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Das rot-weiß-rote Heimweh

“Do bin i her, do g‘hör i hin…” – mit dieser Songzeile sorgt Rainhard Fendrich bei den Heimspielen der österreichischen Fußball-Nationalmannschaft regelmäßig für Gänsehaut im Ernst-Happel-Stadion. Doch wo genau gehört unser Nationalteam in Zukunft hin und wie sieht es mit einem neuen Stadion aus? Dieser Frage durfte ich mich im Rahmen meiner Diplomandenseminararbeit „Die Neuerrichtung eines Nationalstadions“ im Seminar „Sport im öffentlichen Recht“ an der Universität Wien widmen und möchte ich hier auf LAW MEETS SPORTS Einblicke in die Stadion-Causa geben, die den Österreichischen Fußball-Bund (ÖFB) schon seit längerer Zeit beschäftigt und einige rechtliche Hürden aufzuweisen hat.

Die Stadion-Problematik im Überblick

Vor genau einer Woche ließ das österreichische Nationalteam den großen WM-Traum wahr werden und fährt somit nach 28 (!) Jahren wieder zu einer Fußball-Weltmeisterschaft! So etwas hat man also tatsächlich schon lange nicht mehr (aus meiner Sicht: noch nie) gesehen, weshalb die Vorfreude der österreichischen Fans auf die WM 2026 in Kanada, Mexiko und den USA enorm ist. Diese Euphorie um das ÖFB-Team hat nun einen neuen Höhepunkt erreicht und zeigte sich bereits in den letzten Jahren mit stetig steigenden Besucherzahlen im „altehrwürdigen“ Ernst-Happel-Stadion. Hinter diesem Erfolg steht einmal mehr der Teamchef Ralf Rangnick, dem die Debatte um das Nationalstadion besonders am Herzen liegt. Er meinte bereits im Jahr 2023 in einem Interview mit der Tageszeitung „Die Presse“ dazu:

„Ich wünsche mir eine moderne Event-Arena an der Stelle des Ernst-Happel-Stadions, weil ich den Standort für den mit Abstand besten in ganz Österreich halte. Die geografische Lage, die Verkehrsanbindung, der Prater, das Ganze zehn Minuten von der Innenstadt entfernt: Das Stadion liegt wie gemalt. (…) Mir schwebt ein österreichisches Wembley-Stadion vor. Wien braucht eine moderne Event-Arena mit einem Fassungsvermögen von 50.000, 60.000 oder 70.000 Menschen.“

Damit spricht der Teamchef die Problematik schon gezielt an, denn der zuvor verwendete Begriff „altehrwürdig“ war nicht umsonst gewählt. Das Ernst-Happel-Stadion hat als Heimstätte der Nationalmannschaft und größtes Stadion Österreichs seine besten Jahre hinter sich und mit seinem fast einhundertjährigen Bestehen seit 1931 eine lange Geschichte vorzuweisen. Zwischenfälle wie ein tiefes Loch im Rasen oder ein Stromausfall bei vergangenen Länderspielen in Wien drücken dem Stadion objektiv betrachtet den Stempel der Baufälligkeit auf und lassen die Infrastruktur als nicht mehr zeitgemäß erscheinen. Doch ob die Bemühungen des Teamchefs und die lauter werdenden Rufe nach einer neuen Heimstätte erfolgreich sein werden, kann derzeit nicht vorausgesagt werden. In meiner Seminararbeit habe ich aus öffentlich-rechtlicher Sicht beleuchtet, inwiefern das bestehende Ernst-Happel-Stadion abgerissen und durch ein neues Nationalstadion ersetzt werden könnte. Der Fokus liegt dabei insbesondere auf den verwaltungsrechtlichen Voraussetzungen, die es bei einer Neuerrichtung am bestehenden Standort des Wiener Praters zu berücksichtigen gilt.

Denkmalschutz als Endstation?

Die Unterschutzstellung des Stadions durch das Denkmalschutzgesetz (DMSG) wurde bereits oftmals medial beleuchtet und als hinderlich eingestuft. Bei genauerer rechtlicher Betrachtung können aber durchaus Lösungswege hierfür aufgezeigt werden. Seit 2001 steht das Ernst-Happel-Stadion gemäß § 2a DMSG kraft Verordnung vorläufig unter Denkmalschutz. Deshalb unterliegt die Stadt Wien als Eigentümerin einer Erhaltungspflicht und ist jegliche Zerstörung oder Veränderung des Denkmals untersagt. Es besteht aber hinsichtlich der Vorläufigkeit der Unterschutzstellung einerseits die Option, dass iSd § 2a Abs 5 DMSG eine Bescheiderlassung beim Bundesdenkmalamt (BDA) von der Stadt Wien oder dem Landeshauptmann beantragt wird, um feststellen zu lassen, ob tatsächlich ein öffentliches Interesse an der Erhaltung des Stadions besteht. Also ob sozusagen das Stadion zum Wohle der Allgemeinheit aufgrund ihrer kulturellen Bedeutung erhalten bleiben soll. Würde dies verneint werden, läge schlussendlich keine Unterschutzstellung mehr vor.

Andererseits gibt es aber auch die vielversprechende Möglichkeit, nach § 5 Abs 1 DMSG ein Denkmalschutzaufhebungsverfahren einzuleiten. Dies geschieht hierbei ebenfalls per Antragstellung durch die Stadt Wien (als Eigentümerin) an das BDA, welches eine schriftliche Bewilligung in Bescheidform erlassen kann, um eine bauliche Änderung am Stadion bzw. einen Abriss zu ermöglichen. Die vorgebrachten Gründe dafür müssen wiederum das öffentliche Interesse an der unveränderten Erhaltung überwiegen. Auch wenn in der Praxis ein strenger Maßstab bei der Interessenabwägung gesetzt wird, so könnte in Anbetracht der VwGH-Rechtsprechung unter anderem die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Erhaltung auch in der Stadion-Causa als schwerwiegender Grund genannt werden. Dazu braucht es natürlich Daten und Fakten, die von einem Sachverständigen eingeholt werden können und aufzeigen, dass ein neues Nationalstadion aus wirtschaftlicher Sicht vorteilhafter wäre als die Aufrechterhaltung des bestehenden Stadions.

Aus denkmalschutzrechtlicher Sicht hat sohin der ÖFB, der lediglich als Mieter des Stadions auftritt, die Zügel nicht selbst in der Hand und kann lediglich die Entscheidungsträger wie die Stadt Wien zum Handeln anregen. Dass der bestehende Denkmalschutz jedoch einen Abriss und den damit einhergehenden Stadionneubau unmöglich macht, ist daraus keinesfalls zu schließen. Hoffnung macht zudem die Gesetzesnovelle des DMSG aus dem Jahr 2024, die im neu geschaffenen § 5 Abs 2a Z 5 DMSG dem Nachhaltigkeitsgedanken im Denkmalschutzaufhebungsverfahren mehr Wirkungsmacht verleiht und für eine Stadionveränderung sprechen könnte, sofern entsprechend argumentiert wird, dass ein neu errichtetes Stadion nachhaltiger und energieeffizienter wäre. Diese Anhaltspunkte könnten somit in der Stadion-Thematik aufgegriffen werden und zeigen mögliche Lösungen für das Problem auf.

Der Stadionbau im Wiener Baurecht

Unter Berücksichtigung des Flächenwidmungs- und Bebauungsplans der Stadt Wien bildet das Raumordnungsrecht, welches für den Standort Prater in den §§ 4 ff Wiener Bauordnung (Wr BauO) zu finden ist, kein Hindernis für einen Neubau. Für den Standort des Ernst-Happel-Stadions kann nämlich herausgelesen werden, dass sich dieser in einem Sondergebiet (BB1) befindet und die „Errichtung von Anlagen und Gebäuden für Sport- und Verwaltungseinrichtungen“ gestattet ist. Eine Schutzzone oder eine Bausperre liegen hingegen nicht vor. Jedoch wäre bei einem Neubauprojekt zu beachten, dass sich das Stadion in einem Klimaschutzgebiet befindet und somit auf die Energiezufuhr von klimaschonen Energieträgern und auf Nachhaltigkeit zu achten ist.

Bevor mit einem Neubau aber begonnen wird, gilt es gemäß § 60 Abs 1 lit d Wr BauO eine Abbruchbewilligung bei der MA 37 (Baupolizei) einzuholen. Diese bildet eine weitere rechtliche Voraussetzung und ist unabhängig von einer Bewilligung des BDA (siehe oben) zu betrachten. Das bedeutet, dass ein baurechtlich genehmigter Abbruch nicht zwingend auch denkmalschutzrechtlich vertretbar ist und gesondert bewilligt werden muss. Vor der MA 37 kann dabei die MA 19 kontaktiert werden, die zu bestätigen hat, dass ein Stadionabriss nicht das örtliche Erscheinungsbild beeinträchtigen würde. Mit dieser verfahrenserleichternden Bestätigung wird dann bei der MA 37 der Stadionabriss lediglich bewilligungsfrei angezeigt.

In einem weiteren Schritt ist natürlich auch der Stadionneubau selbst iSd § 60 Abs 1 lit a Wr BauO bewilligungspflichtig. Verantwortlich zeigt sich hier wiederum die MA 37, der ein Bauwerber vorzulegen hat, dass ein Bauvorhaben den bautechnischen Anforderungen entspricht. Dies betrifft beispielsweise Aspekte wie Sicherheit, Brandschutz, Hygiene, Barrierefreiheit und ähnliches. Auf die verfahrenstechnischen Details wird hier nicht eingegangen, erledigt wird das Bauansuchen wieder mittels Bescheiderlassung.

UVP-Pflicht – Ja oder Nein?

Hinsichtlich der möglichen umweltbezogenen Auswirkungen einer Stadionneuerrichtung sei hierbei festgehalten, dass ein Neubau unter gewissen Umständen auch einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unterzogen werden muss. Aufschlussreich ist dabei ein Blick in Anhang 1 Z 17 UVP-G 2000, der den Begriff des „Sportstadions“ anführt. Dabei kann herausgelesen werden, dass bei Erreichung bestimmter Schwellenwerte, die sich auf mindestens 10 Hektar Flächeninanspruchnahme und mindestens 1.500 Kfz-Stellplätze belaufen, eine UVP-Pflicht gegeben ist. Als zuständige Behörde würde die Wiener Landesregierung auftreten und ist der Standort des Praters dahingehend speziell, dass möglicherweise der angrenzende Vergnügungspark in ein Prüfungsverfahren miteinbezogen werden könnte. Entscheidend wäre dabei eine Kumulierung der Umweltauswirkungen, also inwiefern die beiden örtlichen Gegebenheiten zusammenwirken und gemeinsam eine UVP-Pflicht auslösen. Ob es einem derartigen Prüfverfahren also bedarf, ist stets einzelfallabhängig.

Sportstättenschutz und Förderung

Auch wenn das Wiener Sportstättenschutzgesetz (W-SSG) schon seinem Namen nach den Zweck verfolgt, Sportstätten zu erhalten, schiebt dieses einer Neuerrichtung keinen Riegel vor. Eine Bewilligungserteilung durch die MA 51 (Abteilung Sport Wien) nach § 4 Abs 1 Z 2 W-SSG wird nämlich in Aussicht gestellt, sofern nachgewiesen werden kann, dass eine gleichwertige Sportstätte geschaffen wird. Genau dieses Ziel würde ein Stadionneubauprojekt verfolgen. Eine Möglichkeit der Finanzierungshilfe würde sich aus dem Bundes-Sportförderungsgesetz 2017 (BSFG 2017) ergeben, welches unter anderem die „Förderung von Sportstätten von gesamtösterreichischer Bedeutung“ regelt. Unter eine solche Sportstätte ist ein neues Nationalstadion problemlos zu subsumieren.

Das Nationalstadion als Veranstaltungsstätte

Da ein neues Nationalstadion die Funktion als Austragungsort diverser Sport- und Kulturveranstaltungen zu erfüllen hat, ist auch das Veranstaltungsrecht als besonderer Bewilligungsaspekt zu berücksichtigen. Dafür sieht das Wiener Veranstaltungsgesetz 2020 (Wr VG 2020) eine Eignungsfeststellung vor. Neben den bereits erwähnten baurechtlichen Voraussetzungen führt § 18 Abs 1 Wr VG 2020 aus, dass Faktoren wie Betriebssicherheit, Leben und Gesundheit von Menschen, Jugendschutz, Tierschutz oder auch das Abfallrecht in den Bewilligungsagenden eine Rolle spielen. Weitere Prüfpunkte wie Fluchtwege, der Ordnerdienst und die Sicherheit von Zuschauern zielen auf das Stadion selbst ab, die Durchführungsbestimmungen sind weiters separat zu beachten. Genaue Informationen, wie all diese Schutzinteressen zu verwirklichen sind, enthält die Veranstaltungsstättenrichtlinie 2020. Für den veranstaltungsrechtlichen Bewilligungsantrag zeigt sich die MA 36 zuständig, die wiederum in Bescheidform entscheidet.

Gewerberechtliches zum Stadionbau

Ein neues Stadion ist iSd § 74 Abs 1 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) als gewerbliche Betriebsanlage anzusehen, da im Stadion mit sämtlichen Verkaufsständen und der Bewirtung eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird. Als Verwaltungsakt braucht es hier also eine Betriebsanlagengenehmigung gemäß § 74 Abs 2 GewO 1994, da ein Stadion aufgrund der Lärmbelästigung, der Lichtemissionen oder auch der Verkehrsbeeinträchtigung an Spieltagen einen ortsbezogenen Personenkreis und Schutzgüter gefährden könnte. Für den Praterstandort ist hierbei das Magistratische Bezirksamt für den 10. Bezirk verantwortlich, zu dessen Aufgabenbereich auch Leopoldstadt hinzugezogen wird, welches den Antrag des Betriebsanlageninhabers entgegennimmt und per Bescheid die Betriebsanlage genehmigt. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf eine Gastgewerbeberechtigung, die in weiterer Folge notwendig sein wird.

Fazit

Die erläuterten öffentlich-rechtlichen Bedingungen für einen Stadionneubau zeigen, dass ein derartiges Projekt sehr umfassend ausgestaltet ist und natürlich nicht nur finanziell herausfordernd sein kann. Nichtsdestotrotz sollte es nicht nur für den ÖFB, sondern auch für die Stadt Wien ein Ansporn sein, dass man auf internationaler Ebene mit anderen Standorten konkurrenzfähig bleibt. Hinsichtlich dessen zeigt sich das bestehende Ernst-Happel-Stadion im Gegensatz zu unserer Nationalmannschaft als nicht zukunftsfit. Eine Bestandsanalyse aus dem Jahr 2024 hat zwar ergeben, dass das Stadion zumindest bis Mitte der 2060er Jahre genutzt werden kann, ob es dabei in der Lage ist, mit modernen Sportstadien mitzuhalten, darf jedoch bezweifelt werden.

Auf bundespolitischer Ebene wurde die Prüfung eines Stadionbaus in das Regierungsprogramm aufgenommen, es bleibt also gespannt abzuwarten, ob dieser Angriff erfolgreich ausgespielt wird oder neuerdings in einem Rückpass endet. Die Strukturreform des ÖFB und die Neubesetzung mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Josef Pröll hat jedenfalls wieder Schwung in die Diskussion um ein neues Nationalstadion gebracht und ist die Vernetzung Prölls durch seine politische Vergangenheit sicherlich kein Nachteil. Um womöglich etwas Druck auf die Stadt Wien aufzubauen, wurde kürzlich erst Niederösterreich als eventuellen Standort für einen Stadionneubau von Pröll genannt.

Die Stadion-Causa ist und bleibt sohin eine politische und finanzielle Debatte, die sich aber als rechtlich lösbare Aufgabe darstellt und zukunftsweisend für die Weiterentwicklung der österreichischen Sportinfrastruktur und das rot-weiß-rote Heimweh sein kann!

Bild: © lawmeetssports

Winterreihe Skirecht Teil III: Erweiterung von Skigebieten & die Umweltverträglichkeitsprüfung

Im Alpenraum sollen immer mehr Neuerschließungen oder Zusammenschlüsse von Skigebieten verwirklicht werden. Die zusätzlichen Pistenkilometer führen tendenziell zu einem erhöhten Buchungsaufkommen und will man sich dadurch nachhaltig Skigäste sichern. Ein weiterer Grund ist die steigende Schneefallgrenze wegen des Klimawandels und damit verbunden die Notwendigkeit höher gelegene Gebiete zu erschließen.

Dabei kann jedoch der Eindruck entstehen, dass Skigebietsbetreibern für den Ausbau der Pisten nur geringe umweltrechtliche Schranken gesetzt werden. Einen besonders großen Umweltkonflikt stellt derzeit der geplante Zusammenschluss des Tiroler Skigebiets im Ötztal mit dem Pitztaler Gletscherskigebiet dar. Unlängst hat die lokale Bevölkerung Tirols ihre Bedenken hinsichtlich des aktuell geplanten Vorhabens, die beiden Skigebiete mittels Zusammenschlusses zu erweitern, geäußert. Es handelt sich hierbei um die größte Erschließungsmaßnahme der letzten Jahrzehnte. Genauer gesagt sind unter anderem 64 Hektar Pistenfläche, vier Seilbahnen, ein Skitunnel und eine große Beschneiungsanlage geplant. Ziel ist es, das größte Gletscherskigebiet der Welt zu errichten.

Der vorliegende Beitrag soll einen Überblick über die gesetzliche Grundlage und die rechtlichen Rahmenbedingungen beim Ausbau von Skigebieten bieten.

Das Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren (UVP-Verfahren) – Der Weg zur Genehmigung

Das UVP-Verfahren wird als Instrument zur Umweltvorsorge verstanden. Das Verfahren dient der Überprüfung sämtlicher Maßnahmen eines geplanten Vorhabens und deren Auswirkungen auf die Umwelt. Mit Vorhaben sind Projekte gemeint, deren Umsetzung sich auf die Menschen und die biologische Vielfalt der Tiere und Pflanzen, die Luft und das Klima, das Wasser, den Boden und die Landschaft auswirken können. Der Projektwerber muss eine Beschreibung der wichtigsten und abschätzbaren Auswirkungen durch den Bau und Betrieb des Vorhabens auf die Umwelt erstellen und diese der Behörde mitteilen. Dem Projektwerber obliegt es auch, konkrete Maßnahmen anzuführen, die einen auswirkungsvermeidenden oder -mindernden Effekt haben, sowie Alternativen zur Projektrealisierung darzustellen. Das UVP-Verfahren dient demnach dazu, etwaige schwere negative Auswirkungen auf die Umwelt bereits im Vorhinein festzustellen und zu vermeiden oder auf ein verträgliches Ausmaß zu reduzieren. Dies soll ausweislich des Gesetzes unter der Beteiligung der Öffentlichkeit erfolgen.

Das Vorverfahren

Im Rahmen des UVP-Verfahrens wird in einem ersten Schritt ein Vorverfahren durchgeführt. Dieses wird durch das Einbringen eines Genehmigungsantrages vom Projektwerber eröffnet. Es erfolgt eine öffentliche Auflage der eingereichten Unterlagen zum geplanten Vorhaben und die Behörden und Standortgemeinden erhalten die Möglichkeit zur Stellungnahme. Gleichzeitig beginnt eine Frist zu laufen, innerhalb dieser sich Umweltschutzorganisationen und Bürgerinitiativen zum geplanten Vorhaben äußern können und dadurch Parteistellung erlangen. Anschließend beauftragt die zuständige Behörde Amtssachverständige zur Erstellung eines Umweltverträglichkeitsgutachten, welches ebenfalls veröffentlicht wird.

Die öffentliche Erörterung

In der zweiten Phase findet eine öffentliche Erörterung statt. Diese dient zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Teilnehmen können alle Personen denen eine Partei- und Beteiligtenstellung zukommt. Parteistellung haben beispielsweise Nachbarn. Ebenfalls teilnehmen können der Umweltanwalt, Gemeinden, Bürgerinitiativen und Umweltorganisationen. Diese Etappe soll der Behörde die Möglichkeit geben, alle relevanten Interessen zu sammeln und diese abzuwägen.

Subjektiv öffentliche Rechte

Parteien, denen ein subjektiv öffentliches Recht zusteht, können an der mündlichen Verhandlung teilnehmen und ihre Einwände und Bedenken vorbringen. Die subjektiven öffentlichen Rechte gewährleisten, dass ein Einzelner kraft öffentlichen Rechts eine „Rechtsmacht“ erhält, welche den Staat zur Verfolgung seiner Interessen verpflichtet und daher ein bestimmtes Verhalten verlangt, damit der Einzelne seine eigene Rechtsposition durchsetzen kann. Beispiele für subjektive öffentliche Rechte sind das Recht auf Akteneinsicht, das Recht auf Zustellung des Bescheids sowie auch das Parteiengehör. Die Parteien haben auch das Recht auf Erhebung von Rechtsmitteln gegen die Entscheidung der Behörde.

Da es sich bei der Einhaltung von Umweltschutzvorschriften jedoch um ein objektives und nicht um subjektives Recht handelt, werden zusätzlich Umweltanwaltschaften und Umweltorganisationen in den Prozess miteinbezogen.

Zuständige Behörde

Im UVP-Verfahren ist die jeweilige Landesregierung die zuständige Behörde. Nach Abschluss der mündlichen Verhandlung entscheidet diese mittels Bescheid über den Genehmigungsantrag und veröffentlicht ihre Entscheidung. Innerhalb einer Frist von vier Wochen ab Zustellung des Bescheides kann von den Parteien eine Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.

Das UVP-Verfahrens im Rahmen einer Skigebietserweiterung

Da die Neuerschließung und Erweiterung von Skigebieten einen Eingriff in die Natur und die Landschaft bedeuten und somit ein Gefahrenpotential in sich bergen, muss ein solches Vorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden. Der Anhang 1 Z 12 des UVP-G sieht jedenfalls eine Pflicht zur Durchführung eines UVP-Verfahrens vor.

Der Begriff des „Skigebiets“

Grundsätzlich ist von einem „Skigebiet“ die Rede, wenn ein Bereich aus einzelnen oder zusammenhängenden technischen Aufstiegshilfen und dazugehörigen präparierten oder gekennzeichneten Skipisten besteht und ein durchgehendes Befahren mit Wintersportgeräten möglich ist. Dazu gehört auch die notwendige Infrastruktur bestehend aus Möglichkeiten zur Übernachtung, Versorgungsbetriebe, Verkehrserschließung, Wasserversorgung und Kanalisation usw. Durch die Talräume wird das Skigebiet morphologisch begrenzt. Unter Talräumen versteht man durch markante, natürliche Geländelinien und Geländeformen (z.B. Grate, Kämme, etc.) abgegrenzte Landschaftsräume […]. (Diese Begriffsdefinition des „Schigebiets“ erfolgte in der UVP-G-Nov BGBl I 2004/153 und wurde in der UVP-G-Nov BGBl I 2009/87 novelliert.)

Von einer Erweiterung eines Skigebiets wird im Grunde gesprochen, wenn ein vorhandenes Skigebiet flächenmäßig ausgebaut wird.

Eingriff in Natur und Umwelt – Eine Interessensabwägung

Bei einer Skigebietserweiterung sind vor allem die im Folgenden kurz dargestellten Interessen, sowie Eingriffe in die Umwelt in die Entscheidung miteinzubeziehen:

  • eine Erweiterung einer Skipiste erfordert meist vorhergehende Rodungen der Wälder und Felssprengungen;
  • die freigemachte Waldfläche erhöht das Risiko von Schnee- und Gerölllawinen;
  • während der Betriebsphase kommt es – aufgrund des Sauerstoffmangels – zu Auswirkungen auf Boden, Vegetation und Wasserhaushalt;
  • der erhöhte Einsatz von Schneekanonen zur Beschneiung der Pisten führt zu einer erhöhten Schmelzwassermenge und
  • für die Erzeugung des Kunstschnees wird auf Trinkwasser zurückgegriffen, was in Tirol mittlerweile zu einer enormen Wasserknappheit führt.

Diese negativen Auswirkungen auf die Umwelt sprechen in der Regel für die Notwendigkeit eines UVP-Verfahrens und sollen die Behörde dazu veranlassen, eine Interessenabwägung für das geplante Vorhaben durchzuführen.

Das entscheidende Kriterium der „naturschutzrechtlichen Interessenabwägung“

Im Jahr 2012 erging im Bundesland Salzburg eine Entscheidung (“Hochsonnberg”), die sich unter anderem mit der “naturschutzrechtlichen Interessenabwägung” beschäftigte. Ursprünglich wurde im Mai 2011 der Antrag zur Skigebietserweiterung in erster Instanz von der Salzburger Landesregierung mit Bescheid genehmigt. Gegen diese Entscheidung wurde ein Rechtsmittel erhoben und so erging in zweiter Instanz eine negative Entscheidung vom Umweltsenat in Wien.

Im Fokus stand § 3a Abs 2 des Salzburger Naturschutzgesetzes. Diese Norm enthält eine Interessenabwägung, welche vorsieht, dass Maßnahmen die nachweislich unmittelbar besonders wichtigen öffentlichen Interessen dienen, zu genehmigen sind, auch wenn naturschutzrechtliche Interessen dagegensprechen. Voraussetzung ist aber, dass es keine Alternative gibt, die die Naturschutzinteressen weniger beeinträchtigt. Dieses öffentliche Interesse kann unmittelbar am Wert der Nutzung durch die skisportbetreibenden Personen gemessen werden. Da aber die bestehenden Pisten bereits während der Erweiterung des Skigebiets nicht vollumfänglich genutzt werden können, ist schon an dieser Stelle fraglich, ob ein besonders wichtiges öffentliches Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens gegeben ist. Außerdem könnte der durchgehende Skibetrieb nur durch eine – unter Berücksichtigung jeglicher Witterungssituation – effektive Nachbeschneiung aufrechterhalten werden und die Pisten müssten bis einschließlich Hochwinter genutzt werden. Zudem kommt es um die Mittagszeit meistens zu einer verstärkten Sonneneinstrahlung, welche zu einer Verschlechterung der Schneeverhältnisse führt und daher die Talabfahrt von den Skifahrern nur wenig bis gar nicht genutzt wird.

Mit der Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit wurde mit Beginn des Jahres 2014 der Umweltsenat durch das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ersetzt und dieses ist nun die neue Rechtsmittelinstanz gegen Entscheidungen der Landesregierung. Gegen Entscheidungen des BVwG kann beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Revision erhoben werden.

Im Jahr 2018 genehmigte das BVwG das Projekt „Hochsonnberg“. Die Genehmigung wurde allerdings im Dezember 2020 vom VwGH mit der Begründung aufgehoben, dass die Durchführung der naturschutzrechtlichen Interessenabwägung durch das BVwG mangelhaft war. Nach Ansicht des VwGH überwiegt das öffentliche Interesse am Naturschutz jenem Interesse an der Umsetzung der Skigebietserweiterung. Oder mit anderen Worten ausgedrückt: Die Erweiterung des Skigebiets dient nachweislich nicht unmittelbar besonders wichtigen öffentlichen Interessen. Durch die Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses tritt die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses befunden hat und das BVwG hat damit neuerlich zu entscheiden.

Fazit

Das UVP-Verfahren ist somit ein sehr sinnvolles als auch effektives Verfahren, um schwere negative Eingriffe in die Umwelt durch bestimmte Großprojekte zu vermeiden. Die Durchführung der Interessenabwägung soll der Behörde ermöglichen über die Bewilligungsfähigkeit von Projekten zu entscheiden.

Abschließend kann festgehalten werden, dass sowohl Skigebietsbetreiber als auch Behörden sehr wohl anspruchsvollen, gesetzlichen Vorschriften in Form von umweltrechtlichen Schranken bei der Erweiterung von Skigebieten unterliegen. Diese Vorschriften streben vor allem einen verantwortungsvollen Umgang mit der Umwelt an. Ohne dieses Regime wäre eine Erweiterung von Skigebieten, unter gleichzeitiger Wahrung von Natur und Landschaft nicht denkbar.

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