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Vergabe von Sportgroßveranstaltungen – Zwischen Licht und Schatten

Angespannte Gesichter, eine elektrisierende Stimmung, tobende Menschenmengen – dies und vieles mehr machen den Reiz, besser gesagt das Phänomen von Sportgroßveranstaltungen aus. Hinter dem sportlichen und eventmäßigen Charakter versteckt sich jedoch ein komplexes Organisations- und Vergabesystem, welches, vor allem im Rahmen der soeben abgeschlossenen Olympischen Spiele in Tokio und der kommenden Fußballweltmeisterschaft 2022 in Katar, immer wieder ins Rampenlicht der Medien gerückt ist. Läuft bei der Vergabe auch wirklich immer alles korrekt ab? Wie transparent sind die dahinterstehenden Systeme? Wer profitiert von jenen? Und wie kommt es überhaupt zu solch immer lauter werdenden Vorwürfen von Unregelmäßigkeiten?

Um diese Fragen beantworten zu können und ein besseres Verständnis für die dahinterstehende Problematik zu entwickeln, lohnt es sich einen genaueren Blick auf das jeweilige Vergabeverfahren selbst zu werfen. So soll in diesem Artikel die Vergabe der Olympischen Spiele etwas genauer beleuchtet werden.

Die Vergabe der Olympischen Spiele

Trotz des im Vordergrund stehenden sportlichen Gehaltes hatten die Olympischen Spiele immer wieder mit Skandalen zu kämpfen. Ein medial breit diskutierter war hierbei jener im Zuge der Vergabe der Olympischen Spiele 2002 an Salt Lake City, als erstmals nachgewiesen wurde, dass eben auch solch eine sportliche „Megaveranstaltung“ nicht immun gegen Korruptionsskandale ist. Damals ging durch einen von der IOC-Ethikkommission veröffentlichten Bericht hervor, dass sich mindestens 24 IOC-Mitglieder (Internationales Olympisches Komitee) bei der finalen Vergabe vom Bewerbungskomitee der Stadt Salt Lake City bestechen lassen hatten. Als Antwort auf diesen Skandal etablierte das IOC ein mehrstufiges Prozedere als Strukturreform, um die Vergabe der Olympischen Spiele transparenter, nachvollziehbarer und vor allem auch so zu gestalten, dass etwaige Korruptionsversuche im Keim erstickt werden. Dieses Prozedere entwickelte sich über die Jahre zum „4-Stufen-Prozess“, der auch heute noch gilt.

Wishing City Phase

Die erste Stufe wird hierbei als „Wishing City“-Phase bezeichnet. In jener haben sich zunächst im Rahmen eines rein nationalen Vorauswahlverfahrens die einzelnen Bewerber gegeneinander durchzusetzen. Das jeweilige nationale olympische Komitee entscheidet dann, welche innerstaatliche Stadt/Region als Kandidat ins Rennen geschickt wird. Mit jener Entscheidung tritt das jeweilige nationale olympische Komitee an das IOC heran und beurkundet offiziell ihr Interesse für den Zuschlag der Olympischen Spiele kandidieren zu wollen.

Apllicant City Phase

Die zweite Phase wird als „Applicant City“-Phase beschrieben, in welcher eine Nominierungskommission (bestehend aus IOC Mitgliedern und externen Experten) im Rahmen eines Auswahlprozesses (sehr rudimentär und beschränkt auf die wichtigsten Faktoren) entscheidet, welche Bewerber nun den offiziellen Kandidatenstatus erhalten. Jene offiziellen Kandidaten haben dann in einem weiteren Schritt 150.000 Dollar als erste Bewerbungsgebühr an das IOC zu bezahlen. Diese Gebühr enthält noch keine Zuschlagsgarantien und soll lediglich die administrativen Ausgaben hinter dem Vergabeprozess decken. Das sich hierbei mit allen Kandidaten zusammengerechnet eine beträchtliche Summe ergibt, bildet einen ersten Kritikpunkt am Vergabeverfahren des IOC. Neben der Gebühr sind noch eine Reihe von Bewerbungsdokumenten bereitzustellen. Diese Dokumente dienen der holistischen Erst-Analyse der jeweiligen Kandidaten. Das Exekutivkomitee entscheidet anhand jener Dokumente, welche Bewerber in die dritte, nämlich in die „Candidate City“-Phase gelangen.

Candidate City Phase

In jener befinden sich meist nur noch wenige Bewerber, die im Rahmen dieser dritten Stufe ein „Bid-Book“ zu erstellen haben – übersetzt: ein sogenanntes Bewerbungsbuch. In jenem sind nun alle für die Bewerbung relevanten Informationen, Stärken, Schwächen, Risiken etc. genauestens darzulegen. Seit Einführung des Vergabeverfahrens hat sich das Bid-Book zu einem immer größer werdenden Instrument entwickelt und wurde letztendlich wegen dieses Übermaßes an Information kritisiert. Neben allerlei Informationen zu Dopingkontrollen, medizinischer Betreuung, Verkehr, Infrastruktur etc. müssen jene Bewerbungsunterlagen ebenso rechtliche als auch finanzielle Zusagen inkludieren, die im Falle eines Vergabe-Zuschlages garantiert werden. Dass dies keine bloße Formalität darstellt, zeigt das Faktum, dass es hierbei meist um Themen wie Steuerfreiheit, Ausfallshaftungen, bzw. generell Haftungen, Garantien, Bürgschaften und Datenschutz geht. In der Vergangenheit ging dies so weit, dass aufgrund der Vergabe der Olympischen Spiele in gewissen Austragungsländern sogar bestehende Gesetze geändert werden mussten. Dieses hohe Maß an Zugeständnissen aber auch die Macht, die dem IOC gewährt wird, bildet einen der Hauptkritikpunkte bei der Vergabe solcher „Megaveranstaltungen“. Letztlich kommt es nach Abgabe und einer detaillierten Beurteilung der Bewerbungsunterlagen iSd Bid Books durch das Exekutivkomitee und eine eigens hierfür eingerichtete Evaluierungskommission, zur Entscheidung welcher Kandidat den Zuschlag erhält. Sind es mehrere Kandidaten, die es bis zu dieser Stufe schaffen, wird solange abgestimmt bis nur noch zwei Austragungsorte im Pool sind. In der abschließenden Abstimmungsrunde erhält letztendlich der Kandidat mit den meisten Stimmen den finalen Zuschlag.

Host City Contract Phase

Damit ist auch die vierte und letzte Phase eingeläutet, nämlich die „Host City Contract“-Phase in welcher der Vertrag unterschrieben wird und die offizielle Vorbereitungsphase auf die Olympischen Spiele beginnt. Dies muss in der Regel zumindest sieben Jahre vor Start der jeweiligen Spiele der Fall sein, um genügend Vorbereitungszeit zu ermöglichen.

Widerstand an diesem langwierigen und aufwendigen Prozess gibt es oftmals von Bürgerbewegungen, Verbänden oder Bewerbern, die aus dem Vergabeprozess herausfallen. Der Grund hierfür ist unter anderem auch, dass in den letzten Jahrzehnten die Vorbereitungs- und Austragungskosten exponentiell gestiegen sind. Als Antwort darauf präsentierte das IOC im Jahr 2018 eine Reform der Vergabe und Ausgestaltung der Olympischen Spiele, die zu einer Flexibilisierung des Bewerbungsprozesses, Vereinfachung der Maßnahmen und generell zur Kostenminimierung führen soll.

Vergabe von Sportgroßveranstaltungen als „black box“

Die Kritik, die sich durch oder trotz dieser Vergabeverfahren weiterhin ergibt, liegt zusammengefasst darin, dass nach wie vor informelle Abläufe, unbekannte Binnenstrukturen, eine fehlende staatliche Rahmengesetzgebung und nicht ganz durchschaubare Vergabekriterien zum Zuschlag führen. In der Literatur wird daher bei der Vergabe von Sportgroßveranstaltungen oftmals von einer „black box“ gesprochen. Hinzu kommt, dass in mehreren Stufen des Vergabeprozesses immer wieder dieselben Funktionäre stimmtragend sind. So sitzen oftmals auch jene Funktionäre, die in den Vorauswahlstufen mitentscheiden, ebenso in der Session (Gesamtgremium des IOC) und haben somit einen großen Einfluss auf das Endresultat der Vergabe. Im schlimmsten Falle können sie ein, von sich aus antizipiertes Vergaberesultat von Anfang an in eine bestimmte Richtung lenken. Dieser Prozess, obwohl nach außen hin als transparent kommuniziert, macht die Vergabe für eine Beeinflussbarkeit iSd Bestechung oder Korruption besonders anfällig.

Strafrechtlich betrachtet bleibt vieles jedoch im Dunkeln. Zwar reagierte die Schweiz, in der das IOC ihren Sitz als nichtstaatliche private Organisation in der Rechtsform eines Vereines hat, 2016 mit der Verabschiedung eines eigenen Strafbestandes, der sogenannten „Lex FIFA“. Das Ziel dahinter war es, aggressiver gegen aktive und passive Privatbestechung vorzugehen. Nichtsdestotrotz bleibt dies ein Tropfen auf dem heißen Stein. Auf internationaler Ebene sind die einschlägigen Abkommen zu zahnlos bzw. fehlen rechtsverbindliche Standards überhaupt. So bleibt den internationalen Sportverbänden eine fast uneingeschränkte Freiheit und Gestaltungsmacht überlassen. Und auch wenn es immer wieder Rufe und eigene Bemühungen von Seiten der internationalen Sportverbände in Richtung Aufarbeitung und mehr Transparenz gibt, sollte man eine Sache bei dieser Diskussion nie aus den Augen verlieren: Für die großen internationalen Sportverbände rechnet sich nicht nur das Geschäft, das sie betreiben – sondern vor allem die Art, wie sie es betreiben.

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Olympia: Haben Athleten einen Anspruch auf Teilnahme?

Nominierung einer Athletin oder eines Athleten für die olympischen Spiele

Der gesamte (Breiten-)Sport organisiert sich sowohl national als auch international in der Rechtsform eines Vereins und folgt dem Aufbau einer Pyramide. Während sich auf regionaler Ebene die Athleten einer Sportart meist in einzelnen Vereinen zusammenschließen, agieren auf überregionaler Ebene die Landesfachsportverbände, die wiederum in nationale Spitzenfachsportverbände münden. An der Spitze der Pyramide befindet sich für jede Sportart der jeweilige internationale Spitzenverband, wie zum Beispiel die FIFA, UCI oder die FIBA. Daneben steht das International Olympic Committee (IOC) als das höchste und allein entscheidende Gremium für die Olympischen Spiele. Die nichtstaatliche Organisation vereint alle nationalen Verbände und ist für die Ausrichtung und Betreuung der Olympischen Spiele zuständig. Anerkannt werden lediglich die Nationalen Olympischen Komitees (NOK), die sich auf Landesebene befinden. In Österreich wurde bereits 1908 das Österreichisches Olympische Komitee (ÖOC) als Vereinigung der größten österreichischen Sportorganisationen gegründet.
Das alleinige Recht eine Athletin bzw. einen Athleten für die Olympischen Spiele zu nominieren, steht demnach dem ÖOC bzw. dessen Vorstand zu. Die internationalen Spitzenverbände der jeweiligen Sportart geben dabei die maßgeblichen Richtlinien für eine Qualifikation zur Teilnahme an den Olympischen Spielen vor (Regel 40 der „Olympic Charter vom 2. August 2015“). Diese enthalten unter anderem die Voraussetzungen für eine Nominierung sowie Limits für eine Teilnahme.
Als Beispiel dient die vom Deutschen Schwimm-Verband (DSV) vorgegebenen Normzeiten für eine Qualifizierung im Schwimmen für Olympia 2020. Diese betragen im 100 m Brustschwimmen 0:59,80 für Männer und für Frauen 1:07,00.
Diese Richtlinien bedürfen allerdings der Genehmigung durch das IOC. Die nationalen Fachverbände haben die Möglichkeit diese Qualifikationskriterien zu konkretisieren und nehmen diese meist auch in Anspruch. Der ÖOC erteilt eine Nominierung somit auf Vorschlag der einzelnen Sportfachverbände, dessen Entscheidung wiederum auf den einschlägigen Qualifikationskriterien basiert.

Teilnahmeanspruch rechtlich durchsetzbar?
Es stellt sich nun die Frage, ob bei Erreichen der Nominierungsvorrausetzungen ein rechtlich durchsetzbarer Anspruch auf Teilnahme besteht, wenn der ÖOC einer Athletin bzw. einem Athleten die Teilnahme versagt. Für Rechtsstreitigkeiten jeglicher Art rund um internationale Wettkämpfe, wurde der Internationale Sportgerichtshof (CAS) vom IOC eingerichtet, der als unabhängiges internationales Schiedsgericht dient und seinen Sitz im schweizerischen Lausanne hat. Der CAS ist unter anderem für die Klärung von Dopingfragen, Disziplinarfragen (bei Unklarheiten über Regelverstöße) oder sportbezogene Vertragsfragen (Fernsehrechte, Sponsoring, etc.) zuständig. Für die Dauer der Ausrichtung der Olympischen Spiele werden vom CAS seit 1996 nichtpermanente Tribunale eingerichtet. Diese dienen einer raschen und vorläufigen Schlichtung von Streitfragen, sollten diese während eines Wettkampfes auftreten. Meistens handelt es sich um die Zulässigkeit von Individualbeschwerden oder Beschwerden nationaler Verbände, bei Verstößen gegen geltende Wettkampfregeln durch Athletinnen bzw. Athleten anderer Nationen.

In einem sehr aktuellen Fall trat Markus Rehm an den CAS heran, da ihm das IOC die Teilnahme an den Olympischen Spielen verweigerte. Rehm, der seit einem Unfall eine Prothese am rechten Unterschenkel trägt, hat bereits dreimal die Paralympics im Weitsprung gewonnen. Heuer hat er sich laut den vorgeschriebenen Qualifikationsnormen mit einem Sprung von 8,62 m für die Olympischen Spiele qualifiziert. Rehm wurde daher vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) dem IOC für eine Teilnahme an den Sommerspielen in Tokio vorgeschlagen. Ohne Erfolg. Die Begründung für die Versagung der Teilnahme wurde auf die Regel 6.3.4. gestützt, wonach eine Prothese ein mechanisches Hilfsmittel sei und Rehm beweisen müsse, dass ihm diese gegenüber den anderen Teilnehmern keinen Vorteil verschaffe. Der CAS hob diese Regelung jedoch wegen „Rechtswidrigkeit und Ungültigkeit“ bereits im Herbst des Vorjahres auf. Nicht dem Athleten, sondern dem Verband müsse die Beweisführung auferlegt werden, dass es sich bei der Verwendung einer Prothese um einen Wettbewerbsvorteil handelt. Basierend auf die aktuelle CAS-Entscheidung fordert Rehm nun vom DOSB und vom Deutschen Leichtathletik-Verbund seine Nominierung zu bestätigen, da er die, für alle Athletinnen und Athleten geltenden Qualifikationsnormen erreicht hat. Er beruft sich außerdem auf eine Studie, an der er selbst teilnahm, wonach die Carbon-Prothese gegenüber Athleten ohne Behinderung sogar nachteilig sei, weil es dadurch zu einer verlangsamten Startbewegung kommt.
In seiner Klage forderte Rehm nun vor einigen Tagen das uneingeschränkte Teilnahmerecht für den Weitsprung-Wettbewerb und damit die Bestätigung der Nominierung vom DOSB und DLV.

Schadenersatz bei Nichtnominierung
Hat ein Athlet nunmehr alle Voraussetzungen für eine Nominierung zur Teilnahme an einem internationalen Wettkampf erfüllt und erhält vom nationalen Verband trotzdem keine Berechtigung, stellt sich unter anderem die Frage, ob ein Anspruch auf Schadenersatz besteht.
Diese Frage beschäftigte bereits den deutschen Bundesgerichtshof (BGH), nachdem sich das deutsche Nationale Olympische Komitee (NOK) weigerte, den Dreispringer Charles Friedek – trotz formeller Erfüllung aller Kriterien – eine Nominierung für eine Teilnahme an den Olympischen Spielen von 2008 auszusprechen. Zunächst gilt es festzuhalten, dass bereits die Nominierung ein Vertragsverhältnis zwischen Sportler und Verband begründet und sich folglich beide Parteien bereits während der Nominierungsphase in einem vorvertraglichen Schuldverhältnis befinden. Daraus lassen sich per se noch keine gegenseitigen Ansprüche auf Erfüllung ableiten, allerdings bestehen Schutz- und Sorgfaltspflichten. Hinzu kommt die Verpflichtung zur Gleichbehandlung auch bloß potenzieller Vertragspartner. Demnach wäre der DOSB – dem in seiner Funktion auch eine Monopolstellung zukommt – verpflichtet gewesen, den Athleten, bei Erfüllung der vom Verband selbst aufgestellten Kriterien, tatsächlich zu nominieren. Laut Verband hätte Friedek die Normanforderungen jedoch nicht erfüllt und die Debatte führte letztendlich zum Ergebnis, dass eine fehlerhafte Auslegung der Nominierungsrichtlinien vorlag. Aufgrund ihrer mangelnden Transparenz, Verständnis und Sicherheit hätten die Athleten keine Möglichkeit gehabt, ihre Trainings- und Wettkampfplanungen entsprechend organisieren zu können. Friedek forderte in seiner Klage gegen den DOSB einen Ersatz des Schadens in Höhe von mindestens 133.500 Euro ein. Die endgültige Höhe wurde vom Landgericht Frankfurt entschieden. Erst in dritter und letzter Instanz vor dem BGH gewann Friedek den Prozess, allerdings sieben Jahre nach den Olympischen Spielen.
Ein vergleichbarer Anspruch wäre auch in Österreich denkbar. Aufgrund der Monopolstellung des ÖOC hat eine Sportlerin bzw. ein Sportler keine andere Möglichkeit für die Olympischen Spielen nominiert zu werden und ist somit auf das Komitee angewiesen. Der ÖOC unterliegt damit dem Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung gemäß § 5 Kartellgesetz (KartG). Ein Schadenersatzanspruch wäre daher für jene finanziellen Einbußen denkbar, welche der Sportler durch die Einschränkung seiner Berufsausübung erleidet. Darunter fallen insbesondere Werbeverträge, Sponsorengelder und entgangenes Preisgeld.

Fazit
Vor allem der vor dem deutschen BGH geführte Rechtsstreit Friedek kann man getrost als Grundsatzurteil im Sportbereich beurteilen. Demnach liegt bei erfolgter Nominierung bereits ein vorvertragliches Schuldverhältnis vor und wäre auch aufgrund der Monopolstellung des NOK im Fall Friedek ein rechtlich durchsetzbarer Anspruch auf eine Nominierung vorgelegen. Darüber hinaus führten die intransparenten Regelungen in den Nominierungsrichtlinien dazu, dass sich die Athletin oder der Athlet nicht entsprechend auf die Qualifikationsrunde vorbereiten konnten. Da der Rechtsstreit vor den gerichtlichen Instanzen mehrere Jahre dauerte, war Friedek letzten Endes auf Ersatz des erlittenen Schadens verwiesen.
Grundsätzlich handelt es sich jedoch um eine einzelfallbezogene Beurteilung, ob tatsächlich ein durchsetzbarer Anspruch auf Teilnahme bei Olympia besteht. Wie auch im Fall Rehm, der derzeit beim Internationalen Sportgerichtshof (CAS) anhängig ist und eine Entscheidung bald erwartet wird.

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#Rio2016 – Nach den Spielen ist vor den Spielen – Teil 2/3

Im ersten Artikel der Beitragsserie „#Rio2016 – Nach den Spielen ist vor den Spielen“ ging es um die geschützten Symbole und Bezeichnungen der Olympischen Spiele. Teil 2 dieser Beitragsserie erklärt, was bei Werbung mit Olympioniken beachtet werden muss.

Ein Gastbeitrag von Thomas Wallentin, Philipp Spring und Patrick Kainz

Werbung mit Olympioniken

In diesem Zusammenhang ist insbesondere die Durchführungsbestimmung 3 zur Regel 40 der Olympischen Charta zu beachten. Demnach darf „kein Wettkampfteilnehmer seine Person, seinen Namen, sein Bild oder sportliche Leistung für Werbezwecke während der Olympischen Spiele einsetzen, außer dies wurde vom IOC genehmigt.“ „Während der Olympischen Spielen“ bedeutet im Gegensatz zum Wortlaut der Regel 50.2 aber nicht nur jene Tage, an denen tatsächlich die Wettkämpfe stattfinden, sondern die sogenannte „frozen period“ oder „Sperrfrist“, welche schon neun Tage vor der Eröffnungsfeier beginnt und erst drei Tage nach der Abschlussfeier endet.

Grundsätzlich dürfen während der Olympischen Spiele auch keine Werbekampagnen eines persönlichen Sponsors (der kein Olympischer Partner ist) eines Athleten gezeigt werden. Selbst wenn eine Werbekampagne überhaupt keinen Bezug auf die Olympischen Spiele nimmt, darf sie trotzdem nicht während der Sperrfrist präsentiert werden. Dies wird als indirekte Anlehnung an die Olympischen Spiele angesehen. Diese Einschränkung wurde zuletzt im Hinblick auf laufende werbliche Aktivitäten mit bereits bestehenden (Werbe-)Partnern gelockert. Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Werbung rechtzeitig beim jeweiligen NOK angemeldet und von diesem auch genehmigt wurde. Ferner muss die werbliche Aktivität bereits mindestens drei Monate vor Beginn der Sperrfrist begonnen haben. Die Werbung darf auch keinen Bezug zu den Olympischen Spielen oder zur Olympischen Bewegung nehmen.

Begriffe, wie Medaille, Sieg … in Werbekampagnen verboten

Unabhängig davon, ob es sich um eine bestehende Werbekampagne handelt oder nicht, ist die Verwendung von Begriffen, die mit den Olympischen Spielen assoziiert werden, in Verbindung mit dem Athleten (seinem Namen oder Bild) während der Sperrfrist somit jedenfalls untersagt. Darunter fallen beispielsweise auch Begriffe wie Medaille, Sieg, Sommer, Spiele etc. Inserate mit Glückwünschen für die Teilnahme an den Spielen bzw Gratulationsinserate bei Medaillengewinnen von Sponsoren sind nur außerhalb der Sperrfrist zulässig. Auch dabei dürfen aber weder geschützte Bezeichnungen und Symbole verwendet werden, noch Bilder von den Olympischen Spielen gezeigt werden. Zulässig ist beispielsweise die Verwendung eines „neutralen Portraits“ des Sportlers mit dem Begleittext „Wir gratulieren Athlet XY zu seinem großen Erfolg“.

Regeländerung kommt nahmhaften Sportlern zugute

Für die meisten Athleten und deren Sponsoren stellt diese (scheinbare) Lockerung der strengen Werberichtlinien dennoch ein Problem dar. Vielen Unternehmen ist es nämlich schlichtweg zu teuer, eine Werbekampagne über einen so langen Zeitraum (die Aktivität muss ja bereits mindestens drei Monate vor der Sperrfrist begonnen haben) laufen zu lassen. Überdies steht für einige Athleten am Ende der Genehmigungsfrist noch gar nicht fest, ob sie sich tatsächlich für die Spiele qualifizieren werden. Die Regeländerung kommt somit va solchen Athleten zugute, die bereits eine gewisse Berühmtheit erlangt haben und schon über namhafte, zahlungskräftige Sponsoren verfügen. Dazu gehört zB der US-Schwimmstar Michael Phelps, der vom amerikanischen Sportartikelhersteller Under Armour gesponsert wird und der mit seinen 23 Goldmedaillen der bisher erfolgreichste Olympionike ist.

Zu den Autoren:

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Prof. MMag. Dr. Thomas Wallentin (Partner bei KSW Rechtsanwälte OG) hat sich auf Sportrecht spezialisiert  und ist LAW MEETS SPORTS-Clubmitglied der ersten Stunde.

 

 

 

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Dr. Philipp Spring ist als Rechtsanwalt bei KSW Rechtsanwälte OG tätig. Bei unserer LAW MEETS SPORTS Veranstaltung „Werbung aus dem Hinterhalt – Ambush Marketing im Sport“ hat er  in seiner Keynote erklärt worum es sich beim Thema Ambush Marketing handelt.

 

 

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Mag. Patrick Kainz ist jahrelanger Mitarbeiter bei KSW Rechtsanwälte OG und seit Juli 2016 Rechtsanwalt. Neben Sportrecht beschäftigt er sich unter anderem mit Markenrecht, Urheberrecht und IT Recht.

 

 

 

 

Weitere Artikel der Autoren:

#Rio2016 – Nach den Spielen ist vor den Spielen – Teil 1/3

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Rogans Putin-Sager bei Olympia

Erst vor Kurzem hat Jan Böhmermann mit einem Gedicht über den türkischen Präsidenten Recep Erdoğan für Schlagzeilen gesorgt und sich damit insbesondere strafrechtlichen Ermittlungen ausgesetzt. Nachstehend soll darauf eingegangen werden, ob die kürzlich erfolgte Aussage von Markus Rogan über Wladimir Putin straf- oder zivilrechtliche Folgen haben kann.

Ein Gastbeitrag von Thomas Nikodem

Markus Rogan hat in einer Liveübertragung des ORF zu den letzten Vorkommnissen rund um das behauptete Doping russischer Sportler Stellung genommen. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat sich gegen den Ausschluss des gesamten russischen Teams entschieden, obwohl es staatlich organisiertes Doping gegeben haben soll. Rogan tätigte bei der Übertragung folgende Aussage: „Ganz ehrlich, ich hab‘ mich gefragt, ob nicht der eine oder andere Putin einen geblasen hat.“ Mit „der eine oder andere“ dürfte er Mitglieder des IOC gemeint haben. Ausdrücken wollte Markus Rogan damit wohl, dass das Zulassen von Oralsex die Entscheidungsträger des IOC veranlasst hat, im Sinne der russischen Sportler zu entscheiden. Diese Aussage könnte strafrechtliche und zivilrechtliche Folgen haben:

So ist wegen übler Nachrede zu bestrafen, wer einen anderen in einer für einen Dritten wahrnehmbaren Weise etwa eines unehrenhaften Verhaltens oder eines gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens beschuldigt, das geeignet ist, ihn in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen. Wird die Tat – wie in diesem Fall – im Rundfunk begangen, gelten sogar strengere Strafen. Eine Beleidigung begeht, wer öffentlich oder vor mehreren Leuten einen anderen beschimpft oder verspottet (es gibt auch noch andere aber hier nicht relevante Fälle der Beleidigung). Wenn durch sexuelle Handlungen auf Entscheidungen wie den Ausschluss russischer Sportler Einfluss genommen wird, stellt dies wohl zumindest ein unehrenhaftes Verhalten dar; genau das hat Markus Rogan dem russischen Staatspräsidenten vorgeworfen. Daher wäre eine Bestrafung denkbar. Bei beiden Delikten handelt es sich aber um Privatanklagedelikte, das heißt, sie sind nur auf Verlangen des in seiner Ehre Verletzten zu verfolgen. Es darf stark bezweifelt werden, dass Putin derartige Maßnahmen setzt.

Denkbar sind auch zivilrechtliche Ansprüche nach § 1330 ABGB. Im Fall einer Ehrenbeleidigung können Schadenersatz sowie das Unterlassen der erneuten Tätigung dieser oder ähnlicher Aussagen gefordert werden. Auch wenn jemand unwahre Tatsachen verbreitet, die den Kredit, den Erwerb oder das Fortkommen eines anderen gefährden und er deren Unwahrheit kannte oder kennen musste, kann der Betroffene Schadenersatz, Unterlassung sowie einen Widerruf samt dessen Veröffentlichung begehren. Einen Schaden wird Wladimir Putin aufgrund der Aussage von Markus Rogan wohl nicht erlitten haben bzw. erleiden. Die Durchsetzung eines Unterlassungsanspruches ist realistisch.

Zum Autor:

Dr. Thomas Nikodem ist Rechtsanwalt und Partner bei der TELOS Law Group und ist unter anderem auf Arbeitsrechtsfragen im Sport spezialisiert. Sie erreichen Dr. Nikodem unter nikodem@telos-law.com. Weitere Informationen finden Sie auch auf http://www.telos-law.com.

WEITERE BEITRÄGE DES AUTORS:

Die Bedeutung des Onisiwo-Urteils für alle Spielerverträge

Teil 1: Onisiwo vs. SV Mattersburg – Vertrag nichtig!

Teil 2: Onisiwo vs. SV Mattersburg – zweite Runde

 

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Olympiateilnahme – Privileg oder Verpflichtung eines Athleten?

Gastbeitrag von Peter Griehser

Die Olympischen Sommerspiele 2016 sind bereits in vollem Gange. Die Athleten konnten sich dafür qualifizieren, indem sie die vorgeschriebenen Olympia-Limits erreichten. Doch müssen sie bei Erfüllung der Nominierungskriterien auch tatsächlich an den Olympischen Spielen teilnehmen? War die Absage des im Moment besten österreichischen Tennisspielers Dominic Thiem legitim? 

Nominierungsrecht

Das Österreichische Olympische Comité (ÖOC) ist die einzige vom Internationalen Olympischen Komitee anerkannte Vertretung in Österreich und allein verantwortlich für die Teilnahme österreichischer Mannschaften an den Olympischen Spielen. Die Nominierung der teilnehmenden Athleten obliegt dem Vorstand des ÖOC auf Vorschlag der jeweiligen Fachverbände und unter Berücksichtigung der internationalen und gegebenenfalls nationalen Qualifikationsrichtlinien und der Bestimmungen der Olympischen Charta.

Pflicht zur Olympiateilnahme?

Hätte nun Dominic Thiem aufgrund seiner Nominierung in Rio antreten müssen, bzw. wird er ob seines Nichtantritts sogar gegenüber dem ÖOC, Sponsoren, oder Dritten schadenersatzpflichtig?

Festzuhalten ist, dass ein Athlet, der vom ÖOC aufgrund seiner Leistungen nominiert wurde, weder nach den nationalen Bestimmungen des ÖOC noch aufgrund der Regularien des IOC verpflichtet ist, tatsächlich an Olympischen Spielen teilzunehmen; eine Teilnahmepflicht besteht daher trotz Nominierung durch den nationalen Verband nicht.

Denkbar wäre es jedoch, dass ein Athlet aufgrund seines Nichtantritts beispielsweise mit negativen Folgen und Schadenersatzforderungen aufgrund seines Sponsoringvertrags zu rechnen hat; Antrittsgelder und gegebenfalls Leistungsprämien bleiben ihm ebenso verwehrt wie die Möglichkeit, sich einem breiten Publikum zu präsentieren und dadurch unter Umständen seinen Marktwert zu steigern.

Wird ein Athlet vom OÖC aufgrund seiner Leistungen für die Olympischen Spiele nominiert, so ist dies am Ende des Tages ein Privileg für den Athleten, welches er annehmen kann, aber nicht muss. Die fehlende Verpflichtung ermöglicht es ihm auch, ohne Angabe von Gründen an den Spielen nicht teilzunehmen und sich beispielsweise – wie Dominic Thiem – seiner Regeneration oder anderen Turnieren zu widmen.

Zum Autor:

MMag. Peter Griehser ist Rechtsanwalt und Betriebswirt der LIKAR Rechtsanwälte GmbH in Graz und neben dem Gesellschafts-, Wirtschafts- und IT-Recht auch auf Sportrecht spezialisiert.

 

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Rio 2016: Warum Fußballstars von Olympia fernbleiben

16 Nationalmannschaften aus vier Kontinenten werden zwischen 4. und 20. August um die olympischen Medaillen im Männerfußball in Rio 2016 kämpfen. Unter den Teilnehmern finden sich Fußballriesen wie Brasilien (als Gastgeber), Argentinien und Deutschland, aber auch vermeintliche Fußballzwerge wie die Nationalmannschaft aus Fidschi, wobei der Qualifikationsmodus je nach Kontinent unterschiedlich konzipiert ist.

Für die Mannschaft von den Fidschis ist die Teilnahme ein großer Erfolg, bedenkt man, dass sie momentan den FIFA-Weltranglistenplatz 187 belegen. Zum Vergleich: die in unseren Breitengraden aus diversen Begegnungen mit Sicherheit bekanntere Nationalmannschaft der Färöer-Inseln belegt momentan Rang 136 der FIFA-Weltrangliste. Für Roy Krishna, den derzeit wohl bekanntesten Fußballer aus Fidschi, ist die Teilnahme an den olympischen Spielen aber dennoch keine Selbstverständlichkeit.

Denn: Es besteht für die Vereine der betroffenen Spieler keine Abstellungspflicht. Sie müssen diese nicht für Rio 2016 ziehen lassen.

Das resultiert aus den Bestimmungen des FIFA-Reglements bezüglich Status und Transfer von Spielern. Artikel 1 des Anhang 1 trifft diesbezüglich eine genaue Regelung: Dort wird eine grundsätzliche Verpflichtung der Vereine festgeschrieben. Diese besagt, dass Vereine ihre Spieler für die Verbandsmannschaft ihrer jeweiligen Staatszugehörigkeit abstellen müssen. Wenn der konkrete Spieler nun vom Nationalverband einberufen wird, hat der Verein keine Möglichkeit dem Spieler dies zu verbieten. Jedoch mit einer bedeutsamen Einschränkung: Diese Verpflichtung ist nicht immer gegeben, da die FIFA diese an gewisse Perioden koppelt. Jene werden im sogenannten „koordinierten internationalen Spielkalender“ ausgewiesen. Deshalb sind Vereine nicht verpflichtet, Spieler für Spiele an Terminen abzustellen, die nicht im koordinierten internationalen Spielkalender aufgelistet sind bzw. nicht extra durch Sonderbeschluss des FIFA-Exekutivkomitees zu einem solchen Status erhoben wurden. Das Abstellen der Spieler ist für alle angeführten Austragungen im internationalen Spielkalender sowie für alle Endrunden der Fußballweltmeisterschaft, des FIFA Konföderationen­Pokals und der Wettbewerbe für A-­Verbandsmannschaften der Konföderationen zwingend, sofern der entsprechende Verband Mitglied der ausrichtenden Konföderation ist.

Internationale Großturniere wie die EURO 2016 in Frankreich sind selbstverständlich im Spielkalender ausgewiesen, weshalb sich die Vereine gegen eine Nominierung ihrer Spieler für die Nationalmannschaften nicht zu Wehr setzen konnten. Anders sieht aber die Situation bei den olympischen Spielen aus, denn diese fehlen im Kalender. Dies war auch schon in der Vergangenheit der Fall: vor den olympischen Spielen in Peking im Jahre 2008 wehrten sich der FC Barcelona, Schalke 04 und Werder Bremen erfolgreich vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS 2008/A/1622) gegen Einberufungen ihrer Spieler. Die betroffenen Spieler waren damals Messi, Rafinha und Diego.

Auch bei den „Fußballriesen“ bleiben die meisten Stars von Rio 2016 fern

Neben der Tatsache, dass es keine Abstellungspflicht der Vereine gibt, kommt hinzu, dass die Mannschaftskader einerseits zum Großteil aus Spielern bestehen müssen, die jünger als 23 Jahre sind. Nur drei Spieler dürfen dieses Alter überschritten haben. Zudem besteht der Kader nur aus maximal 20 Mann. Dies ist dem Reglement für die olympischen Fußballspiele zu entnehmen. Die Möglichkeiten der Trainer der Olympiaauswahlen sind also im Gegensatz zu jenen bei der vergangenen Europameisterschaft in Frankreich sehr begrenzt.

Zum Autor:

Mag. Felix Schrutka ist juristischer Mitarbeiter sowie Redaktionskoordinator bei www.lawmeetssports.at. Weiters belegt er den Masterlehrgang „Sportrecht“ an der Donau-Universität Krems.

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