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Aktuelles zur 50+1 Regel in Österreich

In Deutschland wird unter anderem darüber nachgedacht, die 50+1 Regel anzupassen oder gar abzuschaffen. Ein Mitgrund soll – neben der kartellrechtlichen Problematik – die Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit deutscher Vereine sein.

Einen anderen Weg plant man offensichtlich in Österreich. Hier wird über eine Verschärfung der 50+1 Regel nachgedacht. Diese ist Teil der Lizenzbestimmungen, die jeder Verein als Lizenzbewerber erfüllen muss. Der Profibereich eines Vereins ist zur Wahrung der Gemeinnützigkeit in einer eigenen Spielbetriebsgesellschaft (in der Folge „Gesellschaft“) ausgegliedert. Es ist somit zwischen dem Verein als Lizenzinhaber und der ausgegliederten Gesellschaft zu unterscheiden. Aktuell muss der Verein an der Gesellschaft neben der Mehrheit der Stimmrechte („50+1“) auch über einen „beherrschenden Einfluss“ verfügen.

Die neuen Lizenzbestimmungen sehen eine Vielzahl an Neuerungen vor. Darunter auch einige rechtliche Adaptionen. Neben der Beteiligung an der Gesellschaft soll auch die Unabhängigkeit des Vereins gesichert werden. Das könnte mitunter großes Unbehagen bei den rechtsfreundlichen Vertretungen der Vereine hervorrufen. Denn: Mit Veränderungen in den Lizenzkriterien geht oftmals erhöhte Rechtsunsicherheit einher. Insbesondere wenn es um das Dauerthema 50+1 geht sowie die Möglichkeiten sich an den Gesellschaften der Vereine zu beteiligen. Wie abhängig darf ich mich als Fußballklub von externen Investoren machen und wie viel Entscheidungsmacht – in welcher Form auch immer – darf ihnen übertragen werden?

Wer beherrscht meinen Verein?

Aktuell sieht die 50+1 Regel eine „Stimmrechtsmehrheit“ und den „beherrschenden Einfluss“ vor. Der Verein muss neben der Mehrheit der Stimmrechte in der ausgegliederten Gesellschaft auch über einen beherrschenden Einfluss verfügen. Bei der Definition des „beherrschenden Einflusses“ bedient man sich der Kriterien des Unternehmensgesetzbuches. Dieses sieht einen solchen Einfluss beispielsweise durch Anteilsbesitz oder durch die Möglichkeit die Mehrheit der Organmitgliedern zu bestellen als gegeben an.

Nunmehr wird überlegt zusätzlich den Begriff der „einheitlichen Leitung“, der durch „faktische Einflussnahme“ oder „maßgebliche Finanzierung“ begründet werden kann, in den Lizenzkriterien zu integrieren. Durch die neugeschaffenen Kriterien sollen vor allem faktische Abhängigkeiten und bislang gern gewählte Umgehungsstrukturen verhindert werden.

Dem wird teilweise entgegengehalten, dass jede weitere unbestimmte Begrifflichkeit zu mehr Rechtsunsicherheit führe und potenzielle Investoren somit abgeschreckt würden. Hier ist der Spagat zwischen einer allseits gewünschten Klarstellung zur rechtssicheren Auslegung der Kriterien und zusätzlicher Verunsicherung durch die Aufnahme weiterer unbestimmter Termini ein schwieriger.

„Wer zahlt schafft an“

In Zukunft soll somit nicht mehr nur auf die stimmrechtliche Mehrheit des Vereins in der Gesellschaft, sondern auch auf die Kapitalmehrheit von mindestens 50,1 Prozent geachtet werden. Dies wird unter anderem damit argumentiert, dass Personen die mehrheitlich am Ergebnis – und somit auch am Verlust – einer Gesellschaft beteiligt sind, faktisch auch die geschäftspolitischen Entscheidungen treffen, selbst wenn dies vertraglich nicht festgehalten ist.

Vielfach diskutiert wird auch die Frage, was unter faktischer Einflussnahme oder maßgeblicher Finanzierung zu verstehen ist. Beide Kriterien würden eine einheitliche Leitung des Vereins bzw. dessen Gesellschaft begründen. Dabei wird auf faktische Umstände abgestellt, die keiner rechtlichen Verankerung wie etwa vertraglich festgelegte Mehrheiten von Stimmrechten benötigen. Es zählt sozusagen das Ergebnis und nicht die Mittel.

Kurzum kann man es wie folgt zusammenfassen: Derjenige, der ein wirtschaftliches Interesse an einem Verein bzw. dessen Gesellschaft hat, soll keine Möglichkeit haben, die einheitliche Leitung und Beherrschung im Verein auszuüben.

Die Frage der einheitlichen Leitung

Was passiert also, wenn sich ein finanzkräftiger Investor bereit erklärt, eine höhere Summe beispielsweise als Darlehen bereitzustellen. Wenn es bei der erheblichen Finanzierung bleibt und keine anderen Umstände hinzutreten (etwa durch die eingeräumte Möglichkeit der Bestellung von Organmitgliedern): nicht viel. Denn ein reines Sponsoring begründet noch kein wirtschaftliches Interesse, eine Beteiligung an der Gesellschaft des Vereins hingegen schon. Die Beteiligung kann dabei unmittelbar, mittelbar, aber auch still ausgestaltet sein.

Und ist ein wirtschaftliches Interesse gegeben, ist im nächsten Schritt die Frage der „einheitlichen Leitung“ zu klären. Darunter ist die wesentliche Einflussnahme auf zentrale Entscheidungen zu verstehen. Werden diese nach den Vorstellungen einer Person getroffen, liegt eine „einheitliche Leitung“ vor. Für eine einheitliche Leitung können neben der „faktischen Einflussnahme“ eben auch „maßgebliche Finanzierungen“ sprechen. Beide Begriffe sollen in die Neufassung der 50+1 Regelung mitaufgenommen werden.

Muss beim aktuell in den Lizenzkriterien vorzufindenden „beherrschenden Einfluss“ eine rechtlich gesicherte Möglichkeit zur Beherrschung vorliegen (Stichwort: Mehrheit der Stimmrechte), soll durch die nunmehr angedachte „einheitliche Leitung“ faktischen Gegebenheiten, die sich aufgrund finanzieller Übermacht ergeben können, entgegentreten werden.

Übertragung von Anteilen an der Gesellschaft

In der Zukunft soll zudem die Übertragung von Anteilen an der Gesellschaft erschwert werden. So soll ein jeder Verein über ein vertraglich gesichertes Vorkaufs- und Aufgriffsrecht verfügen. Werden Anteile an der Gesellschaft übertragen, müssen diese zuerst dem Verein angeboten werden. Der Preis soll dabei mit dem Verkehrswert gedeckelt werden.

Die Beteiligung Dritter an Tochtergesellschaften des Vereins

Es ist durchaus üblich, dass ein Verein bzw. dessen Gesellschaft bestimmte Vermögenswerte, wie insbesondere Transferrechte oder mediale Verwertungsrechte, an andere Unternehmensträger überträgt. In Zukunft soll auch für diese Unternehmen die 50+1 Regel gelten. Mit dem Zusatz, dass – neben dem Verein – auch die ausgegliederte Gesellschaft den beherrschenden Einfluss sowie die Stimmen- und Kapitalmehrheit ausüben bzw. halten kann.

Es bleibt spannend

In den neuen Lizenzkriterien wird angedacht, neben der „Stimmrechtsmehrheit“ auch eine „Mindestkapitalbeteiligung“ der Vereine von 50,1 Prozent zu integrieren. Der Grund soll die Verhinderung faktischer Abhängigkeiten von Investoren sein, die die Kapitalmehrheit an der ausgegliederten Spielbetriebsgesellschaft halten und diese gleichzeitig mit Darlehen versorgen.

Mag die Grundidee der angedachten Änderung aufgrund der praktischen Erfahrungen vergangener Jahre eine richtige sein, sind die geäußerten Bedenken ob der Unbestimmtheit der zusätzlichen Begrifflichkeiten dennoch nicht ganz von der Hand zu weisen. Denn eine jede unbestimmte Begrifflichkeit lässt Raum für unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten, die in weiterer Folge die eigentlich beabsichtigte Förderung der Rechtssicherheit unterlaufen würden.

In kartellrechtliche Hinsicht könnten die angedachten Änderungen sogar zu einer Stärkung der 50+1 Regel führen, da sie Umgehungsmöglichkeiten verhindern und die angezweifelte „Eignung“ der jetzigen Regelung entscheidend verstärken würden.

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Garantieverzicht, Verzichtsvoraussetzungen und Schiedsvereinbarung (4/6)

Im vorherigen Beitrag wurde erläutert, dass die Einrichtung von Schiedsgerichten verfassungskonform ist. Daneben wurde ein erster Einblick in die Garantien von Art 6 EMRK gegeben. Dieser Teil der Beitragsreihe beschäftigt sich mit dem Verzicht auf grundrechtliche Garantien (insb Art 6 EMRK) sowie mit den Voraussetzungen unter denen dies möglich ist. Dazu wird die Rolle der Schiedsvereinbarung unter die Lupe genommen.

Der Garantieverzicht und dessen Rechtsmäßigkeit im Schiedsverfahren

Aus der Rsp (EKMR 4.3.1987, 10881/84, R/Schweiz) folgt, dass Grundrechtsträger nicht verpflichtet sind, ihr Zugangsrecht zu einem ordentlichen Gericht wahrzunehmen. Es liegt bei ihnen, auf die Verfahrensgarantien innerhalb bestimmter Grenzen zu verzichten. Bei einer (wirksamen) Schiedsvereinbarung handelt es sich um einen solchen (Teil-)Verzicht (zB EKMR 5.3.1962, 1197/61, X/Deutschland). Art 6 EMRK verbietet die Streitbeilegung durch eigens geschaffene Schiedsgerichte und den damit einhergehenden Ausschluss der staatlichen Gerichte dabei nicht aus (zB EGMR 1.3.2016, 41069/12, Tabbane/Schweiz).

Eine andere Frage in diesem Zusammenhang ist, ob im konkreten Einzelfall wirksam auf das Zugangsrecht zur staatlichen Gerichtsbarkeit verzichtet wurde, also ob der einzelne Verzicht einer Partei wirksam begründet worden ist. Den Stellenwert des Rechts auf Zugang zu einem Gericht und die vom EGMR geforderte strenge Prüfung der Umstände bei einem Zugangsverzicht zeigen folgende Ausführungen aus der Rs Deweer:„Das ‚Recht auf Zugang zu Gericht‘ [ist] ein konstitutives Element des Rechts auf ein faires Verfahren. […] Der Verzicht, der den Betroffenen ebenso wie der Rechtspflege unbestreitbare Vorteile bringt, verstößt im Grundsatz nicht gegen die Konvention. […] Das „Recht auf Zugang zu Gericht“ hat indessen eine zu große Bedeutung in einer demokratischen Gesellschaft, als dass jemand allein dadurch seinen Schutz verlieren könnte, dass er eine justizähnliche Vereinbarung unterschrieben hat. […] Auf einem Gebiet, das zum ordre public der Mitgliedstaaten des Europarates gehört, erfordert jegliche Maßnahme oder Entscheidung, von der behauptet wird, dass sie gegen Art. 6 [EMRK] verstoße, eine besonders sorgfältige Kontrolle.“

Die Bindung privater Schiedsgerichte an die rechtsstaatlichen Mindestgarantien ist obligatorisch. Grund dafür ist die gewollte Anerkennung des Schiedsspruchs durch die staatlichen Gerichte. Aus diesen Überlegungen ergibt sich sohin die Frage, ob und inwiefern sich Schiedsgerichte an die Verfahrensgrundrechte des Art 6 EMRK zu halten haben.

Dabei darf man nicht übersehen, dass die lex arbitri (= das auf ein schiedsgerichtliches Verfahren anwendbare Recht, also insb §§ 577-618 ZPO) im Gegensatz zu den verfahrensrechtlichen Vorschriften der ordentlichen Gerichtsbarkeit von der Privatautonomie geprägt ist und sohin eine gewisse Flexibilität besitzt, also zwingende Vorschriften daher Ausnahmecharakter haben. Zwingende Bestimmungen bzw Schranken der Disposibilität gehen aus dem Recht auf ein faires Verfahren, dem Recht auf Gehör, dem Recht auf Zugang zu einem Gericht, dem in Art 83 Abs 2 B-VGgewährleisteten Recht auf den gesetzlichen Richter, allgemeinen Rechtsgrundsätzen bzw dem ordre public oder den Sonderbestimmungen zu Konsumenten und Arbeitsrechtssachen (§ 617 f ZPO) hervor.

Der Abschluss einer Schiedsvereinbarung als Verzicht auf Art 6 EMRK

Durch die Schiedsvereinbarung unterwerfen sich die Verfahrensparteien der Entscheidung eines Schiedsgerichts und verzichten somit rechtmäßig zum Teil auf den Rechtsschutz der ordentlichen Gerichtsbarkeit. Wie im allgemeinen Vertragsrecht sind hierfür jedenfalls übereinstimmende Willenserklärungen der Parteien von Nöten. Diese Willensübereinstimmung spiegelt sich in der Schiedsvereinbarung wider, wodurch die Interessen der Parteien gesichert und der ordentliche Rechtsweg aufgegeben wird. Das Fundament eines Schiedsverfahrens ist also eine gültige Schiedsvereinbarung.

Die Bedingungen des Art 6 EMRK für einen wirksamen Grundrechtsverzicht

Unter anderem aus der Rsp des EGMR zu den Fällen des ehemaligen rumänischen Fußballers  Mutu und der deutschen Eisschnellläuferin Pechstein (EGMR 2.10.2018, 40575/10 und 67474/10) lassen sich folgende Kriterien herausfiltern, die vorliegen müssen, damit der (durch die Schiedsvereinbarung begründete) Verzicht auf die Garantien des Art 6 EMRK nicht mit der EMRK in Konflikt steht.

Freiwilligkeit

Zu den zu erfüllenden Bedingungen zählt auf jeden Fall der Verzicht auf Zwang; das verlangt ein völkerrechtliches Übereinkommen, das auf der Achtung der Rechtsstaatlichkeit und der Freiheit gegründet ist.“ (EGMR 27.2.1980, 6903/75, Deweer/Belgien Rz 49)

Gemeint ist damit ein Verzicht ohne Irrtum, Zwang und Unkenntnis. Die Freiwilligkeit muss verpflichtend vorliegen, sie ist also unabdingbar. Der Verzicht auf die Garantien des Art 6 EMRK ist nur dann mit Art 6 EMRK vereinbar, wenn er freiwillig, also zwangslos und ohne Willensmängel, erfolgt. In der Literatur wird zuweilen die Meinung vertreten, dass es sich hierbei sogar um die wichtigste Voraussetzung für den Grundrechtsverzicht handelt.

In der Sportschiedsgerichtsbarkeit ist das Freiwilligkeitsmerkmal sowohl in der Literatur als auch in der Rsp eine heiß diskutierte Angelegenheit. Gerade darin liegt der kritische Punkt der Sportschiedsgerichtsbarkeit.

Im Verhältnis zwischen Sportlern und Vereinen/Verbänden sieht man oft eine mangelnde Balance. Die Verbände seien idR Monopolisten, Vereine seien üblicherweise finanziell unabhängiger als ihre Athleten. Um die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung nicht zu gefährden, müsse man bei der Freiwilligkeit der Erklärungen beider Parteien Vorsicht walten lassen. Hier herrscht auch ein Meinungsstreit: Die einen sehen einen Zwang als unerheblich an, wenn das Schiedsgericht unabhängig, das Verfahren fair und der effektive Rechtsschutz garantiert ist. Die anderen sehen in einer Schiedsklausel bzw im Verzicht auf den staatlichen Rechtsschutz an sich schon einen grundrechtlichen Eingriff in das Recht auf Zugang zu einem Gericht, dem bei Vorliegen wirtschaftlicher oder sozialer Ungleichheiten zwischen den Parteien die Unwirksamkeit folgen kann. Dies ergehe aus dem Prinzip der absoluten Freiwilligkeit der Parteien.

Im heimischen Fußball wird bezüglich des Freiwilligkeitsmerkmals die Meinung vertreten, dass die Freiwilligkeit des Abschlusses der Schiedsvereinbarung zwischen der Fußball-Bundesliga (BL) und ihren Mitgliedsvereinen mit Fug und Recht bezweifelt werden kann. Andere meinen aber, dass es den Vereinen als Mitglieder der BL bei entsprechender Stimmenmehrheit durch eine Satzungsänderung durchaus möglich sei, das Ständig Neutrale Schiedsgericht (StNSchG) und die dazugehörige Verfahrensordnung zu beseitigen. Die Frage der Freiwilligkeit der Unterwerfung stelle sich aber auf einer anderen Ebene. Denn § 4 Abs 2 BL-Satzungen zwingt die Fußballvereine, die Regelwerke der UEFA und FIFA anzuerkennen. Blickt man in weiterer Folge in die UEFA-Statuten (Ausgabe 2021) bzw FIFA-Statuten (Ausgabe September 2020), dann lässt sich ein faktischer Zwang erkennen:

Art 60 UEFA-Statuten: „Die Verbände müssen eine Bestimmung in ihre Statuten aufnehmen, wonach nationale Streitsachen, die aus der Anwendung ihrer Statuten oder Reglemente oder im Zusammenhang mit diesen entstehen, unter Vorbehalt ihrer nationalen Gesetzgebung, in letzter Instanz unter Ausschluss aller ordentlichen Gerichte einem unabhängigen und unparteiischen Schiedsgericht unterbreitet werden.“

Art 59 FIFA-Statuten: „Die Verbände sind verpflichtet, in ihre Statuten oder Reglemente eine Bestimmung aufzunehmen, wonach es bei Streitigkeiten innerhalb des Verbands oder bei Streitigkeiten, die die Ligen, Mitglieder der Ligen, Klubs, Mitglieder der Klubs, Spieler, Offizielle und weitere Verbandsangehörige betreffen, verboten ist, an staatliche Gerichte zu gelangen […]. Anstelle staatlicher Gerichte ist eine Schiedsgerichtsbarkeit vorzusehen. Die genannten Streitigkeiten sind einem unabhängigen und ordnungsgemäss einberufenen Schiedsgericht […] vorzulegen.

Die Verbände sind zudem verpflichtet, dafür zu sorgen, dass diese Regelung innerhalb des Verbands, sofern nötig durch Überbindungsverpflichtung, vorgesehen ist. Sie haben die Betroffenen bei Nichteinhaltung der Verpflichtung zu sanktionieren und vorzusehen, dass Berufungen gegen solche Sanktionen unter Ausschliessung staatlicher Gerichtsbarkeit ebenfalls grundsätzlich und in gleicher Weise der Schiedsgerichtsbarkeit unterstellt sind.“

Die Disziplinarmaßnahmen der UEFA etwa sind dabei nicht zu vernachlässigen. Bei Erfüllung eines Disziplinartatbestandes nach Art 52 UEFA-Statuten droht den Vereinen/Verbänden zB gemäß Art 53 Abs 1 lit n UEFA-Statuten der Ausschluss aus laufenden und/oder zukünftigen Wettbewerben. Da stellt sich die Frage, ob die Nichtteilnahme österreichischer Vereine an internationalen Fußballspielen erstrebenswert wäre.

Eindeutigkeit

Zweite Voraussetzung für einen wirksamen Verzicht ist, dass dieser in eindeutiger Weise erklärt wird (bspw EGMR 23.2.1999, 31737/96, Suovaniemi/Finnland). Im Hinblick auf die Formerfordernisse ist es nicht von Belang, ob der Verzicht ausdrücklich oder konkludent abgegeben wird. Mindestvoraussetzung ist eben die Eindeutigkeit des Verzichts. Diese ist gerade bei der konkludenten Erklärung bedeutsam. Es geht dabei also um den eindeutigen Willen des Grundrechtsträgers, wobei kein zweideutiger Verzicht vorliegen darf. Bei der Eindeutigkeit des Verzichts ist die Frage entscheidend, ob der Betroffene „in vollem Bewusstsein auf sein Recht verzichtet, dass sein Streit durch ein unabhängiges und unparteiisches Gericht entschieden wird“.

Öffentliche Interessen oder Rechte anderer

Schlussendlich darf der Verzicht nicht von wichtigen öffentlichen Interessen oder Rechten anderer tangiert werden. Dh der Grundrechtsverzicht und somit das Schiedsverfahren dürfen nicht unangemessen oder unbillig sein. Dafür ist eine Abwägung zwischen den Interessen des Einzelnen und der Allgemeinheit vorzunehmen. Die Art dieser öffentlichen Interessen ist nicht begrenzbar. Doch können sie sich etwa aus dem Kartell- und Steuerrecht sowie Streitigkeiten über die Gültigkeit von Schiedssprüchen ergeben.

Formerfordernisse

Ein wirksamer Verzicht kann ausdrücklich oder stillschweigend erfolgen. Daher reicht eine konkludente Erklärung aus, wobei bei dieser das Eindeutigkeitskriterium besonders zu beachten ist. Selbstverständlich ist auch ein (eindeutiger) mündlicher Verzicht unproblematisch. Hinsichtlich der Formerfordernisse für einen Verzicht auf Art 6 EMRK darf man nicht vergessen, dass dies zumeist in der Praxis keine Probleme aufwirft. Denn aufgrund von § 583 Abs 1 ZPO und internationalen Erfordernissen für die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche bedarf es ohnehin der Schriftlichkeit.

Formerfordernisse bei der Unterwerfung unter die Schiedsgerichtsbarkeit von Vereinen und Sportlern im österreichischen Fußball

Grundsätzlich müssen sich bloß die nationalen Sportverbände (zB der ÖFB) als unmittelbare Mitglieder an die Regularien des Weltsportverbandes (FIFA) halten. Sportler (= Mitglieder der Vereine) und Vereine (= Mitglieder der nationalen Verbände) stehen in der Verbandspyramide weiter unten und sind daher mittelbare Mitglieder des Weltdachverbandes oder arbeitsvertraglich gebundene Dritte (zB Berufsfußballer). Ergo kann sich für sie keine unmittelbare Verpflichtung zur Achtung der Statuten des Weltverbandes ergeben. Gelöst wird dies entweder mit der sog Doppelverankerung (Mittelbare Mitglieder werden durch entsprechende Anordnung in den Weltverbandsregelwerken zur Achtung der Rechte und Pflichten des Weltverbandes verpflichtet; nachgeordnete Verbände und Vereine müssen diese Anordnungen in ihre jeweiligen Statuten in weiterer Folge übernehmen) oder Athletenvereinbarungen (Vertrag zwischen mittelbaren Mitgliedern und arbeitsvertraglich gebundenen Dritten mit dem Weltsportverband [siehe bspw den Spielerpass für Fußballer]). Schiedsvereinbarungen sind eben oft Teil solcher Athletenvereinbarungen.

Zur Anordnung der Schiedsgerichtsbarkeit in Vereinsstatuten im Verhältnis zwischen Vereinen/Verbänden und ihren unmittelbaren Mitgliedern selbst bestehen drei unterschiedliche Meinungen zur Wirksamkeit: i.) Vereinbarung der Schiedsklausel durch Vereinsbeitritt unter Einhaltung des in den Statuten vorgesehenen Verfahrens (bspw auch mündlich), ii.) Vereinbarung der Schiedsklausel durch schriftlichen Vereinsbeitritt und iii.) Vereinbarung der Schiedsklausel in einer eigenen schriftlichen Zusatzvereinbarung neben dem Vereinsbeitritt.

Für den heimischen Fußballsport spielt dies im Verhältnis zwischen den Vereinen und der BL in der Praxis insofern keine Rolle, als die Vereine als Lizenzbewerber gemäß Nr 9.2.1 a) lit b) der BL-Lizenzbestimmungen im Rahmen des Lizenzantrages (§ 6 Abs 1 BL-S) bzw der zu erfüllenden rechtlichen Lizenzkriterien jeweils eine Schiedsvereinbarung, die die Zuständigkeit des StNSchG regelt, einzureichen haben. Sohin kann die BL mit den Vereinen eine Schiedsvereinbarung über alle in der Zukunft liegenden Rechtsstreitigkeiten (bis zum 1.7. des folgenden Jahres) aus dem jeweiligen Rechtsverhältnis vereinbaren.

Bei Arbeitnehmern der BL (zB Funktionäre und Schiedsrichter) ist dies aufgrund von § 9 ASGG nicht möglich. Denn in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten bedarf es einer „Ad-hoc“-Schiedsvereinbarung. Dahingehend wurde in § 1 Abs 2 lit e letzter Satz der Verfahrensordnung des StNSchG (VOStNSchG) festgelegt, dass es für Streitigkeiten, welche unter die Zuständigkeit des Arbeits- und Sozialgerichts fallen, einer gesonderten Schiedsvereinbarung für den konkreten Rechtsstreit bedarf, um wirksam die Zuständigkeit des StNSchG zu begründen.

Obwohl die Spieler grundsätzlich Arbeitnehmer ihrer Vereine sind, darf man eben § 1 Abs 2 lit e erster Satz VOStNSchG nicht übersehen. Denn auch hier können Streitigkeiten aus einem Arbeitsverhältnis vorliegen, womit dann ebenso das StNSchG zuständig und für den jeweiligen Spieler eine Schiedsvereinbarung für den konkreten Rechtsstreit notwendig wäre.

Bei den arbeits- und sozialrechtlichen Streitigkeiten ist spannend zu beobachten, dass bis 2011 kein einziges Mal das StNSchG angerufen, sondern immer der ordentliche Rechtsweg bestritten wurde.

Für das Verhältnis zwischen den Spielern und den Vereinen ergibt sich aus dem Kollektivvertrag für Fußballspieler/innen der Österreichischen Fußball-Bundesliga (Stand 1.7.2018) hinsichtlich Schieds- und Schlichtungsklauseln, dass Dienstverträge für gewisse Arten von Streitigkeiten die Beilegung durch eine Schlichtungsstelle oder ein Schiedsgericht vorsehen können. Weiters ist Schiedsklausel nur für bereits entstandene Streitigkeiten wirksam.

Allgemein müssen hier die Sonderbestimmungen des § 618 ZPO im Schiedsverfahren bzgl Arbeitsrechtssachen gemäß § 50 Abs 1 ASGG erwähnt werden. Diese Schutzbestimmungen haben (auch in Hinblick auf § 9 Abs 2 ASGG) das Ziel, das Prinzip der absoluten Freiwilligkeit der Schiedsvereinbarung der Parteien zu sichern und Arbeitnehmer vor dem Verlust des Zugangs zu den Gerichten zu schützen.

Fazit und Ausblick

Durch den Abschluss einer Schiedsvereinbarung können Grundrechtsträger teilweise unter Einhaltung gewisser Bedingungen auf die Garantien des Art 6 EMRK verzichten. Was die Formerfordernisse zur Vereinbarung einer Schiedsklausel im (österreichischen) Fußball angeht, bestehen unterschiedliche Meinungen bzw sind einige Besonderheiten zu beachten.

Der nächste Beitrag widmet sich der Frage, inwiefern (Sport-)Schiedsgerichte an Art 6 EMRK gebunden sind.

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Der LASK als „50+1“-Umgeher?

Als hätte es LAW MEETS SPORTS gewusst: zirka zwei Wochen nach der Veröffentlichung meines ausführlichen Beitrages über die „50+1“-Regel im (österreichischen) Fußball (siehe: Die „50+1“-Regel, ein Dauerbrenner), wurden Stimmen laut, dass sich der Linzer Athletik-Sport-Klub (LASK) als einziger Verein der heimischen Bundesliga nicht an diese Bestimmung halten würde. Erfahrene Juristen (siehe Artikel des Kurier vom 27.03.2021, Warum die „Freunde des LASK“ die 50+1-Regel aushebeln können) die sich mit sportrechtlichen Thematiken auseinandersetzen, sprechen von einer klaren Umgehung bzw werfen den Linzern sogar mangelnde (aber von der Österreichischen Fußball-Bundesliga [ÖFBL] geforderte) Gemeinnützigkeit des Vereins vor. Das Timing ist perfekt, da momentan das Lizenzierungsverfahren für die kommende Saison läuft und sich die Verantwortlichen des Senats 5 somit wohl mit der Causa beschäftigen müssen.

Für Details sei an den oben genannten Beitrag verwiesen, doch kurz zur Wiederholung: die „50+1“-Regel der Lizenzbestimmungen der ÖFBL besagt, dass der Fußballverein zumindest 50 % der Stimmrechte + 1 Stimme, also die Stimmenmehrheit, in der ausgelagerten Profisportgesellschaft innehaben muss. Dies soll vor allem die Fremdbestimmung der Clubs vermeiden und den gemeinnützigen Vereinszweck, die diesen Zweck verfolgenden Vereinsmitglieder und eine gewisse Kontinuität beim Betrieb von Profifußballmannschaften sichern. All diese Merkmale scheinen der ÖFBL auch sehr wichtig zu sein, da sie nach wie vor an der „50+1“-Regel festhält.

Das Konstrukt des LASK

Der von Präsident Gruber geführte Verein hat den Profibetrieb ordnungsgemäß in die LASK GmbH ausgelagert, an der der Verein auch das gesamte Stammkapital hält sowie (objektiv betrachtet) 100 % der Stimmrechte besitzt. Die LASK GmbH ist zudem Gesellschafterin der LASK Marketing GmbH, welche zumindest Inhaberin der Wort-Bildmarke „LASK LINZ SEIT 1908“ ist.

Die Mitgliederstruktur des „Muttervereins“ LASK gestaltet sich gemäß § 7 der Satzungen des Fußball-Klubs LASK (LASK-Statuten – Stand: 3. 7. 2019) wie folgt: es gibt einfache Mitglieder, Kindermitglieder, Jugendmitglieder,Seniorenmitglieder, Ehrenmitglieder und fördernde Mitglieder.

Fördernde Mitglieder wiederum sind gemäß der Satzungsbestimmung zum einen „Official-Partner“ des LASK, die als fördernde Mitglieder des Vereins aufgenommen werden. Diese Unterkategorie der fördernden Mitglieder dürfte nicht von größerer Bedeutung sein, so geht aus den LASK-Satzungen nicht einmal hervor, wer oder was ein „Official-Partner“ denn überhaupt ist. Zudem kommt ihnen bei der Generalversammlung nur ein Teilnahme- aber gerade kein Stimmrecht zu. Zum anderen können nur folgende Personen fördernde Mitglieder sein: „[N]atürliche oder juristische Personen, die Gesellschafter der LASK Marketing GmbH bzw. einer Nachfolgegesellschaft der LASK Marketing GmbH […] sind und dementsprechend einen wesentlichen finanziellen Beitrag für den Verein geleistet haben […].“ Diese Unterkategorie ist wohl die spannendere und gerade das Besondere beim LASK.

8 Z 3 der LASK-Satzungen beschränkt in weiterer Folge die Anzahl der fördernden Mitglieder mit 30 Personen. Darüber hinaus wird den Gesellschaftern der LASK Marketing GmbH (bzw der Nachfolgegesellschaft) das Recht eingeräumt, als förderndes Mitglied des LASK aufgenommen zu werden soweit kein Ausschlussgrund iSd § 9 Abs 3 LASK-Satzungen (bspw strafrechtliche Verurteilung wegen einer allgemein als ehrenrührig angesehenen strafbaren Handlung) vorliegt.

Nun der Knackpunkt, was die „50+1“-Regel angeht: § 15 Z 6 LASK-Satzungen schreibt vor, dass ausschließlich fördernde Mitglieder bei der Generalversammlung teilnahme- und stimmberechtigt sind. Weiters ist der Regelung zu entnehmen, dass Nichtgesellschafter der LASK Marketing GmbH kein Stimmrecht im Verein haben. Letztlich hängt die Stimmanzahl des einzelnen „Vereinsmitglieds“ von der Höhe der übernommenen Stammeinlage in der LASK Marketing GmbH ab. Zehn Euro einer übernommenen Stammeinlage verleihen eine Stimme in der Generalversammlung des Vereins.

Die Analyse des Systems

Doch was bedeutet das oben beschriebene System um die fördernden Mitglieder nun konkret?

Unbestritten dürfte zunächst sein, dass es sich bei den Gesellschaftern der LASK Marketing GmbH um Investoren handelt, die zT sehr hohe Stammeinlagen geleistet haben. Das Stammkapital der LASK Marketing GmbH ist ja mit EUR 1,5 Mio nicht gerade wenig.

In der Generalversammlung des Vereins sind nur Gesellschafter der LASK Marketing GmbH teilnahme- und stimmberechtigt. Daraus ergibt sich, dass diese Personen indirekt 100 % der Stimmrechte in der LASK GmbH kontrollieren und dadurch die LASK Marketing GmbH, den Verein selbst und die LASK GmbH beherrschen. Wer also in der Generalversammlung des Vereins entscheidet, wird in der LASK Marketing GmbH bestimmt, nicht im Verein.

Die Vereinsmitgliedschaft ist an Umstände gekoppelt, die außerhalb des Vereins liegen. Es können nur Personen fördernde Mitglieder werden, die von den Gesellschaftern der LASK Marketing GmbH zugelassen werden (laut dem Gesellschaftsvertrag der LASK Marketing GmbH sind die Gesellschaftsanteile vinkuliert (dh die Übertragung von Gesellschaftsanteilen ist an die Zustimmung der Gesellschaft(er) gebunden)), die Stammeinlage erbringen und daher finanziellen Interessen nachgehen. Sollte die Beteiligung an der LASK Marketing GmbH veräußert werden, verliert man klarerweise auch das Recht förderndes Vereinsmitglied zu sein. Dabei darf nicht übersehen werden, dass einfache Mitglieder grundsätzlich keine Chance haben, der Generalversammlung beizuwohnen, geschweige denn, ein Stimmrecht zu erhalten.

Eine unterschiedliche Stimmanzahl an gewisse Faktoren (wie zB höhere Mitgliedsbeiträge) zu knüpfen ist idR zulässig und auch in der Praxis häufig. In concreto liegt der Unterschied aber in der verschieden hohen übernommenen Stammeinlage in der LASK Marketing GmbH. Demnach einem Umstand, der außerhalb des Vereins liegt. Ein gemeinnütziger Zweck (vgl § 35 Abs 1 Bundesabgabenordnung: „Gemeinnützig sind solche Zwecke, durch deren Erfüllung die Allgemeinheit gefördert wird“), den ein Verein ja verfolgen muss (!), ist auch aufgrund dieser besonderen Regelung nicht mehr zu erkennen. Es dürften die finanziellen Interessen der Gesellschafter im Vordergrund stehen.

Einer der Juristen (siehe wiederum den oben angeführten Artikel des Kurier vom 27.03.2021), die sich die Angelegenheit genauer angesehen haben, bringt es wohl auf den Punkt, wenn er davon spricht, dass der Verein als reines Vehikel für die Investoren fungiert und dadurch die Rechtsform des Vereins missbraucht wird. Die Geldgeber haben was den Profibetrieb angeht (indirekt) die Fäden in der Hand.

Dieses Konstrukt steht wohl nicht im Einklang mit den Vorschriften der ÖFBL und insbesondere der in Punkt 4.4.2.5 der BL-Lizenzbestimmungen festgeschriebenen „50+1“-Regel. Denn es dürfte den „Vereinsmitgliedern“ das Zusammenwirken zu einem gemeinnützigen Zweck fehlen, sind diese ja nur externe Investoren, die ihre eigenen (finanziellen) Interessen verfolgen.

Doch selbst wenn man den gemeinnützigen Zweck bejaht, wird die „50+1“-Regel mMn umgangen. In diesem Fall wird man der Bestimmung zwar nach dem Wortlaut gerecht, da der Verein 100 % der LASK GmbH hält und auch beherrschenden Einfluss hat. Jedoch wird der angestrebte Zweck der Regelung – die Vermeidung der Stimmrechtsmacht eines Investors im Verein – vereitelt. Es dürfte davon auszugehen sein, dass man versucht, den Investoren für ihre Geldspritzen als Gegenleistung Stimmrechte im Verein und folglich im Profispielbetrieb zukommen zu lassen. Anders wäre dies ja aufgrund der „50+1“-Regel nicht möglich, da man offiziell lediglich 49,9 % der LASK GmbH erwerben und keine Stimmmehrheit besitzen kann. Nach der Rsp des OGH (OGH 2.9.1987, 1 Ob 654/87) wird die umgangene Norm (also hier die „50+1“-Regel) auf das sog Umgehungsgeschäft angewendet, um den Zweck zu wahren. Daraus ergibt sich meiner Meinung nach, dass die Konstruktion des LASK gegen die „50+“-Regel verstößt und nicht zulässig ist.

Fazit

Die beim LASK vorliegende Konstellation ist durchaus interessant, wenn mE auch fragwürdig. Interessant wird sein, wie die ÖFBL bzw der Senat 5 damit umgeht und ob sich im Lizenzierungsverfahren Probleme ergeben oder sogar im schlimmsten Fall gar keine Lizenz erteilt wird. Aus sportlicher und historischer Sicht dürfte letzteres auf der einen Seite nicht wünschenswert sein, da der LASK für attraktiven Fußball steht und bekanntlich eine enorme Fankultur besitzt. Auf der anderen Seite müssen sich nun mal alle an die Regeln halten. Sollte die Lizenz ohne Begutachtung dieser Überlegungen oder Beanstandungen erteilt werden, wäre die „50+1“-Regel jedoch in meinen Augen zahnlos und somit im Grunde für die Würscht´…

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Die „50+1“-Regel, ein Dauerbrenner

Die sogenannte 50+1-Regelung des organisierten Fußballsports in Österreich und Deutschland wurde bereits vor der Coronakrise heftigst diskutiert. Doch gerade die Pandemie brachte viele Fußballvereine an ihre finanziellen Grenzen. Unter anderem fehlen den Vereinen aufgrund der leeren Stadien die Einnahmen aus Ticketverkäufen. In Zeiten des „harten Lockdowns“ konnten gar keine Spiele stattfinden und somit fielen auch die essentiell wichtigen Fernsehgelder aus. Die Folge: Viele (vor allem kleine und wirtschaftlich schwache) Vereine haben große finanzielle Sorgen und die Gefahr der Insolvenz war wohl noch nie größer. Dazu wird die monetäre Schere zwischen den „reichen“ und „armen“ Vereinen nach und nach größer. Eine mögliche Lösung: das Kippen oder die Modifizierung der „50+1“-Regel.

Doch wo ist die „50+1“-Regelung eigentlich genau geregelt? Wo liegen ihre Ursprünge? Welchen Zweck verfolgt sie und wie sieht ihre Zukunft aus?

Rechtsgrundlagen

Österreich:

Gemäß den Lizenzbestimmungen der Österreichischen Fußball-Bundesliga (folgend: BL-Lizenzbestimmungen) müssen die Fußballvereine der höchsten Spielklasse neben der sportlichen Qualifikation über eine Lizenz verfügen, um am Ligabetrieb der österreichischen Bundesliga teilnehmen zu können (siehe Punkt 4.3.1.1 der BL-Lizenzbestimmungen). Lizenzträger kann zwar nur ein gemeinnütziger Verein sein, doch zwingt ein Erlass des Bundesministeriums für Finanzen vom 27.2.2015 die Fußballklubs seit dem 1.1.2017, ihre Profibetriebe in selbstständige Kapitalgesellschaften auszugliedern. Dies stellt eine Möglichkeit dar, die Gemeinnützigkeit der Vereine und die damit einhergehenden abgabenrechtlichen Begünstigungen zu erhalten (Details in §§ 34 ff Bundesabgabenordnung). Die Ausgliederung soll zudem ein kontrolliertes Wirtschaften des Profibetriebes gewährleisten.

Demnach ist Voraussetzung für die Behandlung des Lizenzantrags eines lizenzwerbenden Vereins, dass der Profispielbetrieb, also die Kampfmannschaft, in eine Kapitalgesellschaft ausgegliedert wird. Diese Ausgliederung muss bis zum 1.1., der dem Abgabetermin der Lizenzunterlagen unmittelbar vorausgeht, erfolgt sein. Wirksam ist sie außerdem nur bei Vorliegen einer Genehmigung durch den Lizenzgeber (siehe Punkt 4.3.2.2 der BL-Lizenzbestimmungen). Lizenzgeber ist der Lizenzausschuss (Senat 5 genannt), der für das Lizenzierungsverfahren und die jeweilige Lizenzvergabe bzw -verweigerung in erster Instanz zuständig ist (siehe Punkt 3.2.2.1 und 3.2.3 der BL-Lizenzbestimmungen bzw § 22 Abs 9 der Satzungen der Österreichischen Fußball-Bundesliga).

Die Ausgliederung selbst ist an bestimmte Bedingungen geknüpft, welche erfüllt sein müssen, um die Genehmigung zu bekommen. Hierbei kommt die (österreichische) 50+1-Regelung aus Punkt 4.4.2.5 der BL-Lizenzbestimmungen ins Spiel:

Der Lizenzbewerber/-nehmer muss beherrschenden Einfluss auf die Gesellschaft haben und über die Mehrheit der Stimmrechte an der Gesellschaft unmittelbar verfügen.“

Einfach erklärt: Der Fußballverein muss zumindest 50 % der Stimmrechte + 1 Stimme, also die Stimmenmehrheit, in der (ausgelagerten) Kapitalgesellschaft innehaben.

Deutschland:

In Deutschland sind dementsprechende Regelungen in § 8 Abs 2 der Satzung des Ligaverbandes und in § 16c Abs 2 und Abs 3 der Satzung des Deutschen Fußballbundes (DFB) zu finden. Erstere Bestimmung lautet: „Eine Kapitalgesellschaft kann nur eine Lizenz für die Lizenzligen und damit die Mitgliedschaft im Ligaverband erwerben, wenn ein Verein mehrheitlich an ihr beteiligt ist, der über eine eigene Fußballabteilung verfügt, und der im Zeitpunkt, in dem sie sich erstmals für eine Lizenz bewirbt, sportlich für die Teilnahme an einer Lizenzliga qualifiziert ist. Der Verein („Mutterverein“) ist an der Gesellschaft mehrheitlich beteiligt („Kapitalgesellschaft“), wenn er über 50 % der Stimmenanteile zuzüglich mindestens eines weiteren Stimmenanteils in der Versammlung der Anteilseigner verfügt. […]

Die Regelungen beider Länder sagen im Endeffekt dasselbe aus. Jedoch gibt es bezüglich der Lizenzvergabe zwei Unterschiede zwischen der österreichischen und der deutschen Rechtslage. Erstens ist es in Deutschland möglich, dass eine Kapitalgesellschaft autonom eine Lizenz erwerben kann. Lizenzwerber bzw -nehmer muss nicht notwendigerweise ein Verein sein, wie es hingegen in Österreich der Fall ist. Zweitens werden in Deutschland explizite Ausnahmen von der „50+1“-Regel vorgesehen, bei uns hingegen nicht. Dazu unten mehr…

Hintergrund und Zweck der Regelung

Der Ursprung der deutschen „50+1“-Regel liegt im Jahr 1998. Ein Beschluss des DFB-Bundestages eröffnete die Möglichkeit, dass Kapitalgesellschaften am Spielbetrieb der Lizenzligen teilnehmen können bzw gab man den Vereinen die Chance, ihre Lizenzspielerabteilungen (Profibetriebe) in eine Kapitalgesellschaft quasi umzuwandeln. Hintergrund dafür waren die Entwicklungen im Zuge der Professionalisierung des Fußballs. Wesentlicher Zweck war also die Schaffung von Finanzierungsmöglichkeiten am Kapitalmarkt. Um die Unabhängigkeit der Vereine zu gewährleisten, also diese vor der Willkür von Investoren zu schützen, wurde gleichzeitig der Abschnitt mit der „50+1“-Regel beschlossen. Dessen Ziel wiederum war/ist zunächst ganz klar die Vermeidung der Fremdbestimmung der Clubs durch Investoren von außen. Die Sicherung des Fußballsports an sich steht nämlich im Mittelpunkt, und nicht etwaige finanzielle Interessen von nach Gewinn lechzenden Investoren. Daneben soll die Verbindung zwischen Leistungs- und Breitensport aufrechterhalten bleiben. Auch soll gewährleistet sein, dass die Wettbewerbssituation der Ligen und der verbandlichen Strukturen nicht durch die Ausgliederung der Profibetriebe in Kapitalgesellschaften verzerrt wird sondern möglichst neutral bleibt. Die zwischen den Vereinen bereits bestehenden Unterschiede finanzieller Natur sollen nicht noch weiter auseinandergehen. Nicht zuletzt geht es um das Ansehen einer Fußballliga, die ja von einem fairen und ehrlichen Wettkampf gekennzeichnet ist (nachzulesen unter anderem in Fragen und Antworten zur 50+1-Regel der Deutschen Fußball Liga).

Die „50+1“-Regel wirkt sohin als Limitierung der Macht von externen Investoren. Kapital dürfen diese ja einbringen und damit Beteiligungen an den ausgegliederten Profibetrieben generieren. Nur dürfen sie nicht mehr als 50 % der Stimmrechtsanteile besitzen. Kapitalanteile demgegenüber könnten theoretisch alle übernommen werden. ME gelten die Überlegungen bezüglich des Zwecks auch für die österreichische Variante, da die Intention hinter der Regel bestimmt die gleiche war und allgemein Parallelen im deutschen und österreichischen Fußballwesen zu erkennen sind (Stichwort Fankultur etc).

(Deutsche) Ausnahmen

Zuerst ist festzuhalten, dass die österreichischen BL-Lizenzbestimmungen keine Ausnahmen von der „50+1“-Regelung vorsehen. Im Gegensatz dazu gibt es in Deutschland sogar zwei Ausnahmen: die Ausnahme für Förderer des Fußballsports und die Ausnahme für die Kommanditgesellschaft auf Aktie, wobei hier nur erstere behandelt wird.

Die sog „Lex Leverkusen“ ist ebenfalls in § 8 Abs 2 der Satzung des Ligaverbandes geregelt: „[…] Über Ausnahmen vom Erfordernis einer mehrheitlichen Beteiligung des Muttervereins nur in Fällen, in denen ein Wirtschaftsunternehmen seit mehr als 20 Jahren vor dem 1.1.1999 den Fußballsport des Muttervereins ununterbrochen und erheblich gefördert hat, entscheidet der Vorstand des Ligaverbandes. Dies setzt voraus, dass das Wirtschaftsunternehmen in Zukunft den Amateurfußballsport in bisherigem Ausmaß weiter fördert sowie die Anteile an der Kapitalgesellschaft nicht weiterveräußert bzw. nur an den Mutterverein kostenlos rückübereignet. Im Falle einer Weiterveräußerung entgegen dem satzungsrechtlichen Verbot bzw. der Weigerung zur kostenlosen Rückübereignung hat dies Lizenzentzug für die Kapitalgesellschaft zur Folge. Mutterverein und Kapitalgesellschaft können nicht gleichzeitig eine Lizenz besitzen.“

Momentan gibt es mit den beiden „Werksclubs“ Bayer Leverkusen – der erste Verein, der im Jahre 1999 seinen Profispielbetrieb in eine Kapitalgesellschaft ausgliederte – und VfL Wolfsburg sowie der TSG Hoffenheim drei von der „50+1“-Regel zugelassene Ausnahmen. Sowohl bei Leverkusen als auch bei der VfL Wolfsburg-GmbH (ausgegliederter Profibetrieb) handelt es sich um Tochtergesellschaften, die zu 100 % in Besitz ihrer Mutterunternehmen (Volkwagen und Bayer) sind. Dietmar Hopp, seinerseits die erste natürliche Person mit Stimmenmehrheit an einem Bundesligaverein (TSG Hoffenheim), wurde 2015 die Ausnahme genehmigt.

Kurz sei noch auf die wettbewerbsrechtliche Problematik hingewiesen, die sich im Rahmen der „50+1“-Regel ergibt. So wird der Regelung vorgeworfen, sie verstoße gegen europäisches Kartellrecht, da sie den Zugang zum Markt für Beteiligungen an Sportkapitalgesellschaften unverhältnismäßig beschränke und nicht sachlich gerechtfertigt werden könne. Das deutsche Bundeskartellamt überprüft gerade, ob ein etwaiger Verstoß gegen deutsches und europäisches Kartellrecht vorliegt.

Diskussion und Ausblick

In der deutschen Fanszene spricht man sich klar gegen eine Abschaffung der „50+1“-Regel aus. Der Unmut wurde von den Zuschauern auch bereits häufig bspw durch Plakate in den Stadien – selbstverständlich vor Pandemiezeiten – kundgemacht. Die größte deutsche Faninitiative für die Regelung dürfte „50+1 bleibt!“ sein.

Doch wird man sehen, ob die Regelung (in dieser Art) bestehen bleibt oder nicht. Wie gesagt, die finanziellen Auswirkungen der Coronapandemie sind für viele Vereine extrem. Daher wird man auch über eine Modifizierung der Regel nachdenken müssen, um den Vereinen wirtschaftliche Opportunitäten zu ermöglichen. Interessant sind hierbei die Überlegungen von Kay Dammholz, einem deutschen Medienmanager, der im Falle einer Änderung der Regel von Seiten des DFB und der DFL klare Kriterien fordert. Diese müssten mit den Fußballklubs in einem offenen Diskurs erarbeitet werden. Zu denken ist etwa an das Verbot des Weiterverkaufs der Anteile oder an keine Ticketpreiserhöhung ohne Zustimmung des Muttervereins (genauer hier nachzulesen). „Tradition bewahren, aber Fortschritt zulassen!“ Das ist das Motto von Henning Zülch (Wirtschaftsprofessor und -experte). Er sieht in der Krise die Chance zur Modifikation der „50+1“-Regel. Damit der deutsche Fußball in eine wirtschaftlich stabile Zukunft gehen könne, brauche es Investoren mit positiven Intentionen, die es mit den Vereinen ernst meinen und sie konstruktiv stärken und fördern möchten.

In Österreich stellt sich bei einer Abschaffung/Modifizierung der Regel zuerst die Frage, ob große Investoren wie zB ein Roman Abramovich (Besitzer des englischen Chelsea FC) überhaupt an der „kleinen“ österreichischen Bundesliga bzw der Übernahme eines Verein Interesse hätten? Der Stellenwert unserer heimischen Liga ist im internationalen Vergleich wohl ehrlicherweise nicht besonders hoch. Die genannte Größenordnung ist deswegen mE eher zu verneinen. Doch um auch das „Geldtascherl“ einzelner österreichischer Fußballvereine durch kleinere Finanzspritzen zu füllen und so die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie abzufedern, wäre ohnehin eine Abschaffung/Modifikation „unserer“ Regelung vonnöten. Denn etwaige Investoren werden nur bei entsprechender Stimmbeteiligung Finanzmittel zur Verfügung stellen. Ansonsten wird man sich in anderen Ländern nach geeigneten Kandidaten umsehen. Man darf sich trauen zu behaupten, dass in Österreich eine Anpassung nicht lange dauern würde, sollte es in Deutschland zu einer Veränderung bezüglich der „50+1“-Regel kommen. Fakt ist letztlich, Österreich und Deutschland sind zwei der wenigen (wenn nicht sogar die letzten) Länder, die eine solche Regelung haben. Auf jeden Fall wird spannend zu beobachten sein, wie sich diese Angelegenheit entwickelt…

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