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Einzelne Teilgarantien – obligatorisch oder nicht? (6/6)

Der der durch eine wirksame Schiedsvereinbarung begründete Grundrechtsverzicht beinhaltet jedenfalls einen Verzicht auf den staatlichen Rechtsschutz. Dieser letzte Beitrag meiner Beitragsreihe behandelt die restlichen Organisations- und Verfahrensgarantien von Art 6 EMRK und beantwortet die Frage, inwiefern sich (Sport-)Schiedsgerichte an diese zu halten haben (= Bindungsumfang). Als Beispiel dient dabei das Ständig Neutrale Schiedsgericht (StNSchG) der Österreichischen Fußball-Bundesliga (BL) bzw dessen Verfahrensordnung (VOStNSchG).

Die Öffentlichkeit des Verfahrens

Der Rsp des EGMR (EGMR 23.2.1999, 31737/96, Suovaniemi/Finnland) ist zu entnehmen, dass im Schiedsverfahren grundsätzlich ohne weiteres auf die Öffentlichkeit des Verfahrens verzichtet werden kann. Gerade auf den Öffentlichkeitsgrundsatz kann auch in Verfahren der staatlichen Gerichtsbarkeit wirksam verzichtet werden. Dies gilt umso mehr für Schiedsverfahren. Denn regelmäßig ist die Nichtöffentlichkeit bzw die Vertraulichkeit des Verfahrens der Hintergrund für die Einrichtung eines Schiedsgerichts durch private Vereinbarung. So werden Geheimhaltungsinteressen der Schiedsparteien geschützt und die Vertraulichkeit der Schiedssache gewahrt.

Hinsichtlich des Öffentlichkeitsgrundsatzes in der Sportschiedsgerichtsbarkeit und dem Verfahren vor dem StNSchG ist festzuhalten, dass der Verzicht auf die Öffentlichkeit und die damit generierte Vertraulichkeit zu den allgemeinen Vorteilen von Schiedsgerichten zählen; auch wenn in der Praxis wohl nicht alles geheim gehalten werden kann (Stichwort: Medien). Das Verfahren vor dem StNSchG ist nicht öffentlich (vgl § 6 Abs 3 letzter Satz VOStNSchG).

Die Mündlichkeit des Verfahrens

§ 598 ZPO regelt die Mündlichkeit im österreichischen Schiedsverfahren. Schon in den Erläuterungenzum SchiedsRÄG 2006 verdeutlicht der Gesetzgeber, dass der in der österreichischen ZPO fest verankerte Mündlichkeitsgrundsatz im Schiedsverfahren keine Anwendung findet, Art 6 EMRK deswegen nur eingeschränkt gilt und Schriftsätze größeres Gewicht haben.

Ebenso wie der Öffentlichkeitsgrundsatz ist also das Recht auf die mündliche Verhandlung im Schiedsverfahren keine verpflichtend einzuhaltende Teilgarantie des Art 6 EMRK. Doch ist nach der Rsp des OGH (RIS-Justiz RS0126091) der Aufhebungstatbestand iSd § 611 Abs 2 Z 2 ZPO idR erfüllt, wenn das Schiedsgericht einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung unbeachtet ließ. Daraus ergibt sich, dass die mündliche Verhandlung ein Kernelement des Anrechts auf rechtliches Gehör ist. Denn zum Aufhebungsgrund wegen mangelhafter Angriffs- und Verteidigungsmöglichkeit (§ 611 Abs 2 Z 2 ZPO), der das rechtliche Gehör an sich schützt, gehört unter anderem die Regelung über die mündliche Verhandlung. Sollten die Parteien die mündliche Verhandlung ausgeschlossen haben und das Schiedsgericht dennoch eine durchführen, kann der Schiedsspruch nicht wegen § 611 Abs 2 Z 2 ZPO aufgehoben werden, da „zu viel“ rechtliches Gehör keinesfalls schadet.

In der Literatur wird § 598 ZPO zum Teil als Konkretisierung des in § 594 Abs 2 Satz 2 ZPO bestimmten Anspruchs der Parteien auf rechtliches Gehör gesehen, da hier die Grundregeln über die mündliche Verhandlung sowie das schriftliche Verfahren zu finden seien.

Sofern die Parteien keine Vereinbarung darüber getroffen haben, liegt es im Ermessen des Schiedsgerichts, ob eine mündliche Verhandlung oder ein schriftliches Verfahren durchgeführt wird. Eine mündliche Verhandlung ist nur dann verpflichtend, wenn dies eine Schiedspartei beantragt.

Selbst wenn das Schiedsgericht der Meinung ist, eine mündliche Verhandlung wäre angebracht, ist dies bei Vorliegen eines Ausschlusses durch die Schiedsparteien nicht möglich. Hier kommt zum Ausdruck, dass die Verfahrensgestaltung im Rahmen der Schiedsgerichtsbarkeit in der Hand der Parteien liegen soll. Dies kann zu heiklen Situationen führen, etwa falls die Schiedsrichter Parteien- oder Zeugenaussagen für notwendig erachten, falls bei Unterlassen einer mündlichen Verhandlung die Gefahr droht, das Verfahren könne Art 6 EMRK bzw den grundrechtlichen Mindestanforderungen nicht gerecht werden oder falls eine faire Entscheidungsfindung ohne mündliche Verhandlung bzw Aussagen nicht möglich ist.

Das Verfahren vor dem StNSchG kann mündlich oder schriftlich durchgeführt werden. Sollte eine Partei eine mündliche Verhandlung verlangen, so hat sie der Vorsitzende des Senats ehestmöglich anzuordnen (vgl § 6 Abs 3 VOStNSchG).

Die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Schiedsrichter

Durch Art 6 EMRK wird den Parteien eines staatlichen Gerichtsverfahrens weiters die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der (staatlichen) Richter gewährleistet. Dh über den Rechtsstreit wird von einem unbefangenen, unvoreingenommenen und unparteiischen Gericht geurteilt. Dadurch soll eine, aufgrund etwaig bestehender (außerhalb des Verfahrens liegender) Gründe, verfälschte Entscheidung verhindert werden.

Auch wenn die Richter eines Schiedsverfahrens nicht an den Maßstäben von staatlichen Richtern zu messen sind, besteht diesbezüglich im Endeffekt grundsätzlich kein Unterschied zwischen ihnen. Denn auch die Schiedsrichter entscheiden über einen Rechtsstreit und üben sachlich/materiell gesehen eine richterliche Funktion aus (OGH 14.12.1994, 7 Ob 604/94), wobei die Schiedsparteien dabei von der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit der Richter ausgehen. Sie haben einen unverzichtbaren und absoluten Anspruch auf die Entscheidung durch ein unabhängiges und unparteiisches Schiedsgericht bzw auf die objektive Durchführung des Schiedsverfahrens und die Unparteilichkeit bei Erlassung des Schiedsspruchs. Denn die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit gehört zu den Mindeststandards, auf die nicht wirksam verzichtet werden kann. Jeder Schiedsrichter hat unparteiisch zu sein und eben nicht die Interessen der Partei zu vertreten, die ihn ernannt hat (OGH 28.4.1998, 1 Ob 253/97f).

Einerseits darf man in dieser Thematik die schiedsrichterliche Offenlegungspflicht und das Ablehnungsrecht der Parteien nicht vergessen. Andererseits sind die Unterschiede zwischen staatlicher Gerichtsbarkeit und Schiedsgerichtsgerichtsbarkeit, wie zB die privatautonome Gestaltungsmöglichkeit der Schiedsparteien, die Schiedsrichter (anhand besonderer Erfahrung und Sachkenntnis) im Bestellungsverfahren bzw den Modus zur Schiedsrichterbestellung frei zu wählen, und der sog Paritätsgrundsatz (= keiner Schiedspartei darf bei der Zusammensetzung des Schiedsgerichts ein Übergewicht zukommen) nicht zu vernachlässigen.

Bezogen auf die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Schiedsrichter in der Sportschiedsgerichtsbarkeit wird die Meinung vertreten, dass die Besetzungsmöglichkeit der Schiedsparteien zu den größten Nachteilen gehöre, da die Objektivität der Schiedsrichter nicht immer gewährleistet werden könne. Zumeist wäre ein Sportler in einem staatlichen Gerichtsverfahren aufgrund der verfassungsrechtlich verpflichtend einzuhaltenden Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Gerichts besser geschützt, wohingegen in der Schiedsgerichtsbarkeit eine Überlegenheit des Verbandes gegenüber dem Sportler bestehen könne.

Das StNSchG entscheidet grundsätzlich durch einen Dreiersenat, bestehend aus einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern (vgl § 3 Abs 1 VOStNSchG). Der Vorsitzende und seine Vertreter haben akademisch graduierte Juristen zu sein und werden von der Hauptversammlung (= Mitgliederversammlung iSd Vereinsrechts) für eine Funktionsperiode von vier Jahren gewählt. Dabei muss eine von mindestens fünf zu bestellenden Personen pro Funktionsperiode ausdrücklich als ständiger Vorsitzender bestellt werden, während die anderen Personen in festgelegter Reihenfolge als dessen Vertreter eintreten (vgl § 3 Abs 2 VOStNSchG). Daneben bestehen Regelungen über die Bestellung zum ersten und zweiten Beisitzer, wobei hierbei die vom Vorstand der BL bzw von der Klubkonferenz der höchsten und der zweithöchsten Spielklasse aufzustellenden Listen eine Rolle spielen (vgl § 3 Abs 3 und 4 VOStNSchG).

Die Besetzung des StNSchG im einzelnen Streitfall bzw die Auswahl der beiden Beisitzer hängt davon ab, wer die Parteien im Rechtsstreit sind bzw wer als Kläger und wer als Beklagter auftritt (vgl § 3 Abs 5 lit a-d VOStNSchG). Dabei ist die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Schiedsrichter bspw bei einer Klage eines Sportlers gegen die BL in Frage zu stellen, da die BL im Endeffekt mehr Einfluss auf die Besetzung des StNSchG hat (Stichwort: Paritätsgrundsatz!). Dies dürfte daran liegen, dass der Sportler „seinen“ Beisitzer aus den von der Klubkonferenz der höchsten und der zweithöchsten Spielklasse aufgestellten Beisitzern auswählen muss, während die Auswahl des Beisitzers durch die BL aus der vom Vorstand der BL aufgestellten Beisitzerliste zu erfolgen hat (§ 3 Abs 5 lit b VOStNSchG).

Der Anspruch auf rechtliches Gehör

§ 594 Abs 2 zweiter Satz ZPO legt fest: „Jeder Partei ist rechtliches Gehör zu gewähren.“ Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist Teil des Rechts auf ein faires Verfahren bzw des Gleichbehandlungsgrundsatzes, doch kommt ihm aufgrund seiner Bedeutsamkeit eine davon unabhängige Stellung zu. Auch bestehen Zusammenhänge zum Mündlichkeitsgrundsatz.

Das Recht auf Gehör zählt zu den angesprochenen elementaren rechtsstaatlichen Mindeststandards, die Schiedsgerichte in Sachen grundrechtlicher Bindung gemäß Art 6 EMRK (während des gesamten Verfahrens) erfüllen müssen. Die Schiedsparteien gehen zudem davon aus, dass ihnen ausreichend rechtliches Gehör zukommt. Die Wichtigkeit dieser Teilgarantie lässt sich auch aus der Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen durch ordentliche Gerichte ableiten, so ist bei (erheblichen) Verstößen gegen das rechtliche Gehör von Schiedsgerichten die Vollstreckung unzulässig.

Grundsätzlich regiert bei der Durchführung des Schiedsverfahrens die Privatautonomie. Die Verfahrensgestaltung kann also von den Schiedsparteien frei bestimmt werden, sofern keine verpflichtend einzuhaltenden Regelungen den Vereinbarungen zuwiderlaufen. Allerdings ist ua die „Gewährung rechtlichen Gehörs“ zwingend und schränkt die Privatautonomie dadurch ein. Wird dieser Grundsatz verletzt, könnten § 611 Abs 2 Z 2 oder Z 5 ZPO verwirklicht werden und somit ein Aufhebungsgrund vorliegen.

Wenn die Parteien keine Vereinbarungen über die Durchführung des Verfahrens getroffen haben, liegt es im Ermessen des Schiedsgerichts, in welchem Umfang und in welcher Weise das rechtliche Gehör gewährt wird, wenngleich die Erwartungen der Parteien dabei als Richtlinie gelten. Wichtig zu beachten ist, dass die Wahrung des Rechts auf Gehör zwar an sich unangefochten ist, doch trotzdem Unstimmigkeiten bei der Anwendung im Einzelfall bestehen.

Demnach umfasst der Grundsatz des rechtlichen Gehörs unter anderem die folgenden Gewährleistungen: wirksame Benachrichtigung der Parteien über den Beginn des Verfahrens, Offenstehen der Gelegenheit für die Parteien, alles (= jedes Angriffs- und Verteidigungsmittel) vorzubringen, was sie für wesentlich halten oder die Information und die Gelegenheit zur Äußerung des Prozessgegners über jede Änderung des Sachverhalts.

Soweit die Meinungen der Schiedsparteien bekannt sind und vom Schiedsrichter bedacht werden, ist eine persönliche Anhörung nicht notwendig. Irrelevant ist auch, ob das Recht auf Gehör nacheinander oder gleichzeitig, schriftlich oder mündlich gewährt wird (OGH 6.9.1990, 6 Ob 572/90). Ob die Parteien also von allen Schiedsrichtern zur gleichen Zeit vernommen werden oder nicht, ist nicht von Bedeutung, weil der Bericht eines an die restlichen Schiedsrichter bzw das Wissen eines Schiedsrichters ausreicht (OGH 21.11.1951, 2 Ob 344/51).

Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs iSd Art 6 EMRK wird bejaht, wenn der Schiedsspruch Tatsachen oder Beweisergebnisse beinhaltet, zu denen die Parteien keine Stellungnahme abgeben konnten oder die Möglichkeit dazu nicht bestand. Es muss den Parteien möglich sein, bei den Verhandlungen zu erscheinen und dort mittels Tatsachenbehauptungen und Beweisangeboten ihre Sichtweise kundzutun.

Allgemein gilt, dass im Schiedsverfahren keine strengeren Anforderungen bzgl der Sicherung des Rechts auf Gehör gelten als im ordentlichen Verfahren (OGH 28.11.2012, 4 Ob 185/12b). So ist § 611 Abs 2 Z 2 ZPO nur verwirklicht, wenn die Verletzung des Gehörs einen Nichtigkeitsgrund im ordentlichen Verfahren darstellen bzw einem solchen wertungsmäßig nahekommen würde (OGH 23.2.2016, 18 OCg 3/15p).

Das faire Verfahren bzw die Gleichbehandlung der Parteien

§ 594 Abs 2 erster Satz ZPO lautet explizit: „Die Parteien sind fair zu behandeln.“ Das Recht auf ein faires Verfahren gehört jedenfalls zum Kern des verfahrensrechtlichen ordre public. Die Schiedsparteien erwarten ein Verfahren, das fair geführt wird. Daraus ergibt sich, dass die Schiedsgerichte für ein faires Verfahren zu sorgen haben. Dies ist zwingendes Recht. Den Erläuterungen zum SchiedsRÄG 2006 ist zu entnehmen, dass die gesetzlich angeordnete faire Behandlung der Parteien aus Art 6 EMRK und der hierzu ergangenen Rsp hervorgeht. Wie auch das rechtliche Gehör gehört das faire Verfahren zu den bedeutsamsten österreichischen Verfahrensprinzipien bzw dem prozessualen ordre public und ist während des gesamten Schiedsverfahrens einzuhalten. Das rechtliche Gehör und die gleiche/faire Behandlung der Parteien sind zentrale Grundsätze, die als rechtsstaatliche Mindeststandards in einem privaten Schiedsverfahren zu achten sind und auf welche die Schiedsparteien nicht verzichten können. Die Gleichbehandlung der Parteien bzw Waffengleichheit ist unterdies aber „nur“ eine Komponente, aus der sich ein faires Verfahren bzw ein fairer Rechtsschutz zusammensetzt. Zu beachten ist, dass die Verfahrensparteien nicht immer gleich zu behandeln sind, jedoch unsachgemäße Differenzierungen verhindert werden sollen.

Die faire/gleiche Behandlung muss nach den Umständen des Einzelfalls gewährleistet werden und es darf dabei kein wesentlicher Nachteil für eine der Parteien vorliegen. Davon umfasst ist unter anderem die Möglichkeit für die Parteien, in gleicher Weise vernünftig und einzelfallgerecht ihren Fall samt ihren Argumenten und entscheidenden Beweisen zu präsentieren und auf das Vorbringen der Gegenseite zu replizieren. In der Literatur wird zudem die Gleichbehandlung der Parteien bei der Schiedsrichterbenennung als wesentliche Grundlage des Schiedsverfahrensrechts angesehen. Dies ergeht auch unmittelbar aus § 587 Abs 2 Z 3 ZPO, wonach jede Partei iSd Gleichbehandlungsgrundsatzes dieselbe Anzahl an Schiedsrichtern zu bestellen hat, wenn für das Verfahren mehr als drei Richter vorgesehen sind. Eine Verletzung der fairen Behandlung kann letztlich einen Aufhebungsgrund iSd § 611 Abs 2 Z 2, Z 4 oder Z 5 ZPO darstellen. Faire Behandlung muss allgemein aber nicht heißen, dass die Parteien tatsächlich im gleichen Ausmaß an dem Verfahren beteiligt waren. Entscheidend ist, dass den Parteien eine faire Möglichkeit zur Verfahrensteilnahme zukommt.

Im organisierten Wettkampfsport gilt der Grundsatz, dass alle Sportler formell gleichbehandelt werden. Der Grund liegt in der Verbandspyramide des organisierten Sports bzw dem sich daraus ergebenden hierarchisch-aufgebauten Verbandssystem. Denn aufgrund dessen haben sich alle Sportler einer Sportart an dieselben Sportregeln und Verbandsregelwerke zu halten. Daneben entsteht durch das „Ein-Platz-Prinzip“ zwischen dem internationalen Sportverband und den einzelnen Sportlern ein faktisches Ungleichgewicht, was für letztere Nachteile mit sich bringen kann.

§ 6 Abs 2 erster Satz VOStNSchG schreibt unter anderem vor, dass insbesondere der Grundsatz der Parteiengleichbehandlung unter Wahrung des rechtlichen Gehörs in jedem Stadium des Verfahrens vor dem StNSchG gilt.

Die angemessene Verfahrensdauer

Grundsätzlich können die Schiedsparteien auf den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer nicht verzichten. Die kurze Verfahrensdauer im Schiedsverfahren stellt einen Vorteil gegenüber der staatlichen Gerichtsbarkeit dar und ist insb im Sportwesen bedeutsam. Im Abschluss einer Schiedsvereinbarung kann nicht der Verzicht auf eine angemessene Verfahrensdauer gesehen werden.

Die Einschätzung der Angemessenheit der Dauer des Verfahrens hat jedenfalls im Einzelfall zu erfolgen. Dabei sind unter anderem das Verhalten der staatlichen Behörden und der Verfahrensparteien, die Komplexität der Causa und die Bedeutung der Angelegenheit für die Parteien zu beachten.

Den Schiedsparteien kommen einige Instrumente zu, um die Verfahrensdauer zu beeinflussen bzw das Verfahren zu beschleunigen. Etwa die Benennung fachkundiger Schiedsrichter, der Verzicht auf die mündliche Verhandlung, die Zeugenvernehmung per Videokonferenz oder die schriftliche – anstatt der mündlichen – Zeugenaussage sind hier zu nennen. Daneben wird eine sog case management conference, eine (erste) Verhandlung, in der das Schiedsverfahren geplant wird, in der Literatur empfohlen.

Die VOStNSchG sieht bestimmte Instrumente vor, um die Verfahrensdauer zu verkürzen. So muss die Klage innerhalb von vier Wochen ab Zustellung der schriftlichen Ausfertigung der verbandsinternen Erledigung bei der Geschäftsstelle des StNSchG bei sonstiger Präklusion eingelangt sein. Bei dringlichen Angelegenheiten (zB solche des Lizenzausschusses) beträgt die Frist nur acht Tage (§ 2 Abs 2 VOStNSchG). Die Frist zur Beantwortung der Klage beträgt grundsätzlich 14 Tage und kann bei besonderer Dringlichkeit vom ständigen Vorsitzenden verkürzt werden (§ 5 Abs 6 VOStNSchG). Die gleiche Frist im staatlichen Verfahren ist mit vier Wochen etwas länger (vgl § 230 Abs 1 ZPO). Darüber hinaus steht es dem StNSchG nach Vorankündigung zu, Vorbringen und die Vorlage von Urkunden nur bis zu einem bestimmten Verfahrensstadium für zulässig zu erklären. Lässt sich eine Partei nicht in das Verfahren ein oder erscheint sie trotz gehöriger Ladung nicht zu einer mündlichen Verhandlung, ist das Verfahren mit der anderen Partei allein fortzuführen (§ 6 Abs 2 VOStNSchG). Die mündliche Verhandlung ist übrigens nicht verpflichtend. So kann das Verfahren auch ausschließlich schriftlich erfolgen, wobei es den Parteien offensteht, eine mündliche Verhandlung zu verlangen. In diesem Fall muss die mündliche Verhandlung ehestmöglich angeordnet werden (§ 6 Abs 3 VOStNSchG).

Fazit zum Bindungsumfang in der Sportschiedsgerichtsbarkeit

Sofern man von einem wirksamen Grundrechtsverzicht aufgrund einer wirksamen, freiwillig abgeschlossenen Schiedsvereinbarung ausgeht, kann eine Partei eines Verfahrens vor einem Sportschiedsgericht meiner Meinung nach „nur“ auf den Zugang zur staatlichen Gerichtsbarkeit sowie auf die Öffentlichkeit und Mündlichkeit des Verfahrens wirksam verzichten. Definitiv zu gewährleisten ist neben dem rechtlichen Gehör und der Gleichbehandlung der Parteien eine angemessene Verfahrensdauer und die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Schiedsrichter. Daraus ergibt sich, dass nahezu alle Teilgarantien des Art 6 EMRK in der Sportschiedsgerichtsbarkeit gewährleistet werden müssen.

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Die Auseinandersetzungen im (Fußball-)Vereinsleben (2/6)

Die Behandlung von Vereinsstreitigkeiten

Dieser Beitrag meiner Reihe widmet sich Vereinsstreitigkeiten und dem Weg zu deren Lösung. Dabei spielen neben den staatlichen Gerichten insb Schlichtungsstellen und Schiedsgerichte eine wichtige Rolle. Die Streitbeilegung in der österreichischen Fußball-Bundesliga (BL) dient dabei als perfektes Beispiel. Ein besonderes Augenmerk wird diesbzgl auf das Ständig Neutrale Schiedsgericht (StNSchG) der BL geworfen.

Die vereinsinterne Schlichtungsstelle

Das österreichische Vereinsrecht fordert, dass „[…]Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis vor einer Schlichtungseinrichtung auszutragen sind“ (§ 8 Abs 1 erster Satz VerG 2002).

Zweck von Schlichtungseinrichtungen (terminologisch fälschlicherweise oftmals „Vereinsgericht“ oder „[Vereins-]Schiedsgericht“ bezeichnet) ist die außergerichtliche interne Beilegung von Vereinsstreitigkeiten. Nicht zuletzt spricht man bei Vereinsverhältnissen zumeist von Sonderbeziehungen, bei denen sich ein verpflichtend durchzuführender außergerichtlicher Lösungsversuch vorab empfiehlt. Demzufolge muss eine Schlichtungseinrichtung verpflichtend eingerichtet und bei Vereinsstreitigkeiten in Anspruch genommen werden. Dies dient letztlich auch der Entlastung ordentlicher Gerichte.

Die wesentliche Funktion einer vereinsinternen Schlichtungseinrichtung liegt in der Schlichtung einer Streitigkeit. IdR „entscheidet“ sie also nicht (verbindlich), vielmehr unterbreitet sie den streitigen Parteien einen Lösungsvorschlag. Wenn die Streitparteien sich mit dem Vorschlag einverstanden erklären, ist der Konflikt gelöst; die Schlichtungsstelle hat ihren Zweck erfüllt und die Streitigkeit ist aus der Welt geschafft. Sollte man keine Einigung erzielen, muss zwischen zwei Arten von Streitigkeiten unterschieden werden, um den weiteren (Verfahrens-)Verlauf bestimmen zu können. Die dabei zu treffende Abgrenzung zwischen reinen Vereinsstreitigkeiten und rechtlichen Vereinsstreitigkeiten kann schwierig, zumindest diffizil oder aber auch undurchführbar sein. Dennoch ist sie von enormer Bedeutung, da wesentliche verfahrensrechtliche Folgen daran anknüpfen.

Reine Vereinsstreitigkeiten werden allein und endgültig (!) von der Schlichtungsstelle entschieden. Der Vereinsstreit wird durch den Schlichtungsspruch somit beendet (Ausnahme: mehrinstanzliches Schlichtungsverfahren im konkreten Verein). Da eben keine rechtsstreitige Angelegenheit vorliegt, ist die Anrufung eines ordentlichen Gerichts bzw die Überprüfung des Spruchs (durch ein ordentliches Gericht) unzulässig und somit der ordentliche Rechtsweg zur Gänze ausgeschlossen. Denn die ordentliche Gerichtsbarkeit ist für bloße Vereinsstreitigkeiten „nicht da“. Solche Streitigkeiten sind etwa Uneinigkeiten über die (Nicht-)Einladung von einem Ehrengast zu einer Veranstaltung des Vereins, die Verleihung von Ehrentiteln, die Terminisierung von Vereinsveranstaltungen, die Einrichtung von Vereinsräumlichkeiten oder die Gewährung des Einsichtsrechts eines Mitglieds in bestimmte Unterlagen bei Verweigerung durch ein Vereinsorgan.

Die Zuständigkeit der Schlichtungsstelle umfasst daneben auch die Behandlung von Rechtsstreitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis. Das sind alle privatrechtlichen Streitigkeiten zwischen Vereinsmitgliedern untereinander sowie jene zwischen ihnen und dem Verein, wenn sie mit dem Vereinsverhältnis in Zusammenhang stehen bzw aus der Vereinsmitgliedschaft entspringen/ihre Wurzeln darin haben (bspw Streitigkeiten über die Leistung der Mitgliedsbeiträge oder anderer vermögenswerter Leistungen, die mit der Mitgliedschaft verknüpft sind sowie Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses eines Mitglieds aus dem Verein oder über das Weiterbestehen von Mitgliedschaftsrechten).

Der Unterschied zu bloßen Vereinsstreitigkeiten liegt zunächst aus verfahrensrechtlicher Sicht darin, dass die Schlichtungsstelle nicht endgültig entscheidet und der ordentliche Rechtsweg nur temporär ausgeschlossen ist. Denn nach dem Modell der sukzessiven Gerichtszuständigkeit bei Rechtsstreitigkeiten ist die Anrufung eines ordentlichen Gerichts möglich, wenn entweder der Schlichtungsversuch gescheitert ist oder die Schlichtungsstelle nicht innerhalb einer sechsmonatigen Frist (ab Anrufung der Schlichtungseinrichtung) über die Angelegenheit entscheidet. Ein Ausschluss des Rechtsweges in Vereinsstatuten ist nur dann zulässig, soweit ein echtes Schiedsgericht iSd §§ 577 ff ZPO besteht.

Die Rolle der staatlichen Gerichte

Ordentliche Gerichte kommen bei Vereinsstreitigkeiten in folgenden Konstellationen zum Zug:

i.) bei Nichtannahme des Schlichtungsversuchs durch die Streitparteien und bei Nichtvorliegen eines Lösungsvorschlags der Schlichtungsstelle innerhalb von sechs Monaten (sukzessive Gerichtszuständigkeit),

ii.) sofern eine sonstige Rechtsstreitigkeit (= Streitigkeit, die nichts mit dem Vereinsverhältnis an sich zu tun hat, sondern lediglich irgendeinen Konnex zu einem Verein aufweist) vorliegt oder

iii.) bei Unzumutbarkeit der Anrufung der Schlichtungsstelle.

Der direkte Gang vor das ordentliche Gericht bei Unzumutbarkeit der Anrufung der vereinsinternen Schlichtungsstelle stellt insoweit eine Ausnahme dar, als hier der ordentliche Rechtsweg eben nicht wie im Regelfall temporär ausgeschlossen ist. Einer betroffenen Partei wird diese Gelegenheit insb dann gegeben, wenn die Grundsätze des fair trial (Art 6 EMRK) missachtet werden. Man beachte in diesem Zusammenhang auch § 8 Abs 2 VerG 2002, wonach eine paritätische Zusammensetzung der Schlichtungsstelle und beiderseitiges Gehör der Streitparteien gewährleistet sein müssen. Eine den Grundsätzen des fair trial widersprechende in Vereinsstatuten getroffene Besetzung der vereinsinternen Schlichtungsstelle ist daher nichtig (bspw wenn der Obmann nach den Statuten zwei Schlichtungsmitglieder namhaft zu machen hat, die in weiterer Folge einen Vorsitzenden benennen und der Verein jedoch selbst Streitpartei ist, eine Streitpartei dem zuständigen Schlichtungsorgan angehört oder bei der Besetzung der Schlichtungsstelle mehr Einfluss als die andere Streitpartei hat).

Schiedsgerichte iSd §§ 577 ff ZPO als Vorbehalt im Vereinsrecht

Im Ausnahmefall kann „[d]ie Anrufung des ordentlichen Gerichts […] nur insofern ausgeschlossen werden, als ein Schiedsgericht nach den §§ 577 ff ZPO eingerichtet wird(§ 8 Abs 1 dritter Satz VerG 2002).

Es handelt sich hierbei nicht um Schlichtungsstellen iSd Vereinsrechts. Grundsätzlich werden durch die (wirksame) Einrichtung eines Schiedsgerichts, das anders als eine Schlichtungseinrichtung bindende und Exekutionstitel bildende Schiedssprüche erlässt, staatliche Gerichte verdrängt. Im Ergebnis heißt dies: Für den Fall, dass die Schlichtungsstelle nicht binnen sechs Monaten nach ihrer Anrufung über die Rechtssache entscheidet oder der Schlichtungsversuch bei den Streitparteien keinen Anklang findet, entscheidet ein Schiedsgericht, sofern es wirksam eingerichtet wurde.

Hierbei darf man allerdings nicht vergessen, dass nur objektiv schiedsfähige Angelegenheiten Inhalt einer Schiedsvereinbarung sein können (vgl § 581 Abs 1 ZPO). Dazu gehören Rechtsstreitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis aber keine reinen Vereinsstreitigkeiten.

Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich, dass ein Schiedsgericht grundsätzlich erst nach einem vereinsinternen Schlichtungsverfahren zum Einsatz kommt. Wenn die Schiedsparteien das Schiedsgericht mit einer Schlichtungskompetenz versehen, die dem tatsächlichen Schiedsverfahren vorgeht und mit sechs Monaten zeitlich begrenzt ist, kann das Schiedsgericht die Schlichtungsstelle substituieren, also anstatt jener berufen werden.

Die Anforderungen an ein „wirksam eingerichtetes“ (echtes) Schiedsgericht finden sich in der ZPO, nicht im Vereinsrecht. Eine Schiedsvereinbarung stellt dabei einen Grundrechtsverzicht dar, der nur bei Einhaltung gewisser Kriterien „wirksam“ ist. Aus der Rsp (EKMR 5.3.1962, 1197/61, X/Deutschland; OGH 1.4.2008, 5 Ob 272/07x) ergeht, dass im Abschluss einer wirksamen Schiedsvereinbarung ein Teilverzicht auf die in Art 6 Abs 1 EMRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte besteht.

Die Behandlung von Vereinsstreitigkeiten spielt natürlich auch im organisierten Fußball Österreichs eine Rolle. Sowohl der ÖFB als auch die BL verfügen über ein eigenes internes Rechtschutzsystem. Im vorliegenden Beitrag wird der Fokus lediglich auf das der österreichischen BL gelegt.

Der Ablauf der Streitbeilegung in der österreichischen BL

Der verbandsinterne Instanzenzug der BL – Senate, Protest- und Ethikkomitee

Zu den Organen der BL zählen ua der Senat 1 (Straf- und Beglaubigungsausschuss), der Senat 2 (Schlichtungs- und Kontrollausschuss), der Senat 3 (Stadienausschuss), der Senat 5 (Lizenzausschuss), das Protestkomitee als Rechtsmittelinstanz für sämtliche von Betroffenen eingebrachte Proteste gegen Entscheidungen der Senate (= interne Schlichtungsstelle iSd Vereinsrechts) und die Ethikkommission, die für die Einhaltung und Durchsetzung der Grundwerte und Ziele des Leitbilds der BL sowie der partnerschaftlichen Begegnung der Mitglieder untereinander und nach außen zuständig ist.

Das Ständige Neutrale Schiedsgericht der BL

Die BL hat von der Ausschlussmöglichkeit des ordentlichen Rechtsweges Gebrauch gemacht und mit dem StNSchG (konstituiert am 23.2.1996 in Wien Vösendorf bei der zweiten ordentlichen Hauptversammlung der BL) ein echtes Schiedsgericht iSv §§ 577 ff ZPO eingerichtet.

Beachtenswert ist, dass das StNSchG kein Organ der BL ist. Demzufolge gehört es nicht zum internen Instanzenzug und ist quasi die Kontrollinstanz für verbandsinterne Entscheidungen, die außerhalb der Streitbeilegung des Vereinsrechts steht. Die vereins-/verbandsinternen Schlichtungsstellen werden deswegen als „Unterinstanz“ bezeichnet, wobei diese natürlich trotzdem eine immense Bedeutung im Vereins-/Verbandsrecht haben. Die Kontrollfunktion liegt aber eben bei den Sportschiedsgerichten.

Vorschriften über die Zuständigkeit und das Verfahren des StNSchG wurden in einer eigenen Verfahrensordnung (= VOStNSchG) getroffen. Die Kompetenzen des StNSchG werden bereits in § 25 der Satzungen der Österreichischen Fußball-Bundesliga (BL-S) geregelt; in § 1 Abs 2 VOStNSchG sind sie weiter und genauer definiert.

Um etwaige Missverständnisse zu beseitigen, sei zunächst festgehalten, dass einzelne Fußballspieler keine Mitglieder der BL sind und aus diesem Grund das StNSchG für diese grundsätzlich (außer im Falle des § 1 Abs 2 lit e VOStNSchG) nicht zuständig ist. Indirekt kann sich die Zuständigkeit natürlich ergeben (etwa bei einer Streitigkeit durch Vereinswechsel eines Spielers).

Darüber hinaus kann eine Schiedsklage erhoben werden, wenn das zuständige Organ nicht innerhalb von sechs Monaten ab Einleitungsantrag über die Angelegenheit entscheidet (Nachbildung von § 8 Abs 1 zweiter Satz VerG 2002). Das StNSchG der BL gilt in der Konsequenz als allerletzte Instanz, welche endgültig entscheidet und weshalb die ordentlichen Gerichte grundsätzlich nicht mehr (ausgenommen die gerichtliche Kontrolle nach § 611 ZPO) angerufen werden können.

Bereits aus dem Namen (Ständige Neutrale Schiedsgericht) lässt sich ableiten, dass das Schiedsgericht grundsätzlich ein institutionelles Schiedsgericht iSd §§ 577 ff ZPO ist. Dies ist wohl aus Praktikabilitätsgründen so, da Streitigkeiten in den beiden höchsten Spielklassen des nationalen Spitzenfußballs häufig auftreten und bedeutsam sind. Daher können sie von einer institutionellen Einrichtung am besten bewältigt werden.

Durch eine dem alljährlichen Lizenzantrag der Vereine angeschlossene Schiedsvereinbarung wird die Zuständigkeit begründet. Dies wird idR so gehandhabt, weil gemäß § 6 Abs 2 BL-S die jährlich neue Mitgliedschaft der Fußballklubs mit dem 1.7. beginnt. In Arbeitsrechtsangelegenheiten bedarf es dagegen einer gesonderten Schiedsvereinbarung für den konkreten Rechtsstreit, also einer „Ad-hoc“-Vereinbarung. Der Schiedsspruch des StNSchG bildet letztlich einen Exekutionstitel.

Fazit und Ausblick

Vereinsstreitigkeiten können grundsätzlich nur dann vor ein ordentliches Gericht gelangen, wenn davor eine Schlichtungsstelle den Parteien einen Lösungsvorschlag unterbreitet hat. Ordentliche Gerichte können wiederum durch Schiedsgerichte ersetzt werden. Dies ist ua im Streitbeilegungssystem der österreichischen BL der Fall.

Im nächsten Artikel der Beitragsreihe geht es um die Verfassungskonformität der Schiedsgerichtsbarkeit.

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Der Sportverein in Österreich und Schiedsgerichte im Sport (1/6)

Vorab: Im Zuge meiner Masterarbeit habe ich mich mit verfassungsrechtlichen Fragen (insb Art 6 EMRK) rund um die Schiedsgerichtsbarkeit im österreichischen Vereinsfußball beschäftigt. Infolgedessen habe ich mich dazu entschieden, für Law Meets Sports eine Beitragsreihe zu schreiben und die wesentlichen Inhalte meiner Recherchen wiederzugeben. Dieser erste Beitrag dient als Einstieg und hat Grundsätzliches zu Sportvereinen und Sportschiedsgerichten zum Inhalt.

Der Verein und seine Rolle in Österreich

Vereine spielen in Österreich traditionell eine große Rolle. Sportvereine stellen dabei sogar die größte Hauptkategorie in der österreichischen Vereinswelt dar.

Die Vereinsfreiheit ergibt sich aus der Vereinigungsfreiheit, welche als Grundrecht (Art 12 StGG; Art 11 EMRK) in Österreich besonderen verfassungsrechtlichen Schutz genießt. Sie umfasst die Gründungsfreiheit, die Beitrittsfreiheit, die Betätigungsfreiheit sowie die Bestandsfreiheit. Daneben wird auch die sog negative Vereinsfreiheit (= das Recht, einem Verein nicht beitreten bzw angehören zu müssen) garantiert. Schließlich ergibt sich aus der Rsp des VfGH (VfSlg 11.199/1986; VfSlg 9366/1982), dass jede rechtswidrige Untersagung einer beabsichtigten Vereinsumbildung (Statutenänderung) gegen die Vereinsfreiheit verstößt.

Das Vereinsgesetz 2002 (VerG 2002) ist die wesentliche Rechtsgrundlage für die Gründung aller ideellen Vereine in Österreich. In § 1 Abs 1 VerG 2002 wurde erstmals der Begriff des ideellen Vereins gesetzlich definiert:

Ein Verein im Sinne dieses Bundesgesetzes ist ein i.) freiwilliger, ii.) auf Dauer angelegter, iii.) auf Grund von Statuten organisierter Zusammenschluss iv.) mindestens zweier Personen zur Verfolgung eines v.) bestimmten, gemeinsamen, ideellen Zwecks. […]“

Eine besondere Rolle spielt dabei der ideelle (= nicht auf Gewinn berechnet) Zweck, der Vereine von anderen Zusammenschlüssen unterscheidet. Auch die Vereine der heimischen Fußball-Bundesliga (BL) verfolgen klarerweise ideelle Zwecke. Hier zwei Beispiele:

FC Red Bull Salzburg: „Der Verein strebt die planmäßige Förderung und Pflege des Fußballsportes an und dient ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken, ist also insbesondere nicht auf Gewinn ausgerichtet. […]“ (Punkt 2. Statuten des Vereines FC Red Bull Salzburg [Stand Mai 2017])

SK Rapid Wien: „Der Verein führt den Namen „Sportklub Rapid“ (kurz „SK Rapid“), hat seinen Sitz in Wien, ist unpolitisch und bezweckt die Pflege und Verbreitung des Fußballsports. Die Tätigkeit erstreckt sich auf das gesamte Bundesgebiet, die sportliche Betätigung auch auf das Ausland.“ (§ 1 Abs 1 Satzungen des Sportklub Rapid [Vereinssatzungen gemäß Beschluss der Hauptversammlung vom 25.11.2019])

Verband und Dachverband als Vereine iSd Vereinsrechts

Das VerG 2002 lässt unterschiedliche Erscheinungsformen von Vereinen zu, ohne spezielle Vorschriften für diese vorzusehen. Daher werden sie im Vereinsrecht nicht anders behandelt wie ein „normaler“ Verein. Verbände sind somit ebenfalls Vereine (bestehend aus einzelnen Vereinen) – siehe dazu § 1 Abs 5 VerG 2002. Gerade im Sportverbandswesen schließen sich Vereine mit jeweils selbstständiger Rechtspersönlichkeit zu (inter-)nationalen Verbänden zusammen.

Auch wenn (Mitglieder-)Vereine und ein Verband grundsätzlich unabhängig voneinander existieren, verfügen Verbände de facto sehr wohl über faktische und rechtliche Einflussmöglichkeiten. Verbände wie der ÖFB (Österreichische Fußball-Bund) als (Dach-)Verband des österreichischen Fußballs wurden gegründet, um berufliche, wirtschaftliche, soziale, kulturelle und wissenschaftlich/technische Interessen der (un-)mittelbaren Mitglieder durchzusetzen. Man spricht hier von der „Verbandsmacht“ bzw der „Macht der Verbände“. Einheitliche Verhaltensmaßregeln und eine koordinierte Verbandstätigkeit helfen dabei, den beschlossenen Zweck zu verfolgen.

Die angesprochene Unabhängigkeit gilt auch im Verhältnis zwischen Verband und Dachverband. Letzterer ist auch einfach „nur“ ein Verein, jedoch mit dem besonderen Merkmal, dass seine Mitglieder bloß Verbände sind. Nationale und internationale Dachverbände im Sportwesen sind bspw der ÖFB als nationaler Dachverband im österreichischen Fußball und die FIFA (Fédération Internationale de Football Association) als internationaler Dachverband, welchem aus Österreich aufgrund seiner Monopolstellung im heimischen professionellen Fußballsport einzig der ÖFB angehört (Stichwort: Ein-Platz-Prinzip).

Der Aufbau des organisierten Sports lässt sich (meistens) mit einer Pyramide vergleichen. Alle Vereine und Verbände einer Sportart müssen durch die Mitgliedschaft an einem übergeordneten Verband/Dachverband das Regelwerk dieses übergeordneten Verbands/Dachverbands annehmen und das Regelwerk dieses übergeordneten Verbands/Dachverbands in ihre Regularien implementieren, sodass diese auch für ihre Mitglieder (un)mittelbar Geltung erlangen. Durch diese Pyramide entsteht ein international einheitliches Regelwerk. Darüber hinaus gleichen sich hierdurch der Aufbau sowie die Organisation der Verbände der jeweiligen Sportart.

Dies gilt auch für die Organisationsstruktur des österreichischen Fußballsports. An dessen Pyramidenspitze steht der ÖFB. Die (ordentlichen) Mitglieder des ÖFB sind die BL und die neun Fußball-Landesverbände Österreichs.

Die BL steht als Mitglied des ÖFB „unter“ diesem und ist gemäß § 1 Abs 2 erster Satz BL-Satzungen „ein […] Zusammenschluss aller Fußballklubs der beiden höchsten Spielklassen des österreichischen Fußballs.“ Momentan (Saison 2020/21) weist die BL 28 Vereinsmitglieder auf. Nämlich 12 Mannschaften aus der höchsten (Tipico Bundesliga) und 16 Mannschaften aus der zweithöchsten (2. Liga) Spielklasse.

Da nun die „Essentials“ zu österreichischen Sport- bzw Fußballvereinen erläutert wurden, wird in der Folge ein Einblick zu den in der Praxis sehr relevanten Sportschiedsgerichten gegeben.

Echte Schiedsgerichte im Sportwesen

Der Sport genießt heutzutage einen höheren wirtschaftlichen Stellenwert in der Gesellschaft als noch in der Vergangenheit und wurde von seiner ständigen Kommerzialisierung und Professionalisierung begleitet. Die (internationalen) Sportverbände verfolgen zudem den Plan, Streitigkeiten innerhalb der entstandenen rechtlichen Verbindungen und somit durch ein selbst geschaffenes, einheitliches Streitbeilegungssystem zu lösen. Sportschiedsgerichte sind sohin ein probates Mittel, um die „Nationalisierung“ der Sportverbandsregelwerke zu verhindern und eine einheitliche Normauslegung zu garantieren. Daraus ergibt sich ein Trend zum Einsatz von Sportschiedsgerichten, der aufgrund der wachsenden Anzahl an Rechtsstreitigkeiten im Sportwesen unumkehrbar scheint. In meinen Augen liegt in diesen Gedanken die Basis für den Einsatz von Schiedsgerichten im Sportwesen.

Der vermehrte Einsatz von eigens eingerichteten Sportschiedsgerichten im organisierten Sport wird insb mit der Entscheidungsfindung durch sportrechtliche Experten (Schiedsrichter) begründet. Der Fußballsport gilt im Gegensatz zu vielen anderen Sportarten als hochentwickelt und ist dabei ein perfektes Beispiel für die zahlreichen und komplexen Streitigkeiten, die im Profisport auftreten können und effektive Instrumente zur Streitbeseitigung erforderlich machen. Eine sachgerechte Entscheidung im Einzelfall hängt dabei von seinen sport(recht)lichen Eigenheiten ab.

Daneben lassen sich allgemeine Vorteile von Schiedsgerichten klarerweise auch ins Sportrecht ummünzen. Dazu zählen etwa die im Vergleich zu einem ordentlichen Gerichtsverfahren geringeren Verfahrenskosten, die nichtöffentlichen Verhandlungen (Geheimhaltungsinteressen), die einer flotten Erledigung der jeweiligen Causa zugutekommen, oder die rasche – weil schnellere Entscheidungsfindung und (grundsätzliche) Nicht-Überprüfbarkeit der Entscheidungen – und formfreie Verfahrensgestaltung. Nach dem Motto „Zeit ist Geld“ ist es gerade im Sport wichtig, dass Rechtsstreitigkeiten binnen kurzer Zeit gelöst werden, um eine Auseinandersetzung nach einem oder (viel schlimmer) während eines sportlichen Wettbewerbs zu verhindern. Daher sollen derartige Causae bereits vor Wettkampf, Meisterschaft oder Qualifikation gelöst/ausgetragen/einer Lösung bzw Entscheidung zugeführt werden.

Zwar überwiegen die Vorteile dieses Systems, doch lassen sich auch Nachteile im Einsatz von Sportschiedsgerichten finden. Der wohl größte Nachteil liegt in der nicht immer gewährleisteten Objektivität der Schiedsrichter eines (Sport-)Schiedsgerichts. Dadurch entsteht eine Überlegenheit des Verbandes gegenüber dem Sportler, der ansonsten (also im ordentlichen Rechtsweg) durch die verfassungsgesetzlich vorgeschriebene Unabhängigkeit und Unparteilichkeit ordentlicher Gerichte bzw Richter geschützter wäre. Zudem können staatliche Gerichte die Urteile von Schiedsgerichten eben nicht ohne weiteres aufheben oder korrigieren.

Fazit und Ausblick

Die verfassungsrechtlich gewährleistete Vereinsfreiheit ist für den Vereinssport das Fundament, wobei österreichische Vereine einen ideellen Zweck haben müssen. Unzweifelhaft ist die organisierte Sportwelt von Verbänden und Dachverbänden (zB BL, ÖFB und FIFA) geprägt (Ein-Platz-Prinzip und Verbandspyramide). Die von den Vereinen/(Dach-)Verbänden eingerichteten Schiedsgerichte sind dabei im Trend. Sie bringen einige Vorteile (aber auch Nachteile) mit sich.

Im zweiten Teil der Beitragsreihe werden Auseinandersetzungen im (Fußball-)Vereinsleben bzw die Behandlung von Vereinsstreitigkeiten und insb der Ablauf der Streitbeilegung in der österreichischen BL beleuchtet.

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Im Fokus: Die 2/3-Regelung – Teil 1/2

Die 2/3-Regelung im Fußball ist durch die lebhafte Debatte der vergangenen Monate nahezu jedem Sportinteressierten ein Begriff. Die Diskussion gipfelte schlussendlich in einer Entscheidung des Ständigen Neutralen Schiedsgericht der Österreichischen Fußball-Bundesliga. Im nachfolgenden Beitrag soll diese Thematik nochmals aus juristischer Sicht beleuchtet werden.

Die österreichische Debatte rund um David Atanga

In der Rückrunde der abgelaufenen Frühjahressaison der Österreichischen Fußball-Bundesliga sorgte eine Bestimmung des Regulativs für die dem ÖFB angehörigen Vereine und Spieler (im Folgenden kurz: ÖFB-Regulativ) für Verwirrung bei den Bundesliga-Klubs. § 4 Abs 6 ÖFB-Regulativ besagt nämlich, dass ein Spieler in der Zeitspanne vom 1. Juli bis 30. Juni des Folgejahres bei maximal drei Vereinen registriert werden kann. In dieser Zeit ist der Spieler für Bewerbsspiele von lediglich zwei Vereinen spielberechtigt. Diese Norm ist wortgleich auch in Art 5 Abs 3 FIFA-Reglement bezüglich Status und Transfer von Spielern (im Folgenden kurz: FIFA-Transferreglement) zu finden.

Bei Anwendung dieser Norm stellten sich viele die Frage, ob Spieler wie David Atanga, Samuel Tetteh, Alex Sobczyk & Co. überhaupt spielberechtigt waren. Diese Akteure liefen schon für den dritten Verein in der abgelaufenen Spielzeit auf, was nach dem strengen Wortlaut des ÖFB-Regulativs sowie FIFA-Transferreglement grundsätzlich nicht zulässig ist.

Die Diskussion fand schlussendlich ihren Höhepunkt am grünen Tisch. Auslöser war der Einsatz von David Atanga im Relegationsrückspiel zwischen dem SC Wiener Neustadt und dem SKN St. Pölten. Der Einspruch des Erstgenannten gegen die Beglaubigung des Spieles wurde sowohl vom Senat 1 als auch vom Protestkomitee abgelehnt, weshalb die Niederösterreicher schlussendlich auch noch die letzte Instanz anriefen. Das Ständige Neutrale Schiedsgericht der ÖFBL (Schiedsgericht gemäß §§ 577 ff ZPO) wies das eingebrachte Klagebegehren gegen die Beglaubigung des Relegationsrückspiels ab. In der Begründung führte das Schiedsgericht aus, dass auf den gegenständlichen Sachverhalt nationale Regelungen gemäß den ÖFB-Bestimmungen über Kooperationsverträge zur Anwendung kommen. Ob der Einsatz von David Atanga internationalen Regelungen widerspricht, sei dahingestellt.

Kooperationsbestimmungen mit FIFA-Transferreglement vereinbar?

Somit stellt sich die Frage, ob ein Abweichen vom FIFA-Transferreglement durch die Kooperationsspieler-Regelung in Österreich rechtmäßig ist oder ein unzulässiges Umgehen darstellt.

Die vom Schiedsgericht in seiner Begründung erwähnten Kooperationsbestimmungen sind vom ÖFB im Sinne der österreichischen Nachwuchsförderung eingeführt worden und sollen U-22-Spielern Einsatzzeiten in der höchstmöglichen Spielklasse ermöglichen. Ein Kooperationsspieler-Vertrag gilt demnach auch nicht als Transfer im Sinne des ÖFB-Regulativs. Durch diese Regelungen sollen Talente maximale Einsatzminuten in den obersten Spielklassen bekommen, wodurch vielen Spielern der nächste Schritt in ihrer Profikarriere ermöglicht werden soll. Aktuelle Beispiele hierfür sind Dayot Umpamecano und Dejan Ljubicic.

Ein weiteres Argument, neben den Zielen der Nachwuchsförderung und der generellen Förderung des österreichischen Fußballs, für die Rechtmäßigkeit der Kooperationsbestimmungen ist, dass diese bereits Ende der 90er-Jahre in Kraft getreten sind und somit lange vor der 2/3-Regelung im FIFA-Transferreglement erlassen wurden. Außerdem kennt die FIFA ein derartiges Institut nicht und konnte es daher in ihrem Reglement auch nicht berücksichtigen. Zudem ist ins Treffen zu führen, dass die FIFA auch andere Ausnahmen von der 2/3-Regelung kennt. So ist unter bestimmten Voraussetzungen nämlich eine dritte Spielberechtigung in der Major League Soccer (MLS) möglich.

Andererseits ist zu fragen, ob die Kooperationsbestimmungen nicht im Widerspruch zu Art 1 FIFA-Transferreglement stehen. Diese Norm besagt, dass die Bestimmungen des Reglements verbindlich und ohne jegliche Änderung in das Verbandselement zu integrieren sind. Dem ist jedoch vorerst entgegenzuhalten, dass die Regelung nationaler Transfers primär den Mitgliedsverbänden obliegt und diese somit auf besondere Umstände Rücksicht nehmen können, da sich die FIFA grundsätzlich nicht in das Tagesgeschäft der jeweiligen Verbände einmischt. Für die Unzulässigkeit der Kooperationsbestimmungen könnte auch der Fall Nils Quaschner (Red Bull Salzburg – FC Liefering – RB Leipzig)  ins Treffen geführt werden. Hat die FIFA in dieser Causa den österreichischen Kooperationsbestimmungen eine stillschweigende Absage erteilt? Auch das ist meines Erachtens zu verneinen. Grund hierfür ist die nicht vergleichbare Fallkonstellation. Da der Spieler grenzüberschreitend wechselte, war ausschließlich das FIFA-Transferreglement und nicht das ÖFB-Regulativ (samt Kooperationsbestimmungen) anzuwenden. Andere Ligen und die FIFA kennen das österreichische Spezifikum der Kooperationsbestimmungen nicht, sodass ein Kooperations-Wechsel im Ausland als normaler Transfer angesehen wird. Dies ist meiner Meinung nach nachvollziehbar. Auch der Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung („Red Bull-Liga“) ist kein stichhaltiges Argument gegen die Unzulässigkeit der Kooperationsbestimmungen im Hinblick auf die 2/3-Regelung. Jeder Verein hat nämlich die Möglichkeit derartige Kooperations-Wechsel abzuschließen und davon zu profitieren.

In Abwägung dieser Argumente sind die österreichischen Kooperationsbestimmungen meines Erachtens mit dem FIFA-Transferreglement und der darin enthaltenen 2/3-Regelung vereinbar. Dies wäre auch im Sinne der Nachwuchsförderung sowie der generellen Förderung des österreichischen Fußballsports zu begrüßen.

Im Laufe der nächsten Woche folgt Teil 2 der Beitragsreihe „Im Fokus: Die 2/3-Regelung“, in welchem die Zulässigkeit der Regelung vor dem Hintergrund des Unionsrechts untersucht wird.

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Die Lizenz – eine immer größere Hürde?

Immer mehr Fußballklubs in Österreich und in Deutschland wird die Lizenz verweigert. Unter welchen Voraussetzungen ist eine Lizenz zu erteilen? Sind diese zu hoch bzw. woran scheitert die Lizenzvergabe regelmäßig? Mit dieser Thematik beschäftigte sich in den vergangenen Wochen die österreichische Sportrechtswelt sowie auch ein brandaktueller Fall in Deutschland.

Hartberg, Wr. Neustadt & Co

In den letzten Jahren wurden einigen Vereinen aus Österreichs höchsten Spielklassen die Lizenz verweigert, was oftmals zu hitzigen Debatten und Diskussionen führte. So auch dieses Jahr. Für großes mediales Aufsehen sorgte vor allem die Causa TSV Hartberg. Der Senat 5 der ÖFBL und das Protestkomitee gaben dem TSV Hartberg aus rechtlichen, infrastrukturellen und finanziellen Gründen kein grünes Licht für den sportlichen Aufstieg. „Die Ausgliederung des Spielbetriebs in eine Kapitalgesellschaft erfolgte nicht bestimmungsgemäß (Fristverzug). Der Stadionumbau in Hartberg konnte nicht ausreichend nachgewiesen werden. Weiters wird der Verfügbarkeitsnachweis für das im Falle des Umbaus geplante Ausweichstadion Merkur Arena in Graz als nicht ausreichend erachtet.“, heißt es in der Begründung des Senat 5. Die Steirer schöpften den Instanzenzug aus und befassten schließlich das Ständige Neutrale Schiedsgericht mit ihrer Angelegenheit. Dieses gab der Klage des Vereins statt und erteilte die Lizenz in aller letzter Sekunde. Dabei wertete das Schiedsgericht den Fristverzug hinsichtlich der Ausgliederung – anders als der Senat 5 und das Protestkomitee – als verbesserungsfähiges Kriterium, wodurch die rückwirkende Ausgliederung in eine Kapitalgesellschaft als ausreichend erachtet wurde. Bezüglich des Stadionumbaus und dessen Finanzierung hatte das Schiedsgericht einige Themen nachzuholen. Trotz großer Kritik ist diese Entscheidung aufgrund einer richtigen Auslegung des Lizenzierungshandbuches (LHB) juristisch korrekt.

Auch in der aktuellen Debatte rund um den SC Wiener Neustadt gibt es lizenzrechtliche Probleme. Die Niederösterreicher erhielten die Lizenz für die kommende Saison 2018/19 mit der Ausnahmegenehmigung eines Ausweichstadions (fehlende Rasenheizung – daher NV Arena) für ihre Heimspiele vom 15.11.2018 – 15.03.2019. Im Zusammenhang mit dem nachgewiesenen Stadionneubau in Wiener Neustadt kann der Aufsichtsrat der Österreichischen Fußball-Bundesliga nämlich für maximal eine Saison die Unterschreitung eines sogenannten A-Kriteriums (hier: „gedeckte Sitz und Stehplätze“) ermöglichen. Diese Möglichkeit wurde dem SC Wr. Neustadt für die kommende Spielzeit gewährt. Aufgrund der aktuell schlechten Beziehungen (Grund: Artikel von Rechtsanwältin Christina Toth) zwischen den beiden niederösterreichischen Vereinen (NV Arena – SKN St. Pölten) könnte dies jedoch noch problematisch werden. „Wir fühlen uns nach dieser unfairen Vorgangsweise auch nicht mehr an unsere Vereinbarung mit dem SC Wiener Neustadt zur Nutzung der NV Arena als Ausweichstadion gebunden. Ohne unsere Unterstützung ist eine Austragung von Spielen in der NV Arena nicht möglich. Nachdem die Nennung eines Ausweichstadions ein fixer Bestandteil der Lizenzierung ist, wird die Bundesliga zu prüfen haben, welche Auswirkungen dies auf die Lizenz der Neustädter hätte. Ohne Ausweichstadion keine Lizenz!“, beschreibt SKN-General-Manager Andreas Blumauer die Situation. Den beiden niederösterreichischen Fußballklubs und der österreichischen Sportwelt stehen in diesem Fall weiterhin spannende Wochen bevor.

Lizenz – Voraussetzungen in Österreich

Anhand der oben genannten Beispiele ist zu sehen, dass die Lizenz für den einzelnen Fußballverein „überlebenswichtig“ ist und oftmals eine große Hürde darstellt. Daher ist zu fragen, welche Voraussetzungen für eine positive Lizenzentscheidung notwendig sind? Das Lizenzierungshandbuch (LHB) der Österreichischen Bundesliga unterscheidet fünf verschiedene Kriterien:

(1) sportliche Kriterien:
genehmigtes Jugendförderprogramm, mindestens acht Nachwuchsmannschaften, Sicherstellung der medizinische Betreuung von Spielern, Schiedsrichterwesen – Programm zum gegenseitigen Verständnis, Antirassismus-Maßnahmen und Kader-Kontingentierung

(2) infrastrukturelle Kriterien:
Stadion und Trainingseinrichtungen

(3) personelle und administrative Kriterien:
Klubsekretariat, administrativer Manager, Verantwortlicher für den Finanzbereich, Cheftrainer (UEFA-Profi-Lizenz), Assistenztrainer, Tormanntrainer, Leiter des Jugendförderprogramms, Jugendtrainer, Arzt, Physiotherapeut, Sportkoordinator, Trainer-Ausbildungserlaubnis, Sicherheitsverantwortlicher, Ordner, Medienverantwortlicher, Fanbeauftragter, Verantwortlicher für den Marketingbereich und Verantwortlicher für den Spielbetrieb

(4) rechtliche Kriterien:
Unterlagen und Bestätigungen des Lizenzbewerbers, Mitgliedschaft und Aufnahmebedingungen sowie Registerauszug

(5) finanzielle Kriterien:
geprüfter und testierter Jahresabschluss per 30.06. gemäß UGB, Zwischenabschluss per 31.12. gemäß UGB, schriftliche Erklärung vor der Entscheidung des Lizenzgebers, Budgetinformation, Liquiditätsplan, Prüfung des Budgets und Liquiditätsplans, überarbeiteter Budget- und Liquiditätsplan für das laufende Spieljahr, keine überfälligen Verbindlichkeiten aus Spielertransfers gegenüber Fußballklubs, keine überfälligen Verbindlichkeiten gegenüber Arbeit-/Dienstnehmern und Sozialversicherungsträgern bzw. Steuerbehörden sowie Verpflichtung zur Benachrichtigung über Ereignisse nach dem Stichtag

Blick über die Grenze – KFC Uerdingen

Auch in Deutschland gibt es in den letzten Jahren immer häufiger negative Lizenzerledigungen. Nach einer Zitterpartie erhielt der Fußballclub KFC Uerdingen schlussendlich doch noch grünes Licht für den Spielbetrieb in der 3. Liga. In dieser Causa hat den Verein der Düsseldorfer Rechtsanwalt Dr. Frank Bahners, einer der führenden Sportrechtsexperten in Deutschland, aus der Kanzlei Schröder Fischer, bei den Verhandlungen vor dem Zulassungsbeschwerdeausschuss des DFB juristisch vertreten.

Nach dem sportlichen Aufstieg des KFC Uerdingen aus der deutschen Regionalliga in die 3. Liga sollte die Lizenz für die höhere Spielklasse an einer angeblich nicht fristgerechten Zahlung durch den Verein an den Deutschen Fußball-Bund (DFB) scheitern. „Gemeinsam mit dem DFB konnte der Sachverhalt aufgeklärt werden. Aufgrund einer internen Vereinbarung zwischen dem DFB und dessen Bank ist das Geld erst einen Tag später gutgeschrieben worden, obwohl die Zahlung bei der Bank pünktlich eingegangen war. Die Bedingung gilt damit als eingetreten. Dies hat uns auch der DFB in seiner zwischenzeitlich vorliegenden schriftlichen Begründung bestätigt„, kommentiert Rechtsanwalt Dr. Frank Bahners die positive Entscheidung für „seinen“ Verein.

Eine Parallele zur Thematik in Österreich bildet auch die Tatsache, dass der KFC Uerdingen seine Heimspiele in der kommenden Saison in Duisburg ausrichten wird. Grund hierfür ist, ähnlich wie beim SC Wr. Neustadt, die Sanierung des Vereinsstadions für die 3. Liga.

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