Schlagwortarchiv für: Senat 1

Mehr als Grün oder Violett – Eine Rivalität am Ende des Regenbogens

Vom Platzsturm bis Pyroshows – das ewige Duell zwischen dem SK Rapid Wien und dem FK Austria Wien schreibt schon seit einiger Zeit seine sonderbaren Geschichten, die beim neutralen Publikum nicht immer auf Verständnis stoßen. Nach einer langen Durststrecke gegen die Veilchen gelang dem SK Rapid am 25.02.2024 seit über 10 Jahren endlich wieder ein voller Erfolg in Hütteldorf und damit auch der erste Derbysieg im „neuen“ Allianz Stadion. Umso bedauerlicher ist es, dass diese sportliche Leistung des SK Rapid angesichts der Vorfälle im Anschluss an das 342. Wiener Derby nur nebensächlich in Erinnerung bleibt. Denn nach Veröffentlichung von brisanten Videos von den Feierlichkeiten der Rapid-Fans mit Funktionären und Spielern, welche beleidigende Äußerungen und homophobe Fangesänge in Richtung der Erzrivalen beinhalteten, war schnell klar, dass Konsequenzen folgen werden. Diese wurden eine Woche später, begleitet von reichlich medialem Interesse, verkündet und stießen bei der Vereinsführung des SK Rapid auf Gegenwehr.

Wie lässt sich das Ausmaß der verhängten Strafen durch den Senat 1 der Österreichischen Fußball-Bundesliga beurteilen? Und wie gelingt es nun, ein glaubwürdiges Zeichen für Vielfalt und Toleranz vom Gerhard-Hanappi-Platz aus in die österreichische Sportwelt zu senden? Pünktlich zum Ende des Grunddurchgangs und kurz nach der Entscheidung des Protestkomitees der Österreichischen Fußball-Bundesliga am vergangenen Freitag lässt LAW MEETS SPORTS die Geschehnisse nochmals Revue passieren.

Erste Frühlingsgefühle in Wien Penzing

Es sollte ein erfolgreiches Heimspiel für die Rapid-Anhänger werden, welches dem „Derby-Fluch“ im eigenen Stadion endlich ein Ende bereiten sollte. Diese Überzeugung war der Rapid-Mannschaft von Trainer Robert Klauß vor ausverkauftem Haus ab der ersten Minute anzusehen. Mit fulminantem Auftreten stellten die Grünen bereits vor der Halbzeit auf 3:0 und ließen auch in der zweiten Hälfte nichts mehr anbrennen, womit der verdiente Premierensieg eingefahren werden konnte. Der Heimerfolg gelang bei herrlichen Frühlingstemperaturen, bei welchen die Veilchen sportlich jedoch nicht aufblühen konnten. Der Nachmittag war geprägt von einer einzigartigen Atmosphäre beider Fanlager, die sowohl im Gästesektor als auch im Block West mit Choreografien und Bengalos ihre Mannschaften auf dem Rasen vorantrieben. Nach dem Schlusspfiff feierten die Rapid-Fans gemeinsam mit dem Team den Sieg – doch damit nicht genug.

Ein Video kommt selten allein

Bereits einen Tag nach dem Wiener Derby kursierte im Laufe des Vormittags auf Social Media ein Video von SK Rapid-Geschäftsführer Steffen Hofmann, welches diesen mit einem Megafon vor versammelter Fangemeinde in den Katakomben des Block West neben Verteidiger Maximilian Hofmann stehend zeigte. Unter dem Jubel der Fans sprach der Funktionär Folgendes ins Megafon: „Ich bin sehr froh, dass wir alle da sind. Leider Gottes, haben wir es nicht geschafft in der zweiten Halbzeit, die ‚Oaschlecha‘ so richtig abzuschießen!“. Dieser verbale Angriff galt als Grußbotschaft an die Mannschaft vom Verteilerkreis aus Favoriten, die sich im Derby geschlagen geben musste. Diese Äußerung blieb aber nicht die einzige, die für Schlagzeilen sorgte. Denn kurze Zeit später wurde ein weiteres Video geleaked, in welchem neben Co-Trainer Stefan Kulovits auch Kapitän Guido Burgstaller, Marco Grüll, Thorsten Schick und Niklas Hedl zu sehen waren. Einem Fangesang folgend, brüllte Stefan Kulovits mehrmals Folgendes in ein Megafon: „Wir sind keine ‚oaschwormen‘ Veilchen!“. Diese homophoben Zeilen an den Erzrivalen wurden von den anwesenden Spielern des SK Rapid ebenfalls lauthals in die Menge geschrien und von der Anhängerschaft der Hütteldorfer frenetisch gefeiert.

Die Reaktionen auf die verbalen Entgleisungen ließen nicht lange auf sich warten und der SK Rapid brachte sich damit um seine eigenen sportlichen Lorbeeren, zumal der Heimsieg abrupt in den Hintergrund gerückt ist. Steffen Hofmann bezog in einem holprig formulierten Statement Stellung, wonach die Worte nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, aber unabhängig davon unpassend gewesen seien. Außerdem nahm er auch bereits am Montag nach den Vorfällen Kontakt zum FK Austria Wien in Person von Sportdirektor Manuel Ortlechner auf. Dabei entschuldigte er sich für seine Wortwahl und zeigte sich einsichtig, dass diese Wortmeldung bei aller Rivalität unangebracht gewesen sei. Die besungenen Veilchen nahmen dies zur Kenntnis. Jene reumütige Ansicht des Geschäftsführers vertraten auch weitere Beteiligte, die sich ebenfalls in den sozialen Netzwerken für ihr Verhalten entschuldigten. Am Dienstag folgte ein offizielles Statement des Vereins, in welchem sich zusätzlich der Präsident Alexander Wrabetz und die Vizepräsidentin Edeltraud Hanappi-Egger zu Wort meldeten. Darin wurden die homophoben Äußerungen aufs Schärfste verurteilt und auf die Werte sowie das Leitbild des Klubs aufmerksam gemacht.

Das Gesagte konnte damit jedoch nicht rückgängig gemacht werden und die mediale Aufmerksamkeit nahm rasant zu. Während ÖFB-Präsident Klaus Mitterndorfer und Sportminister Werner Kogler mit berechtigter Kritik aufhorchen ließen, eröffnete die Österreichische Fußball-Bundesliga am Dienstag das Verfahren gegen Steffen Hofmann sowie den SK Rapid und dessen beteiligte Spieler und Co-Trainer. Es wurde beim Senat 1 Anzeige gegen sämtliche Beteiligte erstattet und den Beteiligten die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt.

Was sieht der Regulator in solchen Situationen vor?

Aus juristischer Sicht verstößt das Verhalten der Funktionäre und Spieler des SK Rapid gegen die ÖFB-Rechtspflegeordnung. Im Speziellen werden dabei die in Teil 6 unter den besonderen Bestimmungen für die Strafausschüsse in Kapitel II angeführten Tatbestände bezüglich „Ehrverletzung, Fairnessgebot und Diskriminierung“ herangezogen.

Für die Beleidigung des SK Rapid-Geschäftsführers Steffen Hofmann wird die Ehrverletzung iSd § 111 der ÖFB-Rechtspflegeordnung tragend, für welchen als „Offiziellen“ Abs 2 Anwendung findet:

  • (1) Wer insbesondere durch beleidigende Gesten oder Äußerungen eine andere Person in ihrer Ehre verletzt, wird mit einer Sperre von 2 bis 12 Pflichtspielen bestraft. Zusätzlich kann eine Geldstrafe von € 50,– bis € 2.000,– verhängt werden.
  • (2) Offizielle, die ein Vergehen nach Abs. 1 begehen, werden mit einer Funktionssperre von 1 bis 6 Monaten und/oder einer Geldstrafe von € 100,– bis € 2.000,– bestraft.

Eine Verletzung des Fairplay-Gedankens kommt für die Spieler Maximilian Hofmann und Niklas Hedl in Frage, welche in den veröffentlichten Videos zu sehen sind, hinsichtlich ihrer Teilnahme am Geschehen aber zurückhaltender agierten als ihre Mitspieler. Ihnen kann daher § 111a Abs 1 der ÖFB-Rechtspflegeordnung zur Last gelegt werden:

  • (1) Wer gegen die Prinzipien des Fairplay bzw. der Sportlichkeit verstößt, kann, sofern dieses Vergehen nicht einen anderen Tatbestand erfüllt, mit folgenden Sanktionen bestraft werden:
  • a) Ermahnung;
  • b) Sperre von 1 bis 12 Pflichtspielen;
  • c) Funktionssperre von einem Monat bis einem Jahr;
  • d) Geldstrafe von € 50,- bis zu € 15.000,-;
  • e) Austragung eines oder mehrerer Spiele unter Ausschluss eines Teiles oder der gesamten Öffentlichkeit;
  • f) Abzug von Punkten;
  • g) Wettbewerbsausschluss;
  • h) Zwangsabstieg;
  • i) Ausschluss aus dem Verband.

Zu guter Letzt ist auf den Tatbestand der Diskriminierung hinzuweisen, welcher durch die homophoben Sprechchöre hinsichtlich herabwürdigender Äußerungen in Bezug auf sexuelle Orientierung von Co-Trainer Stefan Kulovits und den Spielern Guido Burgstaller, Marco Grüll und Thorsten Schick sowie den SK Rapid als Klub verwirklicht wurde. Während für die Spieler und den Co-Trainer § 112 Abs 1 gilt, ist auf den Klub § 112 Abs 2 der ÖFB-Rechtspflegeordnung anwendbar:

  • (1) Wer eine Person oder eine Gruppe von Personen durch herabwürdigende, diskriminierende oder verunglimpfende Äußerungen oder Handlungen (in welcher Form auch immer) in Bezug auf Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, Geschlecht, Behinderung, sexuelle Orientierung, ethnische, nationale oder soziale Herkunft, politische Meinung oder aus sonstigen Gründen in seiner bzw. ihrer Würde oder Integrität verletzt, wird für mindestens 5 Pflichtspiele gesperrt bzw. erhält eine entsprechende Funktionssperre. Zusätzlich können ein Stadionverbot und/oder eine Geldstrafe in der Höhe von mindestens € 1.000,– verhängt werden. Bei einem Offiziellen, der sich dieses Vergehens schuldig macht, beträgt die Geldstrafe mindestens € 1.500,-.
  • (2) Verletzen mehrere Personen (Offizielle und/oder Spieler) desselben Vereines Abs. 1 oder liegen anderweitige gravierende Umstände vor, können der betreffenden Mannschaft bei einem ersten Vergehen drei Punkte und bei einem zweiten Vergehen sechs Punkte abgezogen werden; bei einem weiteren Vergehen kann ein Zwangsabstieg ausgesprochen werden. In Spielen ohne Punktevergabe wird die entsprechende Mannschaft, sofern zuordenbar, vom Bewerb ausgeschlossen.

Aus dieser Bestimmung könnte zudem auch Abs 5 von Bedeutung sein (mehr dazu unten), wo es heißt:

  • (5) Die genannten Sanktionen können im Bedarfsfall mit spezifischen Maßnahmen verbunden werden, die geeignet sind, diskriminierendem Verhalten entgegenzuwirken.

Die Zahlen & Fakten zur Entscheidung

Nach einer ausführlichen Stellungnahme des Klubs und der Präsentation eines Maßnahmenkatalogs des SK Rapid folgte am 04.03.2024, also etwas mehr als eine Woche nach den Vorfällen, die Entscheidung des Senat 1 der Österreichischen Fußball-Bundesliga, welcher in erster Instanz folgende Strafen verhängte:

SK Rapid                           Abzug von drei Punkten (allesamt bedingt)

Steffen Hofmann               Funktionssperre für zwei Monate (davon ein Monat bedingt)

Stefan Kulovits                  Funktionssperre für drei Monate (davon ein Monat bedingt)

Guido Burgstaller              Sperre für sechs Pflichtspiele (davon drei Spiele bedingt)

Marco Grüll                       Sperre für sechs Pflichtspiele (davon drei Spiele bedingt)

Thorsten Schick                Sperre für fünf Pflichtspiele (davon drei Spiele bedingt)

Maximilian Hofmann         Sperre für drei Pflichtspiele (davon zwei Spiele bedingt)

Niklas Hedl                       Sperre für drei Pflichtspiele (davon zwei Spiele bedingt)

Alle Spieler sowie der Co-Trainer sind zusätzlich dazu verpflichtet worden, an weiterbildenden Workshops zum Thema Diskriminierung teilzunehmen (drei Workshops zu jeweils 60 Minuten in den nächsten 12 Monaten).

Aus der Entscheidung des Senat 1 folgt, dass die Spieler Maximilian Hofmann und Niklas Hedl zunächst jeweils für ein Spiel, Thorsten Schick für zwei Spiele sowie Marco Grüll und Guido Burgstaller für jeweils drei Spiele nicht im Kader des SK Rapid aufscheinen und ihrer Mannschaft allesamt im wichtigen Kampf um die Meistergruppe im letzten Spiel gegen den SK Austria Klagenfurt nicht zur Verfügung stehen sollten. Diese Strafen wurden nämlich unbedingt ausgesprochen und sind sofort ohne aufschiebende Wirkung zu verbüßen. Die bedingten Anteile der Strafen werden ihnen nachgesehen und kommen erst bei einem weiteren Vergehen zu tragen, wenn die Akteure bis März 2026 (24 Monate) abermals gegen die ÖFB-Rechtspflegeordnung verstoßen.

Zur Funktionssperre ist Folgendes festzuhalten: Steffen Hofmann und Stefan Kulovits sind durch ihre Strafen ab 30 Minuten vor Spielbeginn bis zum Schlusspfiff vom Spielbetrieb ausgeschlossen und dürfen folglich beispielsweise nicht an Aktivitäten am Spielfeldrand, im Spielertunnel, auf der Ersatzbank oder auch in der Mannschaftskabine teilhaben.

In der Begründung zur Entscheidung wurde zusammenfassend festgehalten, dass die Videoinhalte in keinerlei Einklang mit den Werten der Österreichischen Fußball-Bundesliga stehen. Die glaubhafte Darlegung, dass den Akteuren und dem Klub die Vorkommnisse sehr leidtun, wurde bei der Entscheidung jedenfalls berücksichtigt. Zudem wurde auch der vorgelegte Maßnahmenkatalog des SK Rapid und die Bereitschaft für die Workshopteilnahme als positiv beurteilt.

Die „schon sehr harten“ Strafen im Überblick

Der SK Rapid fasste das Strafausmaß bei einer außerordentlichen Pressekonferenz am Tag nach der Entscheidung in Person von Präsident Alexander Wrabetz als „schon sehr hart“ auf, vor allem hinsichtlich der Strafen für die Spieler, und verkündete zugleich, dass man Protest beim Protestkomitee einlegen werde.

Mit Blick auf die zuvor genannten §§ 111a und 112 der ÖFB-Rechtspflegeordnung kann abgewogen werden, ob es sich dabei tatsächlich um „schon sehr harte“ Strafen für die Spieler handelt oder der Senat 1 den Bestimmungen entsprechend angemessen agierte. Hinsichtlich der Spielsperren ist eben zwischen der Verletzung des Fairplay-Gedankens in § 111a und dem Tatbestand der Diskriminierung in § 112 Abs 1 zu unterscheiden. Die Vergehen der Spieler Maximilian Hofmann und Niklas Hedl wurden iSd Verletzung des Fairplay-Gedankens mit Spielsperren von jeweils 3 Partien (zwei davon bedingt) geahndet, wobei sich der Strafrahmen von 1 bis 12 Pflichtspiele bewegt und die Sperre daher noch im unteren Bereich angesiedelt ist. Für die strengere Beurteilung der Diskriminierung haben die Spieler Guido Burgstaller und Marco Grüll eine Sperre von 6 Partien und der Spieler Thorsten Schick eine Sperre von 5 Partien ausgefasst, denen allen jeweils drei Spiele bedingt nachgesehen wurden. Wenn hier die Bestimmung genau unter die Lupe genommen wird, liegt das Mindeststrafausmaß bei 5 Spielen und bewegt sich dahingehend eindeutig im untersten Bereich. Inwiefern die Sperren also „schon sehr hart“ sind, darf demnach jede/r Leser/in für sich beantworten.

Die Strafen für den Klub, Geschäftsführer Steffen Hofmann und Co-Trainer Stefan Kulovits wurden vom Präsidenten nicht explizit als unangemessen beurteilt. Hierbei orientierte sich der Senat 1 ebenso am Mindestmaß, indem er für das erste Vergehen einen bedingten Drei-Punkte-Abzug nach § 112 Abs 2 aussprach und sich die Funktionssperren ebenso am unteren Limit des Strafrahmens (laut § 111 Abs 2 von 1 bis 6 Monate) bei Hofmanns zweimonatiger Abwesenheit (davon ein Monat bedingt) und Kulovits dreimonatiger Sperre (davon ein Monat bedingt), im Vergleichsmaßstab zu einer Mindestsperre eines vergleichbaren Spielers von 5 Pflichtspielen, bewegen. Die Absolvierung der Workshops für Spieler und Co-Trainer gründen auf § 112 Abs 5 der ÖFB-Rechtspflegeordnung und wurden nach freiem Ermessen als spezifische Maßnahmen angeordnet.

Einen ähnlichen Diskriminierungsvorfall im September 2023 in Frankreich, bei welchem die Spieler Dembele, Hakimi, Kolo Muani und Kurzawa von Paris Saint-Germain nach homophoben Fangesängen auf dem Spielfeld für jeweils ein Spiel bedingt gesperrt wurden, zog Präsident Alexander Wrabetz zwar in der Pressekonferenz zur Gegenüberstellung heran, ist aber aufgrund der unterschiedlichen Rechtslage in Österreich und Frankreich nur bedingt vergleichbar. In diesem Sinne könnte laut Aussage vom Vorstandsvorsitzenden der Österreichischen Fußball-Bundesliga Christian Ebenbauer genauso argumentiert werden, dass in den FIFA-Regularien für derartige Tatbestände, beispielsweise bei einer Fußball-WM, Sperren im Ausmaß von 10 Spielen in Betracht kommen. Wir bleiben bezüglich der Vorfälle nach dem Wiener Derby aber bei den Bestimmungen des österreichischen Regulators und in diesem Bereich gibt es bislang keine Vergleichsfälle zu verzeichnen.

Abmilderung in der Verlängerung

Nun folgte nach Protesterhebung die Entscheidung des Protestkomitees am vergangenen Freitag, wodurch die Strafen in zweiter Instanz wie folgt abgeändert wurden:

Marco Grüll                    Sperre für fünf Pflichtspiele (davon drei bedingt)

Niklas Hedl                     Sperre für drei Pflichtspiele (allesamt bedingt)

Die Strafen der restlichen Beteiligten wurden vollumfänglich bestätigt. Durch die Abmilderung der beiden Strafen ergibt sich daraus nun der Umstand, dass Stammtorhüter Niklas Hedl beim abschließenden Entscheidungsspiel um die Meistergruppe spielberechtigt war und Marco Grüll nur zwei anstatt drei Spiele nicht bestreiten darf.

Begründet wurde diese Entscheidung in zweierlei Hinsicht: Erstens kam dem Spieler Marco Grüll der Vergleich mit seinem Kapitän zugute, weil dessen besondere Rolle und Vorbildwirkung strengere Maßnahmen erfordern. Andererseits wurde bei Torhüter Niklas Hedl sein „junges Alter“ berücksichtigt, genauso wie die Tatsache, dass dieser in den veröffentlichten Videos am wenigsten aktiv beteiligt war.

Somit profitierte der SK Rapid durchaus von der Protesterhebung, eine Fortsetzung in dritter Instanz vor dem Rechtsmittelsenat zeichnet sich als eher unwahrscheinlich ab.

Letzten Sonntag gastierte der SK Rapid sodann ohne die Leistungsträger Kapitän Guido Burgstaller und Marco Grüll in Klagenfurt. Demgegenüber konnte Stammtorhüter Niklas Hedl durch die Abänderung seiner Strafe zwischen den Pfosten stehen und hielt gegen den SK Austria Klagenfurt mit wichtigen Paraden das Unentschieden fest. Dieses Ergebnis sicherte beiden Teams die Teilnahme an der Meistergruppe und ließ den FK Austria Wien trotz Heimerfolgs in der Qualifikationsgruppe zurück. Fürs Erste konnte also die Meistergruppenqualifikation von einer sehr jungen Mannschaft über die Ziellinie gerettet werden. Wie sich die Strafen für den SK Rapid nach der Punkteteilung und Neuauslosung bei den kommenden Begegnungen mit dem LASK und dem TSV Hartberg auswirken, wird sich erst zeigen. Aber spätestens beim schwierigen Auswärtsspiel am 07.04.2024 gegen Spitzenreiter Red Bull Salzburg stehen den Hütteldorfern wieder alle Kräfte auf Spielerseite zur Verfügung.

Zeit für ein Umdenken

Abseits des juristischen Blickwinkels hat sich anhand dieser Vorfälle gezeigt, welche Problemzonen der österreichische Fußball generell zu bewältigen hat und welche Grenzen der Fankultur zu setzen sind. Denn neben den diskriminierenden Fangesängen macht dem Klub neuerdings auch ein unbedingter Zwei-Punkte-Abzug für die Spielzeit 2024/25 zu schaffen, welcher auf sicherheitsrelevante Aspekte und die missbräuchliche Verwendung von Pyrotechnik in der Fanszene zurückgeht. Der SK Rapid hat folglich mit einem Imageschaden zu kämpfen und musste sich bereits von seinem Premiumpartner MVC Motors verabschieden, welcher die Zusammenarbeit nach den Vorkommnissen beim Derby mit sofortiger Wirkung beendete. Zudem gab es viel Gegenwind für den beteiligten Marco Grüll, welcher im Sommer zum SV Werder Bremen wechseln wird und dort bereits vorab den Unmut der Fans abbekommt.

Für Marco Grüll, Guido Burgstaller und Niklas Hedl hat der Auftritt ein weiteres Nachspiel: Sie wurden von ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick nicht im Kaderaufgebot für die kommenden Länderspiele berücksichtigt, sodass auch der Traum von der EM 2024 für diese Spieler zu platzen droht. Ein neu aufgetauchtes Video aus dem grünen VIP-Klub mit anderen Beleidigungen wird laut Senat 1 für die Spieler keine weiteren Wellen schlagen, da die Vergehen von Grüll, Hedl und Schick bereits abgeurteilt wurden.

Das Bild, welches alle Beteiligten durch diesen Vorfall abgeben, hat enormen Einfluss auf deren Vorbildwirkung. Dass sich Vereinsverantwortliche in den höchsten Positionen dazu verleiten lassen, solche Bemerkungen von sich zu geben, hat es in dieser Form im österreichischen Fußball noch nicht gegeben und stellt nicht zuletzt berechtigte Fragen bezüglich Professionalität und Gesamteindruck eines Klubs. Zudem orientieren sich viele Fans, vor allem in jungen Jahren, an den Idolen, denen sie im Stadion zujubeln. Genau diese werden mit solchen Aktionen bitter enttäuscht, wenn die Profisportler ihre Vorbildfunktion derart missachten. Da ist der Frauenfußball dem Männerfußball um einiges voraus, wo sexuelle Orientierung als Tabuthema schon lange der Vergangenheit angehört und stets für Toleranz eingestanden wird.

Ja, der Fußball lebt von seinen Emotionen. Ja, der Fußball braucht seine traditionsreichen Duelle. Und ja, der Fußball zeichnet sich durch seine Vielfalt und seine besondere Fähigkeit, Menschen zu verbinden, aus. Genau deshalb sind diskriminierende Äußerungen, wie sie nach dem Wiener Derby gefallen sind, absolut fehl am Platz. Natürlich gab es Entschuldigungen und in denen wurde darauf verwiesen, dass die wahre Intention hinter den Sprechgesängen nicht tatsächlich auf homophobe Einstellungen hinweist. Dadurch eine Verharmlosung der Situation zu bewirken, kann aber nicht die logische Konsequenz sein. Vielleicht kann die Österreichische Fußball-Bundesliga die Derby-Causa als Präzedenzfall für die Zukunft nutzen und als klares Zeichen für ein Umdenken heranziehen. Dann kann es gelingen, dass in den gegenüberstehenden Fanlagern nicht mehr alles nur mit grüner oder violetter Brille gesehen wird, sondern auch weitere Farben des Regenbogens sichtbar gemacht werden.

Bild: © Shutterstock/Andrekart Photography
Stock-Foto ID: 171801584

Der Sportverein in Österreich und Schiedsgerichte im Sport (1/6)

Vorab: Im Zuge meiner Masterarbeit habe ich mich mit verfassungsrechtlichen Fragen (insb Art 6 EMRK) rund um die Schiedsgerichtsbarkeit im österreichischen Vereinsfußball beschäftigt. Infolgedessen habe ich mich dazu entschieden, für Law Meets Sports eine Beitragsreihe zu schreiben und die wesentlichen Inhalte meiner Recherchen wiederzugeben. Dieser erste Beitrag dient als Einstieg und hat Grundsätzliches zu Sportvereinen und Sportschiedsgerichten zum Inhalt.

Der Verein und seine Rolle in Österreich

Vereine spielen in Österreich traditionell eine große Rolle. Sportvereine stellen dabei sogar die größte Hauptkategorie in der österreichischen Vereinswelt dar.

Die Vereinsfreiheit ergibt sich aus der Vereinigungsfreiheit, welche als Grundrecht (Art 12 StGG; Art 11 EMRK) in Österreich besonderen verfassungsrechtlichen Schutz genießt. Sie umfasst die Gründungsfreiheit, die Beitrittsfreiheit, die Betätigungsfreiheit sowie die Bestandsfreiheit. Daneben wird auch die sog negative Vereinsfreiheit (= das Recht, einem Verein nicht beitreten bzw angehören zu müssen) garantiert. Schließlich ergibt sich aus der Rsp des VfGH (VfSlg 11.199/1986; VfSlg 9366/1982), dass jede rechtswidrige Untersagung einer beabsichtigten Vereinsumbildung (Statutenänderung) gegen die Vereinsfreiheit verstößt.

Das Vereinsgesetz 2002 (VerG 2002) ist die wesentliche Rechtsgrundlage für die Gründung aller ideellen Vereine in Österreich. In § 1 Abs 1 VerG 2002 wurde erstmals der Begriff des ideellen Vereins gesetzlich definiert:

Ein Verein im Sinne dieses Bundesgesetzes ist ein i.) freiwilliger, ii.) auf Dauer angelegter, iii.) auf Grund von Statuten organisierter Zusammenschluss iv.) mindestens zweier Personen zur Verfolgung eines v.) bestimmten, gemeinsamen, ideellen Zwecks. […]“

Eine besondere Rolle spielt dabei der ideelle (= nicht auf Gewinn berechnet) Zweck, der Vereine von anderen Zusammenschlüssen unterscheidet. Auch die Vereine der heimischen Fußball-Bundesliga (BL) verfolgen klarerweise ideelle Zwecke. Hier zwei Beispiele:

FC Red Bull Salzburg: „Der Verein strebt die planmäßige Förderung und Pflege des Fußballsportes an und dient ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken, ist also insbesondere nicht auf Gewinn ausgerichtet. […]“ (Punkt 2. Statuten des Vereines FC Red Bull Salzburg [Stand Mai 2017])

SK Rapid Wien: „Der Verein führt den Namen „Sportklub Rapid“ (kurz „SK Rapid“), hat seinen Sitz in Wien, ist unpolitisch und bezweckt die Pflege und Verbreitung des Fußballsports. Die Tätigkeit erstreckt sich auf das gesamte Bundesgebiet, die sportliche Betätigung auch auf das Ausland.“ (§ 1 Abs 1 Satzungen des Sportklub Rapid [Vereinssatzungen gemäß Beschluss der Hauptversammlung vom 25.11.2019])

Verband und Dachverband als Vereine iSd Vereinsrechts

Das VerG 2002 lässt unterschiedliche Erscheinungsformen von Vereinen zu, ohne spezielle Vorschriften für diese vorzusehen. Daher werden sie im Vereinsrecht nicht anders behandelt wie ein „normaler“ Verein. Verbände sind somit ebenfalls Vereine (bestehend aus einzelnen Vereinen) – siehe dazu § 1 Abs 5 VerG 2002. Gerade im Sportverbandswesen schließen sich Vereine mit jeweils selbstständiger Rechtspersönlichkeit zu (inter-)nationalen Verbänden zusammen.

Auch wenn (Mitglieder-)Vereine und ein Verband grundsätzlich unabhängig voneinander existieren, verfügen Verbände de facto sehr wohl über faktische und rechtliche Einflussmöglichkeiten. Verbände wie der ÖFB (Österreichische Fußball-Bund) als (Dach-)Verband des österreichischen Fußballs wurden gegründet, um berufliche, wirtschaftliche, soziale, kulturelle und wissenschaftlich/technische Interessen der (un-)mittelbaren Mitglieder durchzusetzen. Man spricht hier von der „Verbandsmacht“ bzw der „Macht der Verbände“. Einheitliche Verhaltensmaßregeln und eine koordinierte Verbandstätigkeit helfen dabei, den beschlossenen Zweck zu verfolgen.

Die angesprochene Unabhängigkeit gilt auch im Verhältnis zwischen Verband und Dachverband. Letzterer ist auch einfach „nur“ ein Verein, jedoch mit dem besonderen Merkmal, dass seine Mitglieder bloß Verbände sind. Nationale und internationale Dachverbände im Sportwesen sind bspw der ÖFB als nationaler Dachverband im österreichischen Fußball und die FIFA (Fédération Internationale de Football Association) als internationaler Dachverband, welchem aus Österreich aufgrund seiner Monopolstellung im heimischen professionellen Fußballsport einzig der ÖFB angehört (Stichwort: Ein-Platz-Prinzip).

Der Aufbau des organisierten Sports lässt sich (meistens) mit einer Pyramide vergleichen. Alle Vereine und Verbände einer Sportart müssen durch die Mitgliedschaft an einem übergeordneten Verband/Dachverband das Regelwerk dieses übergeordneten Verbands/Dachverbands annehmen und das Regelwerk dieses übergeordneten Verbands/Dachverbands in ihre Regularien implementieren, sodass diese auch für ihre Mitglieder (un)mittelbar Geltung erlangen. Durch diese Pyramide entsteht ein international einheitliches Regelwerk. Darüber hinaus gleichen sich hierdurch der Aufbau sowie die Organisation der Verbände der jeweiligen Sportart.

Dies gilt auch für die Organisationsstruktur des österreichischen Fußballsports. An dessen Pyramidenspitze steht der ÖFB. Die (ordentlichen) Mitglieder des ÖFB sind die BL und die neun Fußball-Landesverbände Österreichs.

Die BL steht als Mitglied des ÖFB „unter“ diesem und ist gemäß § 1 Abs 2 erster Satz BL-Satzungen „ein […] Zusammenschluss aller Fußballklubs der beiden höchsten Spielklassen des österreichischen Fußballs.“ Momentan (Saison 2020/21) weist die BL 28 Vereinsmitglieder auf. Nämlich 12 Mannschaften aus der höchsten (Tipico Bundesliga) und 16 Mannschaften aus der zweithöchsten (2. Liga) Spielklasse.

Da nun die „Essentials“ zu österreichischen Sport- bzw Fußballvereinen erläutert wurden, wird in der Folge ein Einblick zu den in der Praxis sehr relevanten Sportschiedsgerichten gegeben.

Echte Schiedsgerichte im Sportwesen

Der Sport genießt heutzutage einen höheren wirtschaftlichen Stellenwert in der Gesellschaft als noch in der Vergangenheit und wurde von seiner ständigen Kommerzialisierung und Professionalisierung begleitet. Die (internationalen) Sportverbände verfolgen zudem den Plan, Streitigkeiten innerhalb der entstandenen rechtlichen Verbindungen und somit durch ein selbst geschaffenes, einheitliches Streitbeilegungssystem zu lösen. Sportschiedsgerichte sind sohin ein probates Mittel, um die „Nationalisierung“ der Sportverbandsregelwerke zu verhindern und eine einheitliche Normauslegung zu garantieren. Daraus ergibt sich ein Trend zum Einsatz von Sportschiedsgerichten, der aufgrund der wachsenden Anzahl an Rechtsstreitigkeiten im Sportwesen unumkehrbar scheint. In meinen Augen liegt in diesen Gedanken die Basis für den Einsatz von Schiedsgerichten im Sportwesen.

Der vermehrte Einsatz von eigens eingerichteten Sportschiedsgerichten im organisierten Sport wird insb mit der Entscheidungsfindung durch sportrechtliche Experten (Schiedsrichter) begründet. Der Fußballsport gilt im Gegensatz zu vielen anderen Sportarten als hochentwickelt und ist dabei ein perfektes Beispiel für die zahlreichen und komplexen Streitigkeiten, die im Profisport auftreten können und effektive Instrumente zur Streitbeseitigung erforderlich machen. Eine sachgerechte Entscheidung im Einzelfall hängt dabei von seinen sport(recht)lichen Eigenheiten ab.

Daneben lassen sich allgemeine Vorteile von Schiedsgerichten klarerweise auch ins Sportrecht ummünzen. Dazu zählen etwa die im Vergleich zu einem ordentlichen Gerichtsverfahren geringeren Verfahrenskosten, die nichtöffentlichen Verhandlungen (Geheimhaltungsinteressen), die einer flotten Erledigung der jeweiligen Causa zugutekommen, oder die rasche – weil schnellere Entscheidungsfindung und (grundsätzliche) Nicht-Überprüfbarkeit der Entscheidungen – und formfreie Verfahrensgestaltung. Nach dem Motto „Zeit ist Geld“ ist es gerade im Sport wichtig, dass Rechtsstreitigkeiten binnen kurzer Zeit gelöst werden, um eine Auseinandersetzung nach einem oder (viel schlimmer) während eines sportlichen Wettbewerbs zu verhindern. Daher sollen derartige Causae bereits vor Wettkampf, Meisterschaft oder Qualifikation gelöst/ausgetragen/einer Lösung bzw Entscheidung zugeführt werden.

Zwar überwiegen die Vorteile dieses Systems, doch lassen sich auch Nachteile im Einsatz von Sportschiedsgerichten finden. Der wohl größte Nachteil liegt in der nicht immer gewährleisteten Objektivität der Schiedsrichter eines (Sport-)Schiedsgerichts. Dadurch entsteht eine Überlegenheit des Verbandes gegenüber dem Sportler, der ansonsten (also im ordentlichen Rechtsweg) durch die verfassungsgesetzlich vorgeschriebene Unabhängigkeit und Unparteilichkeit ordentlicher Gerichte bzw Richter geschützter wäre. Zudem können staatliche Gerichte die Urteile von Schiedsgerichten eben nicht ohne weiteres aufheben oder korrigieren.

Fazit und Ausblick

Die verfassungsrechtlich gewährleistete Vereinsfreiheit ist für den Vereinssport das Fundament, wobei österreichische Vereine einen ideellen Zweck haben müssen. Unzweifelhaft ist die organisierte Sportwelt von Verbänden und Dachverbänden (zB BL, ÖFB und FIFA) geprägt (Ein-Platz-Prinzip und Verbandspyramide). Die von den Vereinen/(Dach-)Verbänden eingerichteten Schiedsgerichte sind dabei im Trend. Sie bringen einige Vorteile (aber auch Nachteile) mit sich.

Im zweiten Teil der Beitragsreihe werden Auseinandersetzungen im (Fußball-)Vereinsleben bzw die Behandlung von Vereinsstreitigkeiten und insb der Ablauf der Streitbeilegung in der österreichischen BL beleuchtet.

Bild: © Shutterstock/Andrey Yurlov
Stock-Foto ID: 178706702

Rechtliche Konsequenzen bei Fehlverhalten von Fans – ein aktueller Überblick

In den letzten Wochen und Monaten tat sich einiges im Bereich der rechtlichen Konsequenzen bei Fehlverhalten von Fußballfans. Sowohl der Oberste Gerichtshof als auch das deutsche Bundesverfassungsgericht beschäftigten sich mit dieser Thematik. Auch in der Österreichischen Fußball-Bundesliga gibt es Reformvorschläge. Im folgenden Beitrag werden diese aktuellen Entwicklungen näher beleuchtet. 

OGH: solidarische Haftung von Fußballfans

Das österreichische Höchstgericht in Zivil- und Strafsachen (OGH) hatte sich jüngst mit einem Raufhandel von Fußballfans nach einem Spiel zu beschäftigen. Dabei sprach der OGH aus, dass Fußballfans, die als Gruppe auf gegnerische Fans losstürmen, für einen Schaden (hier: Verletzung eines Polizeibeamten) auch ohne Schädigungsvorsatz und Beweis der Kausalität des Einzelnen solidarisch haften. Schon alleine der Vorwurf, vorsätzlich gemeinsam ein unerlaubtes Ziel verfolgt zu haben, rechtfertigt es nach Ansicht des Gerichtshofs, alle Beteiligten zunächst ohne weitere Prüfung ihrer Kausalität für den entstandenen Schaden verantwortlich zu machen. Lediglich in Fällen, in welchen sich die mangelnde Kausalität des Verhaltens des in Anspruch genommenen „Mittäters“ ausdrücklich nachweisen lässt, wird die Haftung ausgeschlossen.

Was ist passiert? Der Beklagte lief gemeinsam mit anderen Fußballfans (Gruppe von 5-10 Personen) nach einem Spiel auf den Parkplatz, auf welchem Fans des gegnerischen Teams um einen Bus standen. Dabei wurde der Kläger, welcher als Polizist vor Ort war und in den Raufhandel eingriff, von einem der heranstürmenden Fans, jedoch nicht vom Beklagten, verletzt. Nach dem Vorfall begehrte der Polizist vom Beklagten Schmerzengeld und die Haftung für zukünftige Schäden. Obwohl der Beklagte einwendete, dass nicht er den Kläger verletzt habe, war die Klage des Polizisten erfolgreich. Neben der obigen rechtlichen Begründung führte der OGH auch aus, dass das Lostürmen in einer Gruppe auf gegnerische Anhänger ein geeignetes Verhalten ist, um Aggressionen und Tätlichkeiten zu fördern. In einer solchen Situation sind Verletzungen, sei es von gegnerischen Fans, Unbeteiligten oder – wie in diesem Fall – einschreitenden Sicherheitskräften wahrscheinlich und auch vorhersehbar.

Die Entscheidung des OGH könnte in Zukunft bei kollektivem Fehlverhalten von Fans hohe Wellen schlagen.

Bundesverfassungsgericht: Stadionverbot verfassungsgemäß 

In eine ähnliche Kerbe schlägt auch eine Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichts vom 11. April 2018. Demnach sind auf Verdacht basierende, bundesweite Stadionverbote verfassungsgemäß. Stadionverbote dürfen im Hinblick auf den Gleichheitssatz nicht willkürlich sein und müssen auf objektiven Tatsachen, nicht auf subjektiven Befürchtungen beruhen. Den Verein trifft in diesem Zusammenhang eine Untersuchungspflicht, wodurch der Fan anzuhören und das Verbot auf Verlangen des Fans zu begründen ist.

Dem Beschwerdeführer, ein Fan des FC Bayern München, der nach einem Match randaliert haben soll, war keine Straftat nachzuweisen und trotzdem bekam er ein Stadionverbot. Somit wandte er sich an das deutsche Höchstgericht in Karlsruhe. Dieses hielt fest, dass das gegen den Beschwerdeführer verhängte Stadionverbot unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten rechtmäßig ist. Willkür, die einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz begründen könnte, wurde ausgeschlossen. Im Ergebnis sah das Bundesverfassungsgericht unter Abwägung der Grundrechtspositionen das verhängte Stadionverbot gegen den Bayern-Fan als sachlich gerechtfertigt an.

Bundesliga-Sanktionskonzept neu mit Fokus Täterausforschung

Die Klubkonferenz der Bundesliga beschäftigte sich vergangene Woche aufgrund sicherheitsrelevanter Vorfälle in den vergangenen Monaten mit dem Thema Fehlverhalten von Fans. Das Ergebnis ist ein erster Schritt für ein neues Sanktionskonzept mit Fokus Täterausforschung. Daneben soll die typische Stadionatmosphäre geschützt werden und als letzte Konsequenz ein Punkteabzug drohen.

Ab der Saison 2019/20 soll dem Senat 1 der Bundesliga in Sachen Zuschauerfehlverhalten ein Maßnahmenkatalog zur Seite gestellt werden, anhand dessen sich transparent und nachvollziehbar die zu setzenden Sanktionen ergeben. Neben Geldstrafen soll das Hauptaugenmerk nun verstärkt auf dem Gebiet der Täterausforschung liegen. Nach der Ausforschung drohen dem Täter ein Stadionverbot sowie gegebenenfalls auch Regressforderungen des Klubs. Ergänzend soll in Zukunft noch ein System konkreter sicherheitstechnischer bzw gewaltpräventiver Maßnahmen geschaffen werden. Als letzte Konsequenz soll der Punkteabzug für die darauffolgende Saison in den Strafenkatalog aufgenommen werden.

Bild: © Shutterstock/Matushchak Anton
Stock-Foto ID: 359101007