Schiedsgerichtsbarkeit in der Hand der Parteien liegen soll. Dies kann zu heiklen Situationen führen, etwa falls die Schiedsrichter Parteien- oder Zeugenaussagen für notwendig erachten, falls bei Unterlassen einer mündlichen Verhandlung die Gefahr droht, das Verfahren könne Art 6 EMRK bzw den grundrechtlichen Mindestanforderungen nicht gerecht werden oder falls eine faire Entscheidungsfindung ohne mündliche Verhandlung bzw Aussagen nicht möglich ist.

Das Verfahren vor dem StNSchG kann mündlich oder schriftlich durchgeführt werden. Sollte eine Partei eine mündliche Verhandlung verlangen, so hat sie der Vorsitzende des Senats ehestmöglich anzuordnen (vgl § 6 Abs 3 VOStNSchG).

Die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Schiedsrichter

Durch Art 6 EMRK wird den Parteien eines staatlichen Gerichtsverfahrens weiters die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der (staatlichen) Richter gewährleistet. Dh über den Rechtsstreit wird von einem unbefangenen, unvoreingenommenen und unparteiischen Gericht geurteilt. Dadurch soll eine, aufgrund etwaig bestehender (außerhalb des Verfahrens liegender) Gründe, verfälschte Entscheidung verhindert werden.

Auch wenn die Richter eines Schiedsverfahrens nicht an den Maßstäben von staatlichen Richtern zu messen sind, besteht diesbezüglich im Endeffekt grundsätzlich kein Unterschied zwischen ihnen. Denn auch die Schiedsrichter entscheiden über einen Rechtsstreit und üben sachlich/materiell gesehen eine richterliche Funktion aus (OGH 14.12.1994, 7 Ob 604/94), wobei die Schiedsparteien dabei von der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit der Richter ausgehen. Sie haben einen unverzichtbaren und absoluten Anspruch auf die Entscheidung durch ein unabhängiges und unparteiisches Schiedsgericht bzw auf die objektive Durchführung des Schiedsverfahrens und die Unparteilichkeit bei Erlassung des Schiedsspruchs. Denn die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit gehört zu den Mindeststandards, auf die nicht wirksam verzichtet werden kann. Jeder Schiedsrichter hat unparteiisch zu sein und eben nicht die Interessen der Partei zu vertreten, die ihn ernannt hat (OGH 28.4.1998, 1 Ob 253/97f).

Einerseits darf man in dieser Thematik die schiedsrichterliche Offenlegungspflicht und das Ablehnungsrecht der Parteien nicht vergessen. Andererseits sind die Unterschiede zwischen staatlicher Gerichtsbarkeit und Schiedsgerichtsgerichtsbarkeit, wie zB die privatautonome Gestaltungsmöglichkeit der Schiedsparteien, die Schiedsrichter (anhand besonderer Erfahrung und Sachkenntnis) im Bestellungsverfahren bzw den Modus zur Schiedsrichterbestellung frei zu wählen, und der sog Paritätsgrundsatz (= keiner Schiedspartei darf bei der Zusammensetzung des Schiedsgerichts ein Übergewicht zukommen) nicht zu vernachlässigen.

Bezogen auf die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Schiedsrichter in der Sportschiedsgerichtsbarkeit wird die Meinung vertreten, dass die Besetzungsmöglichkeit der Schiedsparteien zu den größten Nachteilen gehöre, da die Objektivität der Schiedsrichter nicht immer gewährleistet werden könne. Zumeist wäre ein Sportler in einem staatlichen Gerichtsverfahren aufgrund der verfassungsrechtlich verpflichtend einzuhaltenden Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Gerichts besser geschützt, wohingegen in der Schiedsgerichtsbarkeit eine Überlegenheit des Verbandes gegenüber dem Sportler bestehen könne.

Das StNSchG entscheidet grundsätzlich durch einen Dreiersenat, bestehend aus einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern (vgl § 3 Abs 1 VOStNSchG). Der Vorsitzende und seine Vertreter haben akademisch graduierte Juristen zu sein und werden von der Hauptversammlung (= Mitgliederversammlung iSd Vereinsrechts) für eine Funktionsperiode von vier Jahren gewählt. Dabei muss eine von mindestens fünf zu bestellenden Personen pro Funktionsperiode ausdrücklich als ständiger Vorsitzender bestellt werden, während die anderen Personen in festgelegter Reihenfolge als dessen Vertreter eintreten (vgl § 3 Abs 2 VOStNSchG). Daneben bestehen Regelungen über die Bestellung zum ersten und zweiten Beisitzer, wobei hierbei die vom Vorstand der BL bzw von der Klubkonferenz der höchsten und der zweithöchsten Spielklasse aufzustellenden Listen eine Rolle spielen (vgl § 3 Abs 3 und 4 VOStNSchG).

Die Besetzung des StNSchG im einzelnen Streitfall bzw die Auswahl der beiden Beisitzer hängt davon ab, wer die Parteien im Rechtsstreit sind bzw wer als Kläger und wer als Beklagter auftritt (vgl § 3 Abs 5 lit a-d VOStNSchG). Dabei ist die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Schiedsrichter bspw bei einer Klage eines Sportlers gegen die BL in Frage zu stellen, da die BL im Endeffekt mehr Einfluss auf die Besetzung des StNSchG hat (Stichwort: Paritätsgrundsatz!). Dies dürfte daran liegen, dass der Sportler „seinen“ Beisitzer aus den von der Klubkonferenz der höchsten und der zweithöchsten Spielklasse aufgestellten Beisitzern auswählen muss, während die Auswahl des Beisitzers durch die BL aus der vom Vorstand der BL aufgestellten Beisitzerliste zu erfolgen hat (§ 3 Abs 5 lit b VOStNSchG).

Der Anspruch auf rechtliches Gehör

§ 594 Abs 2 zweiter Satz ZPO legt fest: „Jeder Partei ist rechtliches Gehör zu gewähren.“ Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist Teil des Rechts auf ein faires Verfahren bzw des Gleichbehandlungsgrundsatzes, doch kommt ihm aufgrund seiner Bedeutsamkeit eine davon unabhängige Stellung zu. Auch bestehen Zusammenhänge zum Mündlichkeitsgrundsatz.

Das Recht auf Gehör zählt zu den angesprochenen elementaren rechtsstaatlichen Mindeststandards, die Schiedsgerichte in Sachen grundrechtlicher Bindung gemäß Art 6 EMRK (während des gesamten Verfahrens) erfüllen müssen. Die Schiedsparteien gehen zudem davon aus, dass ihnen ausreichend rechtliches Gehör zukommt. Die Wichtigkeit dieser Teilgarantie lässt sich auch aus der Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen durch ordentliche Gerichte ableiten, so ist bei (erheblichen) Verstößen gegen das rechtliche Gehör von Schiedsgerichten die Vollstreckung unzulässig.

Grundsätzlich regiert bei der Durchführung des Schiedsverfahrens die Privatautonomie. Die Verfahrensgestaltung kann also von den Schiedsparteien frei bestimmt werden, sofern keine verpflichtend einzuhaltenden Regelungen den Vereinbarungen zuwiderlaufen. Allerdings ist ua die „Gewährung rechtlichen Gehörs“ zwingend und schränkt die Privatautonomie dadurch ein. Wird dieser Grundsatz verletzt, könnten § 611 Abs 2 Z 2 oder Z 5 ZPO verwirklicht werden und somit ein Aufhebungsgrund vorliegen.

Wenn die Parteien keine Vereinbarungen über die Durchführung des Verfahrens getroffen haben, liegt es im Ermessen des Schiedsgerichts, in welchem Umfang und in welcher Weise das rechtliche Gehör gewährt wird, wenngleich die Erwartungen der Parteien dabei als Richtlinie gelten. Wichtig zu beachten ist, dass die Wahrung des Rechts auf Gehör zwar an sich unangefochten ist, doch trotzdem Unstimmigkeiten bei der Anwendung im Einzelfall bestehen.

Demnach umfasst der Grundsatz des rechtlichen Gehörs unter anderem die folgenden Gewährleistungen: wirksame Benachrichtigung der Parteien über den Beginn des Verfahrens, Offenstehen der Gelegenheit für die Parteien, alles (= jedes Angriffs- und Verteidigungsmittel) vorzubringen, was sie für wesentlich halten oder die Information und die Gelegenheit zur Äußerung des Prozessgegners über jede Änderung des Sachverhalts.

Soweit die Meinungen der Schiedsparteien bekannt sind und vom Schiedsrichter bedacht werden, ist eine persönliche Anhörung nicht notwendig. Irrelevant ist auch, ob das Recht auf Gehör nacheinander oder gleichzeitig, schriftlich oder mündlich gewährt wird (OGH 6.9.1990, 6 Ob 572/90). Ob die Parteien also von allen Schiedsrichtern zur gleichen Zeit vernommen werden oder nicht, ist nicht von Bedeutung, weil der Bericht eines an die restlichen Schiedsrichter bzw das Wissen eines Schiedsrichters ausreicht (OGH 21.11.1951, 2 Ob 344/51).

Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs iSd Art 6 EMRK wird bejaht, wenn der Schiedsspruch Tatsachen oder Beweisergebnisse beinhaltet, zu denen die Parteien keine Stellungnahme abgeben konnten oder die Möglichkeit dazu nicht bestand. Es muss den Parteien möglich sein, bei den Verhandlungen zu erscheinen und dort mittels Tatsachenbehauptungen und Beweisangeboten ihre Sichtweise kundzutun.

Allgemein gilt, dass im Schiedsverfahren keine strengeren Anforderungen bzgl der Sicherung des Rechts auf Gehör gelten als im ordentlichen Verfahren (OGH 28.11.2012, 4 Ob 185/12b). So ist § 611 Abs 2 Z 2 ZPO nur verwirklicht, wenn die Verletzung des Gehörs einen Nichtigkeitsgrund im ordentlichen Verfahren darstellen bzw einem solchen wertungsmäßig nahekommen würde (OGH 23.2.2016, 18 OCg 3/15p).

Das faire Verfahren bzw die Gleichbehandlung der Parteien

§ 594 Abs 2 erster Satz ZPO lautet explizit: „Die Parteien sind fair zu behandeln.“ Das Recht auf ein faires Verfahren gehört jedenfalls zum Kern des verfahrensrechtlichen ordre public. Die Schiedsparteien erwarten ein Verfahren, das fair geführt wird. Daraus ergibt sich, dass die Schiedsgerichte für ein faires Verfahren zu sorgen haben. Dies ist zwingendes Recht. Den Erläuterungen zum SchiedsRÄG 2006 ist zu entnehmen, dass die gesetzlich angeordnete faire Behandlung der Parteien aus Art 6 EMRK und der hierzu ergangenen Rsp hervorgeht. Wie auch das rechtliche Gehör gehört das faire Verfahren zu den bedeutsamsten österreichischen Verfahrensprinzipien bzw dem prozessualen ordre public und ist während des gesamten Schiedsverfahrens einzuhalten. Das rechtliche Gehör und die gleiche/faire Behandlung der Parteien sind zentrale Grundsätze, die als rechtsstaatliche Mindeststandards in einem privaten Schiedsverfahren zu achten sind und auf welche die Schiedsparteien nicht verzichten können. Die Gleichbehandlung der Parteien bzw Waffengleichheit ist unterdies aber „nur“ eine Komponente, aus der sich ein faires Verfahren bzw ein fairer Rechtsschutz zusammensetzt. Zu beachten ist, dass die Verfahrensparteien nicht immer gleich zu behandeln sind, jedoch unsachgemäße Differenzierungen verhindert werden sollen.

Die faire/gleiche Behandlung muss nach den Umständen des Einzelfalls gewährleistet werden und es darf dabei kein wesentlicher Nachteil für eine der Parteien vorliegen. Davon umfasst ist unter anderem die Möglichkeit für die Parteien, in gleicher Weise vernünftig und einzelfallgerecht ihren Fall samt ihren Argumenten und entscheidenden Beweisen zu präsentieren und auf das Vorbringen der Gegenseite zu replizieren. In der Literatur wird zudem die Gleichbehandlung der Parteien bei der Schiedsrichterbenennung als wesentliche Grundlage des Schiedsverfahrensrechts angesehen. Dies ergeht auch unmittelbar aus § 587 Abs 2 Z 3 ZPO, wonach jede Partei iSd Gleichbehandlungsgrundsatzes dieselbe Anzahl an Schiedsrichtern zu bestellen hat, wenn für das Verfahren mehr als drei Richter vorgesehen sind. Eine Verletzung der fairen Behandlung kann letztlich einen Aufhebungsgrund iSd § 611 Abs 2 Z 2, Z 4 oder Z 5 ZPO darstellen. Faire Behandlung muss allgemein aber nicht heißen, dass die Parteien tatsächlich im gleichen Ausmaß an dem Verfahren beteiligt waren. Entscheidend ist, dass den Parteien eine faire Möglichkeit zur Verfahrensteilnahme zukommt.

Im organisierten Wettkampfsport gilt der Grundsatz, dass alle Sportler formell gleichbehandelt werden. Der Grund liegt in der Verbandspyramide des organisierten Sports bzw dem sich daraus ergebenden hierarchisch-aufgebauten Verbandssystem. Denn aufgrund dessen haben sich alle Sportler einer Sportart an dieselben Sportregeln und Verbandsregelwerke zu halten. Daneben entsteht durch das „Ein-Platz-Prinzip“ zwischen dem internationalen Sportverband und den einzelnen Sportlern ein faktisches Ungleichgewicht, was für letztere Nachteile mit sich bringen kann.

§ 6 Abs 2 erster Satz VOStNSchG schreibt unter anderem vor, dass insbesondere der Grundsatz der Parteiengleichbehandlung unter Wahrung des rechtlichen Gehörs in jedem Stadium des Verfahrens vor dem StNSchG gilt.

Die angemessene Verfahrensdauer

Grundsätzlich können die Schiedsparteien auf den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer nicht verzichten. Die kurze Verfahrensdauer im Schiedsverfahren stellt einen Vorteil gegenüber der staatlichen Gerichtsbarkeit dar und ist insb im Sportwesen bedeutsam. Im Abschluss einer Schiedsvereinbarung kann nicht der Verzicht auf eine angemessene Verfahrensdauer gesehen werden.

Die Einschätzung der Angemessenheit der Dauer des Verfahrens hat jedenfalls im Einzelfall zu erfolgen. Dabei sind unter anderem das Verhalten der staatlichen Behörden und der Verfahrensparteien, die Komplexität der Causa und die Bedeutung der Angelegenheit für die Parteien zu beachten.

Den Schiedsparteien kommen einige Instrumente zu, um die Verfahrensdauer zu beeinflussen bzw das Verfahren zu beschleunigen. Etwa die Benennung fachkundiger Schiedsrichter, der Verzicht auf die mündliche Verhandlung, die Zeugenvernehmung per Videokonferenz oder die schriftliche – anstatt der mündlichen – Zeugenaussage sind hier zu nennen. Daneben wird eine sog case management conference, eine (erste) Verhandlung, in der das Schiedsverfahren geplant wird, in der Literatur empfohlen.

Die VOStNSchG sieht bestimmte Instrumente vor, um die Verfahrensdauer zu verkürzen. So muss die Klage innerhalb von vier Wochen ab Zustellung der schriftlichen Ausfertigung der verbandsinternen Erledigung bei der Geschäftsstelle des StNSchG bei sonstiger Präklusion eingelangt sein. Bei dringlichen Angelegenheiten (zB solche des Lizenzausschusses) beträgt die Frist nur acht Tage (§ 2 Abs 2 VOStNSchG). Die Frist zur Beantwortung der Klage beträgt grundsätzlich 14 Tage und kann bei besonderer Dringlichkeit vom ständigen Vorsitzenden verkürzt werden (§ 5 Abs 6 VOStNSchG). Die gleiche Frist im staatlichen Verfahren ist mit vier Wochen etwas länger (vgl § 230 Abs 1 ZPO). Darüber hinaus steht es dem StNSchG nach Vorankündigung zu, Vorbringen und die Vorlage von Urkunden nur bis zu einem bestimmten Verfahrensstadium für zulässig zu erklären. Lässt sich eine Partei nicht in das Verfahren ein oder erscheint sie trotz gehöriger Ladung nicht zu einer mündlichen Verhandlung, ist das Verfahren mit der anderen Partei allein fortzuführen (§ 6 Abs 2 VOStNSchG). Die mündliche Verhandlung ist übrigens nicht verpflichtend. So kann das Verfahren auch ausschließlich schriftlich erfolgen, wobei es den Parteien offensteht, eine mündliche Verhandlung zu verlangen. In diesem Fall muss die mündliche Verhandlung ehestmöglich angeordnet werden (§ 6 Abs 3 VOStNSchG).

Fazit zum Bindungsumfang in der Sportschiedsgerichtsbarkeit

Sofern man von einem wirksamen Grundrechtsverzicht aufgrund einer wirksamen, freiwillig abgeschlossenen Schiedsvereinbarung ausgeht, kann eine Partei eines Verfahrens vor einem Sportschiedsgericht meiner Meinung nach „nur“ auf den Zugang zur staatlichen Gerichtsbarkeit sowie auf die Öffentlichkeit und Mündlichkeit des Verfahrens wirksam verzichten. Definitiv zu gewährleisten ist neben dem rechtlichen Gehör und der Gleichbehandlung der Parteien eine angemessene Verfahrensdauer und die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Schiedsrichter. Daraus ergibt sich, dass nahezu alle Teilgarantien des Art 6 EMRK in der Sportschiedsgerichtsbarkeit gewährleistet werden müssen.

Winterreihe Skirecht Teil III: Erweiterung von Skigebieten & die Umweltverträglichkeitsprüfung

Im Alpenraum sollen immer mehr Neuerschließungen oder Zusammenschlüsse von Skigebieten verwirklicht werden. Die zusätzlichen Pistenkilometer führen tendenziell zu einem erhöhten Buchungsaufkommen und will man sich dadurch nachhaltig Skigäste sichern. Ein weiterer Grund ist die steigende Schneefallgrenze wegen des Klimawandels und damit verbunden die Notwendigkeit höher gelegene Gebiete zu erschließen.

Dabei kann jedoch der Eindruck entstehen, dass Skigebietsbetreibern für den Ausbau der Pisten nur geringe umweltrechtliche Schranken gesetzt werden. Einen besonders großen Umweltkonflikt stellt derzeit der geplante Zusammenschluss des Tiroler Skigebiets im Ötztal mit dem Pitztaler Gletscherskigebiet dar. Unlängst hat die lokale Bevölkerung Tirols ihre Bedenken hinsichtlich des aktuell geplanten Vorhabens, die beiden Skigebiete mittels Zusammenschlusses zu erweitern, geäußert. Es handelt sich hierbei um die größte Erschließungsmaßnahme der letzten Jahrzehnte. Genauer gesagt sind unter anderem 64 Hektar Pistenfläche, vier Seilbahnen, ein Skitunnel und eine große Beschneiungsanlage geplant. Ziel ist es, das größte Gletscherskigebiet der Welt zu errichten.

Der vorliegende Beitrag soll einen Überblick über die gesetzliche Grundlage und die rechtlichen Rahmenbedingungen beim Ausbau von Skigebieten bieten.

Das Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren (UVP-Verfahren) – Der Weg zur Genehmigung

Das UVP-Verfahren wird als Instrument zur Umweltvorsorge verstanden. Das Verfahren dient der Überprüfung sämtlicher Maßnahmen eines geplanten Vorhabens und deren Auswirkungen auf die Umwelt. Mit Vorhaben sind Projekte gemeint, deren Umsetzung sich auf die Menschen und die biologische Vielfalt der Tiere und Pflanzen, die Luft und das Klima, das Wasser, den Boden und die Landschaft auswirken können. Der Projektwerber muss eine Beschreibung der wichtigsten und abschätzbaren Auswirkungen durch den Bau und Betrieb des Vorhabens auf die Umwelt erstellen und diese der Behörde mitteilen. Dem Projektwerber obliegt es auch, konkrete Maßnahmen anzuführen, die einen auswirkungsvermeidenden oder -mindernden Effekt haben, sowie Alternativen zur Projektrealisierung darzustellen. Das UVP-Verfahren dient demnach dazu, etwaige schwere negative Auswirkungen auf die Umwelt bereits im Vorhinein festzustellen und zu vermeiden oder auf ein verträgliches Ausmaß zu reduzieren. Dies soll ausweislich des Gesetzes unter der Beteiligung der Öffentlichkeit erfolgen.

Das Vorverfahren

Im Rahmen des UVP-Verfahrens wird in einem ersten Schritt ein Vorverfahren durchgeführt. Dieses wird durch das Einbringen eines Genehmigungsantrages vom Projektwerber eröffnet. Es erfolgt eine öffentliche Auflage der eingereichten Unterlagen zum geplanten Vorhaben und die Behörden und Standortgemeinden erhalten die Möglichkeit zur Stellungnahme. Gleichzeitig beginnt eine Frist zu laufen, innerhalb dieser sich Umweltschutzorganisationen und Bürgerinitiativen zum geplanten Vorhaben äußern können und dadurch Parteistellung erlangen. Anschließend beauftragt die zuständige Behörde Amtssachverständige zur Erstellung eines Umweltverträglichkeitsgutachten, welches ebenfalls veröffentlicht wird.

Die öffentliche Erörterung

In der zweiten Phase findet eine öffentliche Erörterung statt. Diese dient zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Teilnehmen können alle Personen denen eine Partei- und Beteiligtenstellung zukommt. Parteistellung haben beispielsweise Nachbarn. Ebenfalls teilnehmen können der Umweltanwalt, Gemeinden, Bürgerinitiativen und Umweltorganisationen. Diese Etappe soll der Behörde die Möglichkeit geben, alle relevanten Interessen zu sammeln und diese abzuwägen.

Subjektiv öffentliche Rechte

Parteien, denen ein subjektiv öffentliches Recht zusteht, können an der mündlichen Verhandlung teilnehmen und ihre Einwände und Bedenken vorbringen. Die subjektiven öffentlichen Rechte gewährleisten, dass ein Einzelner kraft öffentlichen Rechts eine „Rechtsmacht“ erhält, welche den Staat zur Verfolgung seiner Interessen verpflichtet und daher ein bestimmtes Verhalten verlangt, damit der Einzelne seine eigene Rechtsposition durchsetzen kann. Beispiele für subjektive öffentliche Rechte sind das Recht auf Akteneinsicht, das Recht auf Zustellung des Bescheids sowie auch das Parteiengehör. Die Parteien haben auch das Recht auf Erhebung von Rechtsmitteln gegen die Entscheidung der Behörde.

Da es sich bei der Einhaltung von Umweltschutzvorschriften jedoch um ein objektives und nicht um subjektives Recht handelt, werden zusätzlich Umweltanwaltschaften und Umweltorganisationen in den Prozess miteinbezogen.

Zuständige Behörde

Im UVP-Verfahren ist die jeweilige Landesregierung die zuständige Behörde. Nach Abschluss der mündlichen Verhandlung entscheidet diese mittels Bescheid über den Genehmigungsantrag und veröffentlicht ihre Entscheidung. Innerhalb einer Frist von vier Wochen ab Zustellung des Bescheides kann von den Parteien eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.

Das UVP-Verfahrens im Rahmen einer Skigebietserweiterung

Da die Neuerschließung und Erweiterung von Skigebieten einen Eingriff in die Natur und die Landschaft bedeuten und somit ein Gefahrenpotential in sich bergen, muss ein solches Vorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden. Der Anhang 1 Z 12 des UVP-G sieht jedenfalls eine Pflicht zur Durchführung eines UVP-Verfahrens vor.

Der Begriff des „Skigebiets“

Grundsätzlich ist von einem „Skigebiet“ die Rede, wenn ein Bereich aus einzelnen oder zusammenhängenden technischen Aufstiegshilfen und dazugehörigen präparierten oder gekennzeichneten Skipisten besteht und ein durchgehendes Befahren mit Wintersportgeräten möglich ist. Dazu gehört auch die notwendige Infrastruktur bestehend aus Möglichkeiten zur Übernachtung, Versorgungsbetriebe, Verkehrserschließung, Wasserversorgung und Kanalisation usw. Durch die Talräume wird das Skigebiet morphologisch begrenzt. Unter Talräumen versteht man durch markante, natürliche Geländelinien und Geländeformen (z.B. Grate, Kämme, etc.) abgegrenzte Landschaftsräume […]. (Diese Begriffsdefinition des „Schigebiets“ erfolgte in der UVP-G-Nov BGBl I 2004/153 und wurde in der UVP-G-Nov BGBl I 2009/87 novelliert.)

Von einer Erweiterung eines Skigebiets wird im Grunde gesprochen, wenn ein vorhandenes Skigebiet flächenmäßig ausgebaut wird.

Eingriff in Natur und Umwelt – Eine Interessensabwägung

Bei einer Skigebietserweiterung sind vor allem die im Folgenden kurz dargestellten Interessen, sowie Eingriffe in die Umwelt in die Entscheidung miteinzubeziehen:

  • eine Erweiterung einer Skipiste erfordert meist vorhergehende Rodungen der Wälder und Felssprengungen;
  • die freigemachte Waldfläche erhöht das Risiko von Schnee- und Gerölllawinen;
  • während der Betriebsphase kommt es – aufgrund des Sauerstoffmangels – zu Auswirkungen auf Boden, Vegetation und Wasserhaushalt;
  • der erhöhte Einsatz von Schneekanonen zur Beschneiung der Pisten führt zu einer erhöhten Schmelzwassermenge und
  • für die Erzeugung des Kunstschnees wird auf Trinkwasser zurückgegriffen, was in Tirol mittlerweile zu einer enormen Wasserknappheit führt.

Diese negativen Auswirkungen auf die Umwelt sprechen in der Regel für die Notwendigkeit eines UVP-Verfahrens und sollen die Behörde dazu veranlassen, eine Interessenabwägung für das geplante Vorhaben durchzuführen.

Das entscheidende Kriterium der „naturschutzrechtlichen Interessenabwägung“

Im Jahr 2012 erging im Bundesland Salzburg eine Entscheidung (“Hochsonnberg”), die sich unter anderem mit der “naturschutzrechtlichen Interessenabwägung” beschäftigte. Ursprünglich wurde im Mai 2011 der Antrag zur Skigebietserweiterung in erster Instanz von der Salzburger Landesregierung mit Bescheid genehmigt. Gegen diese Entscheidung wurde ein Rechtsmittel erhoben und so erging in zweiter Instanz eine negative Entscheidung vom Umweltsenat in Wien.

Im Fokus stand § 3a Abs 2 des Salzburger Naturschutzgesetzes. Diese Norm enthält eine Interessenabwägung, welche vorsieht, dass Maßnahmen die nachweislich unmittelbar besonders wichtigen öffentlichen Interessen dienen, zu genehmigen sind, auch wenn naturschutzrechtliche Interessen dagegensprechen. Voraussetzung ist aber, dass es keine Alternative gibt, die die Naturschutzinteressen weniger beeinträchtigt. Dieses öffentliche Interesse kann unmittelbar am Wert der Nutzung durch die skisportbetreibenden Personen gemessen werden. Da aber die bestehenden Pisten bereits während der Erweiterung des Skigebiets nicht vollumfänglich genutzt werden können, ist schon an dieser Stelle fraglich, ob ein besonders wichtiges öffentliches Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens gegeben ist. Außerdem könnte der durchgehende Skibetrieb nur durch eine – unter Berücksichtigung jeglicher Witterungssituation – effektive Nachbeschneiung aufrechterhalten werden und die Pisten müssten bis einschließlich Hochwinter genutzt werden. Zudem kommt es um die Mittagszeit meistens zu einer verstärkten Sonneneinstrahlung, welche zu einer Verschlechterung der Schneeverhältnisse führt und daher die Talabfahrt von den Skifahrern nur wenig bis gar nicht genutzt wird.

Mit der Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit wurde mit Beginn des Jahres 2014 der Umweltsenat durch das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ersetzt und dieses ist nun die neue Rechtsmittelinstanz gegen Entscheidungen der Landesregierung. Gegen Entscheidungen des BVwG kann beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Revision erhoben werden.

Im Jahr 2018 genehmigte das BVwG das Projekt „Hochsonnberg“. Die Genehmigung wurde allerdings im Dezember 2020 vom VwGH mit der Begründung aufgehoben, dass die Durchführung der naturschutzrechtlichen Interessenabwägung durch das BVwG mangelhaft war. Nach Ansicht des VwGH überwiegt das öffentliche Interesse am Naturschutz jenem Interesse an der Umsetzung der Skigebietserweiterung. Oder mit anderen Worten ausgedrückt: Die Erweiterung des Skigebiets dient nachweislich nicht unmittelbar besonders wichtigen öffentlichen Interessen. Durch die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses tritt die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses befunden hat und das BVwG hat damit neuerlich zu entscheiden.

Fazit

Das UVP-Verfahren ist somit ein sehr sinnvolles als auch effektives Verfahren, um schwere negative Eingriffe in die Umwelt durch bestimmte Großprojekte zu vermeiden. Die Durchführung der Interessenabwägung soll der Behörde ermöglichen über die Bewilligungsfähigkeit von Projekten zu entscheiden.

Abschließend kann festgehalten werden, dass sowohl Skigebietsbetreiber als auch Behörden sehr wohl anspruchsvollen, gesetzlichen Vorschriften in Form von umweltrechtlichen Schranken bei der Erweiterung von Skigebieten unterliegen. Diese Vorschriften streben vor allem einen verantwortungsvollen Umgang mit der Umwelt an. Ohne dieses Regime wäre eine Erweiterung von Skigebieten, unter gleichzeitiger Wahrung von Natur und Landschaft nicht denkbar.

Spielervermittlungsverträge: Exklusivitätsvereinbarungen

Vor kurzem beschäftigte sich das LG für Zivilrechtssachen Graz mit der Gültigkeit sog. Exklusivitätsklauseln in Spielervermittlungsverträgen. Der Beklagte, ein österreichischer Berufsfußballspieler, war zunächst beim SV Horn und in weiterer Folge beim FC Wacker Innsbruck tätig. Beide Transfers wickelte eine Spieleragentur ab, mit welcher der Spieler 2016 einen Vertrag abgeschlossen hatte. Der nachfolgende Transfer im Jänner 2019 zu Serienmeister FC Red Bull Salzburg sorgte für ein juristisches Nachspiel. Im Zuge dieses Transfers bediente sich der Spieler nämlich einer weiteren Agentur. Die langjährige Beraterfirma des Spielers klagte daraufhin sowohl den Spieler selbst, als auch die am Transfer beteiligte Spieleragentur und berief sich dabei auf die im Vermittlungsvertrag verankerte Exklusivitätsklausel.

Vertrag

Zurückweisung der Klage gegen den Spieler

Der in Österreich wettkampfmäßig betriebene Fußball spielt sich fast ausschließlich im Rahmen des vom Österreichischen Fußball-Bund (ÖFB) organsierten Ligabetriebs ab. Jeder teilnehmende Verein ist dabei Mitglied eines Landesverbands (bzw. Bundesliga), der wiederum dem ÖFB angehört. Mittelbar unterliegen daher alle Vereine und somit auch deren Spieler den im Rahmen der Satzungsautonomie erlassenen Bestimmungen des ÖFB. Der ÖFB als Dachverband ist Mitglied der FIFA und UEFA.

Bis 2014 sah das FIFA-Reglement für Spielervermittler verpflichtend einen Lizenzierungsvorgang durch den nationalen Verband (ÖFB) vor. Dafür war neben der Erfüllung weiterer Voraussetzungen auch die Absolvierung einer Prüfung notwendig. Das dafür vorgesehene Lizenzierungssystem regelte für Streitigkeiten aus Spielervermittlungsverträgen die Zuständigkeit der Schiedskammer des ÖFB bzw. ein bei der FIFA eingerichtetes Schiedsgericht. Aufgrund dieser im Reglement vorgesehenen Schiedsgerichtsvereinbarung ist es untersagt, Rechtsstreitigkeiten vor ordentlichen Gerichten anhängig zu machen.

Diese Lizenzierungsbestimmungen wurden jedoch mit 1. April 2015 abgeschafft, dennoch sieht das ordentliche Gericht weiterhin den ÖFB zuständig und hat die Klage daher zurückgewiesen. Aufgrund des im konkreten Fall nicht erhobenen Rechtsmittels, bleibt diese Rechtsfrage weiterhin offen und wird in Zukunft einer weiteren Abklärung erfahren müssen.

Die mögliche Nichtigkeit einer Exklusivitätsklausel

Mittlerweile sollten keine Zweifel mehr daran bestehen, dass ein Berufsfußballspieler als Dienstnehmer grundsätzlich den Normen der auf dem Gebiet des jeweiligen Nationalverbands geltenden Gesetze zu unterstellen ist. Ergo kommt es auch zur Anwendung der im Arbeitsmarktförderungsgesetz – kurz: AMFG – vorgesehenen Normen. Das Gesetz legt unter § 5 Abs. 4 fest:

Alleinvermittlungsaufträge sind nur zulässig, soweit eine sachliche Rechtfertigung hierfür besteht.“

§ 5 Abs. 4 Arbeitsmarktförderungsgesetz

Demnach besteht in Österreich sehr wohl die Möglichkeit der Vereinbarung einer Exklusivität, sofern tatsächlich eine sachliche Rechtfertigung besteht. Eine solche Rechtfertigung spiegelt sich in konkreten Pflichten des Spielervermittlers, welche im Spielervermittlungsvertrag explizit vereinbart werden müssen, und zwar als sog. Hauptleistungspflichten. Dabei wird eine schlichte Beratung in den allermeisten Fällen nicht ausreichend sein, um allein eine sachliche Rechtfertigung zu begründen. Mögliche Ansätze für eine sachliche Rechtfertigung sind nur schwer auszumachen.

Mögliche Rechtfertigungsgründe

Diese könnten neben Vertragsmanagementleistungen vor allem in der Übernahme von Integrationsaufgaben junger Spieler liegen. Dies insbesondere im Falle von ausländischen Talenten, die früh mit den enormen Schwierigkeiten eines Auslandstransfers konfrontiert sind. Dabei ist an die Kosten für Sprachkurse und die interkulturelle Eingliederung zu denken. Der Schwerpunkt für Vermittler sollte sich demnach auf die persönliche Entwicklung ihrer Klienten verlagern. Der Bedarf ist aufgrund der mittlerweile enormen Belastung eines jungen Profisportlers jedenfalls gegeben. Eine Beratung per se begründet jedenfalls noch keine sachliche Rechtfertigung, sondern ist vielmehr der Leistung eines Beraters geschuldet.

Ruft man sich die Definition eines Spielervermittlers in Erinnerung, fällt auf, dass der begriffsbestimmenden Tätigkeit des Aushandelns eines erstmaligen sowie des Neuverhandelns eines bereits bestehenden Arbeitsvertrags ein Beratungselement immanent ist. Es geht ganz offensichtlich nicht nur um eine reine Vermittlung, sondern zugleich auch um die beratende Unterstützung in einer konkreten Verhandlungs- und Entscheidungssituation. Darüber hinaus gehören zur Vermittlung auch alle Leistungen, die zu ihrer Vorbereitung und Durchführung erforderlich sind, insbesondere die Feststellung der Kenntnisse des Arbeitsuchenden.

Aus diesen Gründen müssen zusätzlich zu den umfangreichen Bemühungen zur Vermittlung von Spielern, weitere darüber hinausgehende Leistungen für den betroffenen Spieler erbracht werden. Diese sind auch bereits im Vertrag schriftlich als Hauptleistungspflichten festzuhalten.

Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Spieler aktuell arbeitslos oder nur „wechselwillig“ sei, da als arbeitssuchend auch solche Personen eingestuft werden, die bereits eine Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit ausüben, allerdings eine Beschäftigung als Arbeitnehmer suchen.

Folgen der Nichtigkeit

In der Konsequenz ist jedoch nicht der gesamte Vertrag unwirksam, sondern nur die Exklusivitätsklausel. Der schriftlich geschlossene Vermittlungsvertrag bleibt aufrecht, nur die Exklusivität fällt weg.

Im konkreten Fall besteht keine Schadenersatzverpflichtung des dritten Spielervermittlers, da das Vorliegen eines Alleinvermittlungsvertrags vom Gericht verneint wurde. Hinsichtlich des Fußballspielers, der sich einer anderen Beratungsfirma zuwendete, wurde die Klage ohnehin zurückgewiesen.

Exkurs: Höhe des Vermittlungsentgelts

Nach ​§ 5 Abs. 3 AMFG darf bei der Vermittlung von Künstlern und Sportlern ein Vermittlungsentgelt verlangt oder entgegengenommen werden, wenn der Arbeitsvertrag durch die Vermittlungstätigkeit zulässig zustande gekommen ist. Das bei der Vermittlung von Künstlern und Sportlern von den Arbeitnehmern zu leistende Vermittlungsentgelt muss in einem angemessenen Verhältnis zu den für diesen Arbeitnehmer getätigten Vermittlungsaufwendungen stehen und darf eine Obergrenze von 10 Prozent des gesamten Bruttoarbeitsentgelts nicht übersteigen. Übersteigt eine Vermittlungsvergütung diese Grenze, ist deren Vereinbarung unwirksam, soweit sie verlangt und entgegengenommen wird. Eine Rückforderung ist daher möglich.

Voraussetzung der zulässigen Vereinbarung einer Vergütung bei der Vermittlung von Künstlern und Sportlern ist nach ​§ 5 Abs 3 AMFG vor allem auch die aktive Vermittlungstätigkeit der Agentur. Kommt ein Arbeitsvertrag ohne aktive Mitwirkung der Agentur zustande, besteht auch kein Anspruch auf eine Vergütung.

Der Blick über die Grenzen

Auch in Deutschland wird der Standpunkt vertreten, dass Exklusivverträge mit Spielervermittlern einen Spieler daran hindern, sich eines zusätzlichen Vermittlers zu bedienen. Nach § 134 BGB, § 297 Nr. 4 SGB III sind Exklusivitätsvereinbarungen unwirksam. Laut dem OLG Hamm sei Zweck der Bestimmung zu verhindern, dass Vermittlerchancen ungenutzt bleiben. Die Bestimmung dient dem Schutz sowohl des Arbeitssuchenden als auch des Arbeitgebers. Beide sollen nicht an nur einen Vermittler gebunden werden können (OLG Hamm, Urteil v. 08.01.2010, Az. 12 U 124/09).

In der Schweiz sind Exklusivklauseln nach Art. 8 Abs. 2 lit. a AVG nichtig. Als mögliche Alternative wird angedacht, die Exklusivitätsabrede um ein jederzeitiges, frist- und vorbehaltloses Kündigungsrecht zu ergänzen. Damit soll der Vermittler vor einem parallelen Tätigwerden eines konkurrierenden Vermittlers geschützt werden.

Fazit

Auch wenn die Entscheidung auf den ersten Blick als rechtlich konsequent und richtig erscheinen mag, muss festgehalten werden, dass es sich lediglich um ein erstinstanzliches Urteil handelt. Vor allem die Versagung des ordentlichen Rechtswegs gegen den Spieler bedarf einer weiteren Abklärung.

Jedenfalls kann anhand dieser Entscheidung belegt werden, dass auch Berufsfußballer bei der Suche nach einem neuen Arbeitgeber oder dem Bestreben nach einer Vertragsverlängerung keinesfalls schutzlos gestellt sind. Den interessierten Beobachter des Profifußballs wird womöglich überraschen, dass das Verbot einer Exklusivitätsvereinbarung aus einem Sozialgesetz abgeleitet wird, das der „Arbeitsförderung“ dient. Stellt sich die Frage der Exklusivität für Berufsfußballer doch oftmals im Zuge eines finanziell lukrativen Wechsels und handelt es sich dabei nicht um einen klassischen Fall der Förderung von Arbeitschancen.

Ob das Sozialrecht der Arbeitsförderung uneingeschränkt auf alle Berufsgruppen gleichermaßen passt, bleibt strittig. Selbst bei den Berufssportlern müsste insoweit zwischen den verschiedenen Sportarten differenziert werden, zumal diese ganz unterschiedliche Verdienstmöglichkeiten eröffnen, die nicht zuletzt vom Medien- und Sponsoreninteresse, Fernsehgeldern und Einnahmen aus Merchandising abhängen.

Doch auch den Vereinen kann ein gewisses Interesse an Exklusivitätsvereinbarungen zugesprochen werden. Für diese gehört es zum Tagesgeschäft, statt direkt mit den Spielern mittelbar über deren Berater zu verhandeln. Auch die Vereine brauchen ein Mindestmaß an Planungssicherheit, wenn Zeit und Geld in die Anbahnung eines Vertragsverhältnisses mit einem neuen Spieler investiert werden. Gerade weil sich die Verhandlungen über mehrere Wochen oder gar Monate hinziehen können, müssen die Vereine stets befürchten, dass noch andere Berater des begehrten Spielers parallel mit anderen Vereinen verhandeln und sämtliche Bemühungen zunichte machen können, wenn sich der Spieler am Ende für ein anderes Angebot entscheidet. Zudem darf im Profifußball grundsätzlich nur innerhalb bestimmter Transferfenster gewechselt werden, sodass zu der beschriebenen Unsicherheit auch noch ein nicht zu unterschätzender Zeitdruck hinzukommt.

Jedenfalls werden Spielervermittler die Entscheidung nicht nur mit Respekt, sondern auch mit der gebotenen Zurückhaltung hinsichtlich größerer Investitionen quittieren. Im Sinne der Privatautonomie könnten es die Parteien unter sich ausmachen, ob ein Exklusivitätsverhältnis gewollt ist und ihren beiderseitigen Interessen entspricht. Dies würde auch dem Spieler neue Möglichkeiten eröffnen. Bei entsprechender Vereinbarung könnte der Spieler stärker auf Aktivitäten und Leistungen des Vermittlers oder Beraters pochen, was wiederum dem Umfang und der Qualität von deren Dienstleistungen auf Dauer sehr zuträglich sein würde.