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Der Fall Ben-Hatira – Entlassung im Profifußball

SALAFISMUS-VORWÜRFE IM PROFI-FUSSBALLSPORT ALS ENTLASSUNGSGRUND?

Ein Gastbeitrag von Rechtsanwalt Dr. Andreas Joklik zur Entlassung im Profifußball.

Vor einigen Wochen ging die Schlagzeile durch die Medien: „Der SV Darmstadt trennt sich von Änis Ben-Hatira wegen dessen Nähe zur Salafisten-Szene!“

 

Hintergrund der Vertragsauflösung war eine dem Fußballprofi Änis Ben-Hatira unterstellte Nähe zur Salafismusszene, da Ben-Hatira einen angeblich muslimischen-salafistischen Verein finanziell unterstützt hat.

Weltweite Hilfsprojekte versus Rekrutierung für den Dschihad

Über die Tätigkeit des muslimischen Vereins herrschten zwischen dem Spieler und dem SV Darmstadt unterschiedliche Auffassungen. So beteuerte der Fußballprofi, dass der Verein Hilfsprojekte in zahlreichen Ländern der Welt unterstützt, während der deutsche Verfassungsschutz den muslimischen Verein als elementaren Bestandteil der salafistischen Szene bewertet und dieser Verein unter Verdacht steht, unter anderem Männer aus Deutschland für den Dschihad rekrutiert zu haben.

Für den interessierten Sportbeobachter wirft der Fall Ben-Hatira sofort die Frage auf, welche
(arbeits-)rechtliche Konsequenzen ein Verein in einem solchen Fall ziehen könnte, insbesondere wenn das Image in Gefahr zu sein scheint. Oder sind politische oder religiöse Einstellungen und Engagements einfach nur Privatsache der Spieler?

Verhalten von Ben-Hatira als Entlassungsgrund in Österreich?

Die Entlassung beendet das Dienstverhältnis sofort. Um eine Entlassung aussprechen zu können, benötigt der Arbeitgeber einen Entlassungsgrund. Es muss vereinfacht gesagt etwas so gravierendes vorgefallen sein, dass es dem Arbeitgeber nicht mehr zumutbar ist, auch nur einen Tag länger mit dem Arbeitnehmer zusammenzuarbeiten. Es stellt sich also die Frage, ob das Verhalten außerhalb der Arbeitszeit überhaupt einen Entlassungsgrund darstellen kann?

Grundsätzlich ist außerdienstliches Verhalten Privatsache. Dem österreichischen Arbeitsrecht ist aber der Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit bekannt, welcher sich auch auf das Verhalten in der Freizeit beziehen kann. Liegt nämlich zwischen dem außerdienstlichen Verhalten eines Angestellten (nicht aber eines Arbeiters) und seiner Tätigkeit ein Zusammenhang vor, sodass sich das außerdienstliche Verhalten auf das Arbeitsverhältnis selbst negativ auswirken kann, so kann ein Entlassungsgrund sehr wohl vorliegen. Ähnliche Fälle sind im öffentlichen Dienst etwa im Bereich der Vertragsbediensteten bekannt, wo die Beschädigung des Ansehens des öffentlichen Dienstebers auch durch Verhalten in der Freizeit eine Entlassungsgrund darstellen kann. Angestellte können – vereinfacht gesagt – bereits dann entlassen werden, wenn sie vertrauensunwürdig werden. Arbeiter dagegen können erst dann wegen Vertrauensunwürdigkeit entlassen werden, wenn sie sich einer strafbaren Handlung schuldig machen.

Politische oder religiöse Haltung ist grundsätzlich Privatsache

Im Bereich des Profi-Fußballs kann das Fehlverhalten eines Spielers (insbesondere wenn er zu den Aushängeschildern einer Mannschaft zählt) auch abseits des Spielfeldes erhebliche Auswirkungen auf das Image eines Vereins und somit etwa auch auf die Beziehungen zu Sponsoren haben. Insbesondere in den USA sind Beispiele bekannt, wo Sponsoren Vertragsbeziehungen zu Teams beendet haben, weil sich Spieler in der Freizeit falsch verhalten haben. Vor nicht allzu langer Zeit gingen etwa Fälle häuslicher Gewalt von NFL-Profis durch die Medien.

In diesem Sinn findet sich z.B. auch im Kollektivvertrag der österreichischen Fußball-Bundesliga ein Hinweis dahingehend, dass ein Fußballprofi sich seiner Vorbildfunktion bewusst sein muss und sich in der Öffentlichkeit dementsprechend zu verhalten hat, um dem Ansehen seines Arbeitsgebers durch dieses Verhalten keinen Schaden zuzufügen.

Mit dem Begriff des Salafismus wird zwar eine extremistische Ideologie innerhalb des Islamismus bezeichnet; ein Organisation, die derartige salafistische Ideologien fördert, erfüllt aber nicht immer sofort den Begriff einer terroristischen Vereinigung. Alleine die Mitgliedschaft oder Finanzierung einer solchen salafistischen Organisaition reicht daher nicht automatisch für ein strafrechtlich relevantes Verhalten aus, solange nicht auch terroristische Aktivitäten bewiesen sind. Religiöses und auch (erlaubtes) politisches Engagement bleibt Privatsache.

Eine nach dem österreichischen Strafgesetzbuch in Betracht kommende strafbare Handlung wäre z.B. erst die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. 

Möglicher Lösungsansatz

In der oben erwähnten Definition der Vertrauenswürdigkeit und der unterschiedlichen Anwendungen auf Angestellte und Arbeiter läge sohin die Problematik eines mit Ben-Hatira vergleichbaren Sachverhalts in Österreich. Kann eine strafbare Handlung bewiesen werden, so kann sowohl bei Angestellten als auch bei Arbeitern (und damit bei Fußballprofis) eine Entlassung gerechtfertigt sein. Da der österreichische Oberste Gerichtshof für den Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit bei Arbeitern aber eine strafbare Handlung voraussetzt, wird bei Fußballprofis, die Sympathie oder Unterstützung einer salafistisch orientierten Organisation publik machen, für eine Entlassung nicht ausreichen.

Zum Autor:

Dr. Andreas Joklik, LL.M. ist Rechtsanwalt und Partner bei ADJOKAT Rechtsanwälte und ist unter anderem auf Sportrecht und Arbeitsrechtsfragen im Sport spezialisiert. Dr. Andreas Joklik, LL.M. ist unter joklik@adjokat.at erreichbar. Informationen über die Tätigkeit des Autors finden Sie auch unter http://www.adjokat.at.

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