Kein Recht ein Fußballspiel zu wiederholen
Die Transferzeit birgt einige Risiken. Eines ist, dass Spieler geholt werden, aber die Spielberechtigung nicht oder nicht korrekt vorliegt. Eine tatsächliche Wiederholung des Spiels ist aber kaum möglich, schon gar nicht mit Rechtsanspruch.
Ein „Recht auf eine Wiederholung“ gibt es im Regelwerk von FIFA und UEFA grundsätzlich nicht. Ein möglicher denkbarer Fall wäre der Einsatz eines nicht spielberechtigten Spielers. Hier werden laut Artikel 55 (1) des FIFA Discipinary Codes „gegen seine Mannschaft eine Forfait-Niederlage (Art. 31) und eine Geldstrafe von mindestens CHF 6000 verhängt.“ Das Spiel wird als gemäß Art 31 mit 3:0 für die benachteiligte Mannschaft gewertet. Die UEFA Disciplinary Regulations sehen das gleichfalls so, Artikel 21 (2ff) besagt, dass das Spiel unter diesen Umständen ebenfalls mit 3:0 gewertet wird. Das war beispielsweise der Fall, als letzte Saison Legia Warschau mit das Rückspiel in der Europa League gegen Celtic Glasgow mit 6:1 gewann, aber Bartosz Berezynski aufgrund einer Spielsperre aus dem Vorjahr nicht spielen hätte dürfen. Am Ende stieg Celtic aufgrund der Strafverifizierung mit einer Gesamtscore von 4:4 und dank der „drei Auswärtstore“ in Polen in die nächste Runde auf. Die zuständigen Protestgremien folgten in ihrer Rechtsprechung den vorangegangenen Instanzen.
In Österreich ist die entsprechend rechtliche Lage FIFA/UEFA-konform. § 103 Rechtspflegeordnung des ÖFB besagt: „(1) Nimmt ein Spieler an einem Pflichtspiel teil, obwohl er nicht spielberechtigt ist, wird er mit einer Sperre von 1 bis 12 Pflichtspielen bestraft. (2) Ein Spiel, in dem ein unberechtigter Spieler nach Abs. 1 eingesetzt wurde, wird 0:3 strafverifiziert. Wird in einem Spiel von beiden Vereinen ein Vergehen nach Abs. 1 begangen, so wird das Spiel mit 0:0 strafverifiziert.“ Eine Neuaustragung ist nur unter den in § 30 Meisterschaftsregeln des ÖFB vorgesehen: „(1) Wird ein Spiel vom Schiedsrichter abgebrochen, hat er im Spielbericht die Gründe hiefür anzuführen. (2) Wird ein Spiel ohne Verschulden der beiden Vereine abgebrochen, so entscheidet über die Notwendigkeit der Neuaustragung das entsprechend den Regelungen des betreffenden Verbandes zuständige Gremium […] .“ Eine Neuaustragung ist lediglich bei Gründen höherer Gewalt möglich, was keinen Rechtsanspruch ergibt.
Die Causa Mayrleb
Einen Fall gibt es in Österreich im Profifußball auf jeden Fall, als ein Spiel wiederholt wurde:
26. August 2000, Tatort Bregenzer Casinostadion, Austria Wien gastiert bei Schwarz-Weiß Bregenz. In der 58. Minute liegt Bregenz-Kicker Jiri Rosicky verletzt in der FAK-Hälfte. Der Ball wird, wie üblich, weggedroschen, um die Behandlung zu ermöglichen. Nur Teamstürmer Christian Mayrleb hatte es nicht mitbekommen, schnappte sich den Ball und erzielte ein Tor – unter heftigen Protesten des Gegners. Schiedsrichter Dietmar Drabek ließ das Tor gelten und das Spiel zu Ende bringen.. Die Veilchen gewannen 4:1, Mayrleb wurde von erbosten Schwarz-Weiß-Fans am Einsteigen in den Bus gehindert. Der Stürmer hatte die implizite Fairnessregel verletzt, das Spiel wurde am 25. Oktober 2010 nachgetragen, Bregenz gewann das Heimspiel 2:1 – auf freiwilliger Basis.
Ein ähnlicher Fall ereignete sich am 20. November 2012 beim Champions League-Spiel zwischen FC Nordsjælland gegen Shakhtar Donetsk. Luiz Adriano nützte eine selbige Situation aus, schoss den Ball zum zwischenzeitlichen 1:1 ein. Die Dänen und die Ukrainer trennten sich letztlich deutlich. Donetsk gewann mit 5:2. Doch der UEFA blieb nichts anders übrig, als ein Disziplinarverfahren gegen Luiz Adriano einzuleiten.
Ausnahme im englischen Fußball
Wenn also dieses Mayrleb-Beispiel herangezogen wird, dann gründet es auf der Freiwilligkeit, auf die sich die Beteiligten einigten. Anders sieht es im englischen Fußball aus. Hier ist zwar kein Rechtsanspruch geltend zu machen, bei einem unerlaubt eingesetzten Spieler gibt es aber die Möglichkeit, dass die Entscheidungsgremien eine Spielwiederholung anordnen. Punkt 6.9 der FA Standardised Membership Rules 2014/2015 erwähnen für England jedoch ein Ermessen für genau diesen Fall: „Any club found to have played an ineligible player in a match or matches shall have any points gained from that match or matches deducted from its record up to a maximum of 12 points and have levied upon it a fine. The Board may also order that such match or matches be replayed on such terms as are decided by the Board who may also levy penalty points against the club in default.” Die Formulierung ist deutlich: Das Gremium könnte auch eine Wiederholung anordnen.
Am 9. August 2014 spielte in der fünften Liga Englands, der niedrigsten landesweiten, Forest Green gegen Southport FC und gewann mit 1:0. Forest Green Rovers setzte Luke Oliver ein, der keine Spielberechtigung hatte. Das Spiel wurde, UEFA-konform, mit 3:0 für Southport gewertet, Forest Green musste 500 Pfund Strafe zahlen. Das Protestgremium jedoch kippte die Regelung ebenfalls nicht, warf aber Fragen auf. Dieses argumentiere mit der Frage, wer „sportlich benachteiligt“ sein würde. Forest Green stürzte sich auf diesen Terminus vor dem Schiedsgericht, der letzten Instanz, und meinte sinngemäß, dass diese Frage sinnlos wäre, da immer jemand sportlich benachteiligt wäre, da die von ihnen abgezogenen, zu Southport gewanderten, Punkte sich negativ auf alle anderen auswirken. Das Schiedsgericht spielte den Ball in der Urteilsbegründung zurück und meinte, dass die logische Schlussfolgerung wäre, immer eine Neuaustragung anzusetzen, da immer ein Team unschuldig davon betroffen wäre.
Mögliche Neuaustragung im KO-Bewerb?
Dennoch wurde jüngst eine Neuaustragung angeordnet. MK Dons spielte gegen Chesterfield. Der Österreicher Georg Margreitter hatte keine Spielberechtigung, das Spiel endete unentschieden. Weil Chestefield aber nicht wusste (und belegen konnte), dass Margreitter keine Spielberechtigung hatte, entschied das zuständige Gremium für eine Neuaustragung – in der Begründung war zu lesen, dass man es als „fairste Entscheidung“ ansah, weil das Spiel unentschieden endete und Chesterfield keine Schuld trug – allerdings handelte es sich dabei um ein Cup-Spiel, bei dem es nur um den Sieg, aber nicht um Punkte oder die Tordifferenz ging.
Ein Verein hat somit keinen direkten Rechtsanspruch auf die Wiederholung eines Spiels. Eine fehlende Spielberechtigung ist der einzige Punkt, in dem so etwas denkmöglich wäre. Die FA hat aber wohl Recht, wenn sie sagt, dass eine konkrete Wiederherstellung der Ausgangssituation schwierig wäre, nicht nur die betroffenen Vereine „sportlich benachteiligt“ wären (Georg Sander, 14.7.2015).
Bild: © Shutterstock/daykung
Stock-Foto ID: 564976186
Der Autor studiert Rechtswissenschaften und arbeitet seit vielen Jahren als freier Journalist unter anderem für das online Sportportal 90minuten.at. Bei LawMeetsSports widmet sich Georg vorwiegend den rechtlichen Themen rund um den Fußball.