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Rechtliche Konsequenzen bei Fehlverhalten von Fans – ein aktueller Überblick

In den letzten Wochen und Monaten tat sich einiges im Bereich der rechtlichen Konsequenzen bei Fehlverhalten von Fußballfans. Sowohl der Oberste Gerichtshof als auch das deutsche Bundesverfassungsgericht beschäftigten sich mit dieser Thematik. Auch in der Österreichischen Fußball-Bundesliga gibt es Reformvorschläge. Im folgenden Beitrag werden diese aktuellen Entwicklungen näher beleuchtet. 

OGH: solidarische Haftung von Fußballfans

Das österreichische Höchstgericht in Zivil- und Strafsachen (OGH) hatte sich jüngst mit einem Raufhandel von Fußballfans nach einem Spiel zu beschäftigen. Dabei sprach der OGH aus, dass Fußballfans, die als Gruppe auf gegnerische Fans losstürmen, für einen Schaden (hier: Verletzung eines Polizeibeamten) auch ohne Schädigungsvorsatz und Beweis der Kausalität des Einzelnen solidarisch haften. Schon alleine der Vorwurf, vorsätzlich gemeinsam ein unerlaubtes Ziel verfolgt zu haben, rechtfertigt es nach Ansicht des Gerichtshofs, alle Beteiligten zunächst ohne weitere Prüfung ihrer Kausalität für den entstandenen Schaden verantwortlich zu machen. Lediglich in Fällen, in welchen sich die mangelnde Kausalität des Verhaltens des in Anspruch genommenen „Mittäters“ ausdrücklich nachweisen lässt, wird die Haftung ausgeschlossen.

Was ist passiert? Der Beklagte lief gemeinsam mit anderen Fußballfans (Gruppe von 5-10 Personen) nach einem Spiel auf den Parkplatz, auf welchem Fans des gegnerischen Teams um einen Bus standen. Dabei wurde der Kläger, welcher als Polizist vor Ort war und in den Raufhandel eingriff, von einem der heranstürmenden Fans, jedoch nicht vom Beklagten, verletzt. Nach dem Vorfall begehrte der Polizist vom Beklagten Schmerzengeld und die Haftung für zukünftige Schäden. Obwohl der Beklagte einwendete, dass nicht er den Kläger verletzt habe, war die Klage des Polizisten erfolgreich. Neben der obigen rechtlichen Begründung führte der OGH auch aus, dass das Lostürmen in einer Gruppe auf gegnerische Anhänger ein geeignetes Verhalten ist, um Aggressionen und Tätlichkeiten zu fördern. In einer solchen Situation sind Verletzungen, sei es von gegnerischen Fans, Unbeteiligten oder – wie in diesem Fall – einschreitenden Sicherheitskräften wahrscheinlich und auch vorhersehbar.

Die Entscheidung des OGH könnte in Zukunft bei kollektivem Fehlverhalten von Fans hohe Wellen schlagen.

Bundesverfassungsgericht: Stadionverbot verfassungsgemäß 

In eine ähnliche Kerbe schlägt auch eine Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichts vom 11. April 2018. Demnach sind auf Verdacht basierende, bundesweite Stadionverbote verfassungsgemäß. Stadionverbote dürfen im Hinblick auf den Gleichheitssatz nicht willkürlich sein und müssen auf objektiven Tatsachen, nicht auf subjektiven Befürchtungen beruhen. Den Verein trifft in diesem Zusammenhang eine Untersuchungspflicht, wodurch der Fan anzuhören und das Verbot auf Verlangen des Fans zu begründen ist.

Dem Beschwerdeführer, ein Fan des FC Bayern München, der nach einem Match randaliert haben soll, war keine Straftat nachzuweisen und trotzdem bekam er ein Stadionverbot. Somit wandte er sich an das deutsche Höchstgericht in Karlsruhe. Dieses hielt fest, dass das gegen den Beschwerdeführer verhängte Stadionverbot unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten rechtmäßig ist. Willkür, die einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz begründen könnte, wurde ausgeschlossen. Im Ergebnis sah das Bundesverfassungsgericht unter Abwägung der Grundrechtspositionen das verhängte Stadionverbot gegen den Bayern-Fan als sachlich gerechtfertigt an.

Bundesliga-Sanktionskonzept neu mit Fokus Täterausforschung

Die Klubkonferenz der Bundesliga beschäftigte sich vergangene Woche aufgrund sicherheitsrelevanter Vorfälle in den vergangenen Monaten mit dem Thema Fehlverhalten von Fans. Das Ergebnis ist ein erster Schritt für ein neues Sanktionskonzept mit Fokus Täterausforschung. Daneben soll die typische Stadionatmosphäre geschützt werden und als letzte Konsequenz ein Punkteabzug drohen.

Ab der Saison 2019/20 soll dem Senat 1 der Bundesliga in Sachen Zuschauerfehlverhalten ein Maßnahmenkatalog zur Seite gestellt werden, anhand dessen sich transparent und nachvollziehbar die zu setzenden Sanktionen ergeben. Neben Geldstrafen soll das Hauptaugenmerk nun verstärkt auf dem Gebiet der Täterausforschung liegen. Nach der Ausforschung drohen dem Täter ein Stadionverbot sowie gegebenenfalls auch Regressforderungen des Klubs. Ergänzend soll in Zukunft noch ein System konkreter sicherheitstechnischer bzw gewaltpräventiver Maßnahmen geschaffen werden. Als letzte Konsequenz soll der Punkteabzug für die darauffolgende Saison in den Strafenkatalog aufgenommen werden.

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