Law Meets Sports: Jahresrückblick 2020

Das Jahr 2020 war ein besonders herausforderndes Jahr. COVID-19 veranlasste die politischen Verantwortlichen weltweit, gleichsam über Nacht Maßnahmen zu setzen, die in ihrer Tragweite und Intensität einzigartig waren. Sportveranstaltungen wurden abgesagt, Betretungsverbote für Sportstätten verordnet. Die Sportwelt stand (phasenweise) praktisch still. 2020: Ein Jahr zum Vergessen für den Sport?

 

Der vorliegende Beitrag lässt das sportrechtliche Jahr 2020 nochmals Revue passieren. Ein Jahr, das weitgehend von einer Pandemie geprägt war. Eine Pandemie, die auch rechtliche Schwächen in der Sportwelt offenbart hat. Doch auch abseits davon blicken wir auf ein sportrechtlich turbulentes Jahr zurück: Ein ehemaliger UEFA-Präsident zieht vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und das mögliche (juristische) Aus für Manchester City in der Champions League sind nur zwei von vielen sportrechtlichen Schlagzeilen im Jahr 2020. Die folgenden Ausführungen können selbstverständlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, sollen den Sportrechtsinteressierten allerdings einen Überblick bieten.

I. Sportrecht im Schlaglicht der Krise

Die COVID-19-Pandemie zeitigte auch im Bereich des Sports weitreichende Auswirkungen und stellte diesen vor neue Herausforderungen. So mussten Sportveranstaltungen reihenweise abgesagt werden. Jahreshighlights wie die Fußball-Europameisterschaft, die Olympischen Sommerspiele, der Vienna City Marathon oder der Tennis-Klassiker in Wimbledon fielen der Pandemie zum Opfer. Dementsprechend stellte sich die Frage, welche Rechte die Besitzer bereits bezahlter Tickets haben, wenn Sportveranstaltungen behördlich untersagt wurden. In Österreich wurde hierfür das Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz erlassen (vgl dazu unsere Beiträge vom März und vom September).

Neben dem Reigen von Absagen wurde das Betreten von Sportstätten verboten (gilt auch aktuell). Damit stand sowohl der Profi- als auch der Hobbysportbereich still. Das Betretungsverbot für Sportstätten warf zu Beginn zahlreiche Rechtsfragen auf: Was ist im Konkreten unter einer „Sportstätte“ zu verstehen? Öffentliche Sportanlagen? Gilt das Betretungsverbot für jedermann? Gibt es eine Ausnahme für den Betreiber, sodass dieser notwendige Erhaltungsmaßnahmen vornehmen kann? Die Erhaltungsmaßnahmen des Betreibers fielen unter die Ausnahmebestimmungen der Verordnung (siehe dazu unseren Beitrag vom März). Möglich blieb lediglich die Bewegung im Freien allein oder mit Personen, die im gemeinsamen Haushalt leben – die Sportarten Laufen und Radfahren erfuhren einen regelrechten Boom. Selbst diese Regelung sorgte für so manche Unklarheit, beispielsweise: Darf man mit einem Freund, der nicht im gemeinsamen Haushalt lebt, laufen gehen, wenn der Mindestabstand eingehalten wird?

Mit dem Stillstand der Sportwelt sahen sich selbst Vereine im Breitensport mit rechtlichen Problemstellungen, wie etwa einer allfälligen Rückzahlung von Mitgliedsbeiträgen oder der Auszahlung einer Pauschalen Reiseaufwandsentschädigung (PRAE), konfrontiert (siehe dazu unseren Beitrag vom März). Auch von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie blieben die Vereine im Breitensport keineswegs verschont. Sie traf es ebenfalls besonders hart, da keine Veranstaltungen durchgeführt werden konnten und vielfach Sponsoren absprangen – es fehlte somit an Einnahmen.

Im Profigeschäft wurde früh über Kurzarbeit für Sportler, die Möglichkeit von Geisterspielen und die Wertung von Meisterschaften diskutiert. Insbesondere ein Gutachten zu letzterem Diskussionspunkt sorgte für Aufsehen. Dieses beschäftigte sich überwiegend mit der Frage, nach welchen Grundsätzen die österreichischen Fußballbewerbe für das Spieljahr 2019/20 zu werten sind, falls infolge der Pandemie die noch ausstehenden Bewerbsspiele nicht mehr oder nicht mehr zur Gänze durchgeführt werden können. Im Fokus der Untersuchung standen sohin Regelungen der lex sportiva (das von den Sportverbänden selbst geschaffene Regelwerk), vor allem die ÖFB-Meisterschaftsregeln. Der Gutachter kam schließlich zum Befund, dass die Meisterschaft nicht zu werten sei, wenn sie abgebrochen wird. Damit könne es nach seiner Auffassung auch keinen Meister sowie keinen Auf- und Absteiger geben (siehe das ganze Gutachten auf der Website des ÖFB).

Die Frage sollte sich schließlich nicht im Bereich der Österreichischen Fußball-Bundesliga und der 2. Liga (zumal diese die Saison unter strikten Auflagen zu Ende spielen konnten) stellen. Schlagend wurde das Problem allerdings im Bereich von der Regionalliga abwärts. Das ÖFB-Präsidium folgte in seiner Entscheidung dem Gutachten und brach alle Bewerbe im Landesverbands-Bereich ab. Folglich gab es im Spieljahr 2019/20 in den österreichischen „Amateur-Fußballligen“ keinen Meister sowie keinen Auf- und Absteiger. Dass eine solche Entscheidung auch Kritik nach sich zieht, liegt auf der Hand (vgl etwa die Ausführungen von Medl/Mühleder). Medienberichten zufolge sollen besonders betroffene Vereinen (etwa Erstplatzierte im Abbruchszeitpunkt) auch rechtliche Schritte in Erwägung gezogen haben.

In einer ähnlichen Lage fanden sich selbst Profiklubs im Ausland wieder. So wurde in den Niederlanden beispielsweise sogar die Meisterschaft in den Profiligen abgebrochen. Einen Meister sowie Auf- und Absteiger gab es ebenfalls nicht. Daraufhin wollten zwei Klubs aus der 2. Liga ihren Aufstieg in die Eredivisie gerichtlich durchsetzen. Das niederländische Gericht schob den Aufstiegsträumen allerdings einen Riegel vor, da der Verband bei einer solchen Entscheidung (Abbruch oder Weiterspielen) die Interessen aller Klubs zu berücksichtigen habe. Dementsprechend gebe es immer Klubs, die Pech haben (so der niederländische Richter bei der Urteilsverkündung).

Nicht zuletzt die (erste) Lockerung der Maßnahmen mit der Privilegierung für Spitzensportler und für Kaderspieler der zwölf Vereine der höchsten Spielklasse der Österreichischen Fußball-Bundesliga sowie der ÖFB-Cup-Finalisten sorgte für hitzige Debatten. Es war bereits der Begriff des Spitzensportlers fraglich. Das Bundes-Sportförderungsgesetz bezeichnet damit Sportler, die Sport mit dem ausdrücklichen Ziel betreiben, Spitzenleistungen im internationalen Maßstab zu erzielen. Darüber hinaus muss der Sportler die Tätigkeit beruflich ausüben, daraus Einkünfte erzielen und bereits an internationalen Wettkämpfen teilgenommen haben. Aber auch daraus resultierten einige Fragen: Was bedeutet „beruflich“ im sportlichen Kontext? Reichen jegliche Einkünfte? Allein die Einschränkung auf Sportler, die bereits an internationalen Wettkämpfen teilgenommen haben, scheint als taugliches Abgrenzungskriterium zu dienen. Unklar blieb beispielsweise auch, ob Spitzensportler im Nachwuchsbereich von der Ausnahme umfasst sind. Ebenfalls unklar war, ob Spitzensportler im Mannschaftsbereich, die laufend an internationalen Wettkämpfen teilnehmen, in den Genuss der Ausnahme kommen. Zu denken ist vor allem an sämtliche Nationalteams.

Den Mannschaften der 2. Liga wurde der Trainingsstart verwehrt. Und das, obwohl die Österreichische Fußball-Bundesliga und die 2. Liga (ansonsten) weitgehend einheitlich behandelt werden. Gibt es in Österreich also den Berufsfußballer „zweiter Klasse“? Eine sachliche Rechtfertigung für diese Differenzierung war zumindest auf den ersten Blick nicht ersichtlich (vgl dazu unseren Beitrag vom April). Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Gleichheitssatzes hatte der Verordnungsgeber wohl für eine Gleichstellung zu sorgen (was in späterer Folge auch erfolgte).

In den durch die Krise aufgeworfenen Problemstellungen zeigt sich einmal mehr die Bedeutung, die ein Berufssportgesetz haben könnte. Fragen, wie die soeben nur ansatzweise skizzierten, würden sich damit (nahezu) erübrigen. Auch ein Blick über die Grenzen zeigt, dass Sonderregelungen für den Sport durchaus ihre Berechtigung haben (zB in Belgien, Frankreich, Griechenland, Niederlande und Spanien). Jede Krise birgt bekanntlich auch Chancen: Es ist an der Zeit, endlich Rechtssicherheit für Sportler, Vereine und Verbände zu schaffen, indem den Besonderheiten des Sports gesetzlich Rechnung getragen wird. Dazu bedarf es klarer Definitionen und Abgrenzungen sowie adäquater Bestimmungen in den einzelnen Materien (siehe dazu den Aufsatz von Petschinka/Toth).

Auch die verbandsinternen Gremien der Österreichischen Fußball-Bundesliga hatten im abgelaufenen Jahr einige Vorfälle zu beurteilen. Aufsehen erregte vor allem das Verfahren gegen den LASK. Der Senat 1 der Österreichischen Fußball-Bundesliga („Strafsenat“) verhängte gegen den Spitzenreiter aus Linz einen Abzug von sechs Punkten sowie eine Geldstrafe von 75.000 Euro. Grund dafür waren (zu diesem Zeitpunkt noch) verbotene Mannschaftstrainings. Damit haben die Linzer gegen § 111a ÖFB-Rechtspflegeordnung (Verletzung des Fair-Play-Gedankens) verstoßen. Der LASK legte gegen die Entscheidung Protest an das Protestkomitee der Österreichischen Fußball-Bundesliga ein, welches verbandsintern endgültig entscheidet. Das Protestkomitee reduzierte die Strafe schließlich auf vier Punkte. Damit war der verbandsinterne Instanzenzug ausgeschöpft. Den Gang vor das Ständige Neutrale Schiedsgericht trat der LASK danach nicht mehr an.

Aufgrund des vorübergehenden Stillstands der Sportwelt verschob sich das Saisonende der wiederaufgenommenen Ligen nach hinten. Diese Saisonverlängerung brachte vertragsrechtliche Problemstellungen ans Tageslicht. In den Spielerverträgen ist nämlich häufig ein Passus zu finden, dass diese mit 30. Juni auslaufen. Zudem haben manche Spieler schon bei anderen Vereinen für die kommende Saison unterschrieben. Fraglich war nun beispielsweise das tatsächliche Vertragsende. War das gewünschte Ergebnis bereits durch Vertragsauslegung zu erreichen oder bedurfte es dazu Sondervereinbarungen? Die Beantwortung der Frage hängt wesentlich von der konkreten Formulierung der Vertragsklausel ab (siehe für Österreich das Interview mit Toth und für Deutschland das Interview mit Prof. Fischinger).

II. Gerichtliche Entscheidungen

Vor Jahren wurde noch kolportiert, dass der Sport nicht (gerichtlich) klage. Diese Aussage kann heutzutage keinesfalls mehr aufrechterhalten werden. Wenngleich für rechtliche Fragestellungen im Sport primär die Sportsgerichtsbarkeit vorgesehen ist, werden Streitigkeiten zunehmend vor die staatlichen Gerichte gebracht. So gab es auch im Jahr 2020 die eine oder andere spannende Gerichtsentscheidung.

Zu Beginn des Jahres wurde beispielsweise der Sturz eines Motocross-Fahrers vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH) nicht als Arbeitsunfall qualifiziert. Dazu fehle es an konkreten Weisungen und an einer Einbindung in die betriebliche Organisation von KTM (vgl VwGH 29. 1. 2020, Ra 2018/08/0028). Der Fall erinnert den einen oder anderen sicherlich an jenen eines Skispringers, wurde jedoch gegenteilig entschieden. Das Höchstgericht hatte sich in einem weiteren Fall mit dem Aufschub des Grundwehrdienstes eines Profi-Eishockeyspielers zu beschäftigen. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, ob sich der Sportler noch in Ausbildung oder in sonstiger Berufsvorbereitung befindet. Im Ergebnis führte der VwGH aus, dass der Profi-Eishockeyspieler nicht mehr in Ausbildung oder in sonstiger Berufsvorbereitung im Sinne des Wehrgesetzes 2001 stehe. Deshalb könne der Eishockeyspieler seinen Grundwehrdienst nicht aufschieben. Im Sommer traf der VwGH eine Entscheidung, die vor allem für die Fanszene von Relevanz ist. Danach umfasse das in Österreich geltende Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz auch das Verhüllen der Gesichtszüge aus nichtreligiösen Gründen. Damit sei auch das Tragen einer Sturmhaube im Zusammenhang mit einer (bevorstehenden) Auseinandersetzung zwischen Anhängern verschiedener Fußballklubs vom Anwendungsbereich erfasst. Die Bestrafung des Fans aufgrund eines Verstoßes gegen das Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz sei somit rechtmäßig.

Auch der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte sich im abgelaufenen Jahr mit sportrechtlichen Themen auseinanderzusetzen. Er bestätigte einmal mehr seine Rechtsauffassung, dass Handlungen oder Unterlassungen im Zuge sportlicher Betätigung, durch die ein anderer Teilnehmer in seiner körperlichen Sicherheit gefährdet oder am Körper verletzt wird, insoweit nicht rechtswidrig sind, als sie nicht das in der Natur der betreffenden Sportart gelegene Risiko vergrößern. Ein Foul eines Hobby-Fußballspielers, mit dem er einen Gegenspieler attackierte und gegen die Füße trat, obwohl ihm bewusst war, dass er den Ball nicht mehr erreichen werde, und obwohl er noch die Möglichkeit gehabt hätte, einen Kontakt mit dem Gegenspieler zu vermeiden, sei allerdings nicht mehr als spieltypisch, sondern vielmehr als rechtswidrig zu qualifizieren. Als Beweismittel im Gerichtsverfahren diente unter anderem ein Video – mit Augenzwinkern könnte man sich fragen, ob der Videobeweis nunmehr auch im Amateurbereich angekommen ist. Das gerichtliche Nachspiel wäre jedoch beinahe noch einmal spannend geworden. Denn der Hobbykicker änderte in zweiter Instanz seine Argumentation dahingehend, dass er ein taktisches Foul begangen habe (zuvor: er habe beabsichtigt, den Ball zu spielen). Sohin habe er zwar einen bewussten Regelverstoß begangen, der aber typisch für den Fußballsport und folglich nicht rechtswidrig sei. Der OGH ließ jedoch keine Spannung mehr aufkommen: Da sich der Fußballer in erster Instanz nicht auf das taktische Foul berufen hat, handle es sich um eine unzulässige Neuerung (vgl OGH 25. 6. 2020, 9 Ob 27/20s). Dogmatisch richtig, wenngleich die höchstgerichtliche Auseinandersetzung mit dem Vorbringen (taktisches Foul) durchaus interessant gewesen wäre.

Haftungsrechtliche Fragen standen auch in zwei weiteren Fällen im Fokus: So bejahte der Gerichtshof die Haftung eines Veranstalters eines Radrennens für die Verletzung eines Teilnehmers. Der Veranstalter wäre im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht zu einer weitergehenden Absicherung der Rennstreckte verpflichtet gewesen. Es hätte einer temporären Absicherung der Zufahrtstraße durch einen Ordnerdienst oder einen besser koordinierten Einsatz der Motorradstaffel bedurft, um Gegenverkehr auf der Rennstrecke auszuschließen. Ein bloßer Hinweis auf die Geltung der Straßenverkehrsordnung ist keinesfalls ausreichend (vgl OGH 6. 8. 2020, 2 Ob 5/20d). Dagegen verneinte der OGH die Haftung eines Skifahrers nach einer Kollision aufgrund eines Sturzes. Der Geschehensablauf sei wegen der weiten und seitlich versetzten Rutschstrecke ungeachtet des für den Sturz ursächlichen Verkantens nicht typisch für ein sorgfaltswidriges Fehlverhalten des Skifahrers vor dem Sturz. Der Unfall sei daher dem Bereich des erlaubten Sportrisikos zuzurechnen (vgl OGH 4. 11. 2020, 3 Ob 73/20m).

Außerdem bestätigte der OGH im Sommer, dass Live-Übertragungen bzw Aufzeichnungen von Fußballspielen als Filmwerke im Sinne des § 4 Urheberrechtsgesetz geschützt sind. Die Bildregie wähle nämlich aus den Aufzeichnungen in eigener, gestalterischer Entscheidung die jeweils besten aus und entscheide auch über den Einsatz von Zeitlupe und Wiederholung. Darüber hinaus erlaube auch der Kommentator eine individuelle Zuordnung (OGH 2. 7. 2020, 4 Ob 86/20f).

Doch nicht nur die österreichischen Höchstgerichte hatten sportrechtliche Sachverhalte zu beurteilen. Neben dem einen oder anderen Dopingprozess sorgte vor allem das Urteil bezüglich der Exklusivitätsvereinbarungen in Spielervermittlungsverträgen für ein mediales Echo. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz wies die Klage der langjährigen Beraterfirma eines Spielers, welche sich auf die im Vermittlungsvertrag verankerte Exklusivitätsklausel berief, unter Verweis auf § 5 Abs 4 Arbeitsmarktförderungsgesetz ab. Danach sind Alleinvermittlungsverträge nur zulässig, soweit eine sachliche Rechtfertigung hierfür besteht. Eine solche sah das Gericht im vorliegenden Fall nicht (vgl dazu unseren Beitrag vom Oktober). Ebenfalls spannend war die Auseinandersetzung des Oberlandesgerichts Wien mit der Pauschalen Reiseaufwandsentschädigung (PRAE). Das Gericht beurteilte die zwischen einem Trainer und einem Sportverband vereinbarte monatliche Entschädigung in Höhe von maximal 540 Euro (PRAE) als ein „aufwandsunabhängiges Entgelt“ im Sinne eines „Fixums“ (vgl dazu die Ausführungen von Reifeltshammer).

Im Mittelpunkt des sportrechtlichen Geschehens steht häufig der Internationale Sportgerichtshof (CAS) mit Sitz im schweizerischen Lausanne. Der CAS ist die letzte Entscheidungsinstanz der Sportgerichtsbarkeit für die Sportverbände und Nationalen Olympischen Komitees in Streitfragen zum internationalen Sportrecht. Im vergangenen Jahr blickte die gesamte Sportwelt gleich zwei Mal mit Spannung auf den Ausgang eines Verfahrens am Genfersee. Das erste Verfahren betraf den Ausschluss von Manchester City für die kommenden zwei Spielzeiten aus der UEFA Champions League (sowie eine Geldstrafe von 30 Millionen Euro). Grund für die Sanktionen waren Verstöße gegen das Financial Fairplay (siehe dazu unseren Beitrag vom Mai). Die Skyblues bekämpften die Entscheidung der UEFA-Finanzkontrollkammer für Klubs beim CAS. Und es kam, wie es kommen musste: Der Sportgerichtshof hob die Europapokal-Sperre gänzlich auf und reduzierte die Geldstrafe von 30 auf 10 Millionen Euro. Eine Champions League-Saison ohne Manchester City? Unvorstellbar! Auch für die Richter des CAS. Der englische Spitzenklub habe die UEFA-Untersuchung wegen angeblicher Verstöße gegen das Financial Fairplay zwar „eklatant“ missachtet, die Verstöße hätten sich nach Ansicht des Sportgerichtshof aber nicht nachweisen lassen oder seien bereits verjährt (vgl CAS 2020/A/6785 Manchester City FC v. UEFA). Die Entscheidung stieß mitunter auf harte Kritik. Wenngleich man diese teilen oder ablehnen kann, hat man sich nun endgültig die Frage nach der Effektivität der Financial Fairplay-Regelungen zu stellen. Ein zahnloses Regime?

Ähnlich brisant war die Auseinandersetzung des Sportgerichtshofs mit der vierjährigen „Doping-Sperre“ Russlands durch die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA). Der CAS halbierte die Sperre schließlich auf zwei Jahre, weshalb Russland wohl von den Olympischen Sommerspielen 2021 in Tokio und den Olympischen Winterspielen 2022 in Peking ausgeschlossen bleibt. Unbelastete russische Sportler können bei diesen Großereignissen allerdings als neutrale Athleten antreten (vgl CAS 2020/O/6689 WADA v. RUSADA).

Der Gang des ehemaligen UEFA-Präsidenten Michel Platini vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) mag auf den ersten Blick verwunderlich erscheinen. Was ist passiert? Ende 2015 sperrte die FIFA-Ethikkommission den Franzosen aufgrund mehrerer Verstöße gegen das FIFA-Ethikreglement (unter anderem wegen der Annahme und Gewährung von Geschenken und sonstigen Vorteilen) für acht Jahre für alle Fußballtätigkeiten. Der ehemalige Mittelfeldspieler wollte diese Sperre nicht auf sich sitzen lassen und durchlief folglich alle möglichen Instanzen. Die FIFA-Berufungskommission reduzierte die Strafe auf sechs, der CAS schließlich um weitere zwei auf nunmehr vier Jahre. Das Schweizerische Bundesgericht, welches zur Überprüfung der CAS-Urteile zuständig ist, bestätigte diese Entscheidung. Auch die juristische Nachspielzeit vor dem EGMR im Frühjahr verlief erfolglos. Michel Platini rügte eine Verletzung von Art 6 EMRK (Recht auf ein faires Verfahren), Art 7 EMRK (keine Strafe ohne Gesetz) und Art 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) durch die Schweizer Justiz. Die Richter in Straßburg entschieden, dass die Sperre „angesichts der Schwere des Fehlverhaltens, der hohen Stellung von Herrn Platini in den Führungsgremien des Fußballs und der Notwendigkeit, den Ruf der Sportart und der FIFA wiederherzustellen, weder übertrieben noch willkürlich erschien“. Im Ergebnis wurde die Beschwerde als unzulässig abgewiesen (vgl EGMR 5. 3. 2020, 526/18, Michel Platini c. La Suisse). Die Lektüre der Entscheidung ist Sportrechtsinteressierten durchaus zu empfehlen, werden darin doch einige Aussagen von grundlegender Bedeutung getroffen.

Der EGMR hatte sich zudem mit dem Schiedsgericht des Türkischen Fußballverbandes auseinanderzusetzen. Dabei kam er zum Ergebnis, dass eine unzureichende Unabhängigkeit vorliege. Nach Ansicht der Richter in Straßburg sei das Schiedsgericht, das über arbeitsrechtliche Fragen im Fußball entscheidet, einem zu starken Einfluss durch das Leitungsgremium des türkischen Fußballverbandes ausgesetzt, welches aus Führungskräften und Mitgliedern der Klubs besteht. Darüber hinaus konnten seine Entscheidungen nicht gerichtlich nachgeprüft werden, sodass eine Verletzung von Art 6 EMRK (Recht auf ein faires Verfahren) vorliege. Der EGMR erteilte der Türkei folglich die Anordnung, das System der Streitschlichtung im Fußball eingehend zu reformieren (vgl EGMR 28. 1. 2020, 30226/10, Ali Riza and Others v. Turkey).

Auf dem gerichtlichen Prüfstand standen Ende des Jahres auch einzelne Regeln der Internationalen Eislauf-Union (ISU), wonach Sportler für die Teilnahme an nicht von der ISU anerkannten Eisschnelllauf-Wettkämpfen mit harten Sanktionen belegt werden. Das Gericht der Europäischen Union (EuG) sah darin einen Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln der Europäischen Union. Es sei zwar legitim, dass die ISU Regeln aufstellte, die sowohl möglichen Wettkampfmanipulationsrisiken infolge von Sportwetten vorbeugen als auch die Konformität der Sportwettkämpfe mit allgemeinen Standards sicherstellen sollen. Nach Ansicht des EuG gehen die Regelungen jedoch über das zur Erreichung dieser Ziele Erforderliche hinaus und sind deshalb als nicht verhältnismäßig zu beurteilen (vgl EuG 16. 12. 2020, T-93/18, International Skating Union/ Kommission).

Zuletzt sei noch auf ein Judikat aus Deutschland hingewiesen. Konkret: Die Klage eines Beachvolleyball-Duos gegen den Deutschen Volleyball-Verband aufgrund der Nichtnominierung für mehrere internationale Turniere und der damit verbundenen finanziellen Verluste. Das Landgericht Frankfurt sprach den Volleyballerinnen rund 14.500 Euro Schadenersatz zu, da der Verband sie ohne sachlich gerechtfertigten Grund anders behandelt habe als die übrigen Nationalteams. Aufgrund der Monopolstellung sei der Verband vielmehr verpflichtet, jeden für Wettkämpfe zu nominieren, der die Voraussetzungen für die Leistungsgewährung erfülle (siehe dazu den Bericht auf JUVE). Hierbei handelt es sich um einen von bisher wenigen Fällen, indem Sportler vor einem nationalen Gericht gegen ihren eigenen Verband vorgehen.

III. „Gesetzesvorhaben“

Mit der Professionalisierung und Kommerzialisierung im Sport geht eine Verrechtlichung einher. So treten neben die allseits bekannten Spiel- und Sportregeln zunehmend Rechtsregeln, die überwiegend die Rahmenbedingungen des Systems des Sports regeln sollen. Wenngleich die Verrechtlichung des Sports bereits weit fortgeschritten ist, gibt es doch noch einiges zu tun, um tatsächlich Rechtssicherheit für die Sportler, Vereine und Verbände zu schaffen.

Diesem Ziel versuchte der österreichische Normsetzer auch im abgelaufenen Jahr ein wenig näherzukommen. Mit dem Anti-Doping-Bundesgesetz 2021 schuf der Gesetzgeber eine neue Grundlage für das Anti-Doping-Recht in Österreich. Das Gesetz tritt mit 1. 1. 2021 in Kraft. Der Gesetzgeber verfolgt damit im Wesentlichen zwei Ziele: Einerseits erfolgte dadurch die Umsetzung des World Anti-Doping Codes 2021 (WADC 2021). Und andererseits wurden darin die Vollzugserfahrungen des Anti-Doping-Bundesgesetzes 2007 umgesetzt (vgl Anti-Doping-Bundesgesetz 2021).

Ein weiteres Vorhaben des Gesetzgebers betraf die Einrichtung einer Arbeitsgruppe zur Klärung der rechtlichen Rahmenbedingungen im eSport (siehe dazu den im Parlament bereits angenommenen Entschließungsantrag). Dieser Schritt war dringend notwendig, da die Spieler, Vereine, Veranstalter und sonstigen Player der Branche derzeit noch mit einer unklaren Rechtslage konfrontiert sind. Die Arbeitsgruppe hat nun den bestehenden Rechtsrahmen zu analysieren. Im Anschluss daran ist es Aufgabe des Normsetzers, Rechtssicherheit für die Beteiligten zu schaffen. Ziel sollte ein innovationsfreundliches Ökosystem für die aufstrebende Branche sein. Ein solches könnte auch als Booster für die Attraktivität des Wirtschaftsstandort Österreichs dienen.

Grund zur Freude in der Krise hatte der oberösterreichische Boccia Verband. Seit heuer wird Boccia in Oberösterreich offiziell als Sport im Sinne des oberösterreichischen Sportgesetzes anerkannt. Dies erfolgte durch die Aufnahme der Sportart Boccia in die oberösterreichische Sportartenverordnung (vgl Oö Sportartenverordnung 2020).

IV. „Kurioses“

Mitunter ereignen sich auch kuriose Geschichte im Sport(recht), die in einem Jahresrückblick ebenfalls nicht fehlen dürfen. In einem Tweet vom 23. 11. 2020 fragte Zlatan Ibrahimovic, wer EA Sports die Erlaubnis gegeben habe, seinen Namen und sein Gesicht zu verwenden. Er sei sich nicht bewusst, ein Mitglied der FIFPro zu sein, und für den Fall, dass er doch eines sei, dann ohne sein Wissen durch ein seltsames Manöver. Keinesfalls habe er allerdings EA oder der FIFPro erlaubt, mit seinem Namen und Image Geld zu verdienen. In einem Kommentar fügte der Schwede abschließend noch hinzu, dass irgendjemand ohne eine Vereinbarung seit Jahren Geld mit seinem Namen und Gesicht verdiene, was es nun zu untersuchen gelte (siehe den Tweet). Daraufhin meldete sich auch Gareth Bale über Twitter zu Wort und fragte, was die FIFPro überhaupt sei (siehe den Tweet). Dabei handelt es sich nicht um die erste Auseinandersetzung zwischen einem Spieler und EA Sports. Das wohl prominenteste Beispiel ist die deutsche Torwartlegende Oliver Kahn. Der Aufschrei des schwedischen Stürmers mag auf den ersten Blick ein wenig verwunderlich erscheinen, posierte ebendieser vor geraumer Zeit noch mit seiner eigenen FIFA Ultimate-Karte vor der Kamera. Damals schien die Sache für ihn noch unproblematisch. Dennoch könnte „König Zlatan“ einen Punkt getroffen haben, geht es doch um seine Bild- und somit Persönlichkeitsrechte. Angemerkt sei allerdings, dass die Spieler in den Verträgen regelmäßig ihren Klubs die Nutzung der Bildrechte gewähren. Entscheidend ist letztlich, ob eine lückenlose Rechtekette vom Spieler (über Verein, Verband, FIFPro etc) bis hin zum Publisher (hier EA Sports) vorliegt. Ob Zlatan Ibrahimovics Aufschrei somit zu Recht erfolgte, kann ohne Kenntnis der konkreten Verträge wohl nicht beantwortet werden. Wir sind gespannt, ob EA Sports bzw die FIFPro schließlich noch „zlatanisiert“ werden. Denn eines ist klar: Zlatan braucht FIFA nicht – FIFA braucht Zlatan.

Der FC Bayern München hat verloren. Schon allein dieser einfache Satz war im Rekordjahr der Münchner eine Schlagzeile wert. Dabei ging es jedoch nicht um ein Spiel, sondern vielmehr um einen Rechtsstreit. Kurioser als die Schlagzeile war wohl der Gegenstand des Rechtsstreits: Zeichnungen von Franck Ribéry und Arjen Robben, welche der Rekordmeister auf Merchandising-Artikeln abdruckte. Diese sind der Karikatur eines Zeichners („The Real Badman & Robben“) sehr ähnlich. Deswegen machte der Zeichner vor dem Landgericht München I eine Verletzung des Urheberrechts geltend und obsiegte (vgl Landgericht München I 9. 9. 2020, 21 O 15821/19).

Die Maske – unser ständiger Wegbegleiter im Jahr 2020. Sport konnte jedoch weitgehend ohne Maske ausgeübt werden. Eine Ausnahme stellte ein Spiel in der ersten spanischen Handballliga zwischen Ademar León und Balonmano Sinfín dar. In diesem Aufeinandertreffen galt Maskenpflicht im Spitzensport. Ein kurioses Bild, das so schnell nicht in Vergessenheit geraten wird.

V. Sonstiges

Neben der Vereinigung der Fußballer (VdF) gibt es seit heuer auch eine Spielergewerkschaft für die österreichischen BasketballspielerInnen und die österreichischen EishockeyspielerInnen. Die neu gegründeten Spielergewerkschaften  („die BasketballerInnen Vereinigung“  und die „EishockeyspielerInnen UNION“) werden sich ebenfalls unter dem Dach der younion _ Die Daseinsgewerkschaft eingliedern (näher dazu die Presseaussendung der Basketballer sowie jene der Eishockeyspieler).

Auch der österreichische Eishockeyverband (ÖEHV) sorgte für Schlagzeilen. Nach der Wahl des Präsidiums und des dreiköpfigen Schiedsgerichts Ende Juni kam es zu einer Wahlanfechtung. Grund für den Einspruch gegen die Wahl des neuen Verbandspräsidenten war ein Formalfehler. Über solche (verbandsinterne) Streitfragen hat laut den Statuten des ÖEHV das Schiedsgericht zu entscheiden. Nun stellte sich allerdings die Frage, welches Schiedsgericht über die Rechtmäßigkeit der Wahl zu entscheiden hat: das alte Schiedsgericht oder das soeben (mit dem Präsidium gemeinsam) neu gewählte Schiedsgericht (vgl dazu das Interview mit Stelzer).

VI. Ausblick

Der Streifzug durch das sportrechtliche Jahr 2020 hat die Vielseitigkeit der Materie Sportrecht einmal mehr unter Beweis gestellt. Selbst wenn die Sportwelt stillsteht, sind sportrechtliche Fragestellungen zu klären. Wir bleiben dran und freuen uns bereits auf ein spannendes Jahr 2021!Welche Auswirkungen zeitigt der Brexit auf die Sportwelt? Welche Ergebnisse liefert die Arbeitsgruppe im eSport? Bekommen wir endlich ein Berufssportgesetz? Mit diesem Ausblick wünschen wir euch einen guten Rutsch ins neue Jahr! Unsere Neujahrsvorsätze: neue Homepage, mehr Content und ein Podcast – stay tuned!

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