Milde für Dopingsünder Dürr

Johannes Dürr droht kein strafrechtlicher Prozess. Eine diversionelle Erledigung erspart dem Dopingsünder schwerwiegendere Konsequenzen.

Der Dopingfall rund um Johannes Dürr, war aus österreichischer Sicht der negative Höhepunkt der olympischen Winterspiele in Sotschi 2014. Nun erhielt Dürr selbst die ersten erfreulichen Neuigkeiten in Zusammenhang mit dem Vorfall: Die Staatsanwaltschaft Wien tritt von einer strafrechtlichen Verfolgung zurück.

Dürr wurde am 16.02.2014 bei einer Trainingskontrolle positiv auf EPO getestet. Daraufhin schloss ihn der ÖSV am 24. 03.2014 aus dem Verband aus. Weiters wurde er aufgrund eines Verstoßes gegen Artikel 2.1 der FIS Anti- Doping- Rules vom FIS Anti- Doping Panel, ab dem 26.02.2014, für zwei Jahre gesperrt. Zudem wurden ihm sämtliche sportliche Leistungen ab September 2013 vom FIS- Panel aberkannt. Auch das Internationale olympische Komitee erkannte ihm seinen bereits erreichten 8. Platz bei dem Langlaufrennen über 15 Km ab und disqualifizierte ihn für den Rest der Spiele. Dies geschah auf der Basis der Artikel 1.2, 2, 7 und 8 der IOC- Anti- Doping Rules, sowie Artikel 2.1 und 10 des World Anti- Doping Codes.

Dürr drohten allerdings auch noch strafrechtliche Konsequenzen. § 147 Abs 1a StGB stellt Doping- Betrug, als Unterpunkt des schweren Betrugs, unter Strafe. In Dürrs Fall kam es jedoch zu einer diversionellen Erledigung. Die Diversion wird in den §§ 198 ff StPO geregelt.  Diese hat für den Verdächtigen insbesondere den Vorteil, dass es zu keiner Vorstrafe und damit einhergehender Stigmatisierung kommt.

Mehrere Voraussetzungen müssen dafür jedoch gegeben sein. Der Verdächtige muss zustimmen, der Sachverhalt ausreichend geklärt sein, es muss ein Offizialdelikt vorliegen, das Delikt darf nicht in die Zuständigkeit des Schöffen,- oder Geschworenengerichts fallen, die Tat darf nicht den Tod eines Menschen zur Folge gehabt haben, die Diversion muss geeignet sein um weiteren strafbaren Handlungen entgegen zu wirken und die Schuld des Verdächtigen darf nicht als schwer einzuschätzen sein. Insbesondere die letzte Voraussetzung lässt einiges an Interpretation offen. Um zu beurteilen, ob die Schuld als schwer einzustufen ist, ist auf die Strafzumessungsschuld des § 32 StGB abzustellen.  Es sind sämtliche, den Schuldvorwurf beeinflussenden,  Umstände einzubeziehen. Sofern die Schuld nun unter Berücksichtigung aller Umstände auffallend und ungewöhnlich erscheint, so ist eine Strafe zu verhängen. Im vorliegenden Fall liegt jedoch keine schwere Schuld vor. Dies begründet die Staatsanwaltschaft Wien mit Dürrs Unbescholtenheit, seinem Geständnis und der freiwilligen Rückzahlung von Sponsorengeldern. Auch sei Dürr nur Verbraucher und nicht auch „Dealer“ von Dopingmitteln gewesen. Dürrs Schuld ist daher nicht außergewöhnlich schwer, sondern als „normales Verschulden“ einzustufen. Auch eine Tatwiederholung ist aufgrund der Sperre und des Ausschlusses aus dem Verband wohl nahezu ausgeschlossen, weswegen alle Voraussetzungen für eine Diversion hier gegeben waren.

Unter den verschiedenen diversionellen Maßnahmen (§§ 200-204 StPO) wählte das Gericht im vorliegenden Fall die Bestimmung einer Probezeit nach § 203 StPO. Dürr darf sich in dieser Zeit nichts zu Schulden kommen lassen und muss regelmäßig nachweisen nicht zu dopen. Dieses Vorgehen ist doch ein wenig ungewöhnlich, da § 203 StPO üblicherweise bei Fällen gewählt wird, die gerade nicht nach § 191 StPO wegen Geringfügigkeit eingestellt werden können, Dürr jedoch im Verdacht des schweren Betruges stand. Die Maßnahme ist insbesondere im Hinblick auf ihren generalpräventiven Aspekt sehr milde. Trotz der für Dürr sprechenden Punkte und der Tatsache, dass Dürr seinen Beruf de facto nie mehr ausüben können wird, hätte die Staatsanwaltschaft Dürr härtere Bedingungen für den Rücktritt von der Verfolgung aufzwingen sollen. So wird der Eindruck erweckt, als sei der Konsum von Dopingmitteln ein Kavaliersdelikt (Alex Pammer, 13.7.2015).

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