Im Fokus: Die 2/3-Regelung – Teil 1/2

Die 2/3-Regelung im Fußball ist durch die lebhafte Debatte der vergangenen Monate nahezu jedem Sportinteressierten ein Begriff. Die Diskussion gipfelte schlussendlich in einer Entscheidung des Ständigen Neutralen Schiedsgericht der Österreichischen Fußball-Bundesliga. Im nachfolgenden Beitrag soll diese Thematik nochmals aus juristischer Sicht beleuchtet werden.

Die österreichische Debatte rund um David Atanga

In der Rückrunde der abgelaufenen Frühjahressaison der Österreichischen Fußball-Bundesliga sorgte eine Bestimmung des Regulativs für die dem ÖFB angehörigen Vereine und Spieler (im Folgenden kurz: ÖFB-Regulativ) für Verwirrung bei den Bundesliga-Klubs. § 4 Abs 6 ÖFB-Regulativ besagt nämlich, dass ein Spieler in der Zeitspanne vom 1. Juli bis 30. Juni des Folgejahres bei maximal drei Vereinen registriert werden kann. In dieser Zeit ist der Spieler für Bewerbsspiele von lediglich zwei Vereinen spielberechtigt. Diese Norm ist wortgleich auch in Art 5 Abs 3 FIFA-Reglement bezüglich Status und Transfer von Spielern (im Folgenden kurz: FIFA-Transferreglement) zu finden.

Bei Anwendung dieser Norm stellten sich viele die Frage, ob Spieler wie David Atanga, Samuel Tetteh, Alex Sobczyk & Co. überhaupt spielberechtigt waren. Diese Akteure liefen schon für den dritten Verein in der abgelaufenen Spielzeit auf, was nach dem strengen Wortlaut des ÖFB-Regulativs sowie FIFA-Transferreglement grundsätzlich nicht zulässig ist.

Die Diskussion fand schlussendlich ihren Höhepunkt am grünen Tisch. Auslöser war der Einsatz von David Atanga im Relegationsrückspiel zwischen dem SC Wiener Neustadt und dem SKN St. Pölten. Der Einspruch des Erstgenannten gegen die Beglaubigung des Spieles wurde sowohl vom Senat 1 als auch vom Protestkomitee abgelehnt, weshalb die Niederösterreicher schlussendlich auch noch die letzte Instanz anriefen. Das Ständige Neutrale Schiedsgericht der ÖFBL (Schiedsgericht gemäß §§ 577 ff ZPO) wies das eingebrachte Klagebegehren gegen die Beglaubigung des Relegationsrückspiels ab. In der Begründung führte das Schiedsgericht aus, dass auf den gegenständlichen Sachverhalt nationale Regelungen gemäß den ÖFB-Bestimmungen über Kooperationsverträge zur Anwendung kommen. Ob der Einsatz von David Atanga internationalen Regelungen widerspricht, sei dahingestellt.

Kooperationsbestimmungen mit FIFA-Transferreglement vereinbar?

Somit stellt sich die Frage, ob ein Abweichen vom FIFA-Transferreglement durch die Kooperationsspieler-Regelung in Österreich rechtmäßig ist oder ein unzulässiges Umgehen darstellt.

Die vom Schiedsgericht in seiner Begründung erwähnten Kooperationsbestimmungen sind vom ÖFB im Sinne der österreichischen Nachwuchsförderung eingeführt worden und sollen U-22-Spielern Einsatzzeiten in der höchstmöglichen Spielklasse ermöglichen. Ein Kooperationsspieler-Vertrag gilt demnach auch nicht als Transfer im Sinne des ÖFB-Regulativs. Durch diese Regelungen sollen Talente maximale Einsatzminuten in den obersten Spielklassen bekommen, wodurch vielen Spielern der nächste Schritt in ihrer Profikarriere ermöglicht werden soll. Aktuelle Beispiele hierfür sind Dayot Umpamecano und Dejan Ljubicic.

Ein weiteres Argument, neben den Zielen der Nachwuchsförderung und der generellen Förderung des österreichischen Fußballs, für die Rechtmäßigkeit der Kooperationsbestimmungen ist, dass diese bereits Ende der 90er-Jahre in Kraft getreten sind und somit lange vor der 2/3-Regelung im FIFA-Transferreglement erlassen wurden. Außerdem kennt die FIFA ein derartiges Institut nicht und konnte es daher in ihrem Reglement auch nicht berücksichtigen. Zudem ist ins Treffen zu führen, dass die FIFA auch andere Ausnahmen von der 2/3-Regelung kennt. So ist unter bestimmten Voraussetzungen nämlich eine dritte Spielberechtigung in der Major League Soccer (MLS) möglich.

Andererseits ist zu fragen, ob die Kooperationsbestimmungen nicht im Widerspruch zu Art 1 FIFA-Transferreglement stehen. Diese Norm besagt, dass die Bestimmungen des Reglements verbindlich und ohne jegliche Änderung in das Verbandselement zu integrieren sind. Dem ist jedoch vorerst entgegenzuhalten, dass die Regelung nationaler Transfers primär den Mitgliedsverbänden obliegt und diese somit auf besondere Umstände Rücksicht nehmen können, da sich die FIFA grundsätzlich nicht in das Tagesgeschäft der jeweiligen Verbände einmischt. Für die Unzulässigkeit der Kooperationsbestimmungen könnte auch der Fall Nils Quaschner (Red Bull Salzburg – FC Liefering – RB Leipzig)  ins Treffen geführt werden. Hat die FIFA in dieser Causa den österreichischen Kooperationsbestimmungen eine stillschweigende Absage erteilt? Auch das ist meines Erachtens zu verneinen. Grund hierfür ist die nicht vergleichbare Fallkonstellation. Da der Spieler grenzüberschreitend wechselte, war ausschließlich das FIFA-Transferreglement und nicht das ÖFB-Regulativ (samt Kooperationsbestimmungen) anzuwenden. Andere Ligen und die FIFA kennen das österreichische Spezifikum der Kooperationsbestimmungen nicht, sodass ein Kooperations-Wechsel im Ausland als normaler Transfer angesehen wird. Dies ist meiner Meinung nach nachvollziehbar. Auch der Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung („Red Bull-Liga“) ist kein stichhaltiges Argument gegen die Unzulässigkeit der Kooperationsbestimmungen im Hinblick auf die 2/3-Regelung. Jeder Verein hat nämlich die Möglichkeit derartige Kooperations-Wechsel abzuschließen und davon zu profitieren.

In Abwägung dieser Argumente sind die österreichischen Kooperationsbestimmungen meines Erachtens mit dem FIFA-Transferreglement und der darin enthaltenen 2/3-Regelung vereinbar. Dies wäre auch im Sinne der Nachwuchsförderung sowie der generellen Förderung des österreichischen Fußballsports zu begrüßen.

Im Laufe der nächsten Woche folgt Teil 2 der Beitragsreihe „Im Fokus: Die 2/3-Regelung“, in welchem die Zulässigkeit der Regelung vor dem Hintergrund des Unionsrechts untersucht wird.

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