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Der sportrechtliche Jahresrückblick 2023

Der vorliegende Beitrag lässt das sportrechtliche Jahr 2023 nochmals Revue passieren. Ein Jahr, in dem einiges los war. Besonders die Meldungen vom 21. Dezember aus Luxemburg bergen erhebliche Sprengkraft. Die folgenden Ausführungen können keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, sollen den Sportrechtsinteressierten aber einen Überblick bieten.

I. Von den „Gerichten“

Vor Jahren wurde noch kolportiert, dass Streitigkeiten im Sport außerhalb von Gerichtssälen ausgetragen werden. Diese Aussage kann heute nicht mehr aufrechterhalten werden. Obwohl für die Streitschlichtung im Sport primär die Sportgerichtsbarkeit vorgesehen ist, werden zunehmend die ordentlichen Gerichte bemüht:

Den Anfang machen die rezenten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 21. Dezember in den Rechtssachen „European Superleague Company“ (C-333/21), „International Skating Union/Kommission“ (C-124/21 P) und „Royal Antwerp Football Club“ (C-680/21):

Vorauszuschicken ist, dass der EuGH der Super League entgegen dem Narrativ der Medien weder eine Zusage noch eine Absage erteilt hat; das wird in der Pressemitteilung des Gerichtshofs sogar ausdrücklich betont. Eine deutliche Absage hat der EuGH hingegen der Ansicht des Generalanwalts Rantos erteilt (zu seinen Schlussanträgen siehe unseren Beitrag). Der Gerichtshof hat im Wesentlichen festgestellt, dass die Vorschriften der FIFA und der UEFA über die vorherige Genehmigung von Fußballwettbewerben im Widerspruch zum Unionsrecht stehen, konkret zum Wettbewerbsrecht und zur Dienstleistungsfreiheit. Das bedeutet fürs Erste, dass die FIFA und die UEFA ihre Regeln bezüglich der Genehmigung von Alternativwettbewerben reformieren müssen. Sie haben ein transparentes, objektives, nicht-diskriminierendes und verhältnismäßiges (Genehmigungs-)System zu entwickeln. Ob ihnen das gelingt und ob die neuen Pläne der European Superleague Company die zu entwickelnden Genehmigungskriterien in weiterer Folge erfüllen, steht auf einem anderen Blatt und soll hier beiseitegelassen werden (siehe dazu bereits unseren Beitrag). Der Streit um die Super League ist damit also noch nicht zu Ende.

Im Fall der International Skating Union (ISU) hat der EuGH im Wesentlichen geurteilt, dass die Vorschriften der ISU über die vorherige Genehmigung von Eislaufwettbewerben gegen Unionsrecht verstoßen. Grund hierfür ist die Einschränkung des Wettbewerbs zum Nachteil der Athleten, der Verbraucher und des Publikums. Auch hier verlangt der EuGH ein transparentes, objektives und verhältnismäßiges Regelwerk in Bezug auf die Genehmigung von Alternativwettbewerben. Zudem enthält die Entscheidung spannende Ausführungen zur obligatorischen „CAS-Schiedsklausel“. Diesbezüglich könnte sie ebenfalls weitreichende Auswirkungen zeitigen.

Im Lichte dieser beiden Paukenschläge blieb die dritte sportrechtliche Entscheidung des EuGH vom 21. Dezember (zumindest medial) unter dem Radar: Es handelt sich um den Fall „Royal Antwerp Football Club“, bei dem es inhaltlich um die Unionsrechtskonformität der „Homegrown“-Regelungen der UEFA und des belgischen Fußballverbands geht. Demnach müssen acht von 25 Plätzen auf der Kaderliste für solche Spieler reserviert sein, die unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit mindestens drei Jahre lang im Alter zwischen 15 und 21 Jahren von ihrem Klub oder einem anderen Klub desselben nationalen Verbandes ausgebildet wurden; vier davon müssen vom betreffenden Klub ausgebildet worden sein (so die Bestimmungen der UEFA). Der EuGH hat nun entschieden, dass diese Regelungen gegen Unionsrecht, konkret gegen das Wettbewerbsrecht und die Arbeitnehmerfreizügigkeit verstoßen könnten. Nach Ansicht des Gerichtshofs liegt es aber in der Verantwortung des nationalen Gerichts, dies zu beurteilen. Für die Beurteilung gibt der EuGH dem nationalen Gericht zumindest ein paar Leitlinien an die Hand (zu diesem Fall werde ich in Kürze einen wissenschaftlichen Aufsatz verfassen).

Auch die Causa rund um die Mittelstreckenläuferin Caster Semenya ist um eine Facette reicher. Wir erinnern uns: Im Jahr 2019 hat der Internationale Sportgerichtshof (CAS) festgestellt, dass die „DSD-Bestimmungen“ (Anmerkung: haben Testosteronwerte zum Gegenstand) zwar diskriminierend wären, eine solche Diskriminierung jedoch als „notwendig, angemessen und verhältnismäßig“ zu betrachten sei, wenn damit das höhere Ziel, nämlich die „Integrität der Frauen-Leichtathletik“ geschützt werde (siehe dazu bereits unseren Beitrag). Auch vor dem Schweizerischen Bundesgericht blitzte die Olympiasiegerin aus Südafrika in weiterer Folge ab. Im Jahr 2023 konnte Semenya hingegen einen juristischen Erfolg einfahren: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) stellte in ihrer Sache mehrere Verstöße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) fest, darunter beispielsweise Verstöße gegen das Diskriminierungsverbot, das Recht auf Achtung des Privatlebens und das Recht auf eine wirksame Beschwerde (zur Pressemitteilung des EGMR).

Bitter lief es hingegen für den 1. FC Köln vor dem Sportgerichtshof in Lausanne: Der CAS bestätigt die von der FIFA ausgesprochene Transfersperre für zwei Wechselperioden. Ausgangspunkt war der Transferstreit um den damals 16-jährigen Spieler Jaka Cuber-Potocnik vom NK Olimpija Ljubljana. Dem deutschen Bundesligisten wurde Anstiftung zum Vertragsbruch vorgeworfen. Der CAS hat die Beschwerde des Klubs nunmehr verworfen und die Transfersperre bestätigt (zur Pressemitteilung des CAS). Diese Entscheidung ist nicht zuletzt in Anbetracht der sportlichen Situation des 1. FC Köln (nur zehn Punkte aus 16 Spielen und die Entlassung des Langzeittrainers Steffen Baumgart) fatal.

Weltweit sind zahlreiche Gerichte mit der Einführung des neuen Reglements für Football Agents befasst (zum Reglement unten II.), darunter beispielsweise ein Verfahren vor dem CAS: Dieser hat die Klage der Professional Football Agents Association auf Unvereinbarkeit des neuen Reglements mit dem Unionsrecht mit Schiedsspruch vom 24. Juli abgewiesen (zum Schiedsspruch). Damit ist die Debatte über das Reglement aber keinesfalls beendet. In zahlreichen Ländern sind entsprechende Verfahren anhängig, so beispielsweise auch in Deutschland: Während das Landgericht Dortmund die Regelungen in einem Verfügungsverfahren vorerst ausgesetzt hat, ersucht das Landgericht Mainz den EuGH um eine Vorabentscheidung (siehe dazu folgenden Blogbeitrag). Es geht um grundsätzliche Fragen der Vereinbarkeit des Reglements für Football Agents mit dem europäischen Kartellrecht und der Dienstleistungsfreiheit (zum Vorabentscheidungsersuchen). Die Antworten des EuGH werden die Marschrichtung festlegen.

In Österreich sorgte eine Entscheidung des OLG Linz für Aufsehen: Anlass des Streits zwischen einem Klub der Österreichischen Fußball-Bundesliga und einem Spieler war eine Verschwiegenheitsklausel im Aufhebungsvertrag. Demnach habe sich der Spieler jeglicher kritischen Äußerung über den Klub, dessen Vertreter und Mitarbeiter sowie sein Arbeitsverhältnis mit dem Klub gegenüber Dritten, insbesondere den Medien, zu enthalten (im Folgenden: „Kritikverbot“) und über alle ihm im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis bekannt gewordenen Interna uneingeschränkt und unbefristet strengstens Stillschweigen zu bewahren (im Folgenden: „Geheimhaltungsvereinbarung“). Während das OLG Linz die „Geheimhaltungsvereinbarung“ als grundsätzlich zulässig erachtete, bewertete es das „Kritikverbot“ als sittenwidrig (ausführlich dazu meine Entscheidungsbesprechung in der SpoPrax).

In Deutschland schlug das „Karriereende“ des Schiedsrichters Manuel Gräfe hohe Wellen (zum Sachverhalt siehe unseren Beitrag). Grund für das Aus ist eine interne „Richtlinie“ des Deutschen Fußballbundes (DFB), wonach für Schiedsrichter in der Bundesliga mit Erreichen eines gewissen Alters (in vorliegenden Fall: 47 Jahren) Schicht im Schacht ist. Das wollte der ehemalige Schiedsrichter nicht auf sich sitzen lassen und klagte den DFB vor dem Landgericht Frankfurt am Main wegen Altersdiskriminierung. Das Gericht gab Gräfe grundsätzlich Recht und verurteilte den DFB auf Zahlung einer Entschädigung für den Nichtvermögensschaden in Höhe von EUR 48.500,00 gemäß § 15 Abs 2 Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (zum Urteil).

Ebenfalls in Deutschland hatte sich das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Klassifizierungen im paralympischen Schwimmsport zu beschäftigen und dabei eine wegweisende Entscheidung für den Parasport getroffen. Fußnote: Die Klassifizierung entscheidet über die Einteilung der Athleten in die jeweiligen Klassen. Das Gericht gab der Berufung des brasilianischen Para-Schwimmsportlers André Brasil statt und sprach ihm Schadenersatz in Höhe von EUR 47.178,00 nebst Zinsen zu. Inhaltlich hat es im Wesentlichen festgestellt, dass der vertragliche Ausschluss der gerichtlichen Kontrolle von Klassifizierungsentscheidungen unwirksam ist und der Verband bei Änderung der Klassifizierungsregeln Übergangsfristen zu implementieren hat (zum Urteil).

II. Aus dem „Parlament“

Mit der Professionalisierung und Kommerzialisierung im Sport geht eine Verrechtlichung einher. So treten neben die allseits bekannten (verbandsrechtlichen) Spiel- und Sportregeln zunehmend allgemeingültige Rechtsregeln, die überwiegend die Rahmenbedingungen des sportlichen Systems zum Gegenstand haben. Obwohl die Verrechtlichung des Sports bereits weit fortgeschritten ist, gibt es doch noch einiges zu tun, um tatsächlich Rechtssicherheit für Sportler, Vereine und Verbände zu schaffen. Bevor auf die Vorhaben des österreichischen Gesetzgebers eingegangen wird, erfolgt eine kurze Darstellung zweier Regelwerke der ursprünglichen Regulatoren im Sport:

Die FIFA hat zum Jahreswechsel ein neues Reglement für Football Agents auf den Weg gebracht: „FIFA Football Agents Regulations“ (kurz FFAR). Damit möchte der Weltverband sicherstellen, dass gewisse Mindeststandards für Football Agents bestehen und ihr Verhalten mit den Zielen des Transfersystems vereinbar ist. Zu diesem Zweck wurden unter anderem eine Lizenz- und Fortbildungspflicht, ein Bestellerprinzip, ein Verbot von Mehrfachvertretungen sowie Provisionsobergrenzen festgelegt. Angesichts der Eingriffsintensität kann es nicht überraschen, dass der Vorstoß der FIFA für Aufregung sorgte. Zuallererst ist bereits fraglich, ob der Weltverband überhaupt eine Rechtsetzungskompetenz im Bereich Berufsausübungsregeln für Football Agents besitzt. Als einer der inhaltlichen Hauptkritikpunkte gilt die Einführung der Provisionsobergrenzen (siehe dazu mein Beitrag im PLAYER’S MAGAZINE). Inzwischen wurden bereits diverse Gerichte mit dem Reglement befasst (siehe dazu bereits oben I.). Gewisse Landesverbände haben sich daher entschieden, die entsprechenden Regelungen vorerst auszusetzen (darunter auch der ÖFB). Gestern, am 30. Dezember, ist die FIFA schließlich gleichgezogen. In einem Zirkular teilte der Weltverband mit, dass gewisse Bestimmungen vorübergehend ausgesetzt werden und man die Entscheidung des EuGH abwarten möchte (zum Zirkular Nr. 1873).

Ebenfalls für Schlagzeilen sorgte eine neue Regelung in der Formel 1: Gemäß Artikel 12.2.1.n International Sporting Code der Federation Internationale de l’Automobile (FIA) stellen politische, religiöse und persönliche Äußerungen oder Kommentare, insbesondere jene, die den in den Regularien festgeschriebenen Grundsatz der Neutralität verletzen, einen Regelverstoß dar; es sei denn, der Fahrer hat zuvor eine schriftliche Genehmigung eingeholt. Die vorgesehenen Strafen reichen von Verwarnungen über Geldbußen bis hin zu Suspendierungen und Ausschlüssen (siehe dazu unseren Beitrag). Die Vereinbarkeit der Regelung mit grundrechtlichen Garantien wie der Meinungsfreiheit ist in Zweifel zu ziehen. Damit rückte einmal mehr das umstrittene Verhältnis von Sport und Politik ins Zentrum.

In Österreich wurde der Ministerialentwurf eines Gemeinnützigkeitsreformgesetzes präsentiert. Damit soll die Spendenabzugsfähigkeit auch im Bereich des Sports durch die generelle Anknüpfung an die gemeinnützigen Zwecke im Sinne der Bundesabgabenordnung (BAO) ermöglicht werden. Apropos Gemeinnützigkeit: Die ausdrückliche Klarstellung der Gemeinnützigkeit des eSports lässt trotz Ankündigung von Regierungsvertretern weiterhin auf sich warten.

Und jährlich grüßt die Idee eines Berufssportgesetzes: Am 29. März fassten Abgeordnete des österreichischen Parlaments (erneut) einen entsprechenden Entschließungsantrag. Damit wurde der Sportminister ersucht, unter Einbindung der jeweils zuständigen Ressorts, des organisierten Sports, der Sozialversicherung und der Sozialpartner konkrete Problemfelder für im Berufssport tätige Personen zu identifizieren und Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten. Durch einen neuen rechtlichen Rahmen sollen die Bedingungen für sportspezifische Berufe im Arbeits-, Abgaben- und Sozialversicherungsrecht durch Anerkennung der Spezifika des Sports mit Hilfe von sachgerechten rechtlichen Lösungen verbessert werden (zum Entschließungsantrag). Dass der Gedanke eines gesetzlichen Sonderrechts für den Sport seit Jahrzehnten kursiert, ist allgemein bekannt. Es bleibt zu hoffen, dass 2024 nunmehr Taten folgen.

Gleiches gilt für den eSport: Auch hier ist der österreichische Gesetzgeber gefragt. Die Empfehlungen der ministeriellen Expertengruppe vom Sommer 2021 wurde bislang nicht umgesetzt (siehe dazu unseren Beitrag). Ein Antrag der NEOS, bis zum ersten Quartal 2024 ein „eSport-Gesetzespaket“ vorzulegen, wurde im Dezember im Sportausschuss ebenfalls bloß vertagt.

Auch in der österreichischen Rechtswissenschaft ist der eSport trotz seiner gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Relevanz bislang weitgehend unbehandelt geblieben. Diese Lücke wurde im Oktober mit dem ersten umfassenden Praxiswerk zum eSport-Recht geschlossen (zum Werk). In zehn Kapiteln geben fachkundige AutorInnen einen Überblick über die Einordnung der juristischen Querschnittsmaterie eSport in die österreichische Rechtsordnung. Darunter finden sich neben einer Einführung praxisnahe Kapitel zum Arbeitsrecht, Glücksspiel- und Wettrecht, Kartellrecht, Steuerrecht, Sozialrecht, Urheberrecht, Veranstaltungsrecht, Vereinsrecht und Zivilrecht – #eigenwerbung Ende!

III. Sonstiges

Abgerundet wird der vorliegende Jahresrückblick mit einem bunten Strauß an weiteren sportrechtlichen Themen:

Nachdem sich sämtliche Berufsfußballer der neu gegründeten „VdF – die Spielervereinigung“ angeschlossen haben (siehe dazu unseren Beitrag), stellte die Organisation im April einen Antrag auf Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit beim zuständigen Bundeseinigungsamt. Damit kämpfen die Fußballer der Österreichischen Fußball-Bundesliga (ÖFBL) darum, sich in Kollektivvertragsverhandlungen mit der ÖFBL zukünftig selbst vertreten zu können. Nach zwei Verhandlungstagen im November wartet die gesamte Fußballbranche gespannt auf die Entscheidung des Bundeseinigungsamtes.

In Deutschland sorgte der „Investorendeal“ der Deutschen Fußball Liga (DFL) für erhitzte Gemüter. Bei der entsprechenden Abstimmung im Rahmen der DFL-Mitgliederversammlung im Dezember votierten 24 der 36 Fußballklubs der Bundesliga und 2. Bundesliga mit „Ja“, sodass die erforderliche Mehrheit erreicht wurde. Was das Gros der organisierten Fanszene davon hält, ist allgemein bekannt. Ob die Abstimmung ein juristisches Nachspiel haben wird, ist hingegen unklar. Anlass dazu könnte das Abstimmungsverhalten von Hannover 96-Geschäftsführer Martin Kind geben. Dieser hat vom Mutterverein (Hannoverscher Sportverein von 1896 e.V.) die Weisung erhalten, gegen den Einstieg zu stimmen. Ohne sein Abstimmungsverhalten tatsächlich zu kennen, ist zu beobachten, dass der Fall auch eine Debatte über die „50+1-Regel“ losgetreten hat (zur 50+1-Regel siehe unseren Beitrag).

Hierzulande machten Schlagzeilen wie „Toni Polster klagt den Österreichischen Fußball-Bund (ÖFB) auf Anerkennung von Spielen und Tore“ (Kleine Zeitung) kurz vor Weihnachten die Runde. Dass der Rekordtorschütze eines Nationalteams seinen eigenen Verband klagt, ist keinesfalls üblich. Worum geht es? Polster hat insgesamt 47 Länderspieltore erzielt, in der Statistik des ÖFB scheinen jedoch nur 44 Treffer auf; drei Tore wären bei „inoffiziellen“ Länderspielen erzielt worden, die in der Statistik nicht aufscheinen, so der ÖFB. Dies möchte Polster nun mittels Klage ändern (siehe dazu beispielsweise folgenden Beitrag). Im Prozess geht es nun unter anderem um die Frage, wer die Hoheit über die Länderspielstatistik hat – die FIFA oder doch der ÖFB?

Ähnlich stellt sich die Ausgangslage zwischen Leonardo Bonucci und Juventus Turin dar: Der italienische Innenverteidiger stand über 12 Jahre bei der „alten Dame“ unter Vertrag und absolvierte in diesem Zeitraum 357 Spiele. Eine Lovestory, könnte man meinen. Das wird auf den Großteil der Zeit freilich zutreffen, aber wie so oft in Beziehungen: Am Ende geht man im Streit auseinander. So auch hier. Bonucci soll das Training mit der ersten Mannschaft und der Kontakt zum Trainerteam verwehrt worden sein; auch der Zugang zu Teilen des Vereinsgeländes, wie beispielsweise dem Fitnessraum soll tabu gewesen sein. Juventus wollte den Abwehrspieler mit diesen Maßnahmen wohl zu einem Wechsel bewegen. Genauso ist es schließlich auch gekommen, zumal Bonucci im Sommer zu Union Berlin gewechselt ist. Das Verhalten seines ehemaligen Arbeitgebers wollte er allerdings nicht einfach so hinnehmen und zog laut übereinstimmenden Medienberichten rechtliche Schritte in Erwägung (siehe dazu beispielsweise folgenden Beitrag). Es gehe um den Imageschaden, den der italienische Nationalspieler aufgrund der unzureichenden Trainingsbedingungen erlitten hat. Ob eine solche Klage Erfolg hätte, kann hier mangels Kenntnis des italienischen Rechts nicht beurteilt werden. Der Sachverhalt erinnert jedoch etwas an eine höchstgerichtliche Entscheidung des OGH aus dem Jahr 2022, die eine Klage eines Eishockeyspielers aufgrund einer behaupteten Marktwertminderung zum Gegenstand hatte (siehe dazu unseren Beitrag).

Hohe Wellen schlug ferner die Causa Anwar El Ghazi: Der niederländische Angreifer wurde vom 1. FSV Mainz 05 am 3. November aufgrund von propalästinensischen Äußerungen und Posts in den sozialen Medien mit sofortiger Wirkung gekündigt (zur Pressemitteilung des Klubs). Der Klub reagierte auf die Äußerungen El Ghazis zunächst mittels Freistellung und sprach nach mehreren Gesprächen eine Abmahnung aus, weil sich der Spieler gegenüber dem Vorstand deutlich von seinen Äußerungen distanziert haben soll (zur Pressemitteilung des Klubs). Während der Klub El Ghazi folglich eine zeitnahe Rückkehr in den Trainings- und Spielbetrieb in Aussicht gestellt hatte, äußerte sich dieser kurz darauf abermals in den sozialen Medien und distanzierte sich vom Inhalt der Pressemitteilung des Klubs. Infolgedessen hat der Klub das Vertragsverhältnis mit sofortiger Wirkung gekündigt. Medienberichten zufolge soll der Spieler indessen eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Mainz eingereicht haben. Der Streit geht also in die nächste Runde.

Auch dem deutschen Boxer Felix Sturm könnte ein Posting in den sozialen Medien zum Verhängnis werden. Ein Heilpraktiker veröffentlichte im Jänner ein Foto auf Instagram, auf dem der Boxer auf einer Liege liegt und eine Infusion bekommt. Ausweislich medialer Berichterstattung soll diese Infusion zu den für Leistungssportler verbotenen Methoden nach der Verbotsliste der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) gehören (zum Bericht der Sportschau). Das hat die deutsche Nationale Anti-Doping Agentur (NADA) auf den Plan gerufen. Ob Sturm bzw. dem Heilpraktiker nun tatsächlich rechtliche Konsequenzen drohen, ist derzeit noch unklar.

IV. Ausblick

Der Streifzug durch das sportrechtliche Jahr 2023 hat die Vielseitigkeit der Materie Sportrecht einmal mehr unter Beweis gestellt. Wir bleiben jedenfalls dran und freuen uns auf ein spannendes Jahr 2024: Welche Auswirkungen haben die EuGH-Entscheidungen in den Rechtssachen „European Superleague Company“, „International Skating Union/Kommission“ und „Royal Antwerp Football Club“? Dürfen sich die österreichischen Fußballer in Kollektivvertragsverhandlungen mit der ÖFBL zukünftig selbst vertreten? Und bekommen wir endlich ein Berufssportgesetz?

Mit diesem Ausblick wünsche ich euch ein gesundes und erfolgreiches neues Jahr – bleibt am Ball!

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Der sportrechtliche Jahresrückblick 2022

Der vorliegende Beitrag lässt das sportrechtliche Jahr 2022 nochmals Revue passieren. Ein Jahr, in dem abermals Krisen ihre Spuren hinterließen. Krisen, die rechtliche Fragestellungen in der Sportwelt zutage förderten. Doch auch abseits davon tat sich sportrechtlich einiges. Die folgenden Ausführungen können keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, sollen den Sportrechtsinteressierten aber einen Überblick bieten.

I. Von den Gerichten

Vor Jahren wurde noch kolportiert, dass Streitigkeiten im Sport außerhalb von Gerichtssälen ausgetragen werden. Diese Aussage kann heute keinesfalls mehr aufrechterhalten werden. Wenngleich für rechtliche Problemstellungen im Sport primär die Sportsgerichtsbarkeit vorgesehen ist, werden im Zuge von sportrechtlichen Streitigkeiten zunehmend die staatlichen Gerichte bemüht:

Den Anfang macht die Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) in der Causa Pechstein. Kurz zur Vorgeschichte: Claudia Pechstein wurden im Rahmen der Eisschnelllauf-Mehrkampfweltmeisterschaft 2009 im norwegischen Hamar erhöhte Blutwerte nachgewiesen, woraufhin die International Skating Union (ISU) eine zweijährige Sperre wegen Dopings verhängte. Dagegen zog die Deutsche vor den Internationalen Sportgerichtshof (CAS). Ohne Erfolg. Auch vor dem Schweizerischen Bundesgericht war für die Eisschnellläuferin nichts zu holen. Es folgten ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) und ein Zivilprozess in Deutschland. Als wäre diese Liste nicht bereits lange genug, hat sich nun auch noch das BVerfG zu Wort gemeldet:

Mit Beschluss vom 3. Juni 2022 (1 BvR 2103/16) hat das BVerfG der Verfassungsbeschwerde von Pechsteinstattgegeben. Das BVerfG ortete in der Entscheidung des deutschen Bundesgerichthofs (BGH), wonachPechsteins Klage wegen einer zugunsten des CAS vereinbarten Schiedsklausel unzulässig sei, eine Verletzung des Justizgewährungsanspruches (Art 2 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 Grundgesetz). Der BGH habe die Bedeutung des Anspruchs auf Öffentlichkeit des Verfahrens verkannt. Die vorgenommene Abwägung zwischen dem Justizgewährungsanspruch und der Vertragsfreiheit sowie der Verbandsautonomie entspreche nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen (für die Kernaussagen des BVerfG siehe unseren Beitrag).

Weiter geht es mit einer Entscheidung der Ad Hoc Division des CAS bei den Olympischen Winterspielen in Peking. Aufgrund dieser Entscheidung war es einer erst 15-jährigen Eiskunstläuferin namens Kamila Valieva – trotz Vorliegen einer positiven Dopingprobe – möglich, an der Kür des olympischen Einzelwettkampfs der Frauen im Eiskunstlauf teilzunehmen. Die Verhinderung der Teilnahme am Wettkampf würde eine irreversible Schädigung der Athletin bedeuten, sodass das Panel der Ad Hoc Division die Aufhebung der vorläufigen Suspendierung nach Durchführung einer Interessensabwägung bestätigte (siehe dazu unseren Beitrag).

Ferner bestätigte der CAS den Ausschluss von russischen Auswahl- und Klubmannschaften von Bewerben der FIFA und UEFA. Die Richter betonten zunächst die unvorhersehbaren und noch nie dagewesenen Umstände, auf welche die FIFA und die UEFA hätten reagieren müssen. Die Sportverbände hätten sodann im Rahmen des ihnen durch ihre Satzungen eingeräumten Ermessensspielraums gehandelt (2022/A/8708 und 2022/A/8709). Über die Sanktionen der Sportverbände gegen Russland haben wir auch mit Professor Orth gesprochen (höre dazu unsere Podcast-Folge).

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte sich auch im abgelaufenen Jahr mit einem spanischen Fußballverein zu beschäftigen. Den Anlass dazu gaben einmal mehr staatliche Beihilfen Spaniens, diesmal zugunsten des FC Valencia. Der EuGH hat das Rechtsmittel der Kommission, welche die Beihilfen mittels Beschluss vom 4. Juli 2016 als rechtswidrig und mit dem Binnenmarkt unvereinbar im Sinne des Art 107 AEUV qualifiziert hat, zurückgewiesen (C-211/20 P).

Apropos EuGH: Dieser hat sich im neuen Jahr mit zwei äußerst brisanten Fällen zu befassen. Die Rede ist von den Rechtssachen „European Superleague Company“ und „International Skating Union/Kommission“. Die Schlussanträge dazu hat Generalanwalt Rantos am 15.12.2022 erstattet. Nach der rechtlichen Einschätzung des Generalanwalts sind die FIFA/UEFA-Regeln, die jeden neuen Wettbewerb von einer vorherigen Genehmigung abhängig machen, mit dem Wettbewerbsrecht der EU vereinbar (siehe dazu unseren Beitrag). In eine ähnliche Kerbe schlagen die Schlussanträge zur „International Skating Union“, in welchen der Generalanwalt die Aufhebung des die Wettbewerbswidrigkeit der Regeln der International Skating Union bestätigenden Urteils des europäischen Gerichts vorschlägt (siehe dazu die Pressemitteilung).

In Österreich hatte sich der Oberste Gerichtshof (OGH) im vergangenen Jahr beispielsweise mit urheberrechtlichen Exklusivlizenzen für Sportübertragungen auseinanderzusetzen (4 Ob 219/21s). Klarstellend hielt er dazu fest, dass die Aufführung von Live-Übertragungen von Spielen der UEFA Champions League vom Medienkonzern Sky (einem Linzer Gastwirt) untersagt werden kann, weil die UEFA dem Konzern für das Lizenzgebiet Österreich die entsprechenden Exklusivrechte eingeräumt hat (siehe dazu unseren Beitrag).

Weitere Entscheidungen des OGH betrafen die Verkehrssicherungspflichten bei Sportveranstaltungen (9 Ob 85/21x), die Aufklärungspflichten eines Sportveranstalters (2 Ob 105/21m sowie 8 Ob 15/22x), den Unfall bei einer Seilschaft (9 Ob 4/22m) sowie Fragen der Wegehalterhaftung im Sinne des § 1319a ABGB nach einem Mountainbike-Unfall (1 Ob 19/22h).

II. Aus dem Parlament

Mit der Professionalisierung und Kommerzialisierung im Sport geht eine Verrechtlichung einher. So treten neben die allseits bekannten (verbandsrechtlichen) Spiel- und Sportregeln zunehmend allgemein gültige Rechtsregeln, die überwiegend die Rahmenbedingungen des sportlichen Systems regeln sollen. Obgleich die Verrechtlichung des Sports bereits weit fortgeschritten ist, gibt es doch noch einiges zu tun, um tatsächlich Rechtssicherheit für die Sportler, Vereine und Verbände zu schaffen.

Der Nationalrat hat am 13. Dezember 2022 eine Erhöhung der Pauschalen Reiseaufwandsentschädigung (kurz: PRAE) beschlossen. Um die ehrenamtliche Tätigkeit zu fördern und dem Umstand der hohen Inflation Rechnung zu tragen, wird die PRAE ab 1. Jänner 2023 von 540 Euro auf 720 Euro erhöht und der Betrag pro Einsatztag verdoppelt (maximal 120 Euro pro Einsatztag). In Regierungskreisen wird die Erhöhung als „Meilenstein“ bezeichnet (so der Vizekanzler). Auch in den Kreisen des organisierten Sports wird überwiegend laut gejubelt (siehe beispielsweise das Statement der Interessenvertretung Sport Austria). Ob die Erhöhung der PRAE tatsächlich nur Anlass zum Jubeln gibt, steht auf einem anderen Blatt und soll hier beiseitegelassen werden.

Davon abgesehen gibt es aus dem österreichischen Parlament wenig zu berichten. Wiewohl sich die Etablierung eines Berufssportgesetzes auch im aktuellen Regierungsprogramm wiederfindet, heißt es weiter: „Bitte warten!“ Gleiches gilt für den eSport. Wie bereits im Jahresrückblick 2021 berichtet, haben Experten im Sommer 2021 gewisse Empfehlungen zur rechtlichen Einordnung an die Politik herangetragen. Seither liegt der Ball beim Gesetzgeber.

Demgegenüber schickt sich die Europäische Union nun an, geeignete Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Entwicklung der eSport- und Gaming-Industrie zu schaffen. Ausgehend von einer umfassenden Studie von Nothelfer/Scholz (Esports – Background Analysis) verabschiedete das Europäische Parlament am 10. November 2022 eine Resolution zu eSport und Gaming (2022/2027[INI]). Wie sich der Prozess nun entwickelt, bleibt abzuwarten.

Von den „ursprünglichen“ Regelsetzern im Sport, die Sportverbände, gibt es hingegen einiges zu berichten: Die neuen Regelungen der Formel-1 (siehe dazu unseren Beitrag), die neuen FIFA-Bestimmungen zur Spielerleihe (siehe dazu hier) und das UEFA-Reglement zur finanziellen Nachhaltigkeit (siehe dazu unseren Beitrag) seien aus der Fülle exemplarisch herausgegriffen.

III. Kurioses

Mitunter ereignen sich auch kuriose Geschichten im Sport(-recht), die in einem Jahresrückblick ebenfalls nicht fehlen dürfen.

Dazu gehört beispielsweise der Fall des französischen Nationalspielers Antoine Griezmann, der zu Beginn der Spielzeit 2022/23 nicht der Startelf von Atlético Madrid angehörte. Der Offensivspieler wurde vielmehr regelmäßig nach einer Stunde eingewechselt. So weit, so gut, darin liegt noch nicht das Kuriosum (gleichwohl Fans des Franzosen unter Umständen das Gegenteil behaupten würden). Kurios wird es spätestens dann, wenn man sich den Hintergrund vergegenwärtigt: Der Leihvertrag soll eine „Kauf“-Verpflichtung in Höhe von 40 Millionen Euro beinhalten, die von der Bedingung abhängig ist, dass der Spieler in 50 % der Pflichtspiele über mindestens 45 Minuten eingesetzt wird (für eine juristische Bewertung siehe den Gastbeitrag von Fischinger/Kolomiyets).

Vielen bleibt gewiss auch das Wechselchaos im Bundesligaspiel zwischen Freiburg und Bayern München in Erinnerung. Aufgrund der Anzeige einer falschen Rückennummer auf der elektronischen Wechseltafel waren auf Seiten der Bayern für knapp 20 Sekunden zwölf – anstatt der erlaubten elf – Spieler auf dem Feld. Daraufhin beeinspruchte der SC Freiburg die Spielwertung der Partie beim DFB-Sportgericht. Dieses sah die Verantwortung für das Wechselchaos aber nicht beim deutschen Rekordmeister, sondern beim Schiedsrichterteam. Der FC Bayern München behielt also die drei Punkte (ausführlich dazu unser Beitrag).

Bleiben wir gleich in der Deutschen Fußball-Bundesliga: Auch ein Torjubel von Anthony Modeste stellte sich durchaus kurios dar. Nach dem Führungstreffer für den 1. FC Köln gegen Arminia Bielefeld hielt Torschütze Anthony Modeste eine Packung seiner eigenen Kaffeemarke in die Kamera. Obwohl der Stürmer keine Verwarnung durch den Schiedsrichter erhielt, untersuchte der Kontrollausschuss des DFB den Vorfall. Anthony Modeste kam schließlich mit einem blauen Auge davon – der DFB-Kontrollausschuss stellte das Verfahren mit Zustimmung des DFB-Sportgerichts ein. Der Fall macht deutlich, dass ein Torjubel sportrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Die obligatorische Verwarnung für das Ausziehen des Trikots ist allgemein bekannt. Abgesehen davon stellen sich aber weitere Fragen: Wie ausgelassen darf man jubeln? Wann erhält man eine gelbe Karte? Und in welchen Fällen kann man sogar im Nachhinein gesperrt werden? Hierfür lohnt sich zunächst ein Blick auf Regel 12.3. der Spielregeln des International Football Association Board (IFAB), wobei gewisse Jubel dem Regelhüter einiges an Auslegungsgeschick abverlangt.

Hohe Wellen schlug nicht zuletzt ein Streit in der Schachwelt. Anlass dazu gaben zwei Aufeinandertreffen zwischen dem Schachweltmeister Magnus Carlsen und Hans Moke Niemann. In beiden Duellen hatte der Weltmeister das Nachsehen, wobei er in der zweiten bereits nach einem Zug aufgab. Auf Twitter äußerte er anschließend Betrugsvorwürfe gegen seinen Kontrahenten: „Ich glaube, dass Niemann mehr – auch in letzter Zeit – betrogen hat, als er öffentlich zugegeben hat“. Die Antwort von Hans Moke Niemann in Form einer 100-Millionen-Dollar-Verleumdungsklage ließ nicht lange auf sich warten. Der Fall hat nicht zuletzt eine Debatte über Cheating in der Schachwelt losgetreten (für eine juristische Einordnung siehe Rinteln, SpoPrax 2022/488).

IV. Sonstiges

Der Kollektivertrag für Fußballspieler der der Österreichischen Fußball-Bundesliga gilt als Paradebeispiel einer sportspezifischen Sonderregelung. Darüber sind sich alle Beteiligten einig. Abgeschlossen wurde der Kollektivvertrag bislang zwischen der Österreichischen Fußball-Bundesliga und dem Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB), younion _ Die Daseinsgewerkschaft für die Fachgruppe Vereinigung der Fußballer. Es ist hinlänglich bekannt, dass nunmehr sämtliche Berufsfußballer aus dem ÖGB ausgetreten sind und sich einer neu gegründeten „Spielervereinigung“ angeschlossen haben (dazu etwa hier). Damit drängt sich die Frage auf, wer künftig das Recht hat, den Kollektivertrag für Fußballspieler auf Arbeitnehmerseite abzuschließen (für eine ausführliche Auseinandersetzung siehe unseren Beitrag).

Ein weiteres Erfolgsmodell im österreichischen Fußball ist der sogenannte Österreichertopf. Damit soll der Einsatz österreichischer Spieler in der Fußball-Bundesliga finanziell gefördert werden. Ob die Eingangsthese selbst heute noch Gültigkeit beanspruchen kann, ist fraglich. Denn Medienberichten zufolge verzichtet mittlerweile fast die halbe Liga auf die Förderungen aus dem Topf (siehe dazu etwa folgenden Bericht). Die Gemengelage erinnert den Sportinteressierten höchstwahrscheinlich an die Situation im Handballsport, wo im abgelaufenen Jahr ebenfalls über eine Förderregelung zugunsten österreichischer Spieler diskutiert wurde (dazu hier). Rechtlich ist beiden Systemen gemein, dass sie vor dem Hintergrund des Unionsrechts kaum bestehen können (dazu erscheint in Kürze eine umfassende Fachpublikation im Tagungsband „Sport im Öffentlichen Recht“).

Kurz vor Jahreswechsel ließ die Fußball-Bundesliga mit einer Änderung der Lizenzbestimmungen aufhorchen. Demnach wurde die Förderung des Frauenfußballs und Corporate Social Responsibility-Bestimmungen als verpflichtendes B-Kriterium eingeführt. Ersteres kann „entweder durch eine eigene Mannschaft, eine Kooperation oder durch weitere Maßnahmen erfüllt werden, die den Frauenfußball entsprechend fördern“, teilte die Fußball-Bundesliga in einer ersten Stellungnahme mit. Zweiteres umfasst die verpflichtende Nennung einer verantwortlichen Person für den Bereich „Fußball und soziale Verantwortung“ sowie ein Strategiepapier und Maßnahmen in den Bereichen Gleichstellung und Inklusion, Bekämpfung von Rassismus, Kinder- und Jugendschutz, Fußball für alle (Stichwort: Barrierefreiheit) und Umweltschutz.Außerdem wurde bezüglich der finanziellen Nachhaltigkeit und des beständigen Abbaus von negativem Eigenkapital ein neues C-Kriterium implementiert (für eine generelle Übersicht über das Lizenzverfahren siehe unseren Beitrag).

Für Schlagzeilen sorgte auch der Becherwurf im Oberösterreich-Derby zwischen dem LASK und der SV Ried. Der Vorfall gab Anlass, um über die rechtlichen Implikationen von Fehlverhalten der Fans zu diskutieren. Die zentrale verbandsrechtliche Bestimmung in diesem Dunstkreis ist § 116 Abs 3 ÖFB-Rechtspflegeordnung, die besagt, dass ein Verein für bestimmte Fälle von unangemessenem Verhalten seiner Anhänger zu bestrafen ist, selbst wenn der Verein nachweisen kann, dass ihn bei der Organisation des Spiels kein Verschulden trifft (für eine ausführliche Analyse des Vorfalls höre unsere Podcast-Folge).

Last, but not least ist auch einer der vielen „Nebenschauplätze“ der wohl umstrittensten Fußball-Weltmeisterschaft aller Zeiten zu erwähnen: Kurz vor dem Anpfiff stand die Kapitänsbinde im Fokus (Stichwort: „One Love-Armbinde“). Abermals. Bereits bei der Fußball-Europameisterschaft 2020 gab es Diskussionen über die Binde, die der Kapitän einer Mannschaft als Erkennungszeichen am Oberarm trägt (siehe dazu unseren Beitrag). Wer die Debatte als trivial abstempelt, hat das Problem dahinter nicht verstanden: Es handelt sich um eine Diskussion, die weit über die Sportwelt hinausreicht; es geht um Werte sowie das Verhältnis zwischen Sport und Politik. Dass sich die großen Sportverbände damit schwertun, war in den letzten Jahren nur unschwer zu erkennen. Spätestens bei der Pokalübergabe zeigte sich in diesem Punkt die Doppelmoral des Veranstalters.

V. Ausblick

Ein Streifzug durch das sportrechtliche Jahr 2022 stellt die Vielseitigkeit der Materie Sportrecht einmal mehr unter Beweis. Wir bleiben jedenfalls dran und freuen uns bereits auf ein spannendes Jahr 2023: Wie entscheidet der EuGH die Rechtssachen „European Superleague Company“ und „International Skating Union/Kommission“? Kommen wir dem Berufssportgesetz ein Stück weit näher? Werden die Empfehlungen zur rechtlichen Einordnung des eSports endlich umgesetzt?

Mit diesem Ausblick wünschen wir euch ein gesundes und erfolgreiches neues Jahr! Unsere Neujahrsvorsätze: Content und (dieses Mal wirklich) das ein oder andere LAW MEETS SPORTS-Event – Bleibt am Ball!

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Die Folgen des Austritts der Fußballer aus dem ÖGB

Der Kollektivertrag der Fußballer* ist eine Errungenschaft, um die uns international viele Kolleginnen und Kollegen beneiden. Viele arbeitsrechtliche Unklarheiten, die dem Sport aufgrund seiner Besonderheiten immanent sind (Arbeit findet vorwiegend abends und an Wochenenden statt, befristete Arbeitsverhältnisse, verbandsrechtliche Vorgaben hinsichtlich Transfers etc.), werden im Kollektivvertrag fair und umfassend geregelt.

* Der Kollektivvertrag heißt im Original: Kollektivvertrag für Fußballspieler/innen der Österreichischen Fußball-Bundesliga. Nachdem es in der Österreichischen Fußball-Bundesliga aber keine Frauen gibt (die Bundesliga der Damen wird vom ÖFB und nicht von der Fußball-Bundesliga organisiert), wird nicht aus Gründen der Lesbarkeit, sondern aufgrund der Tatsache, dass die Thematik aktuell ausschließlich den Männerfußball betrifft, im Text auch ausschließlich die männliche Form verwendet.

Zum Verständnis: ein Kollektivvertrag wird zwischen kollektivvertragsfähigen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern abgeschlossen und regelt die arbeitsrechtlichen Mindeststandards, die für eine Branche zusätzlich zu oder abweichend von den allgemeinen arbeitsrechtlichen Bestimmungen gelten. Von diesen Mindeststandards darf im Arbeitsvertrag nicht zum Nachteil von Arbeitnehmern abgewichen werden.

Mindestlöhne sind nur ein Teil der Regelungen. Gerade im Fußball trifft der Kollektivvertrag so viele wesentliche Regelungen mehr, weil mit den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen zu Arbeitszeit, Urlaubszeit, Optionen etc. kein sinnvoller Sportbetrieb möglich wäre. Andere Sportarten, die keinen Kollektivvertrag haben – also alle anderen Sportarten – „wursteln“ sich meist mehr schlecht als recht durch den Dschungel des Arbeitsrechts durch. Folge: Rechtsunsicherheit sowohl für die Vereine als auch die SpielerInnen.

Das gehört im Fußball seit vielen Jahren der Vergangenheit an. 2008 wurde erstmals der Kollektivvertrag für Fußballer abgeschlossen.

Vertragspartner des Kollektivvertrags für Fußballer sind übrigens die Fußball-Bundesliga als Arbeitgeber- und die Younion – die Daseinsgewerkschaft für die Fachgruppe Vereinigung der Fußballer (VdF) als Arbeitnehmervertreter. Nun sind aber bekanntlich sämtliche Berufsfußballer aus der Younion ausgetreten und haben sich einer neu gegründeten Spielervereinigung angeschlossen. Es ist davon auszugehen, dass auch zahlreiche der übrigen 900 Mitglieder diesem Schritt folgen.

Es stellt sich somit die Frage, wer – und ob überhaupt jemand – zukünftig das Recht hat, auf Arbeitnehmerseite Kollektivverträge für den Profifußball abzuschließen.

Langer Weg der Fußball-Bundesliga zur Kollektivvertragsfähigkeit

Gesetzlich geregelt ist, dass die Arbeiterkammer, die Wirtschaftskammer und die Kammern der freien Berufe (z.B. Ärzte, Anwälte) Kollektivverträge abschließen dürfen. Darüber hinaus kann das Österreichische Bundeseinigungsamt aber auch freiwilligen Berufsvereinigungen der Arbeitgeber oder Arbeitnehmer die Kollektivvertragsfähigkeit verleihen.

In der Praxis ist der ÖGB mit seinen sieben Teilgewerkschaften die mit Abstand größte freiwillige Berufsvereinigung, die anstelle der Arbeiterkammer Kollektivverträge auf Seiten der Arbeitnehmer verhandelt. Durch die Einbindung der VdF in den ÖGB 1988 waren die Fußballer schon früh gewerkschaftlich organisiert und vertreten. Auch die Kollektivvertragsfähigkeit war durch diese Kooperation unbestritten.

Schwieriger war es, einen kollektivvertragsfähigen Partner auf der Arbeitgeberseite zu finden. Die Fußball-Bundesliga ist ebenso wenig wie der ÖFB eine Kammer, die von Gesetzes wegen Kollektivverträge abschließen dürfte. Also blieb nur ein Antrag auf Zuerkennung der Kollektivvertragsfähigkeit beim Bundeseinigungsamt. Dieser Antrag wurde vor knapp 30 Jahren gestellt. Damals wie heute sind dafür einige gesetzliche Voraussetzungen zu erfüllen. Die Freiwilligkeit der Mitgliedschaft ist eine davon. Dieser Punkt wurde für die Fußball-Bundesliga nahezu zum Stolperstein, denn das Bundeseinigungsamt war der Meinung, dass es sich bei der Mitgliedschaft der Vereine in der Bundesliga um eine Zwangsmitgliedschaft handelt.

Der VwGH hat dazu aber entschieden, dass ein Fußballverein seine Tätigkeit (sprich: Teilnahme an Fußballbewerben) auch ausüben kann, ohne gezwungen zu sein, dies als Mitglied der Fußball-Bundesliga zu tun. Er kann zwar nicht an der 1. oder 2. Liga teilnehmen, sehr wohl aber in den Ligen darunter. Deshalb und weil auch alle anderen gesetzlichen Voraussetzungen vorlagen, hat die Fußball-Bundesliga schlussendlich doch die Kollektivvertragsfähigkeit erlangt. Einzigartig im österreichischen Sport und ein Meilenstein für den Berufsfußball.

Was bedeutet nun aber der Rückzug der VdF aus der Younion? Fällt der Vertragspartner der Fußball-Bundesliga weg?

Gute Chancen für neue Spielervereinigung auf Erteilung der KV-Fähigkeit

Neben der Freiwilligkeit der Mitgliedschaft hat eine Berufsvereinigung nach dem Arbeitsverfassungsgesetz noch folgende Voraussetzungen zu erfüllen, wenn sie die KV-Fähigkeit erlangen möchte:

  • Sie muss es sich zur Aufgabe machen, die Arbeitsbedingungen innerhalb ihres Wirkungsbereiches zu regeln;
  • Sich mit ihrer Tätigkeit auf einen größeren fachlichen und räumlichen Wirkungsbereich beziehen;
  • Aufgrund ihrer Mitgliederzahl und des Umfangs der Tätigkeit eine maßgebende wirtschaftliche Bedeutung haben; und
  • in der Vertretung der Arbeitgeber- oder der Arbeitnehmerinteressen gegenüber der anderen Seite unabhängig sein.

Wie medial bereits berichtet, sind sämtliche Bundesliga-Spieler, die bisher Mitglied des ÖGB waren, bei diesem aus- und der neuen Spielervereinigung beigetreten. Insofern vertritt die Spielervereinigung aktuell alle in einer freiwilligen Berufsvereinigung organisierten Berufsfußballer Österreichs. Damit dürfte sie sowohl fachlich, räumlich als auch wirtschaftlich die relevante Anzahl an Mitgliedern vertreten. Alles andere wäre schwer zu argumentieren, wenn doch auf der Gegenseite die Fußball-Bundesliga als Arbeitgebervertreter offenbar ebendiese Voraussetzungen erfüllt.

Dass das Ziel der Spielervereinigung die Regelung der Arbeitsbedingungen der Fußballer ist, und dass dieser Umstand auch in den Statuten verankert ist, davon ist auszugehen. Auch an der Unabhängigkeit der Vereinigung wird es nicht scheitern.

Plädoyer für eine Lösung im Sinne des Sports

Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen vor, so besteht Anspruch auf Erteilung der KV-Fähigkeit. Auf den ersten Blick spricht also nichts dagegen, dass der Spielervereinigung als neue Berufsvertretung der Fußballer die Kollektivvertragsfähigkeit zuerkannt wird.

Unklar ist, wie sich die Younion als bisheriger Kollektivvertragspartner der Fußball-Bundesliga in dieser Angelegenheit positioniert. Denn Medienberichten zufolge dürfte die Loslösung der VdF von der Younion ja nicht im besten Einvernehmen erfolgt sein.

Das Arbeitsverfassungsgesetz regelt zwar den Fall, dass eine gesetzliche Berufsvereinigung automatisch die Kollektivvertragsfähigkeit für eine Branche verliert, wenn es eine kollektivvertragsfähige freiwillige Berufsvereinigung gibt. Nicht ausdrücklich geregelt ist hingegen der Fall, dass es zwei freiwillige Berufsvereinigungen gibt, die den Anspruch auf Kollektivvertragsfähigkeit für eine Branche erheben.

Im Sinne des Sports wäre es dringend angeraten, so rasch wie möglich eine tragfähige Lösung zu finden, die sowohl die Akzeptanz der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber findet. Nachdem die Berufsfußballer vollzählig von der Younion zur Spielervereinigung „gewandert“ sind, wird die neue Vereinigung wohl als die legitime Interessensvertretung der Fußballer anzuerkennen sein.

Bleibt jedenfalls zu hoffen, dass das Erfolgsmodell „Kollektivvertrag der Fußballer“ nicht einem gewerkschaftlichen Machtkampf zum Opfer fällt.

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Einseitige Vertragsoptionen – ein Blick über die Grenzen

Der Fall „Mijatovic“ in Deutschland. Der ehemalige Fürther Abwehrspieler wollte sich 2007 aus seinem Vertrag bei der SpVgg Greuther Fürth herausklagen, nun ist er Assistenztrainer der Kleeblätter.

DIE REGELUNG EINSEITIGER OPTIONEN IM LICHTE DES NEUEN KOLLEKTIVVERTRAGES FÜR FUSSBALLSPIELER/INNEN – TEIL 2/2 (Hier gehts zu Teil 1/2)

Durch die Globalisierung des Sports kommt es regelmäßig zu grenzüberschreitenden Sachverhalten und daraus resultierenden internationalen Rechtsfragen. Dies lässt einen Blick über die Grenzen als unumgänglich erscheinen. Vor allem Entscheidungen aus der „Sportrechts-Weltmacht Schweiz“ sowie der großen Sportnation Deutschland dienen als wichtige Anhaltspunkte im internationalen Sportrecht.

So war es auch das „Bosman-Urteil„, welches die Frage des Zeitpunktes des Vertragsendes und die Möglichkeit, den Vertrag durch vertragliche Option zu verlängern, in dem Mittelpunkt rücken ließ. Kann man einen auslaufenden Vertrag durch Ziehung einer Option verlängern, lässt sich dadurch doch noch eine Ablöse lukrieren. Salopp formuliert könnte man einseitige Optionen als Umgehung des „Bosman-Urteils“ sehen. Nicht selten wird von Vereinen die Option nur deswegen gezogen, um sich dadurch letztendlich eine Ablöse zu sichern.

Österreich als Vorreiter in Sachen Kollektivvertrag

Ein dem österreichischen Kollektivvertrag vergleichbares Instrument stellt der in Deutschland verwendete Tarifvertrag dar. Auch im Bereich des Fußballsports wird ein solcher vehement gefordert. Die Spielergewerkschaft „Vereinigung der Vertragsfußballer (VDV)“ agiert zwar als kollektive Stimme der Berufsfußballer in Deutschland und wird auch vom „Deutschen Fußball Bund (DFB)“ sowie der „Deutschen Fußball Liga (DFL)“ als Interessensvertreter der Fußballprofis anerkannt, jedoch ist es bis dato noch zu keinem Tarifvertrag gekommen. Auch wenn die Spielervereinigung alle Anforderungen an eine Gewerkschaft erfüllt und somit die Tariffähigkeit besitzt, kommt es zu keiner gewerkschaftlichen vereinsübergreifenden Mitbestimmung im professionellen deutschen Fußballsport.

In der Schweiz basieren Arbeitsverträge oft auf einem Gesamtarbeits-Vertrag (GAV). Diese sind dem österreichischen Kollektivvertrag oder dem deutschen Tarifvertrag ähnlich. Zwar gibt es auch in der Schweiz eine Gewerkschaft für Fußballer, die „Swiss Associaton of Football Players“ (SAFP), doch ist es im Bereich des Profifußballs noch zu keinem Gesamtarbeits-Vertrag, sondern lediglich zu einer Grundsatzvereinbarung zwischen der SAFP und der Swiss Football League (SFL) gekommen.

Deutschland – einseitige Vertragsoptionen als typisches Instrument zur Erzielung von Ablösesummen

Auch in Deutschland werden professionelle Mannschaftssportler als Arbeitnehmer angesehen. Demzufolge kommt es bei der Vertragsgestaltung zur Anwendung der gesamten arbeitsrechtlichen Normen. Dabei wird überwiegend die Meinung der Unwirksamkeit einseitiger Verlängerungsoptionen vertreten. Ähnlich dem österreichischen Recht darf in Deutschland für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Verein keine längere Frist vereinbart werden als für die Kündigung durch den Spieler. Dabei wird nicht nur auf gleichlange Kündigungsfristen, sondern allgemein auf die Erschwerung der Kündigung abgestellt. Einseitige Vertragsoptionen stellen dabei einen klassischen Fall der Umgehung des Verbots ungleicher Kündigungsfristen dar.

Der entscheidende Punkt ist allerdings die unangemessene Benachteiligung für den Spieler in seiner Berufsfreiheit. Die Optionsklausel dient nur dazu, dem abgebenden Verein eine zusätzliche Einnahmequelle in Form einer Transferentschädigung zu verschaffen, welche zur Behinderung der Berufsfreiheit des Spielers führt. Das Arbeitsgericht Ulm hat im Fall eines Regionalligaspielers eine einseitige Vertragsoption als typisches Instrument zur Erzielung von Ablösesummen qualifiziert.

Auch im „Fall Mijatovic“ befasste sich das Arbeitsgericht Nürnberg mit einseitigen Verlängerungsoptionen zugunsten des Vereins. Konkret handelte es sich um einen befristeten Arbeitsvertrag mit einer zweijährigen Laufzeit, der eine einseitige Verlängerungsoption zugunsten des Vereins beinhaltete, die bei Ziehung eine Verlängerung des Vertrags für ein weiteres Jahr bewirken sollte („2+1“). Im Ergebnis wurde der Antrag abgewiesen, da nicht zweifelsfrei von einer unangemessen langer einseitigen Verlängerungsoptionen ohne angemessener Gegenleistung ausgegangen werden kann. Eine Entscheidung die auch der Regelung im neuen Kollektivvertrag der Österreichischen Fußball-Bundesliga entspricht.

Schweiz – einseitige Vertragsoptionen sind nichtig

Auch in der Schweiz werden Verträge zwischen Fußball-Klubs und Berufsfußballspielern als Arbeitsverträge qualifiziert. Folglich kommt es bei der Gestaltung von Arbeitsverträgen mit Berufsfußballern zur Anwendbarkeit arbeitsrechtlicher Bestimmungen und den dazugehörigen Rechtsfolgen. Anders als in Österreich und Deutschland herrscht in der Schweiz bezüglich der Rechtslage von einseitigen Optionsklauseln Einigkeit. Derartige Bestimmungen gelten als nichtig. Auch wenn es diesbezüglich nur selten zu juristischen Auseinandersetzungen kommt, wird dieser Umstand mitunter als Standortnachteil für die Schweiz angesehen.

Portmann’s 5 Kriterien

Sowohl das Schiedsgericht Court of Arbitration for Sport (CAS) mit Sitz in der Schweiz (Lausanne), als auch die von der FIFA eigens errichtete Dispute Resolution Chamber (DRC), die als zentrales Rechtssprechungsorgan bei Klagen im Zusammenhang mit Status und Transfers von Spielern agiert, beschäftigen sich regelmäßig mit Optionen in Spielerverträgen.

In der wichtigsten Entscheidung des CAS, haben sich die fünf Kriterien Portmanns herausgebildet, die als Grundlage für die Bewertung spezifischer Optionsrechte herangezogen werden sollten.

  • die potentielle maximale Dauer des Arbeitsverhältnisses darf nicht unverhältnismäßig sein
  • die Option muss innerhalb einer akzeptablen Frist vor Ablauf des aktuellen Vertrags ausgeübt werden
  • das aus dem Optionsrecht abgeleitete Gehalt muss im ursprünglichen Vertrag definiert werden
  • keine der Parteien darf der anderen Partei hinsichtlich der Vertragsgestaltung ausgeliefert sein
  • die Option muss im ursprünglichen Vertrag eindeutig festgelegt und hervorgehoben werden

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass weder die DRC noch das CAS eine einheitliche Antwort auf die Zulässigkeit einseitiger Verlängerungsoptionen liefern. Dennoch kann die allgemeine Schlussfolgerung gezogen werden, dass einseitige Verlängerungsoptionen sowohl mit den Vorschriften der FIFA als auch mit den Prinzipien des globalen Arbeitsrechts unvereinbar sind. Tatsächlich haben soweit überblickbar sowohl die DRC als auch das CAS lediglich einmal die Zulässigkeit einer einseitigen Verlängerungsoption bejaht. Weder die DRC noch das CAS sind jedoch so weit gegangen eine generelle unter allen Umständen geltende Unzulässigkeit auszusprechen.

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Einseitige Vertragsoptionen im Fußball entschärft

Ein Bild aus alten Tagen.  Der „Fall Onisiwo“ sorgte für eine Neuregelung einseitiger Verlängerungsoptionen im Kollektivvertrag der Fußballer/innen. Diese soll nun für mehr Rechtssicherheit sowie Vertragsgerechtigkeit sorgen.

DIE REGELUNG EINSEITIGER OPTIONEN IM LICHTE DES NEUEN KOLLEKTIVVERTRAGES FÜR FUSSBALLSPIELER/INNEN – TEIL 1/2

Sowohl im nationalen als auch internationalen Fußball stellen befristete Arbeitsverhältnisse mit einseitigen Verlängerungsoptionen nach wie vor eine gängige Praxis dar. Oft verfolgt man dadurch den Zweck, das Risiko der sportlichen Entwicklung eines einzelnen Spielers auf diesen über zu wälzen. Entwickelt sich der Spieler dementsprechend erfolgreich, liegt es de facto alleine in der Hand des Klubs, diesen über eine lange Dauer an sich zu binden und allenfalls eine hohe Ablösesumme zu lukrieren. Zugleich kann dies zu einer Behinderung der Wechselabsichten des Spielers führen, sollte dieser ein (meist besseres) Angebot eines anderen Vereins erhalten.

Dennoch wurden solche Vertragskonstruktionen sowohl sportrechtlich als auch arbeitsrechtlich in der Vergangenheit eher stiefmütterlich behandelt. Mit der Causa Onisiwo scheint Bewegung in diese Materie gekommen zu sein. Dies zeigt sich jetzt an der Neufassung des Kollektivvertrages für Fußballspieler/innen der Österreichischen Fußball Bundesliga – kurz KV-ÖFBL – , der einseitige Verlängerungsoptionen, angepasst an die Rechtsprechung im „Fall Onisiwo“, neu ausgestaltet.

CAUSA ONISIWO TRÄGT FRÜCHTE

Pünktlich zum 10-Jahres Jubiläum des Kollektivvertrages für Fußballspieler/innen der Österreichischen Fußball-Bundesliga wurde mit 1. Juli 2018 ein neuer Kollektivvertrag für die beiden höchsten Ligen in Österreich abgeschlossen. Dieser bringt auch eine neue Regelung für die Vereinbarung einseitiger Verlängerungsoptionen mit sich. Mitentscheidend für die Neuregelung der Optionsrechte war sicher auch das bis zum OGH geführte Verfahren in der „Causa Onisiwo“. Auch anhand dieser Entscheidung wurde eine Art Kriterien-Katalog erstellt, der rechtskonforme einseitige Optionsvereinbarungen sicherstellen soll.

KONKRETE KRITERIEN ANSTATT UNBESTIMMTER BEGRIFFE

Dabei wird schnell ersichtlich, dass versucht wurde die in der alten Regelung etwas unglücklich und unbestimmt gewählten Begriffe „gleichwertige Ansprüche für beide Vertragsparteien“ und „gleichwertige Bedingungen bei der Art der Ausübung des Optionsrechts“ durch einen spezifischen Kriterienkatalog zu ersetzen:

  • Die Dauer des Optionszeitraums ist nicht länger als jene des Grundvertrages.
  • Die Dauer des Grundvertrages ist nicht länger als 2 Saisonen.
  • Der Optionszeitraum beträgt max. 1 Saison (,,1+1 „, ,,1,5 + 1″ oder „2+1“).
  • Pro Spieler darf im Rahmen eines ununterbrochenen Dienstverhältnisses (in diesem Zusammenhang werden Spielerleihen beim verleihenden Klub nicht als Unterbrechung angesehen) mit einem Klub nur einmalig eine Option vereinbart werden.
  • Die Option ist spätestens 6 Wochen vor Auslaufen des Grundvertrages auszuüben.
  • Im Grundvertrag ist ein angemessener Ausgleich durch entsprechende Entgelterhöhung oder sonstige gleichwertige Verbesserungen unter Berücksichtigung des Alters, der bisherigen Berufserfahrung und des Beschäftigungsausmaßes des Spielers sowie der besonderen Umstände des Einzelfalls festzulegen. Für die Bewertung der Angemessenheit ist der Zeitpunkt des Abschlusses des Grundvertrages maßgeblich.

Durch die Neuformulierung ist es zu einer Deckelung der maximalen Vertragsdauer bei Verträgen mit einseitigen Optionen („2+1″) gekommen. Vertragsgestaltungen, wie im „Fall Onisiwo“ gehandhabt, die einen befristeten Grundvertrag auf ein Jahr unter Einräumung einer einseitigen Verlängerungsoption um zwei Jahre (oder länger) vorsehen („1+2″) sind somit nicht mehr zulässig. Zusätzlich wurde der Optionszeitraum mit einem Jahr, der zeitliche Rahmen für den Grundvertrag mit 2 Jahren gedeckelt. Dies führt bei Verträgen, die einseitige Verlängerungsoptionen beinhalten zu einer maximalen Vertragslaufzeit von drei Jahren (zwei Jahre Grundvertrag + ein Jahr Option).

Um einer etwaigen Umgehung dieser Regelungen vorzugreifen, darf pro Spieler im Rahmen eines ununterbrochenen Arbeitsverhältnisses nur einmal eine Option vereinbart werden. Hier wird der im Profi-Fußball üblichen Vorgehensweise von Aneinanderreihungen befristeter Grundverträge („Kettendienstverträge“), verbunden mit neuerlichen Optionsvereinbarungen, entgegengewirkt.

EINZELFALLBETRACHTUNG BLEIBT NICHT ERSPART

Jedoch hängt bei der Bewertung der Zulässigkeit einseitiger Verlängerungsoptionen nach wie vor viel von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Im Zuge einer Einzelfallprüfung ist abzuwägen, ob die Art und Dauer der Vertragsverlängerung als gleichwertig mit den Vorteilen und Verbesserungen für den Spieler gesehen werden kann. Auch wenn es durch die Neuformulierung im Kollektivvertrag zu einer Deckelung der maximalen Vertragsdauer bei Verträgen mit einseitigen Optionen („2+1″) gekommen ist, muss jeweils eine einzelfallbezogene Bewertung unter Beachtung einer Vielzahl von Faktoren im Sinne eines beweglichen Systems vorgenommen werden.

Dabei ist vor allem an eine angemessene Entschädigung in Form einer Erhöhung des Entgelts für den Verlängerungszeitraum zu denken. Diese wird abhängig vom Alter und Entwicklungspotential höher oder eben geringer zu bemessen sein. Als Zeitpunkt der Bewertung für das Vorliegen der Gleichwertigkeit ist alleine auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses abzustellen, womit spätere finanzielle Verbesserungen durch Erhöhung des Entgelts oder Lösungsmöglichkeiten für den Spieler nicht von Relevanz sind.

Wie sich ein Spieler schlussendlich entwickelt lässt sich vertraglich natürlich nicht regeln. Das wird sich nach wie vor am grünen Rasen entscheiden, jedoch sollte die neu geschaffene Regelung für mehr Fairness bei der Risikotragung sorgen. Vielleicht wirkt sich das auch auf eine positive Entwicklung des Spielers aus. Eine win-win Situation wäre das Ergebnis.

In Kürze folgt Teil 2 der Beitragsreihe „Die Regelung einseitiger Optionen im Lichte des neuen Kollektivvertrages für Fußballspieler/innen“, in welchem wir einen Blick über die Grenzen wagen und die Regelungen einseitiger Verlängerungsoptionen in den Nachbarländern Schweiz und Deutschland durchleuchten.

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Neuer Kollektivvertrag für Fußball-Profis

Die Österreichische Fußball-Bundesliga und die Vereinigung der Fußballer – eine Fachgruppe der younion_Die Daseinsgewerkschaft – haben sich auf einen neuen Kollektivvertrag für Österreichs Fußball-Profis geeinigt. Er soll mit 1. Juli 2018 in Kraft treten.

Kollektivvertrag als Unikat im Berufssport

Im Jahr 2008 wurde erstmals der Kollektivvertrag für Fußballspieler/innen der Österreichischen Fußball-Bundesliga abgeschlossen und regelt seiher das Arbeitsverhältnis zwischen Bundesliga-Klubs und ihren Spielern. Diese Vereinbarung bringt sowohl für die Klubs als auch für die Spieler eine wesentliche Stärkung der Rechtssicherheit in diesem Bereich. Abgesehen von der Fußball-Bundesliga besteht im österreichischen Berufssport jedoch ein kollektivvertragsfreier Raum. Grund hierfür ist die meist fehlende kollektivvertragsfähige Körperschaft auf Seiten der Arbeitgeber. Einzige Ausnahme ist die Österreichische Fußball Bundesliga, der die Kollektivvertragsfähigkeit vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH) im Jahr 1995 zuerkannt wurde.

Der Kollektivvertrag für Österreichs Kicker beinhaltet unter anderem Regelungen bezüglich der Dienstverträge der Spieler, dem Aneinanderreihen von zeitlich befristeten Verträgen (Kettendienstverträge), der Spielerpflichten als Arbeitnehmerpflichten, der Entgeltfortzahlung sowie der Arbeitszeiten.

Ergebnis konstruktiver Gespräche

Der neue Kollektivvertrag ist das Resultat monatelanger Gespräche zwischen Vertretern der Österreichischen Fußball-Bundesliga und Klubs, Vertreter der Vereinigung der Fußballer (VdF) und der younion_Die Daseinsgewerkschaft sowie Arbeitsrechtsexperten der Forschungsstelle Sportrecht (Universität Wien). In zahlreichen Sitzungen und Gesprächen wurden die bestmöglichen arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen für Österreichs Fußball-Profis geschaffen, heißt es in der Presseaussendung der Bundesliga.

Die Vereinbarung soll mit 1. Juli 2018 nach formellen Beschluss in der Bundesliga-Hauptversammlung in Kraft treten und folglich für die beiden höchsten Spielklassen gelten.

Mindestlohn auf 1.300 € brutto angehoben

Der Mindestlohn für Vollzeitprofis soll ab 1. Juli 2018 von aktuell 1.200 € brutto (§ 6 Abs 5 KV der ÖFBL) auf 1.300 € brutto angehoben werden und in weiter Folge stetig steigen. So soll er ab 1. Juli 2019 auf 1.500 € brutto und ab 1. Juli 2020 auf 1.550 € brutto betragen. Durch die Liga-Reform ist in der neuen 2. Liga ein reiner Profibetrieb nicht mehr zwingend notwendig. Daher wurde die Möglichkeit zur Teilzeitarbeit bei entsprechender Aliquotierung des Mindestlohn genau geregelt.

Eine weitere Neuregelung betrifft die Rahmenbedingungen für Optionen in Spielerverträgen. Dieses Thema war durch die Causa Karim Onisiwo, welche sogar den Obersten Gerichtshof (OGH) beschäftigte, in aller Munde. Die Vertreter versuchen durch die neuen Vorschriften nun verstärkt Rechtssicherheit in diesem Bereich zu schaffen. In Zukunft darf beispielsweise ein Vertrag per Option um maximal eine Saison verlängert werden.

Nach Ende der Verhandlungen waren beide Seiten, sowohl mit den Gesprächen als auch mit dem Ergebnis, äußerst zufrieden, was bei Kollektivvertragsverhandlungen in anderen Branchen oftmals nicht die Regel ist.

Im Sinne der Rechtssicherheit im Bereich des österreichischen Berufssport wären weitere Kollektivverträge, auch für andere Sportarten, zu begrüßen.

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Amateurfußball – Rechtliche Abklärung von Nöten

Fußballer gelten rechtlich als Arbeiter, Arbeitgeber ist der Verein. Anders als andere Arbeiter unterliegen sie Einschränkungen, etwa im Sinne des Wechsels des Arbeitsplatzes. Während aber der Profifußball gut durch organisiert ist, gibt es im Amateurfußball große Probleme, wie Dr. Rudolf Novotny von der Fußballer Gewerkschaft VdF (Vereinigung der Fußballer) erklärt.

Der Sport hat dank des EU-weiten Grundrechts der Verbandsautonomnie (Art 12 GRC, Art 11 EMRK, innerstaatlich Art 12 StGG) große Freiheiten, die Angelegenheiten den Verband betreffend selbst zu regeln. „Damit lässt sich auch das Transferfenster im Profifußball erklären“, so Rudolf Novotny, „da hier mit der Integrität des Wettbewerbs argumentiert werden kann.“ Dennoch sieht der Gewerkschafter, geschäftsführender Sekretär und für Recht zuständig, einige Widersprüche zwischen Arbeitsrecht und Bestimmungen des ÖFB. Eine Entscheidung hat die EU dem ÖFB beispielsweise schon abgenommen, nämlich die Ausländerbeschränkung im gesamten Fußballbereich. Das Regualtiv des Fußballbundes beschränkte bis zum Beginn der Saison 2013/14 die EU-Ausländer (und solche aus EU-assozierten Staaten) auf drei. Diese Regelung war diskriminierend.

Novotny formuliert aber noch drei Regelungen, die sich ehebaldigst ändern sollten. Die erste betrifft § 7 des „Regulativs für die dem ÖFB angehörigen Vereine und Spieler“. § 7 (1) lit a) besagt: „Die Übertrittszeiten der Landesverbände sind von 5. bis 15. Juli (Sommerübertrittszeit) und vom 1. bis 31. Jänner (Winterübertrittszeit).“ Die Landesverbände, also von der dritten Leistungssufe (Regionalliga abwärts), haben also ein viel kleineres Transferfenster als die Profiklubs. „Das ist an der Realität vorbei“, so Novotny. Schließlich gebe es bis in die Gebietsligen hinein Spieler, die als Vertragsspieler rechtlich eigentlich Profis sind. Der ÖFB sollte hier proaktiv handeln, bevor das Recht auf einen Wechsel bis 31. August, wie lit b) für Profis regelt, eingeklagt wird.

Weitere zwei Punkte betreffen Ausbildungsentschädigungen. Zunächst die zu zahlenden. Diese fallen nur innerösterreichisch an. „Wechselt ein Spieler von im Amateurfußball von Villach nach Tarvis, muss keine Ausbildungsentschädigung gezahlt werden. Geht es von Villach zu Spittal an der Drau, schon“, erklärt der VdF-Experte. Geregelt ist das in § (2) des Regulativs. Und es stellt Vereine immer wieder vor Probleme. Die Formulierung „Vom erwerbenden Verein werden pauschal jene Kosten abgegolten, die er für die Ausbildung dieses Spielers bisher nicht aufwenden musste.“ gilt für alle Spieler, ungeachtet des Alters. „Logisch, dass das zu zahlen ist. Aber auch im Amateurbereich?“, fragt Novotny. Und das gilt nur im Amateurbereich. Bei den Profis in den höchsten zwei Spielklassen gibt es den Anspruch nur bis zum 23. Lebensjahr. (vgl. § 25 Spielbetriebsrichtlinien der Bundesliga.). Das Regulativ widerspricht laut Entscheidung des OGH (29.11.2012, 2 Ob 157/12w) auch nicht den „guten Sitten“ iSd § 879 ABGB.

Dieser Punkt greift über in die Frage, wer und ob überhaupt Ausbildungsentschädigung zu zahlen ist. „Da sollte es eine Verdienstgrenze geben“, meint Rudolf Novotny. Wechsel in der siebten Liga widersprechen da in Novotnys Auffassung der Idee einer „Ausbildungsentschädigung“. Anders gelagert sei der Fall aber, wenn der Spieler Profi werde – hier eben ab einer Verdienstgrenze, möglicherweise über den 540 Euro monatlich, die es im Fußball steuerfrei als pauschale Aufwandsentschädigung gibt. Denn dann hat der Spieler tatsächlich eine Ausbildung genossen. Sollte er von der Landesliga in die Bundesliga wechseln, solle er das möglicherweise selbst zahlen. „Das kann man mit der Pilotenausbildung vergleichen“,sagt Novotny. Auch da müssen die, die sich als Pilot ausbilden lassen, die Ausbildung vorstrecken, bekommen sie nur dann gezahlt, wenn sie später auch als Pilot arbeiten müssen. Bei einem 31-Jährigen wäre das sinnlos.

Es gibt hier also einigen rechtlichen Abklärungsbedarf.

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