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Berufssportler und der Grundwehrdienst

In einer jüngst ergangenen Entscheidung hatte sich der Verwaltungsgerichtshof mit dem Aufschub des Grundwehrdienstes eines Profi-Eishockeyspielers zu beschäftigen. Im Mittelpunkt stand dabei die Frage, ob sich der Sportler noch in Ausbildung oder sonstiger Berufsvorbereitung befindet.

Die Ausgangslage erinnert etwas an die Causa Heung-min Son. Dem südkoreanischen Fußballprofi vom Londoner Fußballklub Tottenham Hotspur stand der Wehrdienst (Dauer: 21 bis 24 Monate) in seiner Heimat unmittelbar bevor. Bloß ein Turniersieg bei den Asienspielen konnte ihn von seiner regulären Wehrpflicht befreien und der „Lücke“ in seiner Spielerkarriere einen Riegel vorschieben. Dies sollte dem südkoreanischen Team rund um Son im Jahr 2018 auch gelingen. Mit dem Turniersieg wurde der Offensivspieler von dem bis zu zwei Jahren dauernden Wehrdienst befreit – ein großer Sieg, zumal seine Profikarriere dadurch unmittelbar fortgesetzt werden konnte. Eine dreiwöchige Grundausbildung blieb ihm dennoch nicht erspart. Diese absolvierte er in der – durch COVID-19 bedingten – Fußballpause. Kurze Notiz am Rande: Son beendete die Grundausbildung mit Glanzleistung (Medienberichten zufolge unter den besten fünf der 157 Teilnehmer).

Der Fall eines österreichischen Profi-Eishockeyspielers

Ein österreichische Eishockeyspieler erhielt einen Einberufungsbefehl, der den Einrückungstermin 2. Oktober 2017 vorsah. Mit einem Schreiben bat er die belangte Behörde um Aufschub seines Grundwehrdienstes. Begründend führte er an, dass sich sein Lebensmittelpunkt in der Schweiz befinde und er ein aktiver hauptberuflicher Eishockeyspieler mit laufendem Spielervertrag sei. Aus diesen Gründen könne er den Grundwehrdienst zum geplanten Zeitpunkt nicht antreten.

Die belangte Behörde wies den Antrag des Eishockeyspielers auf Aufschub des Grundwehrdienstes ab. Der Antragsteller habe in seinem Schreiben keine Ausbildungsgründe (Anm: diese fordert jedoch das Gesetz für einen Aufschub) geltend gemacht, sondern bloß auf seinen Auslandsaufenthalt und seinen Beruf als Eishockeyspieler hingewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht trat dieser Ansicht entgegen und gewährte dem Eishockeyspieler den Aufschub.

Gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts richtete sich die Revision der belangten Behörde. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hatte sich daher mit der Frage zu beschäftigen, „ob es sich bei der Tätigkeit als Eishockeyspieler um eine ‚Ausbildung‘ oder eine ’sonstige Berufsvorbereitung‘ im Sinne des § 26 Abs 3 Wehrgesetz 2001 (WG 2001) handelt„.

Aufschub des Grundwehrdienstes

Ein Aufschub des Grundwehrdienstes ist gemäß § 26 Abs 3 WG 2001 grundsätzlich möglich, wenn der Wehrpflichtige (in diesem Fall der Eishockeyspieler) durch eine Unterbrechung einer bereits begonnen Schul- oder Hochschulausbildung, oder sonstigen Berufsvorbereitung einen bedeutenden Nachteil erleiden oder die Unterbrechung einer weiterführenden Ausbildung eine außerordentliche Härte bedeuten würde. Ein Aufschub ist nur auf Antrag des Wehrpflichtigen zu verfügen und darf bis zum Abschluss der jeweiligen Berufsvorbereitung gewährt werden, längstens jedoch bis zum Ablauf des 15. Septembers jenes Kalenderjahres, in dem der Wehrpflichtige das 28. Lebensjahr vollendet.

Noch in Ausbildung oder in sonstiger Berufsvorbereitung?

Für einen Aufschub müsste sich der Eishockeyspieler sohin noch in Ausbildung oder in sonstiger Berufsvorbereitung befinden. Darüber hinaus müsste er durch die Unterbrechung einen bedeutenden Nachteil erleiden. Der VwGH verneinte die Frage der Ausbildung bzw sonstigen Berufsvorbereitung. Die Verträge mit den Eishockeyklubs wurden jeweils ausdrücklich als „Spielervertrag“ bezeichnet. Darin wurde unter anderem eine Entlohnung und eine Meldepflicht betreffend Militärdienste sowie „andere berufliche Tätigkeiten“ vereinbart. Dies spricht nach Ansicht des Gerichtshofs für eine Berufstätigkeit (und nicht bloß für eine Ausbildung oder sonstige Berufsvorbereitung) des Eishockeyspielers. Ob dieser ohne den beantragten Aufschub einen bedeutenden Nachteil iSd Gesetzes erleiden würde, war – mangels Vorliegens einer Ausbildung oder sonstigen Berufsvorbereitung – nicht mehr zu prüfen.

Das Argument, die Tätigkeit als Eishockeyspieler sei „seine einzige berufliche Grundlage“, die bei der Ableistung des Wehrdienstes wegfiele und seine Aussicht auf eine Profikarriere gefährden würde, war für den VwGH nicht stichhaltig; ebenso das Vorbringen, der Eishockeyspieler werde seine Ausbildung bzw sonstige Berufsvorbereitung mit Vollendung des 26. Lebensjahres (im Jahr 2022) abgeschlossen haben. Denn an der gegenständlichen Berufstätigkeit des Eishockeyspielers ändert auch der Umstand nichts, dass sich der Spieler in ständiger Weiterbildung und täglichem Training befindet. Dies trifft nämlich auf nahezu alle Berufssportler zu.

Vergleich mit Balletttänzer?

Im Laufe des Verfahrens stellte sich auch die Frage, ob der gegenständliche Fall mit dem – vom VwGH im Jahr 2014 entschiedenen – Fall eines Balletttänzers vergleichbar ist. Dieser wurde aufgrund besonders rücksichtwürdiger wirtschaftlicher Interessen vom Wehrdienst befreit. Denn müsste der Balletttänzer seinen Grundwehrdienst zum damaligen Zeitpunkt ableisten, könnte er seine seit der Kindheit (hier über einen Zeitraum von mehr als 11 Jahren) erlernten Ballettfertigkeiten nur deshalb beruflich nicht mehr verwerten, weil diese Fertigkeiten durch die Leistung des Grundwehrdienstes – dauerhaft – beeinträchtigt würden. Auch der Einsatz als „Systemerhalter“, wäre nach Ansicht des VwGH für den Balletttänzer rechtlich nicht durchsetzbar und zudem viel zu unbestimmt.

Wenngleich eine gewisse Vergleichbarkeit hinsichtlich eines mit der Ausübung des Grundwehrdienstes verbundenen Trainingsrückstands eines Sportlers gegeben ist, sprechen für den VwGH doch zwei Gründe gegen die Gleichbehandlung der beiden Fälle. Einerseits geht es im gegenständlichen Verfahren nicht um eine Befreiung (und somit um besonders rücksichtwürdige wirtschaftliche Interessen), sondern um einen Aufschub. Und andererseits wäre der Profi-Eishockeyspieler im Gegensatz zum genannten Balletttänzer körperlich in der Lage, den Grundwehrdienst unbeschadet auszuüben. Nachsatz: Aber auch er hätte während des Grundwehrdienstes nicht die Möglichkeit, sich als Eishockeyspieler weiterzuentwickeln bzw nur sein Niveau zu halten.

Fazit

Zusammenfassend führte der VwGH aus, dass der Profi-Eishockeyspieler nicht in Ausbildung oder in sonstiger Berufsvorbereitung iSd WG 2001 steht. Deshalb kann der Spieler seinen Grundwehrdienst nicht aufschieben.

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Ist eine Pferdeführanlage ein Sportgerät?

Ist eine Pferdeführanlage als „Spiel- und Sportgerät“ iSd NÖ Bauordnung zu qualifizieren? Mit dieser Frage hatte sich der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) in einer vor kurzem ergangenen Entscheidung zu beschäftigen.

Im Ausgangsverfahren wollten die Revisionswerber eine „Pferdeführanlage“ im Garten (Widmung: Grünland) errichten. Dagegen hegte ein Nachbar wegen einer eventuellen Lärm- und Staubbelästigung Bedenken und informierte den Bürgermeister. Dieser erließ daraufhin einen Bescheid, mit welchem angeordnet wurde, die „bauliche Anlage“ abzutragen. Grund: Das Grundstück sei als Grünland gewidmet und das Errichten einer genehmigungspflichtigen Anlage daher unzulässig.

Auslegung des Begriffes „Spiel- und Sportgerät“

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof (VwGH) ging es im Wesentlichen um die Frage der Auslegung des Begriffes „Spiel- und Sportgerät“ iSd § 17 Z 9 NÖ Bauordnung 2014. Nach dieser Rechtsvorschrift ist das Errichten und Aufstellen von Spiel- und Sportgeräten nämlich bewilligungs-, anzeige- und meldefrei. Die Errichtung einer baulichen Anlage hingegen, deren Herstellung ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen erfordert und die mit dem Boden kraftschlüssig verbunden ist, wäre bewilligungspflichtig. Die verfahrensgegenständliche „Pferdeführanlage“ wurde im Garten aufgestellt und die Tiere sollten mittels von einem Elektromotor angetriebenen Treibgitter innerhalb eines äußeren und inneren Begrenzungszaunes im Kreis geführt werden. Das „Trainingsinstrument“ sollte den Pferden, welche zum Westernreiten eingesetzt werden, zusätzliche Bewegung verschaffen sowie deren Kondition und Muskelaufbau steigern. Handelt es sich dabei nun um ein „Spiel- und Sportgerät“ oder um eine bauliche Anlage? Diese Frage hatte das Höchstgericht zu klären.

Zu Beginn führte der VwGH aus, dass die Begriffe „Spiel- und Sportgerät“ weder in den Begriffsbestimmungen der NÖ Bauordnung 2014 noch in der NÖ Bautechnikverordnung 2014 definiert sind. In der NÖ Bauordnung selbst findet man in diesem Zusammenhang lediglich eine Definition des „Spielplatzes“, welcher als „Fläche, die durch ihre Gestaltung und Ausstattung Kindern ein sicheres Spielen im Freien ermöglichen soll„. Auch die Gesetzesmaterialien enthalten keine Erläuterungen zu der hier strittigen Rechtsvorschrift.

Sportgerät: körperliche Ertüchtigung des Menschen – nicht der Tiere

Der Gerichtshof kam zum Ergebnis, dass vom Begriff des „Spiel- und Sportgerätes“ iSd § 17 Z 9 NÖ Bauordnung 2017 nur solche Gegenstände oder Vorrichtungen erfasst sind, die nach deren üblichen Verwendungszweck unmittelbar dem Spielverhalten von Menschen dienen. Denn dieselbe gesetzgeberische Zielsetzung, nämlich das Abstellen auf menschliche Handlungsweisen, gehe in Bezug auf den Begriff „Sportgerät“ bereits aus § 1 NÖ Sportgesetz hervor. Letztgenannte Rechtsvorschrift weist auf die wichtige Rolle und den bedeutenden Stellenwert des Sportes für den Menschen hin, woraus sich das grundsätzliche Verständnis ergäbe, dass der Sport bzw eine Sportart nur von Menschen ausgeübt werde und daher ein „Sportgerät“ nach seiner Bestimmung nur dem Gebrauch durch Menschen – und nicht auch durch ein Tier – diene.

Somit teilte er die Auffassung des Landesverwaltungsgerichtes NÖ, dass es sich bei der gegenständlichen „Pferdeführanlage“ um kein Spiel- und Sportgerät iSd § 17 Z 9 NÖ Bauordnung 2014 handle. Begründend führte der VwGH aus, dass dieses Gerät ausschließlich für Tiere, nicht jedoch für den Menschen konzipiert sei und es lediglich der körperlichen Ertüchtigung der Pferde, nicht jedoch des Reiters diene.

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Unzulässige Livewetten im Tennis

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) beschäftigte sich in einer vor kurzem ergangenen Entscheidung mit dem Wiener Wettengesetz und der Zulässigkeit von Livewetten auf Punkte im Tennis.

Was ist passiert?

Die Behörde beschlagnahmte drei Wettannahmeschalter, weil damit entgegen § 25 Wiener Wettengesetz unter anderem auf einzelne Punkte im Tennis gewettet worden ist. Die Beschlagnahme und Rechtsansicht der Behörde wurde vom Verwaltungsgericht bestätigt. Der Revisionswerber wollte nun vom VwGH wissen, ob die Wette auf einen Punkt im Tennis als zulässige Wette auf ein Teilergebnis während eines laufenden Ereignisses (Tennisspiel) zu sehen ist.

§ 25 Wiener Wettengesetz besagt, dass die Ausübung der Tätigkeit als Wettunternehmerin und Wettunternehmer während eines laufenden Ereignisses (Livewetten), ausgenommen Livewetten auf Teilergebnisse oder das Endergebnis, verboten ist.

VwGH: Die Wette auf Punkte im Tennis ist eine unzulässige Livewette

Der VwGH verweist in seinen Ausführungen auf die Erläuterungen zum Wiener Wettengesetz. Darin wird auf das besondere Suchtpotential von Livewetten hingewiesen. Während beim traditionellen Wettangebot die Möglichkeit zur Abgabe der Wette in der Regel mit dem Beginn des Ereignisses (zB Anpfiff des Fußballspiels) endet, kann eine Livewette jederzeit platziert werden. Beim traditionellen Wettangebot fällt die Entscheidung über Gewinn und Verlust meist am Ende des Ereignisses, wodurch zwischen Wettabgabe und Gewinn- oder Verlustentscheidung ein gewisser Zeitraum liegt. Dieser – im Hinblick auf das Suchtpotential – bedeutende Zeitraum ist bei einer Livewette maßgeblich verkleinert. Der Reiz für die wettende Person liegt bei der Livewette in der schnellen Abfolge der Wettmöglichkeiten und der vermeintlich besseren Einschätzbarkeit des Ereignisses anhand des gesehenen Ablaufs.

Neben dem besonderen Suchtpotential sind auch die Manipulation von Spielen und der Wettbetrug im Zusammenhang mit Wetten während eines laufenden Ereignisses zu beachten. Vor diesem Hintergrund wurden Livewetten in Wien 2016 verboten. Erlaubt sind lediglich Livewetten auf Teilergebnisse (zB Halbzeit im Fußball, Drittel im Eishockey oder Satz im Tennis) sowie auf das Endergebnis.

Das Höchstgericht kam somit zum Ergebnis, dass die schnelle Abfolge von einzelnen Spielen mit schneller Entscheidung über Gewinn und Verlust ein erhöhtes Suchtpotential in sich birgt. Daher stimmte der VwGH insgesamt dem Verwaltungsgericht zu, wonach nicht Spiele oder Punkte, sondern der Satz im Tennis das kleinste Teilergebnis ist, auf das gemäß § 25 Wiener Wettengesetz erlaubterweise gewettet werden darf. Die Wette auf einen Punkt im Tennis wurde vom VwGH somit als unzulässige Livewette iSd Wiener Wettengesetz qualifiziert.

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